IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 20/2001, Seite 53 ff.



Erdgas - auch fürs Fahrzeug

Mit jedem Preisschub für Benzin und Diesel wird erneut die Diskussion über das Für und Wider angeheizt. Hilflosigkeit macht sich breit. Dabei gibt es die Alternative Erdgasfahrzeug, die einen deutlich preisgünstiger und umweltverträglicher fahren lässt - für SHK-Betriebe ist diese Lösung obendrein ein brauchbares Marketinginstrument.

Schreibt sich ein SHK-Unternehmen auf die Fahne, für eine möglichst saubere Umwelt Heizungsanlagen zu warten, Solarenergie nutzbar zu machen und Trinkwasser-Ressourcen zu schonen, wird mancher Kunde geneigt sein, einen an seinem eigenen Anspruch zu messen. Mit Erdgas betriebene Firmenfahrzeuge sind da allemal in der Lage, den umweltbewussten Marktauftritt nachhaltig zu unterstreichen, wenn man mit leuchtendem Beispiel vorangeht. Was Abgaswerte angeht, ist ein Erdgas-Ottomotor über alle Zweifel erhaben, denn die Palette der Schadstoffe reduziert sich hier auf ein Minimum, das noch unterhalb der für das Jahr 2008 angestrebten Euro-5-Werte liegt.

Nach Fiat sind inzwischen weitere Hersteller mit Erdgas-Serienfahrzeugen präsent. So gibt es z.B. seit Sommer den Zafira 1,6 CNG, der prompt bereits 1.100 Mal bestellt wurde.
Die Ruhrgas will dem Erdgasfahrzeug endlich zum Durchbruch verhelfen und plant im Schulterschluss mit ARAL zu den bestehenden 200 Zapfstationen weitere 1.000 Zapfsäulen in den nächsten fünf Jahren zu errichten.
Bild: Opel

Diese Erkenntnisse sind nicht neu, doch kaum jemand zieht seit Jahren daraus Konsequenzen für seine Fahrzeugwahl. Warum des Deutschen liebstes Kind bisher nur in den seltensten Fällen einen Erdgastank besitzt, kann nicht plausibel erklärt werden. Weltweit fahren 1,5 Mio. Fahrzeuge mit Natural Gas Technologie (NGT). Italien zeigt, dass es mit einem vor allem im Norden dicht geknüpften Tankstellennetz möglich ist, derzeit 370.000 Erdgasfahrzeuge zu betreiben. Blickt man in Deutschland auf die Bemühungen der letzten fünf Jahre zurück (damals 60 Tankstellen), wurde bis jetzt "bewiesen", dass es nicht richtig läuft, denn angesichts von derzeit etwa 200 Tankstellen - oft in kommunaler Verwaltung mit begrenzten Öffnungszeiten - ist kaum jemand gewillt, seinen Gewohnheiten zu trotzen und auf ein Gasfahrzeug umzusteigen.

Ford hat sich mit einer Senkung der Rüstkosten für Erdgasfahrzeuge den Marktpreisen angepasst. Auch den neuen Transit gibt’s jetzt als 3,2 oder 3,5-Tonner mit einem Aufpreis von 7.000 Mark als Erdgasfahrzeug.
Bild: Ford

Über Jahre hat sich die Katze hierzulande in den Schwanz gebissen: Viele Tankstellenbetreiber erwägen keine millionenschwere Ausweitung des Angebots, weil viel zu wenige Erdgasfahrzeuge in der Region darauf zugreifen würden. Demgegenüber spielten für die großen Marken Gasfahrzeuge entweder überhaupt keine oder eine deutlich untergeordnete Rolle, denn schließlich ist ja das Tankstellennetz viel zu weitmaschig... Obendrein bedeutet die punktuelle Präsenz einen erhöhten Planungsaufwand für den Nutzer - das entspricht nicht dem allgemeinen Komfortanspruch. Nur 10.000 Zulassungen in Flensburg spiegeln das Dilemma wider.

