IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 04/2001, Seite 55 ff.


RECHT-ECK


Vergütung und Leistung

Die Vergütung nicht bestellter Leistungen nach § 2 Nr. 8 VOB/B – ein wenig Erfolg versprechender Anspruch

RA Friedrich-W. Stohlmann

Mit dem vorliegenden Artikel soll eine sinnvolle und interessengerechte Lösung vorgestellt werden, die zu einer Klärung der im Zusammenhang mit Vergütungsfragen nach § 2 Nr. 8 VOB/B auftretenden Probleme beiträgt.

Die in der Praxis äußerst wichtige Regelung des § 2 Nr. 8 VOB/B war in jüngster Zeit Gegenstand einer Reihe von einzelfallbezogenen Entscheidungen, wurde bisher bei den Überlegungen der SHK-Betriebe aber weitestgehend vernachlässigt, weil die Erfolgsaussichten nicht gerade "berauschend" sind.

Ausnahmsweise erhält der Auftragnehmer eine Vergütung gem. § 2 Nr. 8 Abs. 2 Satz 2 VOB/B, wenn die nachstehenden Voraussetzungen erfüllt sind:

Notwendigkeit der Leistung für die Erfüllung des Vertrages

Die Beurteilung, ob die nicht beauftragte Leistung notwendig war, bemisst sich insbesondere danach, ob die Leistung für die spezielle vertragsgemäße Erfüllung erforderlich war. Das ist aus technischer Sicht zu beurteilen. Darunter fallen auch solche Leistungen, ohne deren Ausführung die vertragsgemäße Leistung nicht hätte erbracht werden können, sie andernfalls "mangelhaft" oder "vertragswidrig" gewesen wäre.

Mutmaßlicher Wille

Der mutmaßliche Wille des Auftraggebers ist aus objektiver Sicht zu betrachten und es ist der Wille, den der Auftraggeber geäußert hätte, wenn er die Notwendigkeit der abweichenden Leistung gekannt hätte.

Beispielsfall:

Der Auftragnehmer stellt bei Anlieferung seiner vorgefertigten Bauteile fest, dass die vorzufindende Vorleistung nicht den Plänen entspricht und unternimmt sogleich mit dem Einbau seiner vorgefertigten Fertigteile die notwendigen zusätzlichen erheblichen Anpassungsarbeiten. Hätte der Auftraggeber gewusst, dass die in Auftrag gegebenen vorzufertigenden Teile nicht in die dafür vorgesehenen Öffnungen passen, so hätte er die vom Vertrag abweichende Leistung beauftragt.

Unverzügliche Anzeige

Darüber hinaus ist die unverzügliche Anzeige des Auftragnehmers gegenüber dem Auftraggeber Anspruchsvoraussetzung. Unverzüglich ist in Anlehnung an § 121 BGB auszulegen. Nach einer Entscheidung des OLG Stuttgart muss die unverzügliche Anzeige spätestens mit Beginn der Arbeiten gegenüber dem Auftraggeber erklärt werden. Dem Wortlaut des § 2 Nr. 8 Abs. 2 Satz 2 VOB/B ist allerdings diese enge zeitliche Begrenzung nicht zu entnehmen. Er spricht lediglich davon, dass die Anzeige unverzüglich erfolgen muss. Daher müsste eine Anzeige unmittelbar nach Ausführung der Leistung ebenfalls ausreichend sein. Die Anzeige hat grundsätzlich dem Auftraggeber zuzugehen, sofern nicht ein Dritter ebenfalls zur Entgegennahme befugt ist.

Mit dem OLG Hamm ist der Autor der Auffassung, dass der Bauleiter die Anzeige entgegennehmen darf. Denn er ist im Sinne des § 130 BGB als zur Empfangsnahme von Willenserklärung befugt anzusehen. Für die Frage, ob die Anzeige unverzüglich erfolgt ist, kommt es auf den Zeitpunkt des Zugangs an. Erhält der bauleitende Architekt die Anzeige, so muss er diese weiterleiten. Da er mit der Entgegennahme der Anzeige keine Willenserklärung abgibt, ist er nur Empfangsbote. Auf die Frage der Bevollmächtigung im Sinne des § 164 ff. BGB kommt es nicht an.

Vergütungsfolge in Fällen des § 2 Nr. 8 Abs. 1 Satz 1 VOB/B

Nach dem Wortlaut dieser Bestimmung erhält der Auftragnehmer für eine nicht bestellte Leistung keine Vergütung. Wie im obigen Beispielsfall dargestellt, erscheint es nicht immer gerechtfertigt, dass der Auftragnehmer in diesen Fällen überhaupt keine Vergütung erhalten soll. Insbesondere dann, wenn der Auftraggeber keine Beseitigung der ausgeführten Leistung vom Auftragnehmer verlangt oder eine Leistung in einer besseren Variante als der vertragliche geschuldeten erhält.

1. Fallgruppe – Leistung ohne Auftrag

Nach der Kommentierung zur VOB/B (Ingenstau/Korbion) erhält der Auftragnehmer für eine ohne Auftrag erbrachte Leistung überhaupt keine Vergütung. Denn was der Besteller bzw. Auftraggeber nicht bestellt hat, muss er auch nicht vergüten.

