IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 11/2001, Seite 44 ff.


HEIZUNGSTECHNIK


Beseitigung von Luft und Verunreinigungen in Heizungsanlagen

Harald Schwenzig*

Im Wasser befinden sich physikalisch bedingt Luft und andere Gase - selbst in geschlossenen Systemen. Und dort, wo sich Wasser und Gase in Rohrleitungen aus Metall aufhalten, laufen Korrosionsprozesse ab, die die Funktion einzelner Komponenten in einer Heizungsanlage bedrohen. Durch Gase im Anlagenwasser entstehen Zirkulationsstörungen und Korrosionsprodukte (insbesondere in Stahlrohrnetzen), die als mitgeführte Schlammteilchen ein großes Schadenspotenzial enthalten. Dazu bietet der Markt bereits seit Jahren (an nur einem zentralen Ort auf die gesamte Anlage wirkende) Lösungen, die in ihrer Investition weit unter 1% der gesamten Anlageninvestition liegen.

Einführung und Problemstellung

In modernen, komfortablen Heizungsanlagen übernehmen heutzutage eine Vielzahl von Systemkomponenten bestimmte Funktionen. Leider bleibt dabei des Öfteren unbeachtet, dass an eine einwandfreie Funktion dieser Systemkomponenten bestimmte Bedingungen geknüpft sind.

In einer Heizungsanlage laufen, parallel zu den Hauptfunktionen, durch Gase verursachte schleichende Prozesse ab, die nicht selten erst nach Jahren bzw. nach Ablauf der Gewährleistungsfristen durch Betriebsstörungen ans Tageslicht treten. Kommt es zu Funktionsstörungen, wird die wahre Ursache meist nicht erkannt und folglich auch nicht beseitigt. Um die Störung kurzfristig zu beheben, beschränkt man sich, anstelle sich über das Zusammenspiel einzelner Systemkomponenten ein schlüssiges Gesamtbild zu machen, auf den Austausch der augenscheinlich betroffenen Bauteile.

Bei diesen Betrachtungen fällt auf, dass sich der weitaus größte Teil der Branche ausschließlich an apparativen Gegebenheiten orientiert. Dabei wird das wichtigste Element, das letztendlich Wärme vom Erzeuger zum Abgabeort transportieren soll, völlig vernachlässigt: das Wasser!

Im Zuge einer ganzheitlichen Betrachtung in der Anlagentechnik muss zwangsläufig die Betriebsflüssigkeit, zumeist Wasser, gleichwertig wie apparative Einrichtungen als eine eigenständige Systemkomponente mit seinen eigenen physikalischen Gegebenheiten angesehen werden.

Luft bedroht die Funktion einzelner Anlagenbauteile und bedroht damit die Funktion einer gesamten Anlage. Um dies im Einzelnen nachvollziehen zu können, muss man sich ganzheitlich mit dem Zusammenspiel aller Funktionsteile einer Heizungsanlage, insbesondere dem Anlagenwasser mit seinen wenig bekannten Eigenschaften im Zusammenhang mit den physikalisch bedingten Lösungszuständen von Gasen, befassen.

Zustandsformen von Luft in Heizungswasser

Wir unterscheiden grundsätzlich zwei Zustandsformen von Luft: (1) Luft ist im Wasser gelöst, (2) Luft ist im Wasser in Form von Luftbläschen vorhanden.

Luft im Wasser gelöst

Wasser ist in der Lage, abhängig von Druck und Temperatur Luft, in seinen einzelnen Gasen Sauerstoff, Stickstoff und Spuren von anderen Gasen aufzunehmen. Diese Lösung aus Wasser und Gasen ist relativ stabil. So werden beispielsweise bei der Erstbefüllung einer Heizungsanlage mit einem Wasservolumen von 1000 Liter mit dem Füllwasser bei einer Temperatur von 10°C und einem Druck von 2 bar (siehe Betriebspunkt 1 in Bild 1) 68 Liter Luft in gelöster Form in die Anlage eingebracht. Alleine durch die Erwärmung von 10°C auf 75°C (siehe Betriebspunkt 2 in Bild 1) verbleibt ein Anteil von 28 Ltr. im Anlagenwasser. Das bedeutet, dass alleine durch den Erwärmungsprozess 40 Ltr./m3 Gase aus der Anlagenflüssigkeit frei werden.

