IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 9/2001, Seite 28 ff.


SANITÄRTECHNIK


Die novellierte Trinkwasserverordnung

Teil 1: Allgemeine Veränderungen

Dr. Gerhard Schüz*

Nach der Verabschiedung der neuen EG-Trinkwasser-Richtlinie im Dezember 1998 sind alle Mitgliedsstaaten verpflichtet, diese Richtlinie innerhalb eines Zeitraumes von zwei Jahren in nationales Recht umzusetzen.
Daraus entstand die Notwendigkeit, die aktuelle Fassung der deutschen Trinkwasserverordnung (TrinkwV a.F.) zu überarbeiten. Die wesentlichen Eckpunkte der neuen TrinkwV-E sowie die Auswirkungen für Wasserversorger und Verbraucher, aber auch das Sanitär-Handwerk und die Installationswerkstoffe werden im nachfolgenden Beitrag erläutert.

Zweck der Trinkwasserverordnung ist die Festschreibung eines Qualitätsstandards für Trinkwasser in Deutschland unter Einbeziehung der EG-Trinkwasser-Richtlinie sowie die Festlegung von Überwachungs- und Abhilfemaßnahmen, die beim Auftreten von Grenzwertüberschreitungen unter dem Aspekt des vorbeugenden Gesundheitsschutzes für die Bevölkerung zu ergreifen sind.

Wesentliche Regelungen

Im Folgenden werden einzelne Aspekte herausgegriffen, soweit sie von grundlegender Bedeutung sind.

Allgemeine Vorschriften

Der Begriff Trinkwasser beinhaltet neben dem Wasser zur Lebensmittelzubereitung auch das Wasser für die Körperpflege und -reinigung sowie zur Reinigung von Gegenständen, die mit Lebensmitteln bzw. nicht nur vorübergehend mit dem menschlichen Körper in Berührung kommen.

Die TrinkwV wird nicht für natürliches Mineralwasser und Tafelwasser gelten. Die Nutzung von Regenwasser ist nur in einzelnen Aspekten betroffen, im allgemeinen aber nicht Gegenstand der vorliegenden Verordnung.

Bei Wasserversorgungsanlagen wird zwischen Anlagen mit mehr bzw. weniger als 1000 m3 Wasserabgabe pro Jahr unterschieden. Hausbrunnenbesitzer werden damit wie (kleine) Wasserversorger behandelt. Zusätzlich wird der Begriff "Hausinstallation" definiert.

Beschaffenheit des Trinkwassers

Trinkwasser muss "frei von Krankheitserregern, genusstauglich und rein" sein. Diese Anforderungen gelten als erfüllt, wenn bei Wassergewinnung, -aufbereitung und -verteilung die allgemein anerkannten Regeln der Technik sowie die mikrobiologischen und chemischen Anforderungen und die Indikatorparameter eingehalten werden.

Die Grenzwerte für mikrobiologische und chemische Parameter wurden teilweise neu definiert und sind in Tabellen im Anhang des TrinkwV-Entwurfs aufgeführt.

Bei den chemischen Parametern wird unterschieden zwischen Parametern, deren Konzentration sich im Verteilungsnetz in der Regel nicht mehr erhöht (z.B. Pflanzenschutzmittel sowie einige Lösemittel) und solchen, bei denen es im Leitungsnetz zu Konzentrationserhöhungen kommen kann (beispielsweise Schwermetalle wie Blei, Nickel oder Kupfer sowie Restmonomerkonzentrationen).

Die Grenzwerte für Blei und Nickel werden deutlich verschärft. Bei Blei sind jedoch Übergangsfristen von insgesamt 15 Jahren bis zur verbindlichen Einhaltung vorgesehen. Blei und Nickel können aus Armaturen und Rohrverbindern, wie sie auch in einigen Kunststoffrohrsystemen verwendet werden, freigesetzt werden.

Neu hinzugekommen sind Grenzwerte für Substanzen, die aus bestimmten Kunststoffrohren bzw. Kunststoffauskleidungen abgegeben werden können (Restmonomere) wie Epichlorhydrin und Vinylchlorid.

Das so genannte Minimierungsgebot, das bereits in der alten Fassung enthalten ist, besagt: "Konzentrationen von chemischen Stoffen, die das Wasser für den menschlichen Gebrauch verunreinigen oder seine Beschaffenheit nachteilig beeinflussen können, sollen so niedrig gehalten werden, wie dies nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik und mit vertretbarem Aufwand unter Berücksichtigung des Einzelfalles möglich ist".

