IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 21/2001, Seite 28 ff.


SANITÄRTECHNIK


Werkstoffe und Trinkwasser

aus der Sicht neuer gesetzlicher Vorschriften und Regelwerke

Dipl.-Ing. Werner Nissing

Gibt es universelle Werkstoffe für die Trinkwasserinstallation, welche korrosionsrelevanten Regelungen enthält die novellierte Trinkwasserverordnung und welche Konsequenzen hat die neue DIN 50930-6 für den Sanitärinstallateur? Fragen, auf die der nachfolgende Beitrag antworten will.

Beim Kontakt von Werkstoffen mit Trinkwasser können grundsätzlich zwei Arten von Korrosionsschäden auftreten: Schäden am Werkstoff (z.B. Lochfraß, Zuwachsen von Rohrleitungen mit Korrosionsprodukten) und eine negative Veränderung der Wasserbeschaffenheit (Trübung, Braunfärbung). Die DIN 50930 [1] beschreibt den Stand des Wissens über die Wechselwirkung Trinkwasser/metallische Werkstoffe und gilt als anerkannte Regel der Technik zur Vermeidung von Korrosionsschäden. Die Norm wird im Rahmen der Harmonisierung der europäischen Normung in die DIN EN 12502 [2] überführt. Entwürfe dieser fünfteiligen Norm liegen zur Zeit der Öffentlichkeit zur Stellungnahme vor. Mit dem Erscheinen der endgültigen Fassung ist im Frühjahr 2002 zu rechnen.

Im Gegensatz zur derzeit gültigen DIN 50930 wird die DIN EN 12502 keine Hinweise über die Veränderung der Wasserbeschaffenheit enthalten. Fragen der Trinkwasserhygiene werden national über die Umsetzung der EG-Trinkwasserrichtlinie [3] in eine novellierte Trinkwasserverordnung (TrinkwV) [4] geregelt. Auf dieser Basis wurde mit der DIN 50930-6 [5] eine Norm erarbeitet, die als anerkannte Regel der Technik u.a. Hinweise über die wasserseitigen Anwendungsbereiche verschiedener Werkstoffe in Trinkwässern gibt. Die Norm ist im August 2001 als Weißdruck erschienen.

Korrosionsrelevante Regelungen

Die am 21. Mai 2001 verabschiedete Trinkwasserverordnung [3] enthält Grenzwerte für "chemische Parameter, deren Konzentration im Verteilungsnetz einschließlich der Hausinstallation ansteigen kann". Die Stelle der Einhaltung der Grenzwerte ist der Zapfhahn, an dem das Wasser für den menschlichen Gebrauch zur Verfügung gestellt wird (§ 8.1). Für die hygienische Bewertung der als Folge von Korrosionsvorgängen in das Trinkwasser eingetragenen Korrosionsprodukte der Metalle Blei, Nickel und Kupfer wird dabei nicht der Wert einer einzelnen Analyse, sondern das Ergebnis einer durchschnittlichen wöchentlichen Wasseraufnahme verwendet. Dieser Standpunkt wurde bereits in DIN 50930 [1] vertreten und wurde nun endlich gesetzlich geregelt. Die Regelung ist besonders dann von Bedeutung, wenn - wie sehr häufig fälschlicherweise praktiziert - aus dem Ergebnis einer einzelnen Wasseranalyse am Zapfhahn auf die Eignung einer Installation geschlossen wird.

Entsprechend der Trinkwasserverordnung können in einer Sanitärinstallation die verschiedensten Werkstoffe verwendet werden, sofern die Grenzwerte eingehalten werden. In § 17, Abs. 1 TrinkwV erfolgt eine weitere Präzisierung, indem die Einhaltung der allgemein anerkannten Regeln der Technik vorgeschrieben wird. Diese Regeln sind - wie bereits erwähnt - in DIN 50930-6 beschrieben. Zusätzlich wird auf die Vorschriften des § 31 des Lebensmittel- und Bedarfsgegenständegesetzes [6] verwiesen, die das Inverkehrbringen u.a. von Bedarfsgegenständen regeln.

Grenzwerte chemischer Parameter (Auszug aus der novellierten TrinkwV).

DIN 50930-6 - Allgemein anerkannte Regel der Technik

Über die DIN 50930-6 wurde in Ausgabe 12/01 der IKZ-HAUSTECHNIK bereits ausführlich berichtet [7]. Um Missverständnissen und Fehlinterpretationen vorzubeugen, sei nochmals auf folgendes hingewiesen:

- Die DIN 50930-6 behandelt nur die Beeinflussung der Trinkwasserbeschaffenheit. Andere Korrosionserscheinungen, wie örtlicher Angriff, Lochkorrosion etc., sind nicht Gegenstand der Norm.

