IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 18/2001, Seite 19 ff.


SANITÄRTECHNIK


Modul-System für Speicher und Pumpentechnik: Zwei Baugruppen beinhalten vormontiert alle Einzelteile, dazwischen sind nur noch Leitungen zu verlegen.
Quelle: ARIS Systeme zur Regenwassernutzung

Regenwassernutzung im Wohnungsbau

Zisternen mit Sonderfunktionen

Dipl.-Ing. Klaus W. König*

Der Installateur hat es längst begriffen: Regenwassernutzung ist der Einstieg in die gesamte Haustechnik. Ist er zur Stelle, wenn die Bauherrschaft mit ihren Wünschen "schwanger geht" und über den Einbau einer Zisterne nachdenkt, bietet sich ihm die Chance, Aufträge für das ganze Gewerk zu holen. Und das noch bevor die Auftraggeber einen Architekten mit der Planung und Durchführung der Baumaßnahme beauftragen. Dies gilt in gleichem Maße für Neubau wie Renovierung.

Modulare Pumpentechnik mit wartungsfreiem Druckschalter.
Foto: WILO

Der Installateur als Berater

Das Renovieren hat der Bauherr am liebsten ohne Architekt. Die Beratung soll kostenlos sein, Angebot, Lieferung und Montage möglichst aus einer Hand. Handwerker-Kooperationen, die Hand in Hand arbeiten und den Auftraggebern gegenüber mit nur einer Ansprechperson auftreten, leiten daraus ihren Erfolg ab. Wo der Zusammenschluss von Elektro-, Sanitär- und Bauhauptgewerk funktioniert, lassen sich problemlos auch im Altbau Regenwasseranlagen nachrüsten, zumal einige Hersteller die Lieferung aller Bauteile einer kompletten Anlage zum Festpreis frei Haus anbieten.

Ziel einer effektiven Bauleitung muss sein, schnell und kostengünstig die Baugrube zu schließen und die Anlage in Betrieb zu nehmen. Ideal für den nachträglichen Einbau sind Modul-Systeme für Speicher und Pumpentechnik. Beide Baugruppen beinhalten vormontiert alle Einzelteile. Dazwischen sind nur noch Leitungen zu verlegen. Die Verantwortung und Gewährleistung liegt dann beim Hersteller. Weder Planer noch Montagebetrieb müssen sich der Gefahr aussetzen, dass einige der 15 notwendigen Bestandteile, die früher von unterschiedlichen Produzenten besorgt werden mussten, nicht kompatibel sind. Eine weitere Hilfe für die Montage- und Handwerkerbetriebe ist ein Aufkleber mit Hotline am Gehäuse der Pumpentechnik, sodass für Service das Personal des Herstellers vom Betreiber direkt gerufen werden kann.

Regenspeicher-Modul: Schnelle Montage durch Verschrauben an drei Punkten.
Foto: Mall Umweltsysteme

Das Modul für die Pumpentechnik (Druckerhöhung) besteht in der Regel aus einer wartungs- und korrosionsfreien Kreiselpumpe mit Druckschalter, einer automatischen Nachspeisung für Trinkwasser mit Vorratsbehälter und einem flexiblen Anschluss zur Schallentkopplung an das Verteilnetz. Selbstverständliche Bestandteile der modulartigen Baugruppe sind ein integrierter Sicherheitsüberlauf und der DIN-gerechte "Freie Auslauf" zur Trinkwassernachspeisung. Hinweisschilder und Aufkleber zur gesetzlich vorgeschriebenen Kennzeichnung der Regenwasseranlage runden den Lieferumfang ab.

Das Regenspeicher-Modul (Zisterne) beinhaltet den Filter, einen beruhigten Zulauf und die Anschlussleitung für den Notüberlauf. Es wird mit dem Ladekran des Lieferfahrzeuges als kompletter Speicherbehälter oder in verschraubbaren Teilen in die Baugrube versetzt. Gute Speicher haben steckbare Leitungsanschlüsse. Ihre Werkstoffe und Verbindungsteile halten Stand, wenn der Aushub nach den Regeln der Technik in Lagen von 30 cm verfüllt und maschinell verdichtet wird.

