IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 20/2000, Seite 52 ff.


KLIMATECHNIK


Wert- und Qualitätsverlust durch zu trockene Luft

Die Bedeutung qualifizierter Luftbefeuchtung im gewerblichen Einsatz

Luft, Luftdruck, Temperatur, ein bestimmter Wasserdampfgehalt und Staub – dies sind die Grundfaktoren für unser Klima. Wie viel Wasser dabei in freier Natur jeweils in der Luft ist, bzw. wie sich der Luftfeuchtewert jahreszeitlich bedingt ausprägt, hängt weitgehend von der jeweiligen Lufttemperatur ab.

Warme Luft kann mehr Wasser aufnehmen als kühle. Während sich Flora und Fauna in der freien Natur auf die Schwankungen von Temperatur und Luftfeuchte rasch einstellen, hat es der Mensch in der heutigen Zeit weit schwerer: Er verbringt den größten Teil seines Lebens in geschlossenen Räumen. Aufgrund unserer "dichten" Bauweise, die eine natürliche Luftzirkulation kaum mehr möglich macht, sowie aufgrund des Heizverhaltens stellt sich in Wohn- und Gewerberäumen meist kein "gesundes" Gleichgewicht zwischen Lufttrockenheit und Luftfeuchtigkeit ein (Bild 1).

Für das Wohlbefinden des Menschen kann generell ein Behaglichkeitsbereich definiert werden, der sich optimal zwischen 22 und 24°C Raumtemperatur und 40 bis 55% relativer Feuchte bewegt. Die Folgen zu trockener Luft für den Menschen: allergische Reaktionen, Erkältungskrankheiten und andere Befindlichkeitsstörungen.

Der richtige Feuchtegehalt der Raumluft bestimmt aber auch die Qualität von Gütern. Trockene Luft zieht Wasser aus hygroskopischen (wasseranziehend) Materialien, sie werden spröde, rissig, rau. In einigen Industriezweigen ist dies besonders relevant. Die Druck-, Textil-, Tabak-,

Bild 1: Die Luftfeuchte in der Wohnung ist im Verlauf des Jahres großen Schwankungen unterworfen, die gesundheitsbelastende Auswirkungen haben können. (Bild: Interessengemeinschaft Luftbefeuchtung e.V.)

Lebensmittel- oder Lederindustrien, um nur einige zu nennen, sind auf eine konditionierte Luftfeuchte in ihren Produktionsstätten und Lagerräumen angewiesen. Sie ist Voraussetzung für eine hohe und konstante Qualität der Materialien.

Betroffen sind aber auch Kunst- und Kulturobjekte: Antiquitäten, Gemälde, Täfelungen, Bücher, Uhren, Musikinstrumente und viele andere feuchtigkeitsabhängige Gegenstände benötigen auch eine spezielle Klimapflege. Farbe, ob an alten oder neuen Gemälden – schüsselt sich, springt oder bleicht bei zu trockener Luft; Bücher erfahren Schäden durch feine Risse oder Brüche in Leinwänden, im Holz oder Leder; Teppiche und Gobelins werden spröde und können reißen. Diese Qualitäts- und Wertverluste sind meist nicht mehr zu beheben. Wir sprechen also von einer Notwendigkeit, unsere Raumluft, ob im Gewerbebetrieb oder in den privaten vier Wänden, aktiv zu befeuchten.

Drei Prinzipien der Luftbefeuchtung

Die Technik bietet prinzipiell drei Möglichkeiten, die Luft zu befeuchten, das heißt Wasser in flüssiger Form für Befeuchtungszwecke in gasförmigen Zustand zu versetzen: Verdampfen, Verdunsten und Zerstäuben. Je nach Anwendungsform und Einsatzgebiet kann jedes Prinzip gezielt angewandt werden.

Bild 2: Das Verdampfer-Prinzip: Wasser wird durch Wärmezufuhr in einem Luftbefeuchter erhitzt und als Wasserdampf in die Raumlufttechnische Anlage getragen.