Leistungen die der vollmachtlose Vertreter anordnet

Beauftragt z.B. ein vollmachtloser Vertreter den Auftragnehmer, neben einem Schrank auch noch einen Tisch herzustellen, so hat der Auftraggeber den Tisch nicht zu vergüten, da er diesen nicht bestellt hat und auch nicht für die Erfüllung des Vertrages "Erstellung eines Schrankes" die weiteren Arbeiten erforderlich waren. Etwaige Ansprüche des Auftragnehmers können sich allein aus Geschäftsführung ohne Auftrag ergeben (siehe unten).

Leistungen, die der Auftragnehmer ohne Fremdeinwirkung ausführt

Hierzu ist der oben genannte Beispielsfall der Anlieferung vorgefertigter Bauteile und Feststellung einer nicht ordnungsgemäßen Vorleistung zu rechnen.

Mit der Kommentierung bei Ingenstau/Korbion ist der Verfasser der Auffassung, dass der Auftragnehmer in diesen Fällen dem Wortlaut des § 2 Nr. 8 Abs. 1 Satz 1 VOB/B folgend zunächst keine Vergütung für die ausgeführte Leistung erhält. Etwaige Ansprüche können sich allenfalls aus Geschäftsführung ohne Auftrag ergeben (siehe unten).

2. Fallgruppe – Leistungen unter eigenmächtiger Abweichung vom Auftrag

Im Unterschied zu der Leistung ohne Auftrag erfüllt der Auftragnehmer bei der eigenmächtigen Abweichung vom Vertrag die Leistung zumindest teilweise. Statt der im Vertrag vorgesehenen 3 Stützpfeiler werden 4 Stützpfeiler erstellt. Daher erscheint es auf den ersten Blick unbillig, wenn er für diese Leistung keine Vergütung erhält. Um eine sachgerechte Lösung der Vergütungsfrage finden zu können, müssen fünf Falluntergruppen unterschieden werden:

Als Beispiel soll die quantitative Abweichung nach oben gemäß dem Stützpfeiler-Beispiel beleuchtet werden.

Ein Unternehmer baut auf eigene Veranlassung vier statt der vertraglich geschuldeten drei Stützpfeiler ein. Diese eigenmächtige Abweichung darf nicht dazu führen, dass er überhaupt keine Vergütung erhält – auch nicht für den vertragsgemäß erbrachten Teil. Da der Auftraggeber aber teilweise eine vertragsgemäße Leistung (drei Pfeiler) erhält, erschiene es unbillig, wenn der Auftragnehmer keine Vergütung für das Ganze erhielte. Grundsätzlich sollte der Auftraggeber daher den vertragsgemäß erbrachten Teil dem Auftragnehmer vergüten müssen. Der überschüssige, nicht vertragsgemäß erbrachte Teil ist dagegen nicht zu vergüten. Etwas anderes könnte nur dann gelten, wenn sich herausstellt, dass die Leistung durch das Erbringen der Mehrmengen in ihrer Gebrauchstauglichkeit beeinträchtigt ist, z.B. weil gerade der 4. Stützpfeiler den vorgesehenen Ausbau des Raumes unmöglich macht und stört. Liegt z.B. eine qualitätsneutrale Abweichung der vertraglich vorgesehenen Leistung vor, so ist die Funktionstauglichkeit der Leistung in der Regel nicht beeinträchtigt. Daher stehen dem Auftraggeber im Rahmen der Gewährleistungsansprüche auch keine Minderungsansprüche zu. Denn zum ursprünglich vertraglich geschuldeten besteht kein Minderwert. Anders kann es sich nur verhalten, wenn der erbrachten Leistung eine zugesicherte Eigenschaft fehlt. Hier wären Regressmöglichkeiten des Auftraggebers denkbar.

Geschäftsführung ohne Auftrag ($$ 2 Nr. 8 Abs. 3 VOB/B i.V.m. § 677 ff. BGB)

Als Auffangtatbestand für die genannten Fälle verbleibt das Rechtsinstitut der Geschäftsführung ohne Auftrag (im Folgenden GoA genannt). Insbesondere in den Fällen, wo der Auftragnehmer die unverzügliche Anzeige nach § 2 Nr. 8 Abs. 2 Satz 2 VOB/B versäumt. Dies führt nach der VOB zu einer Verneinung eines Vergütungsanspruchs des Auftragnehmers. Der Bundesgerichtshof hat dies zum Anlass genommen, die Notwendigkeit der Anwendung der Geschäftsführung ohne Auftrag (GoA) auch für den VOB-Vertrag für erforderlich zu halten und hat die frühere Fassung (Altfassung) des § 2 Nr. 8 VOB/B bei isolierter Inhaltskontrolle – also in den AGB der Auftraggeberseite – für unwirksam erklärt. Daraus folgt, dass § 2 Nr. 8 Abs. 3 i.V.m. § 677 ff. BGB einen eigenständigen Anspruch begründen kann, der neben die Absätze 1 und 2 der zitierten Bestimmung des § 2 Nr. 8 tritt, soweit die nachfolgenden Voraussetzungen vorliegen:

Besorgung eines fremden Geschäfts

Unter Geschäft im Sinne des § 677 BGB ist jedes rechtsgeschäftliche oder tatsächliche Handeln mit wirtschaftlichen Folgen außer bloßem Unterlassen, Dulden oder Geben zu verstehen. Der Geschäftsführer muss ein fremdes Geschäft besorgen, d.h. das Geschäft muss dem Rechts- und Interessenkreis eines anderen angehören.