Neu aufgenommen wurde das Konzept der Indikatorparameter. In der Begründung wird dazu ausgeführt: "Diese beziehen sich auf Stoffe oder Faktoren, die im Falle einer Abweichung von den Grenzwerten selbst kein oder nur ein geringes gesundheitliches Risiko für den Verbraucher darstellen. Sie zeigen aber eine indirekt eingetretene Veränderung der Wasserqualität an, die u.U. erhebliche Risiken mit sich bringen kann. . . im Bezug auf die Belastung des Rohwassers, Versäumnisse bei der Aufbereitung oder auf die Lösung von Materialien aus dem Rohrsystem."

Zu den Indikatorparametern gehören Aluminium und Eisen wie auch Färbung, Geruch, Geschmack, TOC, Trübung und pH-Wert. Der pH-Wert soll zwischen 6,5 und 9,5 liegen. Zusätzlich wird gefordert, dass "das Wasser nicht korrosiv wirken soll". Deshalb darf das Calcit-Lösevermögen am Ausgang des Wasserwerkes den Wert von 5 mg/l CaCO3 nicht überschreiten. Dieser Wert gilt als eingehalten, wenn der pH-Wert > 7,7 ist. Auch in Gebieten mit Mischwässern darf die Calcit-Lösekapazität innerhalb des Netzes 10 mg/l nicht überschreiten. Die Wasserversorger sind hiervon nicht begeistert, für den Verbraucher bedeutet diese Forderung jedoch eindeutig eine Verbesserung, vor allem im Hinblick auf den hohen Anteil vorhandener Sanitärinstallationen in metallenen Werkstoffen. Außerdem wird durch diese Schutzmaßnahme die Haltbarkeit von zementgebundenen Verteilungsleitungen verlängert.

Der TOC ist ein Maß für organisch gebundene Kohlenstoffverbindungen im Trinkwasser. Diese sind im Trinkwasser "nicht erwünscht, da sie zum einen von Mikroorganismen als Nährsubstrat für die Vermehrung genutzt werden können und zum anderen ihre möglichen Auswirkungen auf die Gesundheit noch weitgehend unbekannt sind" (aus der Begründung zur TrinkwV-E). Der TOC spielt zukünftig im Hinblick auf die Einsetzbarkeit von Kupfer in der Sanitärinstallation eine wichtige Rolle.

Die Indikatorparameter Geruch und Geschmack werden in Zukunft möglicherweise einen noch höheren Stellenwert erhalten, da sie anzeigen, dass Substanzen ins Trinkwasser übergegangen sind, wenn auch nur in kleinsten Mengen. Viele organische Substanzen stehen im Verdacht, bereits in äußerst geringen Konzentrationen gesundheitliche Risiken zu entfalten.

Die Stelle der Einhaltung wird nun eindeutig benannt und ist der Zapfhahn. Im Prinzip wurde das bereits in der geltenden TrinkwV vorausgesetzt (sonst würde der Richtwert für Kupfer nach zwölf Stunden Stagnation keinen Sinn ergeben). Diese Vorschrift ist somit lediglich als rechtliche Klarstellung zu betrachten.

Neu aufgenommen wurde der Passus zu "Maßnahmen im Falle der Nichteinhaltung von Grenzwerten und Anforderungen", in dem festgelegt wird, welche Maßnahmen durch das Gesundheitsamt zu ergreifen sind, wenn mikrobiologische und chemische Parameterwerte bzw. Indikatorparameter nicht eingehalten werden. Betroffen hiervon sind nur die Wasserversorger sowie solche Gebäude, in denen Wasser für die Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt wird (Schulen, Kindergärten, Krankenhäuser, Hotels, Gaststätten). Diese Bestimmung ist neu und bedeutet, dass die Gesundheitsämter künftig die Trinkwasserqualität in solchen Gebäuden (wohlgemerkt keine Privathaushalte) am Zapfhahn überwachen müssen. Dabei sind alle diejenigen chemischen Parameter zu überwachen, deren Konzentrationen sich in Hausinstallationen verändern können (also auch Blei, Nickel, PAK und Restmonomere). Falls erforderlich, kann das zuständige Gesundheitsamt die Untersuchungen auf Mikroorganismen (z.B. Legionellen) oder auch andere, bislang nicht in der TrinkwV genannte Parameter (Substanzen) ausdehnen, wenn Schädigungen der menschlichen Gesundheit zu befürchten sind.

