IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 05/2001, Seite 34 ff.


SANITÄRTECHNIK


Edelstahl Rostfrei

Ein Begriff mit unzähligen Facetten

In keiner anspruchsvollen Ausstellung fehlen sie: Sanitärobjekte und Accessoires aus Edelstahl. So mancher Fachmann spricht von einem regelrechten Run auf die schönen Designentwicklungen in unverfälschter, klarer Optik. Und erfolgreich trotzt ein eher technisch anmutendes Material allen Landhausströmungen in puristischem Selbstbewusstsein.

Edelstahl für den Privatbereich: Ein neuer Trend?

Kaum ein Werkstoff findet so viele Einsatzbereiche und ist gleichzeitig so unbekannt. Auch die Schar der Planer, Architekten sowie Badausstellungsbesucher spaltet sich in zwei deutliche Gruppen - die einen sind restlos begeistert von der Symbiose auch technischer Anmutung und wirkungsvoller Designsprache oder suchen zumindest den vermittelnden Weg mit geschickten Materialkombinationen, die anderen lehnen Edelstahl aufgrund seines deutlichen Auftritts oder auch aus der simplen Furcht vor eventuellen Kalk- oder Wasserflecken grundlegend ab. Außer den Einsatzbereichen in öffentlichen Sanitärzonen oder markanten Produkten in privaten Bädern ist vieles rund um das Thema Edelstahl gar nicht bekannt. Und wer sich nicht unmittelbar für die Bedeutung des Materials interessiert, kann nicht ermessen, wo Edelstahl Rostfrei längst überall zum Einsatz kommt.

Über Hundert Sorten unter einem Begriff

Edelstahl Rostfrei ist ein Sammelbegriff für rund 120 Arten von nicht rostenden, zum Teil säurebeständigen Stählen, die alle ein gemeinsames Merkmal haben: Sie benötigen keinen zusätzlichen Oberflächenschutz gegen Korrosion und äußerliche Beschädigung.

Im Stahl befindliches Chrom bildet eine farblose, transparente Oxidschicht, die sich im Falle einer Beschädigung selbst wieder aufbaut. So bietet Edelstahl den Vorteil, dauerhaft und sicher vor Korrosion gegenüber Luft, Wasser und anderen aggressiven Elementen geschützt zu sein. Obwohl das Material als Rostfrei bezeichnet wird, gibt es laut Fachleuten allerdings auch hier wenige Ausnahmen, die einerseits allgemein als "Verarbeitungsfehler" von anderer Stelle als "Einschränkung in wenigen Fällen" bezeichnet werden. So kann sich an Schweißstellen, an denen die Chromstahl-Oberfläche und damit die Legierung durch die extremen Hitzeentwicklungen in Verbindung mit Sauerstoff verändert wird, Rost ansetzen. Daher werden Schweißstellen in aller Regel passiviert. In Innen- und Außenbereichen erhalten Elemente, die per Schweißverfahren zusammengefügt werden, an den Schweißstellen diese Nachbehandlung. Bei zahlreichen Produkten, beispielsweise Waschbecken und Reihenwaschanlagen, deren Formen mittels des Pressverfahrens, damit nahtlos, hergestellt werden, kann heutzutage auf Schweißverbindungen sogar weitestgehend verzichtet werden.

Edelstahl-Waschbrunnen, hochglanz poliert.

Edelstahl Rostfrei für besondere Hygieneansprüche

Ohne Frage gilt Edelstahl als absolut hygienisches Material. Aus diesem Grund hat der Werkstoff insbesondere in öffentlichen Einsatzbereichen, Küchen und Sanitäranlagen, seinen Markt gefunden. Die Bestandteile von Edelstahl sind in aller Regel mindestens 10,5% Chrom sowie weitere hochwertige Legierungsbestandteile, insbesondere Nickel. Am bekanntesten unter den rostfreien Edelstählen ist die Sorte 18/10, die rund 18% Chrom und 10% Nickel beinhaltet. Diese Art wird häufig für Küchenzubehör (Töpfe), Accessoires und Spülen, aber auch Sanitärobjekte eingesetzt. Seit ihrer Entwicklung im Jahre 1912 im Rahmen der "Versuchsreihe 2 Austenit" gehört diese Sorte zu den im Haushalt am meisten verwendeten Edelstählen. Die ehemals gebräuchliche Bezeichnung "V2A" und auch das heute beim Endgebraucher eher bekannte "18/10" gelten in der Fachwelt allerdings als irreführende Bezeichnungen. Daher ist man vor einigen Jahren zu einem europaweit gültigen Werkstoffnummernsystem übergegangen, das eine sehr präzise und verbindliche Kennung ermöglicht. Die im Haushalt verwendeten nicht rostenden Edelstähle werden dabei beispielsweise (in Deutschland) mit der Werkstoff-Nr. 1.4301 bezeichnet.