Stadtschild Calw, Nordschwarzwald.
Foto: König

Mehrfamilienhaus Reichardt in Calw

Regenwassernutzung mit verzögerter Ableitung des Überlaufes

Die Stadt Calw im Schwarzwald belohnt Privatinitiative: Wer mindestens 5.000 Liter Regenwasser speichert, erhält 1.000 DM Zuschuss, wer zusätzlich 3.500 Liter Retentionsvolumen schafft, erhält weitere 1.000 DM. Dass dies bei seinem 30 Jahre alten Haus Sinn macht, konnte sich der ehemalige Schuldirektor Reichardt zunächst nicht vorstellen. Nach Beratung durch seinen Installateur hatte Reichardt jedoch festgestellt, dass Speicher- und Pumpenmodul einfach zu montieren sind, dass bei ihm kurze Leitungswege und wenige Durchbrüche für das zweite Leitungsnetz erforderlich sind. Heute zeigt er stolz jedem Interessenten seine Anlage, wie zuletzt am Tag des Regenwassers, den das örtliche Agenda-Büro im Mai 2001 ausgerufen hatte. Beim Rektor a.D. Reichardt war an diesem Termin "Tag der offenen Tür". Im Beisein des Agenda-Beauftragten und Umweltberaters Mosdzien informierte er über die Technik, über die Kosten seiner Anlage und über die beim Bau gemachten Erfahrungen.

"Tag der offenen Tür" bei Regenwasseranlagen in Calw.
Foto: König

Drei Familien leben in dem 30 Jahre alten Haus. Der Regenertrag seiner 200 m2 angeschlossenen Dachfläche reicht bei derzeit sechs Personen komplett für Toilettenspülung und Waschmaschinen. Dazu Reichardt: "Unsere 12 m3 Wasservorrat waren seit Fertigstellung Ende des Jahres 2000 nie aufgebraucht. Wohl ist der Speicher mehrmals übergelaufen bei den heftigen Regenfällen der letzten Wochen, aber Trinkwasser nachspeisen mussten wir noch nie!"

Trotz gelegentlichem Speicherüberlauf in den sehr niederschlagsreichen Monaten März und April des Jahres 2001 hat Reichardt mit seiner Retentionszisterne schlimmeres verhindert. 3,5 m3 Volumen, die er privat finanziert hat, kommen dem Abwasserzweckverband zugute. Hier puffert er überschüssige Regenmengen, die dann selbsttätig verzögert abgeleitet werden, durch eine Schwimmerdrossel im Speicher. Das bringt ihm keinen Vorteil, vermindert aber die Hochwassergefahr im Kanalnetz. Die Stadt hat ihm dafür als Ausgleich 1.000 DM Zuschuss gewährt. "Die Investition in dieses Rückhaltevolumen ist höher gewesen, als die Zuwendung", sagt Reichardt, "dennoch habe ich mich dazu entschlossen, denn gegen die Hochwasser im Tal der letzten Jahre sollte jeder seinen Beitrag leisten. Auch wenn es nur ein Tropfen auf den heißen Stein ist, wir sollten diese Möglichkeiten nicht ungenutzt lassen. Außerdem gilt auch beim Hochwasserschutz das Solidaritätsprinzip: Das bedeutet für uns hier oben auf dem Berg, dass auch wir unseren Beitrag zu leisten haben.

Modul für Druckerhöhung im Haus Reichardt.
Foto: WILO

Er hat errechnet, dass sich trotz Zuschuss die Baukosten von 26.000 DM erst in fünfzehn Jahren amortisieren. Der besondere Untergrund am Schwarzwaldhang, der Versickerung nicht zulässt und der in geringer Tiefe bereits felsig ist, hat mit 6.000 DM einen großen Teil der Baukosten verschlungen. Der Agendabeauftragte Mosdzien hofft, dass die Stadt Calw weiter auf die Abwassergebühr aus genutztem Regenwasser verzichtet. Das sei juristisch zulässig und ein kleiner Ausgleich, eine indirekte Förderung für Idealisten wie Reichardt.

Der ehemalige Schuldirektor hat auch Erfahrung als Werklehrer. Die hat Reichardt als Eigenleistung eingebracht, z.B. durch Einbau einer 10 – 15 cm hohen Sandschicht als Unterlage für die Behälter. Er hält allerdings nichts von selbstverlegten Installationen, das sei Handwerkersache. Und er ist stolz auf seine moderne Haustechnik, auf die leise Pumpe und die kompakte Bauweise seiner Regenwasserzentrale. Den Wartungsintervallen sieht der Schulmeister gelassen entgegen. Nach bisheriger Erfahrung muss er sich um die Pumpentechnik überhaupt nicht kümmern, den Filter im Speicher nicht mehr als einmal jährlich reinigen.

