IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 20/2000, Seite 27 ff.


SANITÄRTECHNIK


Spitzenverbände der deutschen Wirtschaft nutzen Regenwasser!

Deutscher Industrie- und Handelstag (DIHT), Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) und Deutscher Arbeitgeberverband (BDA) haben zusammen ein neues Domizil am Mühlendamm in Berlin Mitte bezogen. Der Neubau wurde 1999 fertiggestellt. Die Bauherrschaft hat in Regenrückhaltung und Regenwassernutzung investiert und damit aus eigener Initiative wasserwirtschaftlich vorbildlich gehandelt. Die gesammelten Niederschläge werden ganzjährig im Gebäude für die Toilettenspülung im nicht öffentlichen Bereich genutzt. 100 Mitarbeiter sind hier beschäftigt. Außerdem wird der Feuerlösch-Vorrat für die Sprinkleranlage damit gewährleistet.

Fassadenansicht Verbandsgebäude von der Spree aus.

Heutige Technik – ökologisch sinnvoll eingesetzt

Die Niederschläge der Innenhof-Bedachung werden dem Regenspeicher im zweiten Untergeschoss des Gebäudes zugeleitet. Das Wasser passiert dabei die Filteranlage im ersten Untergeschoss. Überschüssiges Wasser reinigt die 0,2 mm feinen Siebe und fließt direkt in die Spree ab.

Bei dieser Anlage wird das Regenwasser vom Dach durch Hochdruckentwässerung zu den Filtern abgeführt. Sind die Speicherbehälter gefüllt, sperrt eine Motorklappe den Ablauf des gefilterten Wassers. Weitere Regenzuläufe werden so in der Filteranlage aufgestaut und zur Spree abgeleitet, die Motorklappe ist stromlos geschlossen.

Fassadenansicht Verbandsgebäude von der Breiten Straße aus.

Bei Regenwassermangel, nach längerer Trockenheit, wird über ein Motorkugelventil Trinkwasser nachgespeist. Auch dieses Ventil ist stromlos geschlossen. Die Niveauregelung im Speicherbehälter erfolgt über Tauchsonden.

Weiterentwicklung – die Technik von morgen

Die Preise für eine Regenwassernutzungsanlage sind in den letzten Jahren nur geringfügig gestiegen, obwohl die Technik enorm verbessert wurde. Früher mussten bis zu 15 verschiedene Teile zusammengestellt werden. Solche "handgestrickten" Anlagenkonzepte sind zwar nach wie vor Stand der Technik, aber sie kosten unnötig Zeit für Planer und Handwerker, die zudem für das "Strickmuster" Verantwortung tragen. Planung, Ausschreibung und Bauüberwachung werden in Zukunft einfacher sein. Die Anlagentechnik wird nur noch aus zwei anschlussfertig vorfabrizierten Baugruppen bestehen: dem Speichermodul als Zisternenbehälter mit Filter, beruhigtem Zulauf, Entnahmeleitung und Überlauf (ggf. mit Schutzvorrichtung gegen Rückstau, Kleintiere, Kanalgase); dem Druckerhöhungsmodul mit Pumpe, Trinkwasser-Nachspeisung, Steuerung und Ausgleichsbehälter.

Druckerhöhungsanlage neben dem Vorratsbehälter im ersten Untergeschoss.

 

 

Projektdaten

Bauherrschaft:

DIHT / BDI / BDA

Architekt:

Schweger + Partner, Hamburg

Sanitärplanung
und Fachbauleitung:

HL Technik, Berlin

Ausführung
Regenwassertechnik:

Fa. Greif, Neuenkirchen

Pumpentechnik:

Wilo GmbH, Dortmund

Inbetriebnahme:

1999

Angeschlossene
Dachfläche:

1000 m2, Hochdruckentwässerung System Aco

Speicherzuläufe:

DN 200/300, Fab. Friatec

Speichergröße:

120 m3, davon 70 m3 für Sprinkler und 50 m3 für Toilettenspülung

Überlauf zur Spree:

Außenwanddurchführung oberhalb Wasserspiegel, System Doyma, Bogen mit Tauchrohr in Strömungsrichtung unterhalb Wasserspiegel, Material Edelstahl DN 400