Bild 1: Gassättigungskurven in Abhängigkeit von Druck und Temperatur.

Freie Luft im Anlagenwasser

Freie Luft im Anlagenwasser in Form von Gasblasen unterscheidet man in zwei Kategorien:

Größere Luftblasen entwickeln höhere Auftriebskräfte als kleinere Luftblasen und bewegen sich überwiegend im oberen Bereich der Rohrleitung durch das System. Je kleiner Luftblasen sind (Mikroblasen um d = 0,01 - 0,2 mm), umso stärker ist ihre Neigung, in der Strömung zu verbleiben. Ab einem bestimmten Zustand verhalten sich Mikroblasen wie der Volumenstrom selbst und setzen sich nicht ab. Demzufolge ist die Entfernung von Mikroblasen mit konventionellen Einrichtungen wie Schnellentlüftern, Lufttöpfen und Zentrifugalabscheidern nicht möglich.

Mikroblasen entstehen auf unterschiedliche Art und Weise. Wir behandeln an dieser Stelle auszugsweise zwei Beispiele:

Mikroblasen entstehen an den Temperaturhochpunkten der Feuerraumwand in einem Heizkessel. In der Forschungs- und Entwicklungsabteilung der Fa. Spirotech B.V., mit Hauptsitz in NL-Helmond (bei Eindhoven), wurden hierzu ausführliche Untersuchungen mit reproduzierbaren Messergebnissen durchgeführt. Das Erfassen der Anzahl und Größe von Mikroblasen erfolgt in einem Versuchskreislauf mittels einer im Volumenstrom befindlichen optisch-elektronischen Einrichtung. Bild 2 verdeutlicht die Anzahl und Größe von Mikroblasen in der Vorlaufleitung einer 17 kW-Brennwerttherme. Der überwiegende Anteil von Mikroblasen bewegt sich in einem Größenspektrum zwischen 0,05 und 0,13 Millimeter. Diese Mikroblasen sind mit dem bloßen Auge nur in Massenansammlungen durch Trübung oder milchiger Verfärbung erkennbar.

Bild 2: Entstehung von Mikroblasen in einer 17 kW-Brennwerttherme. Anzahl- und Größenangabe je Liter Wasser.

Durch den Drosseleffekt an Querschnittsverengungen, wie beispielsweise in Ventilen, kommt es zu Druckabsenkungen, die bis in den Vakuumbereich gehen können (Bild 3). Luftblasen werden bei Erreichen der physikalisch bedingten Löslichkeitsgrenze frei. Durch die Druckabsenkung werden in der Strömung vorhandene Luftblasen größer. Durch einen schlagartigen Druckanstieg nach der Verengung bis auf den Systemdruck werden diese Gasblasen zu Mikroblasen zerschlagen.

Bild 3: Luftblase beim Durchlaufen einer Querschnittsverengung.

Dieser Vorgang ist ebenfalls bekannt als Hohlsogbildung am Schaufelkanaleintritt von Pumpenflügelrädern und wird in der Literatur unter dem Begriff "Kavitation" ausreichend behandelt. Deshalb konzentriert sich der Verfasser an dieser Stelle auf die Thematik der Ausgasung und Mikroblasenbildung.

Fassen wir die zuvor genannten Erkenntnisse zusammen, so wird folgendes deutlich: Aufgrund der Zustandsformen von Luft - oder besser gesagt von Gasen - strömt der weit überwiegende Teil an Gas entweder in gelöster Form im Anlagenwasser und/oder als mikrofeine Gasblasen an Schnellentlüftern und Lufttöpfen vorbei. Schnellentlüfter und Lufttöpfe übernehmen bestenfalls eine Funktion im Bereich der Wartung bei Anlagenfüll- bzw. Entleerungsprozessen. Oder als dezentrale Grobentlüfter, die einen Teil aller Luftblasen nur dort entfernen, wo sie sich in einer absetzfähigen Mindestgröße befinden.