Den Strombedarf misst Reichardt aus Neugier mit einem Stromzähler am Kabel der Pumpe. Pro Jahr kommt er auf 210 kWh, das bedeutet Betriebskosten in Höhe von ca. 60 DM. Das Einsparungspotenzial beim Trinkwasser beziffert Reichardt auf mehr als 50%. Er nutzt das Zisternenwasser zur Gartenbewässerung, zum Putzen von Böden und Gartengeräten, zum Spülen der Toiletten und für das Wäschewaschen.

Mehrfamilienhaus Reichardt in Calw.
Fotos: König

Ökobilanz am Beispiel Calw

Öffentliche Trinkwasserversorgung contra Regenwassernutzung

Dipl.-Ing. Lars Späth, Gewinner des fbr-Studienpreises 2000 hat am Beispiel eines Einfamilienhauses in Calw eine Ökobilanz aufgestellt. Hier die kurze Zusammenfassung seiner Diplomarbeit, vorgetragen am 23. Mai 2001 während der Calwer Energiewochen:

"...Für den Fall Calw kann, dank der eindeutigen Ergebnisse aus der Wirkungsabschätzung, davon ausgegangen werden, dass sich der Bau von Regenwassernutzungsanlagen ökologisch gesehen auszahlt. Der hohe Material- und Energieaufwand beim Bau einer Regenwassernutzungsanlage ist ökologisch gesehen weniger bedeutend und damit weniger stark zu gewichten, als die Vorteile durch die Einsparung an Trinkwasser bzw. die Reduktion der Gewässeremissionen in wasserwirtschaftlich sensiblen Gebieten.

Regenwasser für die Waschmaschinen.
Foto: König

Interessant ist der Aspekt, dass durch die Nutzung von Regenwasser ein (wenn auch geringer) Beitrag zur Verringerung des Treibhauseffekts geleistet wird. Dies gilt aber nur dann, wenn der Aufwand für die Aufbereitung und den Transport bei der öffentlichen Wasserversorgung mäßig bis hoch liegt (ab ca. 0,75 kWh/m3). Wie im Rahmen der Sensitivitätsanalyse festgestellt wurde, kann sich die positive Wirkung von Regenwassernutzungsanlagen noch weiter steigern, wenn Trinkwasser aus der Fernwasserversorgung (Pumpenaufwand ca. 1,15 kWh/m3) substituiert wird."

Lars Späth arbeitet heute bei der Firma Roediger Vakuum- und Haustechnik GmbH als Vertriebsingenieur und ist dort verantwortlich für das Vertriebs- und Projektmanagement in Süd- und Westeuropa, Afrika und im Mittleren Osten.

Plädoyer des Bauherren für Waschmaschinennutzung mit einer Probe glasklaren Zisternenwassers.
Foto: König

Neubausiedlung in Weil-Haltingen

Kompakte Sickerspeicher im verdichteten Wohnungsbau

Das Modellieren der Gartenfläche, in dessen Zuge eine Sickermulde erst angelegt wird, erfolgt selten vor dem Einzug. Wichtigeres ist in dieser Zeit zu regeln, Unvorhergesehenes in dieser heißen Phase noch zu klären. Der Fertigstellungstermin ist überschritten, das Kostenlimit überzogen. Vielleicht wird der Landschaftsgärtner nie beauftragt oder aber später erst...

Doch schon ein halbes Jahr vor Bezug besteht Bedarf: Überall dort, wo neuerdings ein Regenkanal nicht vorhanden und die Ableitung von Drainagewasser verboten ist, muss spätestens mit Abschluss der Dachdeckung das Regenwasser vom Gebäude weggeleitet werden. Auch wer bereit ist, nachträglich einen Teich oder eine Mulde zur Versickerung anzulegen, braucht während der Phase des Innenausbaus eine Zwischenlösung. Die Dachrinne verlangt nach Anschluss...

Führung am "Tag der offenen Tür", Bauherr Reichardt erklärt das Prinzip der Zisterne mit Schwimmerdrossel.
Fotos: König

Weil am Rhein, Baden-Württemberg, Oktober 1999: Am südlichen Ende Deutschlands, kurz vor der Schweizer Grenze bei Basel wurden im verdichteten Wohnungsbau kompakte Sickerspeicher installiert. Ort: Weil-Haltingen, Neubaugebiet Eimeldinger-/Elektraweg. Das Ingenieurbüro Horst Bühler aus Rheinfelden hatte für die Siedlung mit 18 Wohneinheiten einen Bedarf von 11 Speichern errechnet. Die Ausführungskosten werden mit 5.000 DM je Einheit inklusive Leitungsanteil angegeben. 4 Einfamilienhäuser haben je einen Speicher, jedes Doppelhaus und je 2 Reihenhäuser nutzen gemeinsam einen Speicher.

