IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 04/2001, Seite 34 ff.


HEIZUNGSTECHNIK


Funktion und Montage von Kunststoff-Abgassystemen

Dipl.-Ing. Frank Sprenger*

Müssen Heizkessel älteren Baujahres ausgewechselt werden, kommen meist Niedertemperatur- oder Brennwertkessel zum Einsatz. Oft hat der neue Kessel eine geringere Leistung und eine niedrigere Abgastemperatur als der alte. Würde er an dem vorhandenen Schornstein betrieben, käme es sehr wahrscheinlich zu einer Versottung. Deshalb kommen häufig Abgasleitungen zum Einsatz, die in den Schornstein eingezogen werden. Und um die geht es in diesem Artikel.

Einleitung

Moderne Niedertemperatur- und Brennwertkessel stellen spezielle Anforderungen an die Abgasanlage. Im Gegensatz zu Heizkesseln älteren Baujahres weisen insbesondere Brennwertkessel erheblich niedrigere Abgastemperaturen auf. Kann der Heizkessel seine Leistung über Modulation an den jeweiligen Wärmebedarf anpassen, kommt noch eine Reduktion des Abgasmassenstroms hinzu. Aber auch wenn keine Modulation möglich ist, werden heute in der Regel bei einem Kesselaustausch kleinere Leistungen vorgesehen, die ebenfalls eine geringere Abgasmenge zur Folge haben.

Diese Eigenschaften wirken dem thermischen Auftrieb entgegen. In Brennwertkesseln ist er sogar so gering, dass dieser allein kaum mehr für eine Abgasabführung ausreicht. Deshalb werden die Abgase in Brennwertkesseln grundsätzlich im Überdruck abgeführt, der durch das Brenner- oder ein Abgasgebläse aufgebracht wird.

Aufgrund der starken Auskühlung der Abgase kondensiert außerdem in den Abgasanlagen Wasserdampf aus. In herkömmlichen Schornsteinen würde eine solche Durchfeuchtung eine die Gebäudesubstanz gefährdende Versottung mit sich führen. Zudem sind Schornsteine nicht unbedingt gasdicht und daher für den Überdruckbetrieb nicht zugelassen. Bei entsprechenden Bedingungen ist daher eine gasdichte und feuchteunempfindliche Ausführung der Abgasanlage erforderlich. Zur Erfüllung der Funktionen können hier Abgasleitungen zum Einsatz kommen.

Abgasleitungen

Unter einer Abgasleitung ist ein Rohrsystem zu verstehen, das aus z.B. Edelstahl, Keramik, Glas, Aluminium oder Kunststoff aufgebaut ist. Bei Abgasleitungen für Gasheizkessel werden vor allem die beiden zuletzt genannten Werkstoffe verwendet. Während bei den Heizwertgeräten Abgasleitungen aus Aluminium wegen der hohen Temperaturbeständigkeit dominieren, kommen bei Brennwertgeräten vorwiegend Kunststoff-Abgassysteme zum Einsatz. Zwar erfüllen beide Werkstoffe die oben genannten Kriterien für den Brennwertbetrieb, jedoch zeichnen sich Kunststoff-Abgassysteme zusätzlich durch Preisvorteile aus. Bis auf die werkstoffspezifischen Eigenschaften unterscheiden sich die Abgassysteme aus Aluminium und aus Kunststoff ansonsten kaum voneinander. Hinsichtlich Ausführungsform und Montage sind sie nahezu identisch.

Erhebliche Vorteile ergeben sich, wenn die Abgassysteme durch die Gerätehersteller gemeinsam mit dem Heizkessel als bautechnische Einheit nach EN 677 und 483 zugelassen sind. Durch eine solche Systemzertifizierung entfällt die sonst nach DIN 4705 übliche Dimensionierung. Planung und Montage vereinfachen sich erheblich, da in dem Fall bezüglich Installation, Baulängen und möglicher Rohrumlenkungen allein die Herstellerangaben gelten. Eine übersichtliche und mit dem zentralen Innungsverband der Schornsteinfeger abgestimmte Planungsdokumentation erleichtert zudem das Genehmigungs- und Erstabnahmeverfahren durch den Bezirksschornsteinfeger.

Bild 1: Verschiedene Ausführungen von Kunststoff-Abgasleitungen.

