IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 04/2001, Seite 52 ff.


UNTERNEHMENSFÜHRUNG


Jahresabschluss-Analyse

Beispiel aus dem Handwerk Sanitär - Heizung - Klima (SHK)

Dipl.-Kaufm. Paul Ellinghorst - Teil 3

Neben der Bilanz gilt es auch die Gewinn- und Verlustrechnung (GuV) zu untersuchen. Dabei geht es in erster Linie darum, die Wirtschaftlichkeit anhand der Kostenstrukturen sowie die Rentabilität zu ermitteln und kritisch zu beurteilen.

4.2 Analyse der Gewinn- und Verlustrechnung (GuV)
Wirtschaftlichkeit und Rentabilität

Zur Beurteilung der Lage und Entwicklung eines Unternehmens reichen Bilanzen allein nicht aus. Sie weisen zwar auch die Höhe des Erfolges aus, erklären aber nicht das Zustandekommen. Wie bei der Analyse der Bilanz werden für die G + V-Analyse die absoluten Zahlen in Prozentzahlen umgerechnet und in diesem Fall den Umsatzerlösen bzw. bei Produktionsbetrieben der Gesamtleistung (= 100) gegenübergestellt.

Gesamtleistung = Nettoumsätze +/- Bestandsveränderungen unfertiger und Fertigerzeugnisse + aktivierte Eigenleistungen.

Aus der G + V (teilweise in Verbindung mit der Bilanz) sind vor allem folgende Kennzahlen - abgestellt auf die Gesamtleistung - von Bedeutung:

4.2.1 Materialaufwand

Top-Kennzahl 5: Materialaufwandsquote

Bei vielen Produktionsbetrieben ist der Materialaufwand - absolut und im Verhältnis zur Gesamtleistung - besonders hoch. Ein wirtschaftliches Verhalten in diesem Bereich hat daher einen großen Einfluss auf das Ergebnis und damit auf die Rentabilität. Auch ein Branchenvergleich kann wertvolle Anregungen zur näheren Untersuchung geben.

Außergewöhnliche Veränderungen, insbesondere Erhöhungen der Materialaufwandsquote - gegenüber dem Vorjahr bzw. gleichgelagerten anderen Betrieben der Branche - müssen besonders untersucht werden.

Ursachen für höheren Materialverbrauch können sein:

 zu niedrige Verkaufspreisbildung

 gestiegene Einkaufspreise, die auf die Verkaufspreise nicht abgewälzt werden konnten

 Diebstahl, Schwund

 zu hoher Verschnitt oder Ausschuss

 schlechte Rechnungskontrolle

 veraltete technische Ausrüstung.

4.2.2 Personalaufwand

Top-Kennzahl 6: Personalaufwandsquote

Angesichts ständig steigender Personalkosten kommt dieser Kennzahl immer größere Bedeutung zu. Häufig ist eine schwache Ertragslage auf eine zu hohe Personalaufwandsquote zurückzuführen.

Ursachen für steigenden Personalaufwand können sein:

 ungünstige Entwicklung der Verkaufspreise (keine Abwälzung)

 mangelhafte Arbeitsvorbereitung

 mangelhafte Aufsicht und Kontrolle

 mangelhafte Fähigkeit oder Einsatzbereitschaft der Mitarbeiter (innere Kündigung)

 Zahlung überhöhter Löhne (erhöhte Überstunden / Lohnnebenkosten)

 veraltete technische Ausrüstung

 hohe Fluktuation u.a.m.

Bei Kapitalgesellschaften z.B. GmbH sind die Gesellschaftergeschäftsführergehälter als Personalaufwand ausgewiesen. Ein Vergleich mit Einzelunternehmen oder Personengesellschaften ist über den kalkulatorischen Unternehmerlohn herzustellen.

4.2.3 Weitere Aufwandsquoten

Top-Kennzahl 7: Abschreibungsaufwandsquote

Die Höhe der Abschreibungsquote hängt von der Anlagenintensität und damit von der Investitionstätigkeit eines Unternehmens ab. Ebenso spielt die Abschreibungsmethode eine Rolle und die Bildung stiller Reserven.

Alle anderen sonstigen betrieblichen Aufwendungen im Rahmen der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit werden zunächst in einer Position zusammengefasst und der Gesamtleistung gegenübergestellt. Bei größeren Abweichungen gegenüber dem Vorjahr müssen Einzeluntersuchungen zur Ursachenfindung angestellt werden.

Beispiel für eine Einzelanalyse:

Als wichtig werden G + V-Posten untersucht, wenn

 deren Anteil mindestens 1% der Gesamtleistung des BJ ausmachte
u n d

 deren Posten sich im Vergleich zum Vj oder der Branche um mindestens 10% verändert haben.

Hierzu gehören insbesondere:

 tatsächlich gezahlte Miete, Pacht, Leasingraten

 Energiekosten

 Kfz-Kosten

 Zinsaufwendungen

Top-Kennzahl 8: Umsatz je Beschäftigten in TDM

Mit dieser Kennzahl lassen sich Rückschlüsse ziehen auf die Arbeitsproduktivität.

