IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 19/2001, Seite 52 ff.
SOLAR - NA KLAR!
Meinungspotpourri zur Förderpolitik
Die jüngsten Änderungen der Fördermittelsätze im Rahmen des Marktanreizprogramms Erneuerbare Energien geben zu allerlei Spekulationen über die Auswirkungen auf dem Solarwärmemarkt Anlass. Vor diesem Hintergrund bat die Kampagne "Solar - na klar!" Unternehmen und Repräsentanten aus Politik und Verbänden um eine Einschätzung der Lage.
Die Fragestellung
Kann der Solarboom die jüngsten Kürzungen in der Förderpolitik verkraften? Wie beurteilen Sie den Wegfall für die Förderung der Heizungsmodernisierung? Welche Erwartungen haben Sie weiterhin an die Politik? Mit welchen Maßnahmen werden Sie den veränderten Förderbedingungen begegnen?
Ich rede noch nicht von einem "Solarboom", dazu ist das Spektrum der Aktivitäten trotz aller Zuwächse noch zu klein. Es kommt nach wie vor auf eine stetige Entwicklung an, für die so abrupte Maßnahmen wie die quasi über Nacht verfügte Richtlinienänderung abträglich sind, weil sie immer wieder Verunsicherung und Attentismus erzeugen. Letzteres ist gravierender als die Kürzung selbst.
Dr. rer. pol., Dr.h.c. Hermann Scheer, Mitglied des Deutschen Bundestages. |
Der Wegfall der Förderung der Heizungsmodernisierung war überfällig. Ich war von Anfang an gegen diese Koppelung im Marktanreizprogramm Erneuerbare Energien und habe hernach stets die Streichung gefordert. Im letzten Jahr gingen ein Drittel der Mittel des Marktanreizprogramms in die Förderung konventioneller Heizkessel. Mir war immer klar, und ich habe davor gewarnt, dass dies einen Einschnitt in die Solarkollektorenförderung programmiert oder impliziert. Wer seine fossile Heizanlage modernisieren will, der soll das selbst bezahlen oder das CO2-Minderungsprogramm der KfW in Anspruch nehmen.
Meine politische Position ist: so schnell wie möglich wegzukommen von den stets haushaltsabhängigen Direktzuschüssen, sonst haben wir angesichts des wachsenden Marktes jedes Jahr neue Probleme und Verunsicherungen. Die Alternative wäre die Umstellung von einem Zuschussmarkt auf einen Finanzierungsmarkt analog zum 10.0000-Dächer-Solarstromprogramm. Optimal wäre die Nichterhebung der Mehrwertsteuer, was aber europarechtliche Probleme mit sich bringt. Für Neubauten wäre das Optimum eine Solaranlagenverordnung, die Solarwärmenutzung ohne Zuschüsse obligatorisch macht. Erst dann befinden wir uns auf der richtigen Linie.
Fürs erste geht es um die Aufstockung der Haushaltsmittel 2002 und um eine Struktur, die nicht unterbrechbar ist.
Prof. Dr. Maximilian Gege, Sprecher der Kampagne "Solar - na klar!" Geschäftsführender Vorstand B.A.U.M. e.V. |
Die bisherigen Impulse der Bundesregierung für die Förderung der Erneuerbaren Energien haben maßgeblich dazu beigetragen, dass Deutschland hier eine weltweite Vorreiterrolle übernimmt. Die aktuellen Kürzungen werden allerdings schwerwiegende Konsequenzen für den gesamten Solarwärmemarkt, vor allem für die kleinen und mittelständischen aber auch großen Produktionsunternehmen sowie das installierende Handwerk haben, denn nur eine kontinuierliche Förderpolitik trägt zur Fortsetzung des Solarbooms bei. Die Solarbranche ist sowohl ökologisch als auch ökonomisch von größter Wichtigkeit und bietet auch der Bundesregierung die Chance, durch die Schaffung neuer Arbeitsplätze oder Reduzierung der CO2-Emission einen wichtigen Beitrag im Sinne einer nachhaltigen Entwicklung zu leisten.