Abgasbausätze

Außerdem bieten sich durch den Einsatz von Abgasleitungen erweiterte Installationsmöglichkeiten der Wandheizkessel. Mit vielfältigen Bausätzen ist es möglich, die Abgasleitungen an die individuellen Anforderungen sowie baulichen Gegebenheiten anzupassen (Bild 1). So können sie entweder in einem bereits bestehenden Schornstein verlegt oder direkt durch das Dach ins Freie geführt werden. Sind diese Ausführungen nicht möglich, ist in Sonderfällen wie dem Bestandsschutz auch die Abgasabführung über die Außenwand gestattet. Dabei sind Konstruktionen verwendbar, die einen raumluftabhängigen aber auch einen raumluftunabhängigen Betrieb der Heizkessel zulassen.

Beim raumluftabhängigen Betrieb wird die Verbrennungsluft aus dem Aufstellraum entnommen. Je nach Gerätegröße ergeben sich unterschiedliche Maximallängen. Ein üblicher Wert entsprechender Abgassysteme liegt bei 22 Meter. Die Mündung muss mindestens einen Meter über der Dachhaut liegen. Aus Sicherheitsgründen ist diese Betriebsvariante nur in Technik- oder Heizräumen gestattet, die spezielle Anforderungen wie Mindestabstände sowie Größe und Positionierung von Lüftungsöffnungen (bis 50 kW Leistung entweder eine Öffnung mit 150 cm2 oder zwei Öffnungen mit 75 m2 und bei über 50 kW zusätzlich 2 cm2 pro kW das die 50 kW überschreitet) erfüllen.

Für den raumlauftunabhängigen Betrieb gelten hingegen deutlich weniger Auflagen. Er ermöglicht sogar die Installation des Heizkessels in Aufenthalts- und Wohnbereichen (Bild 2). Hierbei wird den Heizgeräten die Verbrennungsluft vom Freien her zugeführt. Dazu kann ein geeigneter Schacht bzw. Schornstein genutzt oder eine konzentrische Luft-/Abgasführung eingesetzt werden. Letztere besteht aus einem Rohr-in-Rohr-System, bei dem das Abgas durch das Innenrohr abgeführt und im Ringspalt zwischen Innen- und Außenrohr die Verbrennungsluft angesaugt wird. Die Ausführung solcher Abgassysteme muss einen Mindestabstand von 40 Zentimeter zwischen Mündung und Dachhaut aufweisen, eine typische Länge liegt bei 14 Metern.

Bild 2: Der raumluftunabhängige Betrieb ermöglicht die Installation von Wandheizkesseln im Wohnbereich.

Installation

Die Bausätze der verschiedenen Abgassysteme beinhalten im Allgemeinen alle für die Montage benötigten Komponenten. Dieses sind Bauteile für den Anschluss an den Kessel, die Abgasleitungen sowie Abschluss- bzw. Mündungselemente und Zubehörausstattungen. Im Gegensatz zu Rohr-in-Rohr-Ausführungen für den raumluftunabhängigen Betrieb bestehen dabei die Abgassysteme für den raumluftabhängigen Betrieb lediglich aus den abgasführenden Bauteilen.

Die Rohrsegmente beider Systeme sind in verschiedenen Längen erhältlich, können aber teilweise auch auf die gewünschte Länge gekürzt werden. Sie besitzen üblicherweise an einem Ende eine Einsteckmuffe. Zur Verbindung der Rohre werden diese einfach mit einer leichten Drehbewegung ineinandergeschoben. Die für den Überdruckbetrieb notwendige Dichtheit stellen dabei in den Einsteckmuffen liegende Lippendichtungen sicher, die vor dem Zusammenstecken mit Gleitmittel eingefettet sein sollten. Anstelle der Lippendichtungen können bei den Außenrohren für den raumluftunabhängigen Betrieb auch Klemmbänder mit Dichtungen zum Einsatz kommen, die zusätzlich die Stabilität der Rohrverbindung erhöhen.

Besonders einfach gestaltet sich die Installation der Abgassysteme von unmittelbar unter dem Dach liegenden Aufstellräumen aus. Hier kann die Abgasleitung ohne weitere Auflagen direkt durch das Dach geführt werden. Sind Geschosse zu überbrücken, müssen die Abgasleitungen außerhalb des Aufstellraumes in einem Schacht mit der Feuerwiderstandsdauer F 30 bzw. F 90 verlegt werden (Bild 3). Der Schacht ist beim raumluftabhängigen Betrieb über das Dach hinaus zu führen, kann aber beim raumluftunabhängigen Betrieb mit dem Dach abschließen.

