IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 13/2001, Seite 46 ff.


SANITÄRTECHNIK


Die Zukunft der Sanitärinstallation im Wohnungsbau

Betrachtungen zur Optimierung des Bauablaufs durch Entschärfung bautechnischer Schnittstellen

Josef Ammon*

Die Sanitärinstallation hat - wie kaum ein anderes Ausbaugewerk - zahlreiche Schnittstellen zum Bauwerk und zu bauphysikalischen Anforderungen an Bauteile. Vielfach sind diese durch Vorschriften der Bauordnung gesetzlicher Natur.

Die wichtigsten zu lösenden Aufgaben sind:

Bewahrung der Standsicherheit von Wänden durch Verminderung von Leitungsschlitzen

Erfüllung gesetzlich geforderter Feuerwiderstandswerte bei Durchdringung von Bauteilen mit brandschutztechnischen Anforderungen (z.B. Decken und Wände) durch Leitungen

Einhaltung öffentlich-rechtlich geforderter Höchstschallpegel bzw. erhöhter Anforderungen aus werkvertraglichen Forderungen, sowohl hinsichtlich Luft- als auch Körperschallgeräuschen

Sicherung angrenzender Bauteile gegen Durchfeuchtung

Ausgleich von Bautoleranzen bei der Montage vorgefertigter Installationen

Bewältigung unterschiedlicher Höhen und Schichtungen von Fußbodenkonstruktionen

Vermeidung von Rissbildungen in der fertigen Oberfläche durch entsprechende konstruktive Ausbildung tragender Teile von vorgefertigten Installationen

Bereitstellung einer Rohoberfläche, die sowohl mit einem keramischen Belag versehen werden kann als auch wahlweise tapezierbar ist

Konstruktive Ausformung von Fugen, die zur zuverlässigen Abdichtung mit dauerelastischen Stoffen geeignet sind (z.B. bei Armaturenanschlüssen)

und schließlich auch noch

Problemlösungen für die Integration von Bauteilen der Heizungsinstallation, der Raumlüftung und notwendiger Messeinrichtungen.

An die Konstruktion der Installation selbst sind Anforderungen zu erfüllen:

an die Eignung der Werkstoffe für unterschiedliche Qualitäten des Trink- und Abwassers

an die spannungsfreie Aufnahme von Dehnungswegen warmgehender Leitungen

an die Vermeidung von Stagnation des Trinkwassers

Maßnahmen zur Vermeidung unzulässiger Konzentrationen des Bakteriums Legionella pneumophila

an die Bewältigung der Vielfalt von Anschluss- und Befestigungs-Abmessungen von Armaturen und Apparaten

an die Wartungsmöglichkeit eingebauter Armaturen und Apparate.

Die Aufzählung dieser Schnittstellen und Anforderungen lässt unschwer das Risikopotenzial sowohl für die Erstellung eines mangelfreien Werks als auch für einen möglichst konfliktfreien Bauablauf erkennen.

Zur Lieferung eines mangelfreien Werks nach den a.R.d.T. und evtl. zusätzlichen Vereinbarungen des Werksvertrags ist der Installateur ohne Wenn und Aber verpflichtet.

Beeinträchtigt seine Leistung nachweisbar die Mangelfreiheit anderer Gewerke, muss er Schadenersatz leisten.

Das Gleiche trifft zu, wenn er durch schlecht vorbereitete und ungenügend koordinierte Arbeiten andere Gewerke oder den Bauablauf selbst schuldhaft behindert oder stört.

Vorgegebene Planungen und Anforderungen des Auftraggebers muss der Auftragnehmer auf Eignung und Machbarkeit prüfen. Ist die Mangelfreiheit seiner Leistung durch ungeeignete Anordnungen des Auftraggebers beeinträchtigt, muss er, um Gewährleistungsansprüche aus solchen Vorgaben abzuwehren, Bedenken fristgerecht und beim Auftraggeber persönlich anmelden. Planer und Architekten sind, sofern sie vom Auftraggeber dafür nicht ausdrücklich bevollmächtigt sind, rechtsgeschäftlich die untauglichen Adressaten (VOB/B § 3, Nr. 3, § 4, Nr. 1 (4) und Nr. 3).

Es ist leicht zu verstehen, dass diese Rechtsbeziehungen durch vermehrte Vergaben an Generalunternehmer und oft damit einhergehende mehrstufige Nachunternehmerbeziehungen immer komplizierter und schwerer beherrschbar werden. All das kostet die Beteiligten Zeit, Geld und letztlich auch Nerven. Streitigkeiten lähmen die Tagesarbeit. Da Frust ein schlechter Begleiter am Bau ist, lohnt es sich darüber nachzudenken, wie die geschilderten Konfliktquellen ausgeschaltet oder zumindest wesentlich reduziert werden können.