In weiteren Bestimmungen wird festgelegt, was die Gesundheitsämter im Fall der Nichteinhaltung zu unternehmen haben. Im Vordergrund steht dabei der Verbraucherschutz und damit die Vermeidung von gesundheitlichen Risiken. Alle Maßnahmen beziehen sich nur auf die Wasserversorger sowie Hausinstallationen für die Versorgung der Öffentlichkeit.

Alle anderen Wasserversorgungen (damit auch Privathaushalte) werden im Abschnitt "Überwachung durch das Gesundheitsamt" behandelt.

Aufbereitung des Trinkwassers

Die Wasseraufbereitung dient dazu, das Rohwasser soweit zu verändern, dass es den Anforderungen der TrinkwV entspricht und an die Verbraucher abgegeben werden kann. Naturgemäß ist der Aufbereitungsaufwand für Oberflächenwasser höher als für Grundwasser. Dennoch erfüllt auch "natürliches" Grundwasser keineswegs automatisch den Qualitätsstandard der TrinkwV.

Die Wasserversorger hingegen berufen sich auf das Minimierungsgebot (siehe oben) und leiten daraus ab, dass sich der Werkstoff nach dem Wasser zu richten habe und nicht umgekehrt. Man will vor allem Grundwasser "in seiner natürlichen Qualität" an die Verbraucher liefern - auch wenn es beispielsweise sehr hart ist. Dazu ist anzumerken: Für eine Teilenthärtung sind keine chemischen Zusätze notwendig; in einigen Wasserversorgungsgebieten sind Belüftungsstufen bereits ausreichend. Durch Teilenthärtung lassen sich Kalkablagerungen im Haushalt wirksam vermindern, wobei die Lebensdauer von Haushaltsgeräten nachhaltig verlängert werden kann. Außerdem lässt sich im weicheren Wasser die Verwendung von Waschmitteln reduzieren, was der Umwelt zugute kommt.

Die Ablehnung von Aufbereitungsmaßnahmen ist wohl eher von Kostengesichtspunkten bei den Wasserversorgern und weniger von Vorteilen für den Verbraucher getragen. Ähnlich sind die Bedenken zur Begrenzung des Calcit-Lösevermögens zu bewerten. Der Hinweis, dass Trinkwasser nicht korrosiv wirken soll, ist ein Zeichen dafür, dass bestehende Installationen von den Wasserversorgern nicht ignoriert werden können.

Besondere Bedeutung erhält dieses Thema im Zusammenhang mit den derzeitigen Diskussionen um die Liberalisierung des Wassermarktes, die möglicherweise auch ein Durchleitungsgebot für "fremdes" Wasser beinhalten würde. Ein Durchleitungsgebot wird derzeit von den Wasserversorgern und dem Bundesgesundheitsamt aus hygienischen Gründen abgelehnt.

Pflichten von Inhabern von Wasserversorgungsanlagen

Dieser Abschnitt ist konfliktträchtig, weil er nicht nur die Wasserversorger, sondern zumindest teilweise auch die Hausinstallationen in Privathaushalten betrifft.

Neu ist, dass die Inbetriebnahme von Regenwassernutzungsanlagen - aber auch jede bestehende Altanlage zur Regenwassernutzung - dem Gesundheitsamt anzuzeigen ist. Das bedeutet eine Verschärfung für die Regenwassernutzung. Hier haben die Wasserversorger den zurückgehenden Wasserbedarf im Auge. Richtig ist, dass aus hygienischer Sicht unbedingt auf eine fachgerechte Installation solcher Anlagen zu achten ist.

Volkswirtschaftlich gesehen ist die Regenwassernutzung nach wie vor vernünftig. Der höhere Installationsaufwand bedeutet zudem einen Vorteil für die SHK-Betriebe.

Regelmäßige Wasseruntersuchungen sind auch in Zukunft nur von Wasserversorgern (und damit auch von Hausbrunnenbesitzern) durchzuführen. Außerdem sind Kontrollbesichtigungen vorgeschrieben.

Wasseruntersuchungen in Hausinstallationen sind nur auf Anordnung des Gesundheitsamtes durchzuführen. Untersuchungslabors müssen zukünftig über eine Zertifizierung oder eine Akkreditierung verfügen, um die Zuverlässigkeit der Messwerte zu garantieren.