Bild 3: Sollen mit den Abgasleitungen Geschosse überbrückt werden, sind diese in einem Schacht mit einer bestimmten Feuerwiderstandsdauer zu installieren.

Verlegung im Schornstein

Im Altbau wird anstelle des Schachtes üblicherweise der bestehende Schornstein genutzt. Hierfür ist im Aufstellraum zunächst in geeigneter Höhe eine Mauerdurchführung zum Schornstein zu schaffen. In dieser wird dann an der Hinterwand des Schornsteins eine Schiene montiert, die als Auflage für das Abgassystem dient (Bild 4).

Die Einbringung des Abgassystems in den Schornstein kann von oben oder unten erfolgen. Da der Schornstein jedoch häufig über wenige oder nur kleine Revisionsöffnungen verfügt und einen Verzug aufweist bzw. verspringt, ist die Einbringung von oben oft einfacher. Dabei wird mit dem Stützbogen begonnen, der später auf der im Schornstein montierten Schiene aufliegt und die Umlenkung der Abgasleitung in den Aufstellraum darstellt. Von diesem Bogen aus werden nach und nach die einzelnen Abgasleitungssegmente mit der Einsteckmuffe in Richtung des Abgasstromes aufeinander gesteckt. Zugleich ist das System an einem Montageseil, das am Stützbogen befestigt ist, langsam in den Schornstein abzulassen.

Für die Ausrichtung und einen besseren Halt der Abgasleitung im Schornstein ist darauf zu achten, dass in einem Abstand von mindestens fünf Metern ein Abstandhalter montiert wird. Dieser besteht aus einem Haltering, der über die Abgasleitung zu schieben ist, und aus vier Stützspeichen, die in den Haltering eingesteckt werden.

Lässt ein starker Schornsteinversprung eine gerade Führung der Abgasleitung nicht zu, besteht die Möglichkeit – wenn der entsprechende Bereich zugänglich ist – mit Rohrbögen einen Ausgleich zu schaffen. Ist dies nicht realisierbar, können flexible Rohre, die sich dem Schornsteinverlauf anpassen, Abhilfe schaffen. Den Abschluss der Abgasleitungen bildet ein Mündungsrohr, das sich von den anderen Leitungssegmenten unterscheidet, da es keine Einsteckmuffe besitzt. Schließlich wird eine Kaminkopfabdeckung über das Mündungsrohr geschoben, auf der Schornsteinmündung montiert und gegen Regen abgedichtet.

Bild 4: Bauteile und deren Anordnung eines typischen Abgassystems für die Verlegung im Schornstein.

Kesselanschluss

Vom Stützbogen, der nun auf der Schiene in der Mauerdurchführung des Schornsteins aufliegt, ist die Abgasleitung jetzt "waagerecht" zum Kessel weiterzuführen. Die Verbindung der verschiedenen Bauelemente wird dabei ebenfalls mittels Einsteckmuffen realisiert. Zur Überbrückung des Mauerdurchbruchs dient ein spezielles Wandfutter, das in die Wand eingemauert wird. Anschließend kann die Wandeinführung mit einer Blende überdeckt werden.

Für die Überbrückung des Abstandes zwischen Wandfutter und Heizkessel kommen die herkömmlichen Abgasleitungssegmente zum Einsatz. Bei längeren Strecken sind alle zwei Meter Befestigungsschellen zur Stabilisierung vorzusehen.

Grundsätzlich ist bei der "waagerechten" Führung der Abgasleitung darauf zu achten, dass dieses ein Gefälle von mindestens 3° aufweist (Bild 5). Das ist notwendig, damit sich das im Abgasweg entstehende Kondenswasser nicht staut, sondern zum Kessel hin abfließen kann. Das Kondenswasser wird dann mit dem kesselspezifischen Anschlussstück über den Heizkessel oder mit einem separaten Abfluss zu einem entsprechenden Ablauf weitergeleitet. Vor dem Kesselanschlussstück ist jedoch zu Kontrollzwecken noch ein Revisionsstück vorzusehen.

Bild 5: Für den problemlosen Ablauf von Kondenswasser sind "waagerecht" geführte Abgasleitungen mit einem Gefälle von mindestens 3° zu verlegen.


L i t e r a t u r :
[1] Wedel, U.: Universeller Einsatz von Wandheizkesseln durch vielfältige Möglichkeiten der Abgasführung. IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 24/99.


* B i l d e r :  Buderus Heiztechnik GmbH, Wetzlar


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