Dazu ist nach dem heutigen "Stand 1) der Technik" folgendes festzustellen:

Die vorWand-Installation

Diese vor allem durch Pionierarbeiten von SANBLOC seit etwa 1963 entwickelte und am Markt eingeführte Installationstechnik ist gekennzeichnet durch eine weitgehende Herauslösung der Unterputz-Installation aus den Wänden und Decken eines Bauwerks.

Damit wurden die Risiken einer beeinträchtigten Standsicherheit und Rissbildung von Wänden durch Vermeidung horizontaler Leitungsschlitze beseitigt. Die Gefahr von Körperschallkontakten wurde erheblich vermindert.

Die übrigen Risiken einer Installation innerhalb eines Sanitärraums sind durch neuzeitliche, vorgefertigte Installationssysteme je nach Güte und Leistungsprofil der Konstruktion mehr oder weniger beherrschbar.

Die vielfältigen Möglichkeiten der Baukonstruktion, die mannigfachen, in einem Gebäude anzutreffenden Grundrisse und Installationsanforderungen, stellen an die Flexibilität der Systeme hohe Anforderungen. Sie sollen nicht nur für Mauerwerks- und Trockenbau-Lösungen gleichermaßen einsetzbar sein, sondern müssen auch die inzwischen unüberschaubare Zahl von Leitungs-, Armaturen- und Apparatesystemen nach Wahl des Auftraggebers aufnehmen können.

Software-Pakete qualifizierter Hersteller erleichtern und vereinfachen die Arbeitsvorbereitung und Auftragsabwicklung des Installateurs erheblich.

Überträgt man ausnahmsweise den werkvertraglichen Begriff "anerkannte Regel der Technik" auf die Beschreibung eines komplexen Systems, kann man mit Fug und Recht feststellen, dass das Prinzip der vorWand-Installation inzwischen die Kriterien dieses Begriffs erfüllt.

Das bedeutet im Umkehrschluss, dass der Planer und/oder Installateur, der ohne zwingenden Grund auf den Einsatz der vorWand-Installation verzichtet, u.U. gegen die Vorschriften des Werkvertrags verstößt (VOB/B § 4, Nr. 2 (1)).

Die Installation als Konfliktquelle im Bauablauf

Wenngleich, wie beschrieben, die vorWand-Installation viele Probleme der Installation innerhalb eines Sanitärraums zu lösen vermag, ist damit nur ein Teil des Weges zu einem wirklich optimalen Bauablauf gelöst.

Bei den heute üblichen Produktionsphasen eines Bauwerks ist die Installation eingezwängt zwischen die Phasen Rohbau und Verputz bzw. Trockenausbau und die nachfolgende Einbringung der Fußbodenkonstruktion.

Zwischendurch müssen womöglich noch Deckenaussparungen verschlossen und Schachtkonstruktionen gemauert oder verkleidet werden.

Ausgerechnet diese beiden, meistens immer noch in archaischer Bautechnik bewältigten Arbeitsschritte, unterliegen den gesetzlichen Anforderungen des Brandschutzes. Zudem sind sie maßgeblich am Luftschallschutz zwischen übereinanderliegenden Wohneinheiten beteiligt.

Während die Rauminstallation mit weitgehend vorgefertigten Installationsbauteilen bewältigt werden kann, muss die sensible vertikale Nahtstelle zwischen zwei fremden - gegeneinander zu schützenden - Wohneinheiten meist mit Mitteln von vorgestern gelöst werden.

Der besondere Schwachpunkt dabei ist der Deckendurchbruch. Mit großem Aufwand geplant, koordiniert und hergestellt (nicht selten auch falsch platziert), ist der nachträgliche Verschluss eine grausame Prozedur. Gedämmte Leitungen unterschiedlicher Dimension und Anordnung engen den Querschnitt drastisch ein, sodass vor allem die Einschalung und der Verguss zur unlösbaren Feinmechanik geraten.

Entsprechend mangelhaft sind die Ergebnisse. Brand-, Schall- und Duftbrücken sind die Folgen solcher Planungs- und Fertigungsmethoden.

Ungeeignete Dämmstoffe der Leitungen und mangelhafte Ausführung bzw. Beschädigung nach Aufbringung haben Aufwärmung des kalten Trinkwassers oder partiell Tauwasserbildung zur Folge.

Es gibt also genügend Gründe, über diesen entscheidenden Schwachpunkt der Installation nachzudenken, die Technik zu verbessern und den Bauablauf zu optimieren.

Die Optimierung des Bauablaufs

Die Installation im "leeren" Raum

Alle in den vorangegangenen Ausführungen beschriebenen Anforderungen und Risiken sprechen für eine soweit als möglich machbare Entzerrung der Abläufe von Rohbau, Installation und Ausbau.

Verbesserungen im Ablauf der Montage der Installationen zwischen Rohbau und Ausbau sind die erste Voraussetzung für einen Wandel.

Denkbar und auch machbar ist folgendes Modell:

Phase 1

- Der Raum ist "leer"

- Fenster und Türen sind eingebaut

- Die Wände (und Decke) sind geputzt bzw. im Trockenbau errichtet.

- Es ist kein Deckendurchbruch vorgesehen.

- Der Estrich mit Trittschalldämmung ist eingebracht.

- Der Installationsschacht wird in der Ecke des Raums platziert, die sich für die Strangführung durch die Geschosse und die Installation nach zwei Seiten im Sanitärraum am besten eignet.

- Entsprechend der Lage und den Außendurchmessern der gedämmten Leitungen im vorgefertigten "intelligenten" Installationsschacht werden die Deckendurchführungen mit einem Kernbohrgerät gebohrt.

(Das vielfach geäußerte Argument, dass Kernbohrungen zu teuer seien, ist eine Schutzbehauptung. Eine genaue Analyse der Qualität und der Kosten von Deckendurchbrüchen, umfassend Planung, Aufnahme in die Werkpläne, Herstellung und Verschluss, würde ergeben, dass die Kernbohrung nicht teurer, aber wesentlich besser ist).

- Der Schacht wird einschließlich der in ihm vormontierten Steig-, Fall- und sonstigen Leitungen eingebracht und an der Wand und auf dem trittschallgedämmten Estrich befestigt.

- Die präzise gebohrten Deckendurchdringungen erübrigen in Kombination mit richtig dimensionierten und brandschutztechnisch qualifizierten Rohrdämmungen einen zusätzlichen Deckenverschluss.

- Die Stockwerksverbindungen werden durch Press-, Klemm- oder Schiebeverbindungen, je nach System, hergestellt.

- Die Stockwerksverbindungsteile werden gedämmt.

- Der Schacht wird verkleidet.

Phase 2

Zwischen Phase 2 und Phase 3:

Zwischen den Phasen 2 und 3 sind Änderungen in der Auswahl und Anordnung der Sanitäreinrichtungen ohne Mehrkosten möglich. Das ist ein weiterer Vorteil der Methode "im leeren Raum", der vor allem bei Eigentumswohnungen wirksam wird die zeitverzögert zum Bauablauf verkauft werden.

So können Sonderwünsche der Käufer ohne kostspielige Änderungen der Rohinstallation erfüllt werden.

- Wenn die Entscheidungen des Auftraggebers über Art und Anordnung der Sanitäreinrichtungen und das Fliesenformat getroffen worden sind, wird die vorWand-Installation vorgefertigt eingebracht.

- Die Sammelanschlussleitung DN 80 und HDPE ermöglicht die Verlegung über dem Estrich bei geringstem Gefälle.

- Leitungen für Heizkörper, Handtuchwärmer und E-Leitungen sind in der vorWand-Installation gut unterzubringen.

- So ist die Installation an mehreren Wänden des Sanitärraumes möglich.

- Jetzt folgt die Verfliesung der vorWand-Installation, der restlichen Wände und des Fußbodens.

- Den Schlusspunkt der Installation bildet die Fertigmontage.

- Spülen der Leitungen, Funktionskontrolle und Justierung aller Armaturen und Apparate, Prüfung auf Mangelfreiheit und Vollständigkeit sind Maßnahmen der internen Qualitätskontrolle als Vorbereitung der Abnahme durch den Auftraggeber.

Phase 3

Phase 4

Der "intelligente" Installationsschacht als Kernstück der Installation im "leeren" Raum

Seit Jahrzehnten werden die meisten Installationsschächte in starkwandiger Massivbauweise errichtet. Das bedeutet nicht nur eine Verschwendung von Wohnfläche, es ist auch eine Zeitvergeudung bei der Errichtung und ein Eingriff in die Baukonstruktion, wenn ein solcher Schacht bei evtl. Reparaturen einmal geöffnet werden muss.

