IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 17/2000, Seite 100 f.


REPORT


Fachtagung im Haus der Technik in Essen

"Computer Aided Facility Management"

Die kostenorientierte Bewirtschaftung von Liegenschaften und Gebäuden ist ein wesentliches Ziel eines jeden Facility Management-Konzeptes. Die richtige Umsetzung erfordert sowohl eine ganzheitliche Planung, als auch ein durchgängiges Management über den gesamten Lebenszyklus des Bauwerkes hinweg. Die Werkzeuge hierfür bieten Computer Aided Facility Management Systeme (CAFM). Diese sind in der Lage, die enormen Datenmengen aus Planung und Betrieb in ihrer Komplexität und Schnelllebigkeit zu strukturieren und damit relevante Informationen den Beteiligten zugänglich zu machen.

Die 2. Fachtagung Facility Management Software, die auch in diesem Jahr unter der Leitung von Dr.-Ing. