IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 22/2000, Seite 30 ff.


HEIZUNGSTECHNIK


Druckabsicherung von Heizungsanlagen mit Membranausdehnungsgefäßen

Dipl.-Ing. Heinrich Mörchen* Teil 3

Heizungsanlagen müssen, um sie sicher betreiben zu können, wirksam gegen unzulässigen Druck abgesichert werden. In Teil 1 und 2 (IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgaben 20/2000 und 21/2000) wurde beschrieben, wie das Ausgleichsvolumen bestimmt werden kann. Im vorliegenden letzten Teil des Berichtes wird die Berechnung des Nennvolumens eines Membranausdehnungsgefäßes vorgestellt.

Nennvolumen eines MAG

Das Nennvolumen eines Ausdehnungsgefäßes ist abhängig von der Anlagenhöhe. Der Vordruck in einem Druckausdehnungsgefäß muss mit der Wassersäule hA im Gleichgewicht stehen. Nach erfolgter Aufheizung des Wasserinhaltes der Heizungsanlage auf die maximal zulässige Betriebstemperatur darf der Enddruck im Ausdehnungsgefäß höchstens den um die Arbeitsdruckdifferenz verminderten Wert des Ansprechdruckes des Sicherheitsventiles (SV) erreichen.

Hinweis: Bei Verwendung eines SV von 2,5 bar muss der Betriebsdruck, wenn SV und MAG in einer Höhe angeordnet liegen, < 2,0 bar sein. Bei unterschiedlicher Höhenanordnung von SV und MAG wird u.U. eine Höhenkorrektur für den Betriebsdruck erforderlich.

Nennvolumen eines MAG, überschlägige Bestimmung

Bei einem Ansprechdruck von 2,5 bar für das Sicherheitsventil SV kann das Nennvolumen Vn eines Membranausdehnungsgefäßes MAG überschlägig nach Tabelle 1 werden.

Bei dieser überschlägigen Bestimmung wird von bestimmten vereinfachenden Voraussetzungen ausgegangen, diese sind:

Wenn die genannten Voraussetzungen nicht vorliegen, empfiehlt sich in jedem Einzelfall eine genaue Berechnung des Nennvolumens Vn des Ausdehnungsgefäßes.

Beispiel:

Gegeben: Warmwasserheizung 75/60°C. Wasserinhalt Heizung im Füllzustand VA = 430 l. Anlagenhöhe hA = 11,0 m über OKF-Keller. Mitte MAG = Höhe SV = 1,2 m über OKF-Keller.

Gesucht: Größe MAG

Lösung:

Ansatz

Bemerkung

Betrag

Wasser-Ausdehnung

max. Temperatur 75°C

2,54%

Wasservorlage

geschätzt

1,00%

Summe

 

3,54%

Wasserausdehnung = 3,54% von 430 l = 15,22 l.

Die rechnerische Anlagenhöhe h ist 11,0 m - 1,2 m = 9,8 m. Das Ausdehnungsgefäß muss somit mindestens dreimal so groß sein wie die Wasserausdehnung.

Größe MAG = 3 · 15,22 l = 45,67 l.

Das MAG muss > 45,67 l sein. Aus den Unterlagen der Hersteller von Druckausdehnungsgefäßen kann jetzt das nächstgrößere Gefäß gewählt werden. Die Anlagenhöhe h beträgt 9,8 m, d.h. es kommt ein Ausdehnungsgefäß mit einem Vordruck von 1 bar infrage. Dieses könnte beispielsweise folgendes Gefäß MAG 50/1 sein. Die Zahl vor dem Schrägstrich bezeichnet die Nenngröße des Ausdehnungsgefäßes. Die Zahl hinter dem Schrägstrich gibt den Vordruck an.

Tabelle 1: Faktor zur überschlägigen Bestimmung des Nennvolumens Vn eines MAG

Anlagenhöhe

Faktor

5 m

2

5 m bis 10 m

3

10 m bis 15 m

6

Nennvolumen eines MAG, genaue Bestimmung

Bei der überschlägigen Bestimmung des Nennvolumens Vn eines Druckausdehnungsgefäßes wurden weiter oben Faktoren angegeben, die mit dem Ausdehnungsvolumen Ve zu multiplizieren sind, um das minimale Volumen eines Membranausdehnungsgefäßes zu erhalten. Mit Kenntnis dieses minimalen Volumens kann dann ein handelsübliches Ausdehnungsgefäß aus den Herstellerunterlagen bestimmt werden.

Die Frage stellt sich jedoch, wie diese Faktoren ermittelt werden. Wie ist vorzugehen, wenn die weiter oben genannten Voraussetzungen nicht zutreffen? Um diese Frage zu beantworten, sollen die Faktoren genauer bestimmt werden. Dies soll anhand eines durchgehenden Beispiels geschehen.

Ein Membranausdehnungsgefäß MAG muss einen bestimmten Vordruck p0 haben. Dieser Vordruck p0 muss der Wassersäule der Höhe hA in der Anlage das Gleichgewicht halten. Es gilt:

p0 = hA · g · r

hA = Wasserhöhe in der Anlage, gemessen von Mitte MAG bis zum obersten heizwasserführenden Anlagenteil

g = 9,81 m/s2 (Erdbeschleunigung)

r = 1000 kg/m3 (Dichte des Wassers bei 10°C)

Die beiden Werte g und r können für die meisten praktischen Berechnungen zusammengefasst werden. Es gilt:

g · r = 9,81 m/s2 · 1000 kg/m3 = 0,1 bar/m

Hinweis:

Der Vordruck p0 in bar kann somit unmittelbar durch die Beziehung:

p0 = 0,1 · h =    in bar

bestimmt werden. Der Wert von h muss hierbei in Meter eingesetzt werden.

In der obigen Darstellung wurde bewusst zwischen h und hA unterschieden. Der Unterschied zwischen beiden Größen soll der Wert hS sein. Der Wert hS ist eine fiktive Sicherheitshöhe von meist 0,5 m bis 1,0 m (0,5 m bis 1 m entsprechen 0,05 bar bis 0,1 bar). Es gilt also:

h = hA + hS

Bei einer Anlagenhöhe von hA = 15 m und einer Sicherheitshöhe von hS = 1,0 m ergeben sich für p0 also folgende Werte:

Für den Gegendruck der Wassersäule in der Heizungsanlage werden somit 1 bar und für die Sicherheitshöhe 0,1 bar berechnet. Diese Druckangaben berücksichtigen allerdings noch nicht den atmosphärischen Luftdruck. Es handelt sich bei der Bestimmung von p0 um einen Überdruck und nicht um einen absoluten Druck! Für die Bemessung eines MAG ist es in der Regel ausreichend, den atmosphärischen Druck pB mit 1 bar zu berücksichtigen. Der minimale Vordruck pmin eines MAG muss somit um den Betrag des atmosphärischen Druckes erhöht werden.

pmin = p0 + 1 = (hA + hS) · g · r + pB

In unserem Beispiel ergibt sich dann der absolute Wert von pmin zu:

pmin = 1,5 bar + 0,1 bar + 1 bar

= (15 m + 1 m) 0,1 bar/m + 1 bar

= 2,6 bar

Bild 1: Mindestdruck des MAG in kaltem Zustand.

Bild 1 zeigt die Lösung auf zeichnerischem Wege.

Nachdem der Mindestdruck bestimmt wurde, stellt sich die Frage, wie hoch darf der maximale Druck pmax in der Anlage sein? Dieser maximale Druck wird bestimmt durch den Ansprechüberdruck des Sicherheitsventiles pSV korrigiert um die Arbeitsdruckdifferenz DpSV. Eine weitere Korrektur wird ggfs. noch erforderlich, wenn die Einbauhöhe Mitte MAG von der Einbauhöhe des SV abweicht. In diesem Fall ist das Korrekturglied pDh zu berücksichtigen. Es gilt die Beziehung:

pmax = pe + pDh + pB

pe = pSV - DpSV + pDh

pmax = pSV - DpSV + pDh + pB

In unserem Beispiel betragen die einzelnen Werte:

pSV = 2,5 bar (Ansprechüberdruck des Sicherheitsventils)

DpSV = 20%, d.h. 20% von 2,5 bar

= 0,5 bar

pDh = 0, d.h. Mitte MAG und SV liegen in einer Höhe

pB = 1,0 bar (atmosphärischer Luftdruck)

pmax = 2,5 bar - 0,5 bar + 0 bar + 1 bar = 3 bar

Bild 2: Mindestdruck des MAG in kaltem Zustand.

Bild 2 gibt die Lösung zeichnerisch wieder.