Ein Schacht dieser Bauart wird immer zu einem Teil der Baukonstruktion.

Moderne Plattenbaustoffe ermöglichen heute die Herstellung schlanker, vorgefertigter und transportabler Schächte aus Rahmenprofilen. Geprüfte Feuerwiderstandswerte von I90 sind damit erreichbar.

Die Plattenverkleidungen können konfektioniert und vorgebohrt mit an die Baustelle angeliefert werden.

Installationstechnisch zu lösen sind fabrikmäßig hergestellte Bauelemente mit Universalbohrung für Trinkwasser und Abwasser mit tiefliegenden Anschlüssen nach den beiden offenen Seiten des Schachtes. An diese standardisierten Anschlüsse können die Leitungen der "Satelliten-vorWand-Elemente" von beiden Seiten her angeschlossen werden.

Eine Machbarkeitsstudie dieses Systems wurde in meinem Unternehmen bereits vor einigen Jahren mit positivem Ergebnis gemacht.

Weitere Entwicklungsarbeiten an Trinkwasser- und Abwasserbauteilen bis zur industriellen Serienreife sind jedoch notwendig.

Offen bleibt die Missionsarbeit der Umsetzung in der Praxis, vergleichbar mit der Einführung der vorWand-Installation. Das Hauptproblem dabei wird das notwendige Umdenken bei Planern und Bauleitungen sein.

Das Denken von Menschen zu verändern war schon immer eine der schwierigsten Übungen.

Eine selbstkritische Schlussbetrachtung

Bei der Verwendung moderner Baustoffe und Bauteile sind sowohl im Rohbau als auch in den Ausbaugewerken in den letzten Jahren bemerkenswerte Fortschritte zu verzeichnen gewesen. Allerdings hat nicht die in der Frühzeit vorgefertigten Bauens angestrebte "Komplett-Konstruktion" den Weg gemacht, sondern die Verwendung vieler verschiedener, industriell hergestellter Bauelemente.

Nahezu unverändert geblieben ist die Organisation des Bauablaufs, mit dem diese Bauelemente zu einem Ganzen zusammengefügt werden. Hier herrscht weithin das "altbewährte" bautechnische Chaos. Korrekte Terminpläne sind eine Seltenheit, ebenso wie das Bemühen um saubere Baustellen.

Die hohen Baukosten in Deutschland und das miserable Image der Baubranche haben ihre Ursache nicht zuletzt in den überkommenen Gepflogenheiten der Bauproduktion. Preis- und Termintreue sind immer noch leider zu selten anzutreffende Tugenden.

Firmeninterne Qualitäts-Endkontrollen, eine korrekte Abnahme, die formelle Übergabe, Einweisung und Dokumentation der Leistungen sind ebenfalls weithin fremde Begriffe am Bau. Lange Mängellisten und schleppende Mängelbeseitigung tragen dazu bei, dass Bürgschaftsverlangen und Zahlungsrückhalte die Szene beherrschen.

Ein Wirtschaftszweig, der noch dazu immer mehr versucht, seine Erträge durch Nachträge und Sondererlöse aus Behinderungen und gestörtem Bauablauf aufzubessern, kann nicht erwarten, dass er in der Öffentlichkeit ein positives Image erlangt.

Vor allem auf den privaten Auftraggeber, der gewohnt ist, hochwertige Industrieprodukte über optimal gestaltete Vertriebskanäle zu kaufen, wirken solche Untugenden nicht nur in höchstem Masse abstoßend, sondern verleiten ihn immer mehr dazu, auch einer korrekten Leistung den gerechten Preis zu verweigern.

Der grundlegenden Ausschaltung dieser fatalen Mängel sollten Architekten, Planer, Projektsteuerer und die gesamte ausführende Bauwirtschaft höchste Priorität widmen.

Der beschriebene Weg der Installation im "leeren" Raum ist nur ein kleiner, aber nicht unwichtiger Mosaikstein zur Optimierung wenigstens des Bauablaufs und zur Verminderung von Qualitätskonflikten.

 


* Dipl.-Ing. Josef Ammon, vormals geschäftsführender Gesellschafter der Ammon GmbH, Weilheim
Berater in DVGW-Fachausschüssen, Gründer der ehemaligen sanbloc GmbH - Produktion von vorWand-Installationstechnik


1) "Stand der Technik" hier nicht i. S. werkvertraglicher Anforderungen, sondern als Zustandsbeschreibung der derzeitigen Installationstechnik.


[Zurück]   [Übersicht]   [www.ikz.de]