Ein Jahr zuvor wurde in Verhandlung mit der unteren Wasserrechtsbehörde, dem Tiefbauamt der Stadt Weil, erreicht, dass die ursprünglich vorgesehenen offenen Abflussrinnen auf jedem Grundstück mit anschließenden Sickergräben ersetzt werden konnten durch solche kombinierten Sickerspeicher mit umgebender Rigole.

RETO-Regenspeicher mit zusätzlichem Puffervolumen, verzögertem Ablauf durch Schwimmerdrossel.
Grafik: Mall Umweltsysteme

 

SICO-Regenspeicher mit Filter im Zulauf und Sickerrigole in einem Produkt.
Grafik: Mall Umweltsysteme

Soll Regenwasser im Haus genutzt werden, sodass ein Regenspeicher ohnehin erforderlich ist, kann Zisterne und Sickerrigole aufeinander abgestimmt als ein Produkt geliefert werden. Lit. 3. Dies ist ein großer Vorteil für Planer und Ausführungsbetrieb. Wenn der Sanitärinstallateur als Auftragnehmer die Ausführung komplett erledigen kann, wird er zum Problemlöser für Architekten und Bauherrschaft. So kann er ohne Rücksicht auf andere Gewerke die Regenwasseranlage in einem Zuge bis hin zur Versickerung fertig stellen und abrechnen. Mit der heutzutage angebotenen modularen Technik sind anschlussfertige Baugruppen für Pumpentechnik und Steuerung einerseits, Filter- und Speichertechnik andererseits leicht zu montieren. Dazwischen sind nur noch Leitungen zu installieren und die Hohlräume der Rigole zu füllen. Anträge für die Bewilligung bei der unteren Wasserrechtsbehörde – falls erforderlich für die unterirdische Versickerung – stellt der Hersteller mit der erforderlichen Begründung und Berechnung zur Verfügung.

Rohbaufertigstellung – wohin mit dem Regenwasser?
Foto: König

 

Fertigteilspeicher auf Geotextil, Zwischenraum mit bauseitigem Schotter oder Kies verfüllt.
Fotos: Mall Umweltsysteme
L i t e r a t u r /Buchpublikationen des Autors

[1] "Das Handbuch der Regenwassertechnik, was Profis wissen", Grundlagen, Praxis, Perspektiven international, mit Arbeitsmaterialien für Planung und Auslegung. Hrsg. WILO-Brain, Dortmund, 2001, ISBN 3-00-007607-7

2] "Rainwater in cities: A note on ecology and practice", Artikel Seite 203 – 215 in "Cities and the Environment", Beiträge zu einer Ergänzung der Wasserpolitik in den großen Metropolen dieser Welt, Hrsg. Inoguchi et al., UNUP-1023, United Nations University Press, Tokyo/New York/Paris, 1999, ISBN 92-808-1023-5

[3] "Regenwassernutzung von A – Z". Ein Anwenderhandbuch für Planer, Handwerker und Bauherren. Schwerpunkt Sanitär- und Speichertechnik. 5. Auflage, Mallbeton-Verlag, DS-Pfohren, 2000, ISBN 3-9803502-0-7

[4] "Regenwasser in der Architektur, Ökologische Konzepte". Ein Fachbuch der Regenwasserbewirtschaftung. Dokumentation ausgeführter Beispiele mit Angaben zu den Kosten. Ökobuch-Verlag, Staufen, 1996, ISBN 3-922964-60-5

[5] "Zum Umgang mit Regenwassernutzung", Leitfaden für Kommunen in Deutschland. Ökologie, Recht und Gebühren, Technik. Beispiele und Erfahrungen aus Sicht der Gemeindeverwaltung. Mallbeton-Verlag, DS-Pfohren, 1999, ISBN 3-9803502-2-3


* Dipl.-Ing. Klaus W. König ist freier Architekt und beratender Ingenieur (EUR ING FEANI) in Überlingen am Bodensee. Schwerpunkt seiner Arbeit sind Regen- und Betriebswasseranlagen.
Er berät Planungsbüros, Städte und Gemeinden, leitet Seminare für Architekten und Handwerker und hält Vorträge, z.B. bei internationalen Symposien der UNO 1998 in Tokyo, 1999 in Kobe/Japan und beim Welt-Wasser-Forum 2000 in Den Haag.
Er ist Vorstandsmitglied der "Fachvereinigung für Betriebs- und Regenwassernutzung" fbr in Darmstadt und Mitarbeiter im DIN-Ausschuss NAW V 8 "Regenwassernutzungsanlagen".


[Zurück]   [Übersicht]   [www.ikz.de]