Dipl.-Ing. Bruno Schliefke, Präsident Zentralverband Sanitär Heizung Klima. |
Die Erfolge der Solarwirtschaft - im letzten Jahr immerhin plus 40% Umsatzsteigerung - sind im Wesentlichen auf die gute und stabile Solarfördersituation zurückzuführen.
Die kurzfristige und mit der Wirtschaft nicht abgestimmte Kürzung des Marktanreizprogramms sehen wir als kontraproduktiv für die Solarwirtschaft, den Arbeitsmarkt und den Klimaschutz.
Die Streichung der Förderung für die Heizungsanlagenmodernisierung inklusive Solar stellt für die etwa 56.000 Betriebe des SHK-Handwerks und ihren über 50.0000 Beschäftigten in Deutschland eine weitere Verschlechterung der konjunkturellen Lage dar.
Die konjunkturellen Aussichten im Bereich der Heizungsanlagenmodernisierung bewerten die Fachbetriebe nach einer Umfrage des ZVSHK deutlich schlechter als in den Vorjahren. Besonders bei den Betrieben in den neuen Ländern verdüstert sich das Konjunkturklima zusehends.
Der ZVSHK befürchtet, durch die kontraproduktive Förderpolitik der Bundesregierung einen Einbruch im Solar- und Heizungsgeschäft. Bereits vor Jahren hatte die Bundesregierung entgegen der Warnungen von Branchenexperten die steuerliche Förderung der Heizungsmodernisierung nach § 82a EstVD eingestellt und damit einen dramatischen Beschäftigungsrückgang provoziert, von dem sich die Branche bis heute kaum erholen konnte.
Der ZVSHK fordert die Bundesregierung auf, die Solar- und Heizungswirtschaft durch eine verlässliche Förderungspolitik zu unterstützen. Der ZVSHK erinnert die Bundesregierung an ihr Versprechen, Arbeitsplätze zu schaffen und die Umwelt zu schützen.
Notgedrungen wird das SHK-Handwerk seine Kunden über die Solarförderkürzungen sowie die Streichungen bei der Heizungsanlagenmodernisierung hinweisen müssen. Der ZVSHK selbst wird seine Beteiligung an der Selbstverpflichtungserklärung der Deutschen Wirtschaft zum Klimaschutz bis auf weiteres zurückziehen.
Prof. Dr.-Ing. Helmut Burger, Geschäftsleitung Viessmann Werke, Allendorf. |
Die jährlich steigende Anzahl von neuinstallierten thermischen Solaranlagen zeigt das große Interesse der Menschen an der neuen Technologie. Trotzdem ist die Nutzung der Sonnenenergie gegenüber der Verbrennung fossiler Brennstoffe nur wirtschaftlich, wenn Fördermaßnahmen helfen, die Investitionskosten zu senken.
Durch die aktuelle Einschränkung der Förderung entfällt ein wesentlicher Investitionsanreiz, der auch bei der Modernisierung im Gebäudebestand durch die gleichzeitige Förderung eines neuen und umweltschonenden Heizkessels dafür sorgen könnte, dass Energieverbrauch und CO2-Emissionen deutlich gesenkt werden.
Wie der Klimaschutzbericht der Bundesregierung ausweist, hat die CO2-Emission im privaten Haushaltsbereich von 1990 bis 1999 sogar zu- und nicht abgenommen.
Die fossilen Energieträger sind endlich, die Umwelt muss entlastet werden. Die Erfüllung der Klimaschutzziele gerät in Gefahr, wenn sowohl im Neubau als auch bei der Modernisierung der Anreiz zur Anwendung umweltschonender Technologie und zur Nutzung regenerativer Energie für die Investoren kleiner wird.