- Die Einhaltung der in DIN 50930-6 genannten wasserseitigen Anwendungsbereiche gilt als Nachweis, dass die Grenzwerte der TrinkwV nicht überschritten werden.

Legierungen, deren Zusammensetzung in DIN 50930-6 festgelegt ist, können in allen Trinkwässern in einer vorgegebenen Installation ohne Einschränkung eingesetzt werden, d.h. eine Überschreitung der Grenzwerte der Trinkwasserverordnung ist nicht zu erwarten.

Durch die Anwendung der DIN 50930-6 wird sichergestellt, dass die derzeit verfügbaren Wertstoffe technisch und wirtschaftlich optimal unter Berücksichtigung des in der TrinkwV festgelegten Gesundheitsschutzes eingesetzt werden.

Inhalte einer Wasseranalyse nach DIN 50930-6.

Werkstoffauswahl

Der Wunsch, über einen oder mehrere Werkstoffe zu verfügen, die überall unter allen Bedingungen der Hausinstallation problemlos eingesetzt werden können, ist verständlich. In einem solchen Falle ist es ja nicht erforderlich, eine - häufig nur schwer zu beschaffende Wasseranalyse - bei der Werkstoffauswahl zu berücksichtigen. Zur Beschreibung des Korrosionssystems Werkstoff/Wasser ist jedoch die Wasserbeschaffenheit eine wesentliche Einflussgröße. Nicht zuletzt aus diesem Grunde werden die Versorgungsunternehmen durch die Trinkwasserverordnung verpflichtet, Informationen über die Wasserbeschaffenheit zu geben (§ 21 TrinkwV). Wenn der Planer/Installateur die Werkstoffe für die Hausinstallation - wie nach § 17 TrinkwV vorgeschrieben - nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik auswählt, hat er seine gesetzlichen Verpflichtungen voll erfüllt. Dies bezieht sich - wie bereits erwähnt - nur auf eine Veränderung der Trinkwasserbeschaffenheit. Zur Vermeidung anderer Korrosionsschäden sind die Teile 1 bis 5 der DIN 50930 oder zu einem späteren Zeitpunkt der DIN EN 12502 zu berücksichtigen.

Eine Empfehlung für einen Werkstoff in einer Wasserinstallation kann aus korrosionschemischer, wirtschaftlicher und juristischer Sicht nicht begründet werden. Schließlich müssen die Materialien in ihrem korrosionschemischen Verhalten nicht einzeln, sondern immer nur als ein Element in der Gesamtheit einer Hausinstallation beurteilt werden. Bei der Bewertung des Korrosionsverhaltens müssen demnach neben den Rohrleitungen auch die Rohrverbinder, Armaturen und sonstigen Bauteile einer Installation berücksichtigt werden. Neben der Veränderung der Trinkwasserbeschaffenheit durch Eintrag von Korrosionsprodukten, können auch mikrobiologische Vorgänge in solchen Systemen von Bedeutung sein (Bildung von Biofilmen, Verkeimung). Werkstoffseitig können an den Komponenten von Installationen verschiedene Korrosionserscheinungen auftreten. Hierzu gehören beispielsweise Loch- und Muldenfraß (Kupfer), Spaltkorrosion (nicht rostende Stähle) oder selektiver Angriff (Cu-Zn-Legierungen). Wegen der Vielzahl der Korrosionserscheinungen sowie der werkstoff-, betriebs- und wasserseitigen Einflussgrößen wird es in der Praxis immer erforderlich sein, die Werkstoffe der Hausinstallation auf die zu erwartenden Bedingungen abzustimmen. Es ist die Aufgabe des Planers und Installateurs, dies nach hygienischen, technischen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten vorzunehmen. So kann beispielsweise das schmelztauchverzinkte Stahlrohr unter bestimmten Bedingungen gegenüber vermeintlich höherwertigeren Werkstoffen durchaus vorteilhaft eingesetzt werden.

Quelle: Informationsbroschüre des DKI/ZVSHK, "Metallene Werkstoffe in der Trinkwasserinstallation".

Wasserseitige Informationen zur Auswahl von Werkstoffen

Um die für eine Werkstoffauswahl nach den anerkannten Regeln der Technik (DIN 50930, DIN EN 12502, DIN 50930-6) notwendigen Informationen über die Wasserbeschaffenheit zu erhalten, wird dem Planer/Installateur folgende Verfahrensweise vorgeschlagen:

Nach Feststellung des Wasserversorgungsunternehmens (WVU), in dessen Versorgungsgebiet sich das zu planende/bauende Objekt befindet, sind von diesem folgende Information einzuholen:

- Eine aktuelle Wasseranalyse. Der Mindest-Umfang ist in DIN 50930-6 beschrieben! Bei Jahresmittelwerten ist der Streubereich der Einzelwerte anzugeben.