Wie lassen sich Gase vollständig aus Heizungsanlagen entfernen?

Der Gasgehalt in Flüssigkeiten wird durch eine Temperatur- und Druckänderung beeinflusst (Bild 1). Da sich in einer Heizungsanlage fortlaufend Druck und Temperatur ändern, verändert sich zwangsläufig die physikalisch bedingte Gaslöslichkeitsgrenze und damit der Gehalt an freien und gelösten Gasen. Daraus folgend müssen technisch tragfähige Lösungen diesen beiden Themen gerecht werden. Für die Praxis haben sich dabei zwei Anwendungsbereiche als effektiv herauskristallisiert:

Bild 4: Zwei Beispiele für mögliche Bauformen von Luftabscheidern.

Absorptionsentgaser bzw. Mikroblasenabscheider

Isoliert betrachtet sind Absorptionsentgaser/Mikroblasenabscheider nur in der Lage, den Volumenstrom von freien Gasblasen zu befreien (Bilder 4 und 5). Unter nachfolgend aufgeführten Bedingungen, die vom Einbauort abhängig sind, tragen diese Geräte dazu bei, eine Heizungsanlage permanent und komplett zu entgasen. Mit Beschaffungskosten von ca. 100,- DM für ein Gerät der Nennweite 1" (für ein Einfamilienhaus) bieten diese Geräte eine äußerst kostengünstige Lösung.

Das Funktionsprinzip

Um eine Heizungsanlage vollständig zu entgasen, benötigen diese Apparate den Heizkessel als "Erfüllungsgehilfen" (Bild 5): Aufgrund der eingangs erwähnten Temperaturhochpunkte an der Kessel-Feuerraumwand, die oberhalb des Siedepunktes von Wasser liegen, kommt es zu einer Ausgasung in Form von Mikroblasen. Diese Mikroblasen werden vom Volumenstrom erfasst und geraten über die Vorlaufleitung in das Rohrnetz.

Modellhaft dargestellt: Entfernt man nun diese Luftbläschen im Kesselvorlauf aus dem System, noch bevor sie im Rohrnetz wieder in Lösung gehen, so ist das Wasser in der Lage, eine bestimmte Gasmenge wieder aufzunehmen. Ein Teil der Anlagenflüssigkeit im Rohrnetz befindet sich nunmehr in einem nach Gasen hungrigen (absorptiven) Zustand und nimmt die im System noch vorhandenen freien Gase auf. Stellt man sich diesen Vorgang als kontinuierlichen Prozess vor, so wird auf diesem Wege nach einigen Tagen, natürlich in Abhängigkeit von der Einschaltzeit des Heizkessels, eine Heizungsanlage komplett von freien Gasblasen befreit. Manuelle Entlüftungsprozesse werden überflüssig. Eine weitere positive Begleiterscheinung ist eine Verminderung von Korrosion. Zirkulationsprobleme aufgrund von eingeschlossenen Gasblasen sind so ebenfalls beseitigt.

Bild 5: Ausgasung von Heizungswasser an einer Feuerraumwand.

Einsatzgrenzen

Diese kostengünstige Lösung arbeitet allerdings nur unter bestimmten physikalischen Bedingungen. Dies beschränkt sich im Wesentlichen auf Anlagen mit einer maximalen Höhe von ca. 15 Metern bzw. mit einem maximalen Druck von 2 bar (Bild 5). In Dachzentralen allerdings sind Absorptionsentgaser/Mikroblasenabscheider uneingeschränkt einsetzbar. In Großanlagen kommt daher ausschließlich die Technik der Druckentgasung in Frage.

Bild 6: Einbindung eines Druckstufenentgasers in einer Heizungsanlage.

Druckentgasungsanlagen

Die Funktionsweise von Druckentgasungsanlagen beruht darauf, dass ein Teil des Anlagenwassers in einem Behälter entspannt wird (Bilder 6, 7 und 8). Dabei muss das System geschlossen sein. Vereinzelt werden im Markt Geräte angeboten, die zur Atmosphäre offen sind und lediglich bis auf Umgebungsdruck entspannen. Auf diese Weise wird zwar Stickstoff ausgegast, allerdings auch Sauerstoff vom Anlagenwasser aufgenommen.