Das Verdampfer-Prinzip

Wasser wird durch Wärmezufuhr im Gerät erhitzt und in die Raumluft getragen (Bild 2). Der Aggregatszustand des Wassers wird hier bereits im Gerät verändert. Da das Wasser bis zum Siedepunkt erhitzt wird, ist es steril. Vor allem in Industriebetrieben, in denen eine bestimmte und konstante Raumfeuchte zur Herstellung und Verarbeitung der Produkte erforderlich ist – so zum Beispiel in der Lebensmittel-, der Textilindustrie oder in Furnierfabriken – findet das Verdampfer-Prinzip wesentlichen Einsatz. Verdampferbefeuchter dienen aber auch zum Beispiel in Museen dem Werterhalt von Kunstobjekten und werden aufgrund ihres sterilen Dampfes ebenfalls in Krankenhäusern und OP-Räumen eingesetzt. Ein weiterer wesentlicher Vorteil: Geräte dieses Prinzips erhöhen die Umgebungstemperatur nur geringfügig und benötigen wenig Wartung. Verdampferbefeuchter, die konstruktionsbedingt nicht das gesamte Wasser erhitzen müssen, sind schnell, betriebsbereit und energiegünstig.

Das Verdunster-Prinzip

Wasser benetzt Befeuchterflächen unterschiedlichster Art, wie z.B. Matten, Scheiben oder Keramikkörper (Bild 3). Diese werden von dem Luftstrom angeblasen. Dadurch verdunstet das Wasser und wird durch den Luftstrom in die Raumluft transportiert. Geräte dieses Prinzips entziehen der Umgebung Wärme. Dadurch entsteht – als positiver Nebeneffekt – Verdunstungskälte. Kleine Verdunstungsbefeuchter werden gerne in Privaträumen und Büros eingesetzt, sie sind sehr anwenderfreundlich. Technische Großeinrichtungen wie Call Center und andere EDV-Räume zählen jedoch genauso zu den zentralen Einsatzmöglichkeiten des Verdunsterbefeuchters. Zur Befeuchtung und Kühlung von Produktionsanlagen, Flughäfen, Lagerhallen und Gewächshäusern wird er ebenfalls gerne verwendet.

Bild 3: Das Verdunster-Prinzip: Wasser benetzt Befeuchterflächen (Matten, Scheiben, Keramikkörper u.ä.), die durch einen Luftstrom beaufschlagt werden. Dadurch verdunstet das Wasser und wird von dem Luftstrom aufgenommen.

Das Zerstäuber-Prinzip

Durch Einwirkung eines Ultraschallschwingers, durch Düsentechnik oder durch Schleuderscheiben wird Wasser in feinste Wassertröpfchen zerstäubt (Bild 4). Ein Lüfter befördert die so entstandenen Aerosole in die Raumluft. Nach kurzer Verweildauer verdunstet der Aerosolnebel. Da das Wasser beim Verdunsten außerhalb des Geräts seinen Aggregatszustand ändert, entzieht es der Raumluft Umwandlungsenergie. Es entsteht wiederum Verdunstungskälte. Die Zerstäuber sind in vielen Bereichen der "Industrieklimatisierung" ein unabdingbarer Bestandteil der Luftkonditionierung. Dies gilt in besonderer Weise für die Befeuchtung von Textilbetrieben, Papier- und Holzverarbeitung. Eine Bearbeitung beispielsweise von Baumwolle ist ohne eine derartige Befeuchtung überhaupt nicht durchführbar.

Luftbefeuchtung am Beispiel des Franz-Josef-Strauß-Flughafens München

Ende 1997 wurde ein hochmodernes Luftbefeuchtungssystem in den Komfortzonen am Münchner Flughafen Franz-Josef Strauß installiert. Trockenes Raumklima hatte zu einer erheblichen Häufung gesundheitlicher Beschwerden der Mitarbeiter in den Ankunfts- und Abflugbereichen geführt. So klagten Beschäftigte am Check-in, in den Lounges, im Dutyfree und in den Fachgeschäften häufig über Reizungen der Augen und Atemwege, Unwohlsein, Konzentrationsschwäche und über Kopfschmerzen. Man stellte bei Untersuchungen schließlich Feuchtewerte von unter 25% fest. Damit war der für den Menschen optimale Behaglichkeitswert von 40 bis 55% relativer Feuchte* weit unterschritten.