- Informationen zur Herkunft und Aufbereitung. Stammt das Trinkwasser aus einer oder mehreren Versorgungsanlagen? Sind bei Versorgung mit mehreren Wässern die Versorgungszonen getrennt? Werden die Wässer zentral oder dezentral gemischt? Werden die Mischwässer zentral oder dezentral aufbereitet? Liegen Wässer einheitlicher Beschaffenheit entsprechend DVGW-Arbeitsblatt W 216 [8] vor?

- Informationen zur Beschaffung/-verteilung: Ist beabsichtigt, die Wasserversorgung in absehbarer Zeit auf ein Wasservorkommen anderer Wasserbeschaffenheit umzustellen? In welchem Zeitraum?

- Erfahrungen zu Werkstoffen. Sind Untersuchungsergebnisse, z.B. aus Pilotanlagen zum korrosionschemischen Verhalten des Wassers gegenüber verschiedenen Werkstoffen vorhanden? Liegen Erfahrungen über das korrosionschemische Verhalten des Wassers gegenüber verschiedenen Werkstoffen aus realen Hausinstallationen vor?

Schlussfolgerungen

Die in der DIN 50930-6 beschriebenen wasserseitigen Anwendungsbereiche für Werkstoffe der Hausinstallation stellen sicher, dass die Anforderungen der novellierten Trinkwasserverordnung eingehalten werden. Korrosionsschäden können vermieden werden, wenn die Hinweise in der DIN 50930 Teil 1 bis 5 (bzw. der späteren DIN EN 12502) beachtet werden. Die Werkstoffe sollten nach hygienischen, technischen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten optimal ausgewählt werden. Eine Empfehlung des Einsatzes bestimmter, vermeintlich höherwertiger Werkstoffe ist bei Beachtung der Normen und Regelwerke nicht erforderlich.


Die Informationspflicht seitens der Wasserversorger ist gesetzlich klar geregelt.

§ 21 TrinkwV
Information der Verbraucher und Berichtspflichten

(1) Der Unternehmer und der sonstige Inhaber einer Wasserversorgungsanlage im Sinne von § 3 Nr. 2 Buchstabe a oder b haben den Verbraucher durch geeignetes und aktuelles Informationsmaterial über die Qualität des ihm zur Verfügung gestellten Wassers für den menschlichen Gebrauch auf der Basis der Untersuchungsergebnisse nach § 14 zu informieren. Dazu gehören auch Angaben über die verwendeten Aufbereitungsstoffe und Angaben, die für die Auswahl geeigneter Materialien für die Hausinstallation nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik erforderlich sind. Der Unternehmer und der sonstige Inhaber einer Wasserversorgungsanlage im Sinne von § 3 Nr. 2 Buchstabe c haben die ihnen nach Satz 1 zugegangenen Informationen allen Verbrauchern in geeigneter Weise zur Kenntnis zu geben. ...

 


L i t e r a t u r :

[1] DIN 50930; Korrosion der Metalle; Korrosion metallischer Werkstoffe im Innern von Rohrleitungen, Behältern und Apparaten bei Korrosionsbelastung durch Wässer Teile 1 bis 5
[2] prEN 12502 (DIN EN 12502); Korrosionsschutz metallischer Werkstoffe; Korrosionswahrscheinlichkeit in Wasserleitungssystemen Teile 1 bis 5
[3] Richtlinie 98/83/EG des Rates über die Qualität von Wasser für den menschlichen Gebrauch vom 3. November 1998, Abl. EG Nr. L 330, 32
[4] Verordnung zur Novellierung der Trinkwasserverordnung vom 21. Mai 2001, BGBl. I (2001), S. 959
[5] DIN 50930-6; Korrosion der Metalle; Korrosion metallischer Werkstoffe im Innern von Rohrleitungen, Behältern und Apparaten bei Korrosionsbelastung durch Wässer, Teil 6: Beeinflussung der Trinkwasserbeschaffenheit
[6] Gesetz über den Verkehr mit Lebensmitteln, Tabakerzeugnissen, kosmetischen Mitteln und sonstigen Bedarfsgegenständen, (Lebensmittel- und Bedarfgegenständegesetz vom 15.08.1974, BGBl. I (1974) S. 1945, BGBl. I (1975) S. 2652 und geänderte Fassungen
[7] Nissing, W.: Die neue DIN 50930-6 und ihre Bedeutung für die Sanitärinstallation, IKZ-HAUSTECHNIK Heft 12/2001 S. 27 ff.
[8] DVGW-Arbeitsblatt W216, Versorgung mit unterschiedlichen Wässern, Entwurf 1998


[Zurück]   [Übersicht]   [www.ikz.de]