Seifenspender, matt gebürstet.

Edelstahl in seinem Grundtyp der Chrom-Nickel-Stähle mit der Bezeichnung 1.4301 hat ein breites Einsatzspektrum. Der Stahl ist sehr gut kalt- und warmumformbar sowie für Außen- und Innenanlagen geeignet. Er kann, ebenso wie herkömmlicher Stahl, auf Baustellen (mit nachträglicher Passivierung) verschweißt werden. Im Bauwesen kommen neben dem Grundtyp zahlreiche weitere nicht rostende Stähle zum Einsatz, die über Jahrzehnte mit unterschiedlichsten Legierungen entwickelt, sich auf die jeweiligen unterschiedlichen Anforderungen optimal einstellen.

Wachsende Palette der Einsatzgebiete

Neben den bekannten Einsätzen im Haushalt werden Fassaden, Dächer und Dachentwässerungssysteme, Abgas- und Rohrleitungen für Industrie- und Haustechnik, Treppen, Aufzüge, Geländer, Türen, aber auch Sportgeräte, Fahrradrahmen und Schwimmbecken aus Edelstahl gefertigt. Auch bei der Renovierung hat sich das Material einen Namen gemacht. So können Flachdächer zeitsparend und einfach mit dem Werkstoff instand gesetzt werden. Die alte Dachabdeckung muss nicht entfernt werden. Eine etwaige teure und aufwändige Entsorgung entfällt. Darüber hinaus kann ein auf diese Weise saniertes Dach ohne weiteres zur Begrünung genutzt werden. Dachrinnen aus Edelstahl bieten nicht nur alle technischen Vorteile des Werkstoffs, sondern sind obendrein architektonische Gestaltung eines Gebäudes. Sogar innerhalb der Bauwerkssanierung werden beispielsweise gewellte Edelstahlbleche in einem speziellen Verfahren in die Mauern eingebracht, um diese dauerhaft trockenzulegen. Innerhalb der Medizintechnik hat sich das Material wegen seiner absolut einwandfreien Sterilität als wichtiger Basiswerkstoff einen hohen Stellenwert geschaffen. Griffe und Haltesysteme, zunächst für Krankenhäuser und Altenheime konzipiert, werden zunehmend aufgrund ihrer griffsympathischen und besonders rutschfesten Oberflächenstruktur auch in privaten Bereichen, insbesondere in Bädern und Gäste-WCs, eingesetzt.

Urinalanlage für öffentliche Anlagen.

Wiederverwertung garantiert

In punkto Umweltschutz bietet Edelstahl Rostfrei bemerkenswerte Vorteile. Der Werkstoff wird zu 80% aus Schrott hergestellt (Quelle: Informationsstelle Edelstahl Rostfrei - ISER). Die Wiederverwertung ist somit beim Edelstahl ein fester Bestandteil der Produktionsabläufe.

Die "Informationsstelle Edelstahl Rostfrei" sieht günstige Entwicklungen für den Markt nicht rostender Stähle. Seit Mitte der 60ger-Jahre ist nicht nur die weltweite Produktion kontinuierlich gestiegen, die Einsatzgebiete erweitern sich ständig.

Seit dem Edelstahl in immer wieder neuen Designformen sowohl in privaten als auch öffentlichen Bereichen seine optische Vielfalt dokumentiert, verliert es auch beim Endgebraucher immer mehr den Ruf des "Kalten und Klinischen". Zudem ist es vom Gebrauchsgut bis zum Designobjekt nicht nur ein eigenständiges Material, sondern auch sehr kombinationsfreudig. Gerade im öffentlichen und privaten Sanitärbereich ist es damit gelungen, neue Wege einer perfekten hygienischen, funktionsgerechten, langlebigen Ausstattung und Einrichtung zu gehen.

Edelstahl-Waschrinnen für betriebliche Sanitärräume.

Individualität mit Lebensdauer

Jürgen Kuhfuß, Geschäftsführer der Kuhfuss Sanitär GmbH mit Sitz im ostwestfälischen Herford, bestätigt die positiven Prognosen für Edelstahl im Sanitärbereich. In den letzten Jahren hat sein Unternehmen, welches neben Waschtischen, Urinalen und WCs aus Edelstahl auch komplette Installationsmodule anbietet, nicht nur im Objektgeschäft, sondern auch im Bereich der Privatbäder einer stetig steigenden Nachfrage nachkommen können.