Hausbesitzer müssen Wasseruntersuchungen nur dann durchführen lassen, wenn ihnen bekannt wird, dass Grenzwerte bzw. Anforderungen nicht eingehalten werden. Sie müssen darüber das Gesundheitsamt informieren.

Beim Neubau von Anlagen für die Aufbereitung und Verteilung von Trinkwasser dürfen nur Werkstoffe und Materialien eingesetzt werden, die Stoffe nicht in solchen Konzentrationen abgeben, die höher sind als nach den allgemeinen Regeln der Technik unvermeidbar. Diese Anforderung gilt als erfüllt, wenn die allgemein anerkannten Regeln der Technik eingehalten werden.

Überwachung durch das Gesundheitsamt

Überwachungen durch das Gesundheitsamt sind nur in Wasserversorgungsanlagen sowie in Hausinstallationen vorgesehen, aus denen Wasser für die Öffentlichkeit bereitgestellt wird. Hierbei sind mindestens diejenigen Parameter zu berücksichtigen, die sich innerhalb der Hausinstallation verändern können (siehe oben). Die Gesundheitsämter haben Überwachungsprogramme auf der Grundlage von stichprobenartigen Kontrollen einzurichten.

Überwachungen in privaten Haushalten sind nur dann vorgesehen, wenn dem Gesundheitsamt die Nichteinhaltung von Grenzwerten oder Anforderungen bekannt wird (z.B. durch eine Meldung vom Hauseigentümer, siehe oben). In diesem Fall sind die betroffenen Verbraucher zu informieren und entsprechende Abhilfemaßnahmen zu ergreifen. Das Gesundheitsamt kann dann die betroffenen Haushalte in die Überwachung mit einbeziehen, ". . . sofern dies unter Berücksichtigung des Einzelfalles zum Schutz der menschlichen Gesundheit . . . erforderlich ist". Eine ähnliche Passage ist bereits in der TrinkwV a.F. enthalten.

Von flächendeckenden Überwachungen in Hausinstallationen sowohl in privaten Haushalten als auch in öffentlichen Gebäuden kann keine Rede sein; diese wären von den Gesundheitsämtern nicht im Entferntesten zu bewältigen und sind vom Gesetzgeber auch nicht gewollt.

Wasserversorger und Hauseigentümer müssen die angeordneten Überwachungsmaßnahmen zulassen und unterstützen.

Das Gesundheitsamt hat die Verpflichtung zu prüfen, ob im Fall von Überschreitungen gesundheitliche Risiken zu befürchten sind und gegebenenfalls Abhilfemaßnahmen anzuordnen und dafür zu sorgen, dass die betroffenen Verbraucher informiert werden. Als mögliche Abhilfemaßnahmen werden Verwendungsbeschränkungen, Ablaufenlassen von Stagnationswasser sowie Aufbereitungstechniken genannt.

Straftaten und Ordnungswidrigkeiten

Strafbewehrt sind Vergehen, bei denen vorsätzlich oder fahrlässig den Verbrauchern Wasser zur Verfügung gestellt wird, das nicht den Vorgaben der TrinkwV entspricht bzw. die zugelassenen Abweichungen nicht einhält. Hiervon sind die Wasserversorger sowie alle Haus- und Gebäudeeigentümer betroffen.

Aus Sicht der SHK-Betriebe sind folgende Ordnungswidrigkeiten zu erwähnen:

a) Nicht vorschriftsmäßige Verbindung einer Regenwassernutzungsanlage mit der Hausinstallation;

b) Nicht gekennzeichnete Regenwassernutzungsleitung und Entnahmestellen.

Die Nichtbeachtung der allgemein anerkannten Regeln der Technik stellt demnach keine Ordnungswidrigkeit im Sinne des TrinkwV-Entwurfs dar, hat aber sehr wohl gravierende Konsequenzen im Rahmen des Werkvertragsrechts nach BGB bzw. VOB.

Fortsetzung folgt.

Internetinformationen:
www.dvgw.de
www.kupferinstitut.de
www.kupfer.de


*) Dr. Gerhard Schüz, Initiative Kupfer


Anmerkung der Red. Der vorliegende Entwurf der neuen Trinkwasserverordnung (TrinkwV-E) stammt vom 8. November 2000. Er wurde zwischenzeitlich im Kabinett verabschiedet und liegt nun zur abschließenden Beratung beim Bundesrat vor. Nach derzeitigem Stand wird die neue Trinkwasserverordnung am 1. Januar 2003 in Kraft treten.


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