Weiter gilt:

pmin · VA = pmax · (VA - Ve)

= pmax · VA - pmax · Ve

VA · (pmax - pmin) = pmax · Ve

Nach mathematischer Umformung ergibt sich ein Druckfaktor fd:

Für die Bestimmung der Mindest-Gefäßgröße Vn des MAG kann dieser Faktor fd unmittelbar genutzt werden:

Vn >fd · Ve

Beispiel:

pmin = 2,6 bar

pmax = 3,0 bar

Vn  = 7,5 · Ve

Ein MAG muss in dieser Beispielaufgabe mindestens 7,5 mal größer sein als das berechnete Ausdehnungsvolumen Ve.

Der Druckfaktor kann auch ausführlicher beschrieben werden wenn für die minimalen und maximalen Drücke die Formeln ungekürzt geschrieben werden.

In diesem Fall gilt:

 

Fachbegriffe

Ausdehnungsleitung

Verbindungsleitung zwischen Ausdehnungsgefäß

und Wärmeerzeuger bzw. Versorgungsanlage

Nennvolumen Vn

Gesamtinhalt eines Ausdehnungsgefäßes

Nutzvolumen V0

Maximal vom Ausdehnungsgefäß aufnehmbares Wasservolumen (z.B. Volumen einer Blasenmembrane)

Ausdehnungsvolumen Ve

Die Volumenänderung, die durch Aufheizen von tiefster Systemtemperatur auf max. zulässige Vorlauftemperatur entsteht

Wasservorlage VV

Bevorratungsmenge im Ausdehnungsgefäß zur Deckung von Wasserverlusten

Vordruck p0

Gasüberdruck im MAG im wasserlosen Zustand (Anlieferung)

Enddruck pe

Druck im MAG, der sich nach dem Einbringen der Wasservorlage VV und dem Aufheizen der Anlage auf die max. zulässige Vorlauftemperatur einstellt.

Einsatz von Sicherheitsventilen mit 2,5 bar Ansprechüberdruck

Der vorstehende Ausdruck kann in der Praxis meist vereinfacht werden. Unterstellt man den Einsatz eines SV mit 2,5 bar Überdruck, ergibt sich mit den folgenden Werten:

pSV = 2,5 bar Ansprechüberdruck des Sicherheitsventils

DpSV = 0,5 bar Arbeitsdruckdifferenz des Sicherheitsventils

pB = 1,0 bar atmosphärischer Luftdruck

hS = 0,0 m Sicherheitshöhe

g · r = 0,1 bar/m

Es gilt

h = hA + hS

Die Höhen h bzw. hA und hS müssen hierbei in m eingesetzt werden.

Einige Faktoren fd werden in Tabelle 2 aufgelistet. Problemlos lassen sich für andere Höhen h weitere Faktoren bestimmen.

Tabelle 2: Druckfaktor fd bei Ansprechdruck SV = 2,5 bar

Höhe h in mm

5

10

11

12

13

14

15

16

fd

2

3

3,33

3,75

4,29

5

6

7,5

Tabelle 3: Druckfaktor fd bei Ansprechdruck SV = 3 bar

Höhe h in mm

5

10

11

12

13

14

15

16

fd

1,79

2,43

2,62

2,83

3,09

3,40

3,78

4,25

Tabelle 4: Bestimmung eines MAG unter Berücksichtigung einer ausreichenden Wasservorlage VV

Bedingung

Wasservorlage

Bemerkung

Vn< 15 l

VV> 0,2 · Vn

 

Vn > 15 l

VV = fd · VA · w

w > 0,5% > 0,005

Einsatz von Sicherheitsventilen mit 3,0 bar Ansprechüberdruck

Der Druckfaktor fd ergibt sich sinngemäß zu:

Die Höhen h bzw. hA und hS müssen hierbei in m eingesetzt werden. Einige Faktoren fd werden in Tabelle 3 aufgelistet. Problemlos lassen sich für andere Höhen h weitere Faktoren bestimmen.

Nutzvolumen VO des MAG

Bei einem gegebenen MAG kann auch das Nutzvolumen V0 mit Hilfe des Druckfaktors fd bestimmt werden. Es gilt:

V0 = Vn/fd

Mindestwasservorlage in einem MAG

Ein MAG muss eine ausreichende Wasservorlage Vv besitzen. Zu unterscheiden ist hierbei ob das Nennvolumen Vn eines MAG größer, kleiner oder gleich 15 l ist. Es gilt die in Tabelle 4 genannte Beziehung.