Die Montage wird damit extrem einfacher, die Abwicklung von Gewährleistungsansprüchen enorm erleichtert. Der Installateur kann alle Komponenten aus einer Hand erhalten. Er kann sich dann besser als bisher auf die Einhaltung der gesetzlichen Forderungen konzentrieren: Mitteilung vor Errichtung der Anlage an das Wasserversorgungsunternehmen; strikte Trennung zwischen Trinkwasser- und Betriebswassernetz. Einhalten des Sicherheitsabstandes von 20 mm oder 2 x Zulauf Innendurchmesser beim freien Auslauf zur Trinkwasser-Nachspeisung; Kennzeichnung der Betriebswasserleitungen und der freien Entnahmestellen für Putzwasser oder Bewässerung.

Regenwasserzulauf zum Sprinklerbecken.

Auch für große Anlagen wie im Verbandsgebäude am Mühlendamm in Berlin werden in Zukunft Kompaktmodule zum Einsatz kommen. Im Unterschied zu Einfamilienhaus-Anlagen beinhaltet ein Modul dieser Größe einen Ausgleichsbehälter für den stark schwankenden Bedarf. Er wird gespeist von einer Unterwasser-Motorpumpe im zentralen Regenspeicher. Bei leerer Zisterne erfolgt die automatische Umschaltung auf Trinkwasser-Nachspeisung in den Ausgleichsbehälter, in dem sich auch die notwendigen Kontaktgeber befinden. Von hier erhalten die außerhalb liegenden Kreiselpumpen das Betriebswasser mit Vordruck.

Wasserqualität

Regenwasser aus Zisternen hat keine Trinkwasserqualität.
Dies ist auch nicht erforderlich für

  • Beregnung, Bewässerung
  • Toilettenspülung
  • Wäschewaschen
  • Gewerbe- und Industriezwecke, außer in der Lebensmittelherstellung.

Untersuchungen bestätigen, dass bei fachgerechter Installation in den erwähnten Verwendungsbereichen keine Risiken bestehen. Im "hygienisch sensiblen" Bereich (Kindergärten, Schulen, Heimen) hat die hessische Landesregierung von 1993 – 1997 mit Zuschüssen aus der Grundwasserabgabe 114 Regenwassernutzungs-Anlagen gefördert und die dabei gewonnene Erfahrung 1999 in einem Erlass mit technischen Mindestanforderungen festgeschrieben. Sie entsprechen dem mittlerweile erreichten Stand der Technik und sind auch auf Verwaltungsgebäude anwendbar.

Ein solches Druckerhöhungsmodul ist anschlussfertig und umfasst: den Ausgleichsbehälter mit 400 l Volumen, Überlauf mit Siphon; die Trinkwasser-Nachspeisung als "freien Auslauf" nach DIN 1988; vier geräuscharme liegende Kreiselpumpen, mehrstufig und normalsaugend; die Anlagensteuerung für automatischen Pumpentausch, Störumschaltung, Spitzenlastzuschaltung sowie regelmäßigen integrierten Testlauf der Trinkwassernachspeisung, Störmeldefunktionen zum Anschluss an eine zentrale Gebäudeleittechnik geeignet; den Gitterrohrrahmen, schwingungsgedämpft und höhenverstellbar; zusätzlich eine Unterwassermotorpumpe mit schwimmender Entnahmeleitung für die Montage als Speisepumpe in der Zisterne.

Mit solchen Kompaktmodulen hat die Regenwassernutzung nun Anschluss gefunden an den Stand der Haustechnik, wie Fotovoltaik und solare Brauchwassererwärmung, technisch voll ausgereift.

Prinzipschema Betriebswasser. Zeichnung: HL-Technik Berlin.

Literaturhinweis:
"Regenwasser in der Architektur, Ökologische Konzepte". Ein Fachbuch der Regenwasserbewirtschaftung. Gründach, Retention, Versickerung, Nutzung.
Dokumentation ausgeführter Beispiele mit Angaben zu den Kosten; erschienen im Ökobuch-Verlag, Staufen. Dezember 1996. 56,– DM. ISBN 3-922964-60-5.


*  B i l d e r :   Wilo GmbH, Dortmund


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