Initiativen gibt es durchaus, diesen Trend zu einem Besseren zu wenden. BP hat im Frühling einen Aufruf an alle Gasversorger gestartet und will zumindest attraktive Stellflächen an ihren gelb-grünen Stationen zur Verfügung stellen, wo die Gas-Versorger auf eigene Rechnung den Gasverkauf an Fahrzeuge rund um die Uhr realisieren könnten. So soll sich das Netz bis Ende 2002 deutlich auf 300 Stationen vergrößern. Im Oktober eröffnet die GASAG in Berlin die erste Möglichkeit, an einer BP-Station Erdgas tanken zu können. ARAL, Shell und Esso sind mit einigen Stützpunkten zwar schon länger am Markt, doch sind die meisten Zapfsäulen auf Initiative der Energieversorger entstanden und befinden sich deshalb auf deren Betriebshöfen.

Elektromeister Günter Wahlers kommt es auf einen überzeugenden Marktauftritt an, wenn er bei seinen umweltbewussten Kunden vorfährt. Sein Sprinter nutzt ausschließlich Erdgas.

Auffallend wortkarg zu diesem Thema gab sich bis Anfang September die Ruhrgas, um dann rechtzeitig zur Automobilausstellung mit der Ankündigung zu kommen, dass man im Schulterschluss mit ARAL plane, in den nächsten fünf Jahren 1000 Tankstellen mit einer Erdgas-Zapfsäule auszustatten - das würde der Technologie zum Durchbruch verhelfen.

Zurück zur Gegenwart: Eine aktuelle Übersicht (Stand: April 2001) bietet der BGW als Broschüre mit gut 100 Seiten. Auch existiert ein Informationspaket, in dem alles Wichtige rund ums Erdgasfahrzeug zusammengetragen wurde. Über die Hotline 01802/234500 erfährt man Näheres und kann auch die aktuellen Fördermöglichkeiten in der jeweiligen Region in Erfahrung bringen. Im Internet ist der BGW mit www.erdgasfahrzeuge.de präsent und www.gibgas.de hat das Thema mit weiteren interessanten Informationen ebenfalls im Focus.

Günstige Kredite für Neu-Fahrzeuge lassen sich je nach Individualfall aus zwei Förderprogrammen beantragen. Etliche Gasversorger bezuschussen die rollenden Verbraucher teilweise mit mehreren Tausend Mark in Form eines Kostenzuschusses oder durch Tankgutscheine, sodass Aufpreise für den Gasantrieb beim Neuwagen oder Nachrüstungskosten oftmals erheblich kompensiert werden können.

In den Frachtraum lassen sich werkseitig weitere Flaschen installieren (hier 160 Liter), sodass der Aktionsradius beträchtlich erweitert werden kann - auf Kosten des Frachtraumangebots.

Die Politiker haben bis Ende 2009 günstige Rahmenbedingungen geschaffen, denn bis dahin wird nur der Minimalsteuersatz von 2,09 Pfennig pro kWh-Energieinhalt erhoben.

Derzeit pendelt der Gaspreis um die 1,25 DM/kg, während Diesel mit DM 1,60 und Super mit DM 1,95 pro Liter gehandelt wird. Aufgrund der unterschiedlichen Energiedichte lässt sich aus dem Kilogramm Erdgas etwa 1,2 Mal mehr herausholen als aus herkömmlichem Kraftstoff. So verbraucht ein Erdgas-Volkswagen T4 mit angegebenen 9,2 kg/100 km nicht mehr als ein Diesel-Typ.

Marken machen mobil

Seit letztem Jahr kommt allmählich Bewegung ins Angebot der Hersteller. Im Gegensatz zu BMW (dort hat man aufgrund mangelnder Nachfrage nach dem Serienfahrzeug 316g compact nach Jahren das Erdgas-Engagement zurückgestellt) hat Fiat vor einem Jahr den Multipla Bi-Power mit Gas-Unterflurtanks und 38 Liter Benzintank auf den Markt gebracht (siehe IKZ 17/2000, Seite 52). Mittlerweile sind hier die Lieferzeiten beträchtlich geworden.

Den Opel Zafira gibt’s seit dem Frühjahr als monovalentes Erdgasfahrzeug, das dennoch mit einem Rettungsanker in Form eines 15-Liter-Benzintanks mobil bleiben kann.