Fremdgeschäftsführungswille

Erforderlich für den Fremdgeschäftsführungswillen ist erstens das Bewusstsein, ein fremdes Geschäft zu führen sowie zweitens der Wille, das Geschäft für einen anderen zu führen. Dieser Wille muss aber grundsätzlich nach außen in Erscheinung getreten sein. Eine Ausnahme von der Erkennbarkeit des Fremdgeschäftsführungswillens macht der Bundesgerichtshof jedoch bei einem objektiv fremden Geschäft. Der Fremdgeschäftsführungswille wird hier vermutet.

Zum Beispiel wird auch dann eine Geschäftsführung ohne Auftrag vermutet, wenn der Auftragnehmer Leistungen in dem Bewußtsein ausführt, hierzu vertraglich verpflichtet zu sein und sich erst später darauf besinnt, dass die Leistung nicht vom Vertrag umfasst war und als Mehrvergütungsforderung über das Institut der GoA geltend gemacht werden kann.

Ohne Auftrag oder sonstige Berechtigung

Gegenüber dem Geschäftsherrn darf weder ein Auftragsverhältnis oder ein sonstiges Rechtsverhältnis bestehen, aufgrund dessen der Geschäftsführer zur Führung des Geschäfts berechtigt ist, da sich in diesem Fall die Rechte und Pflichten ausschließlich nach den Bestimmungen dieses Rechtsverhältnisses richten würden. Dies bedeutet für den Bauvertrag, dass die konkrete Leistung nicht hiervon umfasst sein und auch ein Fall der §§ 2 Nr. 5, 2 Nr. 6 VOB/B nicht vorliegen darf.

Anzeige der Geschäftsführung

§ 681 BGB begründet für den Geschäftsführer eine Nebenpflicht zur Anzeige. Diese Anzeige ist aber nicht Voraussetzung für den Anspruch wie bei § 2 Nr. 8 Abs. 2 Satz 2 VOB/B, sodass auch bei Unterlassen der Anzeige der Aufwendungsersatzanspruch nicht entfällt. Allerdings läuft der Geschäftsführer Gefahr, in diesem Fall mit Schadensersatzansprüchen des Geschäftsherrn bezüglich des Schadens, der diesen aus der unterlassenen Anzeige erwächst, konfrontiert zu werden.

Rechtsfolgen der berechtigten Geschäftsführung ohne Auftrag

Liegen die Voraussetzungen einer berechtigten Geschäftsführung ohne Auftrag vor, hat der Geschäftsführer Anspruch auf Ersatz seiner Aufwendungen. Die Geschäftsführung ohne Auftrag ist begrifflich also nicht auf Vergütung, sondern auf Aufwendungsersatz gerichtet. Der Bundesgerichtshof spricht die übliche Vergütung im Sinne des § 632 Abs. 2 BGB zu, sofern der Vertragspreis nicht geringer ist. Jedenfalls erhält der Auftragnehmer nicht nur seine Kosten erstattet, sondern auch seinen eigenen Aufwand.

Ansprüche bei unberechtigter GoA

Sofern eine der Voraussetzungen der berechtigten GoA nicht erfüllt ist und damit ein Aufwendungsersatzanspruch nach §§ 683, 670 BGB ausscheidet, bleibt dem Auftragnehmer als Geschäftsführer nur die Möglichkeit, über § 684 Satz 1 BGB einen Anspruch geltend zu machen.

Nach § 684 Satz 1 BGB hat der Geschäftsherr dem Geschäftsführer das durch die Geschäftsführung erlangte nach den Bestimmungen der ungerechtfertigten Bereicherung (§§ 812 ff. BGB) herauszugeben. Seine Bereicherung kann neben einer gegenständlichen Vermögensmehrung in der ungewollten Schuldbefreiung, ersparten Aufwendungen und abgewendeten Vermögensschäden bestehen.

Da der Geschäftsführer nur in Höhe der ihm zugute gekommenen Vermögensmehrung in Anspruch genommen werden kann, erhält der sich unbefugt einschaltende Geschäftsführer keinen Aufwendungsersatz.

Zusammenfassung

Fazit:

Der Unternehmer sollte sich nicht darauf verlassen, dass er bei Abweichung vom vertraglichen Inhalt bezogen auf seine Leistung Vergütungsansprüche sicherstellen kann. Die Durchsetzung entsprechender Vergütungen ist an so viele rechtliche Voraussetzungen geknüpft, dass in der Regel derartige Ansprüche von den Gerichten abgewiesen werden.


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