Bild 4: Das Zerstäuber-Prinzip: Wasser wird durch Ultraschallschwinger, Düsen oder Schleuderscheiben in feinste Wassertröpfchen zerstäubt. Dieser Aerosolnebel verdunstet im Luftstrom.

Die Flughafengesellschaft entschloss sich für Nachrüstungsmaßnahmen in den bereits bestehenden elf Klimazentralen des Terminal I. Sie ließen die "Hybrid-Luftbefeuchter Condair Dual" (Firma Axair GmbH) einbauen – eine Kombination aus Zerstäubungs- und Verdunstungs-System. Seit Ende Februar 1998 sind diese Anlagen in Betrieb.

Heute, nach über zwei Jahren der Luftbefeuchtung, lässt sich ein positives Fazit ziehen: "Wir haben eindeutig das Ziel einer besseren Luftqualität erreicht und damit eine Steigerung des Wohlbefindens in den betroffenen Bereichen erzielt", so Josef Graf, Abteilung Raumluft- und Sanitärtechnik am Flughafen München. Der Rückgang der Nutzerbeschwerden belegen den Erfolg des Einsatzes der hochmodernen Luftbefeuchtungsanlagen (Bild 5).

Schlussbetrachtungen

Seit Einführung der Luftkonditionierung vor 50 Jahren hat sich die Nachfrage nach höchst qualifizierter technischer Luftbefeuchtung sowie das Anforderungsprofil von Gewerbe und Industrie restlos gewandelt. Hat man anfangs geglaubt, es genüge einfach, Leitungswasser in die Luft zu blasen, um damit die relative Luftfeuchte zu erhöhen, gehen die heutigen Ansprüche viel weiter: Die Luft muss in hygienischer Hinsicht einwandfrei sein und darf keine gesundheitsbelastenden Komponenten enthalten. Nur hygienisch einwandfreies Wasser, frei von allen Belastungsstoffen, soll eingesetzt werden. Hierzu gehört auch eine exzellente Wasseraufbereitungstechnik bis hin zur Umkehr-Osmoseanlage oder gar der Eintragung von reinstem Wasserdampf, um alle Nebenwirkungen auszuschließen.

Bild 5: Hochmoderne Luftbefeuchtungsanlagen in den Komfort- und Abfertigungszonen des Franz-Josef-Strauß-Flughafens München II. Besonders seitens der Airlines kamen die Beschwerden über zu trockene Luft. Die Installation eines Luftbefeuchtungssystems brachte schließlich die Erleichterung: Die Gesundheitsbeschwerden der Mitarbeiter gingen erheblich zurück. (Bild: Flughafen München GmbH)

Enorm gewandelt haben sich die Befeuchtungstechniken und natürlich auch der Regelungs- und Überwachungsaufwand. Gleitende Anpassung, hoch qualifizierte Messung und exzellente Aussteuerung befeuchtungstechnischer Einrichtungen sind gefragt. Mit anderen Worten – die Luftbefeuchtungstechnik und -industrie folgt nahtlos den Ansprüchen der Anwender. So hat sich auch das Bild des qualifizierten Fachberaters hin zum diplomierten Fachingenieur entwickelt.

Die Interessengemeinschaft Luftbefeuchtung e.V., ein Zusammenschluss europäischer Hersteller von Luftbefeuchtungsgeräten und -anlagen, sorgt hier seit rund vier Jahren für Information und Aufklärung. Der Verband möchte mit seinem Engagement das Bewusstsein für die Notwendigkeit von Luftbefeuchtung in unterschiedlichen Anwendungsfeldern schärfen. Informationen zum Einsatz qualifizierter Luftbefeuchtungstechnik in Gewerbe und Industrie, aber auch im Haushaltsbereich erhalten Sie unter folgender Adresse:

Interessengemeinschaft Luftbefeuchtung e.V.
Carl-von-Linde-Str. 25, 85748 Garching-Hochbrück
Tel.: 089/32670-123, Fax: 089/32670-140


*  Relative Luftfeuchte: Die Luft enthält immer nur einen Teil der absolut möglichen Wassermenge; dieser Anteil wird als relative Luftfeuchte bezeichnet und in Prozent der maximal möglichen Luftfeuchte angegeben.


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