IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 8/2001, Seite 3


EDITORIAL


Prof. Dr.-Ing. Werner Ameling
Fachbereichsleiter Versorgungstechnik an der FH Trier sowie wissenschaftlicher Berater des Firmenverbundes Omnium-Technic

Ruinöser Wettbewerb im technischen Ausbau

Firmen des technischen Ausbaus müssen jetzt Allianzen bilden, denn erbitterter Preiskampf kennzeichnet die Situation in der technischen Gebäudeausrüstung (TGA). Mitunter - so in Berlin - liegt das Preisniveau auf der Höhe der 80er-Jahre und es sind zwischen zehn und 20 Angebote notwendig, um einen Auftrag zu erhalten. Die mittelständischen, meist handwerklich organisierten Betriebe stehen aufgrund des ruinösen Wettbewerbes mit dem Rücken zur Wand - ablesbar an der schlechten Zahlungsmoral und vermehrten Liquidationen. Das Angebot ganzheitlicher Lösungen im Bereich der Haus- und Gebäudetechnik wäre ein neues Betätigungsfeld für SHK-Unternehmen, was sich in Zukunft aber nur in Form von Firmenallianzen verwirklichen lässt.

Die Ursache von Liquidationen in der SHK-Branche ist längst nicht allein die lahmende Baukonjunktur, sondern der übermächtige Wettbewerb durch hinzu gekommene Anbieter: Vermehrt drängen Energieversorger (EVU), wie Stadtwerke und deren Ableger ins Geschäft. Nach dem Aufbrechen der Monopole für Strom und demnächst auch für Gas entfalten sie eine Dynamik, die selbst vor bescheidenen Angeboten - beispielsweise für eine Heizungssanierung im Einfamilienhaus - nicht Halt macht. Bei großen Projekten treten EVU und Kommunalversorger gezielt als Generalunternehmer für schlüsselfertige Anlagen auf und billigen dem lokalen Handwerk allenfalls die Rolle des preisgebeutelten Subunternehmens zu. Um gewerblich überhaupt tätig sein zu dürfen, arbeiten manche Stadtwerke auf eine Änderung der Gemeindeordnung hin.

Auf sich allein gestellt, ist der SHK-Betrieb meist hilflos, denn seine Konkurrenz ist erstens sehr stark im Marketing und vermag obendrein hohe finanzielle Vorleistungen aufzubringen. Ein Beispiel: die Anzeigen- und Plakatwerbung. So umwarb der Energiegigant "E.on" im Jahre 2000 unter Einsatz von über 100 Millionen DM Privatkunden mit einer - zunächst nebulösen - Imagekampagne, der in diesem Jahr eine nicht minder teure "Produktwerbung" folgen dürfte.

Neue Ideen sind gefragt, will der mittelständische SHK-Unternehmer nicht zum Handlanger öffentlicher und privater Generalunternehmer mutieren, abhängig von dessen Preisdiktat. Wie sieht die Lösungsmöglichkeit aus?

Die Standardantwort lautet: Flucht in eine Nischenposition, sich spezialisieren - auf alternative Energien, auf solare Wärmeerzeuger oder kleine Blockheizkraftwerke, auf die Kaminsanierung, auf vernetzte Steuerungen mit Fernwartung. Dieser Rückzug in lukrative Nischen ist etlichen Betrieben gut gelungen. Sie waren aber meist schon immer spezialisiert. Von einer "Flucht" kann also im Grunde nicht die Rede sein. Jetzt zeichnen sich diese Unternehmen als ausgesprochene Dienstleister aus.

Das Gros der SHK-Betriebe, vor allem die Handwerker, sind indes keineswegs service- sondern vielmehr produktorientiert. Diese Denkweise lässt sich in Notzeiten nicht kurzfristig umpolen; hierfür ist vielmehr eine neue Unternehmenskultur notwendig. Die Flucht in eine rettende Nische ist demnach kein probates Mittel, um im nächsten Jahr über die Runden zu kommen. Nach Preisgabe alter Betätigungsfelder ist der Unternehmer ferner mit allen Risiken auf sich allein gestellt.

Ein nachhaltiges Konzept für den Mittelstand im SHK-Bereich kann nur lauten: Allianzen bilden. Erfolg verspricht in dieser Richtung die Gründung von Vertriebsgemeinschaften unter einer Dachmarke mit einheitlicher Werbung und gemeinsamem Marketing zur Neukundengewinnung, vielleicht sogar zum gemeinsamen Energie- und Wareneinkauf.

Die Hamburger Facility Management AG ist dafür ein Beispiel, bei der rund 140 Betriebe eine Aktiengesellschaft als Stabsstelle gegründet haben. Diese tritt bei größeren Projekten als Generalunternehmer auf, sie hat also eine operative Funktion. Einen vergleichbaren Gewerkeverbund streben Innungen in Berlin und Brandenburg, im Ruhrgebiet und in Frankfurt an.

Außer diesen lokalen Initiativen gibt es auch Vereinigungen, die bundesweit agieren und ausgesprochen dienstleistungsorientiert sind. Gemeinsam erarbeiten die Mitglieder Servicepakete mit Musterverträgen und Softwarelösungen, schulen die Mitgliedsfirmen und organisieren den regelmäßigen Erfahrungsaustausch. Quasi als Franchise-Modell für den SHK-Mittelstand. Auch kleine Firmen kommen dadurch in die Lage, hochwertige Serviceleistungen anbieten zu können.

Gelingt es solchen Kooperationen, den Grundgedanken ihres unternehmerischen Handelns von der Technik auf die Dienstleistung - also den eigentlichen Kundennutzen - zu lenken, besteht am ehesten die Chance, wieder auskömmliche Preise zu erzielen. Denn der Kunde will letztlich gar keine Anlage, keine Technik sondern den Gebrauchsnutzen: behagliche Wärme, gute Luft, eine schimmelfreie Wohnung und zwar sicher, langfristig und störungsfrei. Bekommt der Bauherr dafür eine ganzheitliche Lösung aus einer Hand (von der Planung bis zum Service nach dem Kauf), favorisiert er den entsprechenden Anbieter. Das vermag ein geschultes Verbundunternehmen genauso gut zu leisten wie ein Generalunternehmer: mit Festpreis, Festtermin und garantierter Energieeinsparung. Die Hamburger Handwerkerallianz und andere machen es vor.


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