Joachim Kreuz (Träger des deutschen Solarpreises 2000), Handwerksmeister und Geschäftsführer Kreuz Bad und Heizung GmbH. |
Durch die Kürzung bzw. Streichung von Fördermitteln, wird der lange Jahre erhoffte Solarboom negativ beeinflusst. Durch die Meldungen sind die Endkunden stark verunsichert.
Die Förderung der Heizungsmodernisierung war nicht erforderlich, da bei 20-25 Jahre alten Heizkesseln so oder so ein Wechsel ansteht.
Klare Zielsetzung: Das Förderprogramm wie es vor dem 23/07/01 war, wieder herstellen. Insbesondere in der Kombination von Biomasse und Solaranlagen, da der CO2 Ausstoß hier beträchtlich gemindert wird!!
Durch die nächsten Wahlen.
Dr. Matthias Sandrock, Umweltbehörde Hamburg, "Solar - na klar!"-Länderkoordinator. |
Bei einem gerade startenden Flugzeug den Schub wegzunehmen ist ein kapitaler Fehler mit möglicherweise fatalen Konsequenzen. Nichts anderes ist aber die kürzlich erfolgte drastische Reduzierung der Bundesförderung für die Solarwirtschaft. Das Kumulationsverbot des Marktanreizprogramms war darüber hinaus eine "Steilvorlage" für viele Bundesländer, ihre Förderprogramme einzustellen. Nun hängt sehr viel an der Weitsicht der Bundespolitik, durch eine verlässliche Förderstrategie den dringend notwendigen Einstieg ins Solarzeitalter nicht aufs Spiel zu setzen.
Helmut Jäger, Vorstand DFS, Geschäftsführer SOLVIS Energiesysteme GmbH & Co. KG. |
Die Kürzung der Förderung wird den Solarboom bremsen. Die ersten Kunden haben schon mit Stornierung der geplanten Solaranlageninvestition reagiert. Sie fühlen sich durch die zweite Kürzung innerhalb von vier Monaten verschaukelt.
Die Streichung der Förderung für Heizungsmodernisierung ist unter Klimaschutzgesichtspunkten bedauerlich, allerdings wegen der begrenzten Fördermittel richtig, da die Markteinführung erneuerbarer Energien vorrangiges Ziel des Förderprogramms ist.
Die Solarbranche erwartet von der Politik ein stabiles Förderprogramm, wie es z.B. für die Schaffung von Wohneigentum selbstverständlich der Fall ist. Außerdem verlangen wir, dass die Zusage eingehalten wird, die Einnahmen aus der Ökosteuer für Wind- und Wasserstrom von mehr als 500 Mio. DM in 2002 dem Marktanreizprogramm für Erneuerbare Energien zuzuführen.
Solvis wird sich für die Rücknahme der Kürzungen und eine langfristig stabile Förderung einsetzen.
Siegfried Schröpf, Geschäftsführer W. Grammer KG. |
Wichtiger als die absolute Höhe der Förderung ist deren Kalkulierbarkeit. Die stop and go Förderpolitik der Vergangenheit war kontraproduktiv.
Die bis Juli 2001 gültigen Maßnahmen stützten den Boom in der Solartechnik. Die plötzliche Änderung der Förderrichtlinien schafft zwar Misstrauen, wenn allerdings dadurch für die nächsten Jahre eine stetige und verlässliche Förderung geschaffen wäre, wird der Solarboom auch durch diese Förderung unterstützt werden.
Aus diesen Gründen habe ich die Erwartung an die Politik, dass stetig, gleichmäßig und für unsere Kunden kalkulierbar gefördert wird.
Frido Flade, Geschäftsführer Bundesverband Solarenergie e.V. |
Lieber einsparen statt viel einnehmen?