Die Frage, ob nach der so genannten Edelstahl-Welle, die seit Mitte der neunziger Jahre auf die Sanitäreinrichtung zurollte, nicht wieder eine entgegengesetzte Strömung zu erwarten sei, verneint er deutlich: "Sicher gibt es innerhalb der Bad- und Sanitäreinrichtung immer wieder kurzlebige Designströmungen und wechselnde Materialvorlieben. Dabei geht es allerdings längst nicht mehr um Edelstahl Rostfrei im Bad oder sonstigen sanitären Bereichen. Edelstahl hat sich neben den keramischen Produkten einen festen Stellenwert geschaffen - und das ist wesentlich. Die signifikanten Vorteile für die Hygiene, Langlebigkeit und Strapazierfähigkeit sind gerade hier von so wesentlicher Bedeutung, dass das Material ausnahmslos nicht nur seine Berechtigung behält, sondern eine kontinuierlich wachsende Bedeutung gewinnt."

So wird vom Einsatz in Großküchen bis zu medizinischen Geräten und Ausstattungen in erster Linie überall dort Edelstahl eingesetzt, wo diese Faktoren berücksichtigt werden müssen. Auch in öffentlichen WC-Anlagen und Waschräumen hat sich Edelstahl nicht nur etabliert, sondern ist auf dem besten Wege, das am meisten verwendete Material zu werden. Deutschlands öffentliche Toilettenanlagen, in früheren Jahren häufig noch Stiefkind der Sauberkeit und ansprechenden Präsentation, gehen z.B. immer häufiger zu einer sanitären Ausstattung in Edelstahl über und können sich heute im internationalen Vergleich längst als besonders besucherfreundlich sehen lassen. Reihenwaschanlagen und Urinale aus Edelstahl sind für zahlreiche Mitarbeiter-Toiletten absolute Bedingung bei der Architektenplanung. Dennoch, bei allen Vorzügen sind Einwände gegen das Material nicht von der Hand zu weisen. Der an sich überaus robuste Werkstoff kann bei mangelnder Pflege oder wenn nicht sofort nachgewischt wird, zu unansehnlichen Fleckenbildungen neigen, die sich zwar entfernen lassen, aber zunächst den optischen Auftritt nicht gerade positiv unterstützen.

Aber auch hier wurde von Herstellerseite Abhilfe geleistet: Mit der kürzlich vorgestellten Oberflächenveredelung "ONE2STEEL" bietet Kuhfuss Sanitär auf Wunsch bei seinen Produkten einen zusätzlichen Schutz gegenüber Wasserablagerungen, Kalkrändern und Fingerabdrücken.

Diese bislang nicht zu Unrecht bestehende Argumente gegen Edelstahl konnte das Unternehmen in der gemeinsamen Entwicklung mit dem Fraunhofer Institut maßgeblich entkräften. Und so wird mancher Interessent, Bauherr oder Planer, der allein aus diesem Grund eher zurückhaltend mit einem Edelstahlwaschtisch liebäugelte, beherzter den Weg zum Sanitäranbieter gehen können. Das Wasser und damit auch Schmutz- und Seifenwasser perlt leichter ab, sodass Ablagerungen weitestgehend vermieden und zudem "beschichtete" Waschbecken noch leichter sauber gehalten werden können. Derzeit kommt die Veredelung bereits in zahlreichen öffentlichen Sanitäranlagen erfolgreich zum Einsatz.

Matt gebürsteter Edelstahl, links ohne, rechts mit der neuen ONE2STEEL-Veredlung.

Starker Werkstoff für starke Belastungen

Edelstahl Rostfrei ist ein Material, das sich nicht auf einen Einsatzbereich beschränkt, das sich aber überall dort, wo Produkte mit Wasser, Luft und teilweise aggressiven Medien in Interaktion treten, hervorragend bewährt. Auch den Strapazen, die der Mensch diesen Produkten, teils unbewusst teils bewusst, unterzieht, ist das Material gefeit. Vandalensicherheit, wie sie in allen öffentlichen Bereichen, insbesondere auch in WC-Anlagen von Fußballstadien und öffentlichen Toilettenhäusern gefordert werden, zeichnen den Werkstoff aus. Experten sind sich einig, dass Edelstahl das Produkt der Zukunft ist. Und gerade dort, wo hohe Materialqualität gefordert ist, es höchste Vorteile hat. Ob sich Edelstahl im privaten Bereich den gleichen Stellenwert erobern wird wie Keramik, bleibt abzuwarten. Designmut und elegante Ausstrahlung verhelfen sicher jedem Edelstahlprodukt zu einem ganz speziellen Auftritt, der allerdings auch immer eine spezielle Kundschaft ansprechen wird. In öffentlichen Bereichen hingegen erobert sich der Werkstoff ungehemmt immer mehr Einsatzgebiete, auf denen zahlreiche andere Materialien längst auf der Strecke bleiben.

Internetinformationen:
http://www.kuhfuss-sanitaer.de


B i l d e r :   Kuhfuss Sanitär GmbH, Herford


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