Unterflurtanks mit 130 Liter Druckgasbehältervolumen sind platzsparend untergebracht und stellen beim Sprinter NGT die Grundversorgung für kleine Reichweiten sicher.
Bilder: DaimlerChrysler

Neben seiner großen Limousine hat Volvo den großen Kombi V 70 BI-FUEL erdgastauglich gemacht. Unterflurtanks sorgen auch hier dafür, dass kein Frachtraum geschmälert wird, mit zusätzlich 30 Liter Benzin an Bord kann die Routenplanung Nebensache sein.

Ford weist für Ka, Focus und Transit jetzt deutlich geringere Umrüstkosten aus. Netto DM 7.000 kostet es seit dem Sommer, wenn man sich einen heckgetriebenen Transit Kasten als 3,2- oder 3,5-Tonner zulegen will, für den alle drei Radstände realisierbar sind. Leider sind für die Tanks keine Unterflur-Lösungen möglich, sondern müssen im Frachtraum untergebracht werden. Geht im bivalenten Transit der Gasvorrat zur Neige, arbeitet der Ottomotor (im Erdgasbetrieb 94 kW/128 PS) dank Benzintank weiter.

Nicht anders bei Volkswagen: Vom Golf (Limousine und Variant) über Bora und Caddy bis zum T4 werden bivalente Ausführungen angeboten. Stets können die Gastanks bei Volkswagen nur im Koffer- oder Frachtraum untergebracht werden.

Eine Umstellung auf bivalenten Betrieb ist beim Mercedes Sprinter NGT werkseitig nicht vorgesehen. Der 92 kW/125 PS-Motor kann nur monovalent aus Unterflur-Tank (130 Liter) und weiteren Tanks (max. 160 Liter) gespeist werden.

Bei der Neubestellung ist bei allen genannten Lösungen der Autohändler Ansprechpartner, sodass man sich nicht um Zulassungsdetails kümmern muss.

Überzeugender Marktauftritt

Eine recht passable Lösung fürs Handwerk demonstriert beispielsweise die Bremer Solardach GmbH in der Hansestadt: Man fährt beim Auftraggeber bewusst mit einem schadstoffarmen NGT-Sprinter vor, weil man davon ausgehen kann, daß der für umweltrelevante Themen aufgeschlossene Kunde dies wahrnimmt und auch zu honorieren weiß. Marketing wird hier konsequent umgesetzt: Als einziger Handwerksbetrieb der Region bietet das Unternehmen mit einem Elektromeister als Geschäftsführer einen kompletten Leistungsumfang. Sind Dacharbeiten zu erledigen, kann auf die Hilfe des Stammhauses, ein großes Bremer Dachdeckerunternehmen, zurückgegriffen werden, geht es um Solarthermie, kooperiert man eng mit einem SHK-Betrieb. So lässt sich ein stimmiges Leistungsangebot unterbreiten, das bis hin zum Transporter überzeugend ist.

Fakten in Kürze

  • Die Regierung hat eine Senkung der Mineralölsteuer für Erdgasfahrzeuge bis Ende 2009 festgelegt.
  • Der Erdgasmotor hat ein um 80% geringeres Ozon- und Smogbildungspotenzial, 20% weniger Treibhauswirkung, keine Partikel, kein Schwefel, geringere Aromaten-, Polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe- (PAKW) und toxische Stoffemissionen im Abgas und keine Betankungsemissionen.
  • Der Erdgaspreis liegt derzeit stets mindestens 30 Prozent unter dem aktuellen Dieselpreis.
  • Die Mehrkosten für einen mit Erdgas betriebenen Transporter betragen mindestens DM 7.000.
  • Es gibt verschiedene Förderungen:
    • Fördermaßnahmen der lokalen Gasversorgungsunternehmen
    • DtA-Umweltprogramm (Deutsche Ausgleichsbank).
  • Mit dem Erdgasvorrat kann ein Pkw üblicherweise 300 bis 500 km zurücklegen, ein Transporter schafft mit kleiner Tankanlage 150 km, mit großer etwa das Doppelte.
  • Derzeit gibt es ca. 200 öffentlich zugängliche Tankstellen bundesweit.
  • Das Tanken beansprucht die gleiche Zeit wie bei Diesel oder Benzin, wenn die Tankstelle genügend Erdgas-Vorrat verdichtet hat, sonst kommt es nicht mehr zur Maximalfüllung.


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