Neue Arbeitsplätze und zusätzliche Steuereinnahmen passen anscheinend nicht in das Sparkonzept der Regierung. Fakt ist, dass sich das Marktanreizprogramm als ein sehr erfolgreiches Konjunkturprogramm erwiesen hat. Aus 15 Prozent Zuschuss für Solarwärmeanlagen holt der Staat ein Vielfaches an Einnahmen wieder heraus. Umsätze der Solarwirtschaft in Milliardenhöhe lassen die Steuerkassen klingeln. Doch vielleicht ist Bundeswirtschaftsminister Dr. Müller schon zu weit von der freien Wirtschaft weg und kann daher dieses wohltuende Geräusch nicht hören. Vielleicht sollten die Bundesminister und Parlamentarier auch einmal über die Gesetze der freien Marktwirtschaft nachdenken: Wenn man an der richtigen Stelle investiert - und die Solarwärme ist die richtige Stelle - erhöht sich der erzielbare Gewinn erheblich. Und dies ist dann nicht nur ein Gewinn für die Umwelt, sondern auch für Herrn Eichel.
Robert Juckschat, Handwerksmeister und Inhaber der Firma Soleado. |
Schon jetzt merken wir eine Zurückhaltung der Kunden; nur durch die zusätzlichen Fördermittel in Hamburg konnten wir Aufträge retten.
Seit dem ersten April blieb nur ein geringer Förderungmittelsatz für die Heizungsmodernisierung (das war die erste Kürzung in diesem Jahr). Der Wegfall der Förderung für die kontrollierte Wohnungslüftung mit Wärmerückgewinnung und der Festbrennstoffkessel ohne eigene Beschickung bei der Richtlinienänderung im Juli traf uns wesentlich härter. Um CO2 zu sparen, muss mehr Wert auf die Heizungssanierung gelegt werden, denn was nutzt die modernste Solaranlage auf dem Dach, wenn eine 20 Jahre alte Heizzentrale alles zunichte macht?
Wenn die Politik vom Handwerk ernstgenommen werden soll, erwarte ich, dass fachkundige Menschen an diese Positionen gesetzt werden, welche die Konsequenzen ihrer Handlungen vorher beachten und die Arbeit der Vorort-Kämpfer nicht zunichte machen.
Weitermachen als ob nichts geschehen ist. Das ständige Meckern über Politik kostet nur Zeit und damit Geld. Dieses investiere ich in die Zukunft meiner Firma, indem ich den eigentlichen Grund der Solartechnik in den Vordergrund stelle: Es werden nicht Solaranlagen der Förderung wegen gebaut, sondern für eine saubere Zukunft und das ist vielen Menschen etwas wert!
Trotzdem brauchen wir eine stabile Förderung, mit der man rechnen kann.
"Solar - na klar!" ist die bisher größte Informations- und Motivationskampagne für die Nutzung der Solarwärme in Deutschland und leistet einen Beitrag zum Klimaschutz.
Sie bündelt die Potenziale der Marktpartner aus Industrie und Handwerk, der maßgeblichen Solarverbände sowie aller gesellschaftlichen Kräfte, um einen Nachfrageschub auf dem Markt für solarthermische Anlagen auszulösen.
Die Kampagne richtet sich an das Handwerk, private Haushalte, Kommunen und Unternehmen.
Tipp: Fördermittelleitfaden bei "Solar - na klar!"
"Solar - na klar!" gibt ab Oktober einen Fördermittelleitfaden für das SHK-Handwerk heraus. Der Leitfaden gibt Hinweise zu Bundesfördermitteln des Förderprogramms Erneuerbare Energien. Er enthält Informationen, wo Anträge erhältlich sind, auf was beim Ausfüllen eines Antrags geachtet werden sollte und wer antragsberechtigt ist. Auch die Programme der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) und der Deutschen Ausgleichsbank (DtA) werden im Leitfaden kurz vorgestellt.
Der Leitfaden ist ab 5. Oktober erhältlich unter Tel.: 040/4907-1490 oder als Download im Internet unter www.solar-na-klar.de, Solar Partner.
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