Geschlossene Systeme arbeiten nicht nur effektiver, sie entfernen auch Sauerstoff und begünstigen dadurch den Korrosionsschutz. Die höchsten Entgasungsleistungen werden also über Vakuumentgaser erreicht (Bild 7).

Bild 7: Modellhafte Darstellung eines Druckstufenentgasers.

Geräte bestimmter Hersteller können in allen Heizungs- und Kühlanlagen an nahezu jeder beliebigen Anlagenstelle im Nebenschluss angeschlossen werden. Es empfiehlt sich allerdings das jeweils kältere Anlagenwasser, das heißt bei Heizungen das Rücklaufwasser und bei Kühlanlagen das Vorlaufwasser, aufzubereiten. Bei kälterem Wasser wird der Siedepunkt erst später erreicht. Die Aufbereitungsleistung ist damit höher. Hinzu kommt, dass bei kälterem Anlagenwasser die Gaskonzentration höher ist und so größere Mengen an gelösten Gasen entfernt werden können.

Bild 8: Eingebauter Druckstufenentgaser in einer Heizungsanlage.

Zusammenfassung

Bild 9: Ausführungsart eines Schlammabscheiders im Querschnitt.

Entfernung von mechanischen Verunreinigungen aus dem Anlagenwasser

Heiz- und Kühlanlagen werden im Allgemeinen mit Leitungswasser gefüllt. Damit sind automatisch Gase im System vorhanden. Das reaktive Gas Sauerstoff sucht sich Bindungspartner, die besonders in Stahlrohrsystemen an der Rohrwand als Eisenwerkstoff vorliegen. Es entsteht Schlamm als Korrosionsprodukt, der Anlagenbauteile schädigt und darüber hinaus den Wärmeübergang an den entsprechenden Heizflächen reduziert.

Für die Entfernung dieser Partikel stehen zwei Verfahren zur Verfügung:

Gegenüber Filtersystemen, die zwar bei einmaligem Durchlauf sofort einen definierten Abscheidegrad besitzen, genießen Sedimentationssysteme wie beispielsweise Schlammabscheider bestimmte Vorteile (Bild 9). Diese Aussage gilt allerdings nur für Kreislaufanlagen. Schlammabscheider verfügen über ein nach unten gerichtetes Gehäuse. In diesem Gehäuse, das im Querstrom steht, wird der Wasserstrom durch verschiedene Einbauten beeinflusst. Im Verlauf des Gehäuses nach unten befinden sich unterschiedlich turbulente Zonen. Geraten Schmutzteilchen über die turbulente Zone in den beruhigten Bereich, so setzen sie sich im unteren Teil des Gehäuses ab. Die Entleerung erfolgt über ein Absperrorgan unter Nutzung des Anlagendruckes.

Bild 10: Vergleich Filtersystem - Schlammabscheider.
Filtersystem:
- Druckaufbau durch Zusetzen der Filter
- Bereitstellung von Filterelementen
- Filterwechsel über Bypass oder Betriebsunterbrechung
- Definierter Abscheidegrad nur bei einmaligem Durchlauf des Anlagenwassers
Schlammabscheider:
- kein Druckaufbau oder Zusetzen
- keine Bereitstellung von Filterelementen
- Abschlammen jederzeit ohne Betriebsunterbrechung möglich
- gleichbleibende Abscheidequalität auch nach mehreren Umläufen

Der zeitweise diskutierte Einsatz von Magneten macht aus Sicht des Verfassers wenig Sinn, weil letztendlich nur Magnetit magnetisch ist. Magnetit kommt im Allgemeinen in einem Größenspektrum zwischen 5 mm bis 10 mm vor. Auf Teilchen in Größen um 5 mm und kleiner ist die Wirkung magnetischer Kräfte umstritten. Rost und Hämatit sind nicht magnetisch. Bild 10 beschreibt eine Gegenüberstellung von Filter- zu Sedimentationssystem.

 


B i l d e r : Spirotech b.v., Düsseldorf


*) Harald Schwenzig, Geschäftsführer Deutschland der Spirotech b.v., Düsseldorf


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