4.2.4 Rentabilität

Top-Kennzahl 9: Gesamtkapital-Rentabilität (Gesamtkapitalverzinsung)

Das Gesamtkapital (BS) der Unternehmung wird gesetzt zum Geschäftsergebnis zuzüglich der als Aufwand gebuchten Zinsen für das FK lt. G + V. Das Gesamtkapital muss nämlich auch die Zinsen für das FK "erwirtschaften". Auf diese Art und Weise wird der Einfluss unterschiedlicher Kapitalstrukturen objektiviert. Vor allem für zwischenbetriebliche Vergleiche ist die Gesamtkapitalrentabilität die geeignetere Rentabilitätskennziffer.

Top-Kennzahl 10: Umsatz- (Gesamtleistungs-) Rentabilität

Ihren Aussagewert erhält diese Kennzahl im Vergleich über mehrere Jahre und im Vergleich mit der Kennzahl gleichartiger anderer Unternehmen der Branche. Sie stellt eine wichtige Kennzahl zur Beurteilung der Ertragskraft dar.

Hinweis zu den Rentabilitätskennzahlen:

Bei Einzelunternehmen und Personengesellschaften muss der Jahresgewinn noch um den Unternehmerlohn für die mitarbeitenden Inhaber gekürzt werden. Nur dann ist ein Vergleich mit einer Kapitalgesellschaft (z.B. GmbH) der gleichen Branche möglich, in der die Gehälter der geschäftsführenden Gesellschafter als Aufwand (Betriebsausgabe) erfolgswirksam gebucht werden.

4.2.5 Cashflow

Top-Kennzahl 11: Cashflow-Rate

Der Cashflow (Kassen(zu)fluss) ist eine wichtige Kennzahl zur Ermittlung der Ertrags- und Selbstfinanzierungskraft eines Unternehmens. Er ist die Größe, die dem Unternehmen im Jahr aus dem Produktions- und Umsatzprozess finanziell zugeflossen ist und die das Unternehmen für Investitionen, zur Schuldentilgung und Ausschüttung verwenden kann.

Die gebräuchlichste Form der Errechnung ist folgende:

Häufig ist zu beobachten, dass ein rückläufiges Geschäftsergebnis mit erhöhten Abschreibungen oder Zuführungen zu langfristigen Rückstellungen (Pensionsrückstellungen) korrespondiert. Dieses Bild ergibt sich z.B. bei einer größeren Investitionsphase (Abschreibungen werden früher erfolgswirksam als spätere Ertragssteigerungen). Die Cashflow-Rate ermöglicht somit einen zutreffenderen Vergleich als eine isolierte Gewinnbetrachtung.

Im Übrigen wird die Höhe des Cashflow durch Leasing beeinflusst, da die zu zahlenden Leasingraten Aufwand und gleichzeitig Ausgaben darstellen; Abschreibungen entfallen.

4.2.6 Lagerdauer des Materials

Top-Kennzahl 12: Lagerdauer des Materials in Tagen

Die Kennzahl dient zur Beurteilung der Vorratshaltung und der Liquidität. Sie ist branchenbedingt. Eine Minderung der Lagerdauer durch Senkung der Vorräte bringt unmittelbar Liquidität und Gewinnverbesserung.

4.2.7 Debitorenlaufzeit

Top-Kennzahl 13: Debitoren-Laufzeit (Zahlungsziele der Kunden in Tagen)

Hier handelt es sich um eine Kennzahl zur Beurteilung der Angemessenheit der Außenstände und ihres Liquiditätsgehalts sowie des Debitorenrisikos. Neben den Vorräten kann in den Forderungen zu viel Kapital gebunden sein. Durch innerbetriebliche Zeit- und Branchenvergleiche sollte das Debitorenrisiko laufend überprüft werden.

4.2.8 Kreditorenlaufzeit

Top-Kennzahl 14: Kreditoren-Laufzeit in Tagen (Zahlungsziele gegenüber der Lieferanten)

Da der Lieferantenkredit der teuerste Kredit ist, gehört es zu einer gezielten Unternehmerpolitik, die Lieferantenschulden so niedrig wie möglich zu halten. Bei längerer Inanspruchnahme von Lieferantenkrediten verzichtet das Unternehmen regelmäßig auf Skontierträge, was sich negativ auf Rentabilität und Liquidität auswirkt. Außerdem können Abhängigkeiten entstehen, die es zu vermeiden gilt.

Die 14 dargestellten Top-Kennzahlen genügen i. a. um zu einer fundierten Beurteilung eines Unternehmens zu gelangen. Die Qualität der Bilanzauswertung wird nicht dadurch besser, dass möglichst viele Kennzahlen gebildet werden, da dadurch der Blick für das Wesentliche leicht verloren geht.

(Fortsetzung folgt)


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