Prüfbedingung MAG

V0 = Ve + Vv

V0 = Nutzvolumen des Ausdehnungsgefäßes

Ve = Ausdehnungsvolumen

Vv = Wasservorlage

Zusammenfassendes Beispiel

Gegeben:

VA = 65 l Anlageninhalt

tV = 80°C maximale Vorlauftemperatur

pSV = 2,5 bar Ansprechüberdruck des Sicherheitsventils

Gesucht:

p0 = Vordruck MAG

pe = Enddruck MAG

fd = Druckfaktor

Ve = Ausdehnungsvolumen

Vn = Nennvolumen minimal

Vn = Nennvolumen gewählt

V0 = Nutzvolumen

Vv = Wasservorlage, minimal

Lösung:

p0 = Vordruck MAG

Bei einer überschlägigen Bestimmung ergibt sich für p0 = 1 bar, weil die Anlagenhöhe 5 bis 10 m hoch ist. Eine genauere Berechnung führt zu dem Ergebnis dass der Vordruck nur p0 = 0,8 bar sein muss.

p0 = 0,1 bar/m · 8 m = 0,8 bar

Bei einer derart kleinen Anlage wird man in der Regel von einem Vordruck von p0 = 1 bar ausgehen.

pe = Enddruck MAG

pe = pSV - DpSV + pDh

   = 2,5 bar - 0,5 bar - 0 bar

   = 2 bar

fd = Druckfaktor

Bei einer überschlägigen Berechnung muss von einer Anlagenhöhe hA = 10 m ausgegangen werden. Die tatsächliche Höhe hA = 8 m liegt im Bereich 5 - 10 m.

Bei genauerer Berechnung ergibt sich ein geringerer Druckfaktor:

Ve = Ausdehnungsvolumen

Ve = VA · fV

= 65 l · 2,86/100 = 1,86 l

Vn = Nennvolumen (minimal)

Vn > fd · Ve

  > fd · 1,86 l

- für die überschlägige Bestimmung ist fd = 3

Vn = 3 · 1,86 l = 5,58 l

- für die genaue Bestimmung ist

fd = 2,5

Vn = 2,5 · 1,86 l = 4,65 l

Eine Wasservorlage wurde hierbei noch nicht berücksichtigt.

Vn = Nennvolumen (gewählt)

Das MAG soll von einem bestimmten Hersteller bezogen werden. Dieser Hersteller fertigt die Gefäße erst ab 10 l. Gewählt wird deshalb ein Gefäß mit 10 l Inhalt.

V0 = Nutzvolumen

V0 = Vn/fd

   = 10 l/fd

- für die überschlägige Berechnung mit fd = 3 ergibt sich:

V0 = 10 l/3 = 3,33 l

- für die genaue Berechnung mit fd = 2,5 ergibt sich:

V0 = 10 l/2,5 = 4,0 l

Vv = Wasservorlage (minimal)

Bedingung: Vn < 15 l

Vv = 0,2 · Vn = 0,2 · 10 l = 2 l

Prüfbedingung

V0> Ve + Vv

3,33 > 1,86 l + 2 l

Die Prüfbedingung wird nicht erfüllt! Das Ausdehnungsgefäß muss vergrößert werden! Bei einem Gefäß mit Vn = 15 l ergibt sich dann folgende Situation:

V0 = Vn/fd

= 15 l/fd

- für die überschlägige Berechnung mit fd = 3 ergibt sich:

V0 = 15 l/3 = 5 l

V0>Ve + Vv

Vv = 0,2 · Vn

   = 0,2 · 15 l = 3 l

5 l > 1,86 l + 3 l

5 l > 4,86 l

Bedingung wird erfüllt.

- für die genaue Berechnung mit

fd = 2,5 ergibt sich:

V0 = 15 l/2,5 = 6 l

V0>Ve + Vv

Vv = 0,2 · Vn

   = 0,2 · 15 l = 3 l

6 l > 1,86 l + 3 l

6 l > 4,86 l

Bedingung wird erfüllt.

Fazit

Bei kleineren Anlagen reicht in der Regel eine überschlägige Bestimmung des Ausdehnungsgefäßes. Eine genaue Bestimmung macht aber kaum Mehrarbeit. In jedem Fall sollte jedoch anhand der Prüfbedingung die Größe des Ausdehnungsgefäßes überprüft werden.

Internetinformationen:
http://www.otto-heat.de
http://www.flamco.de


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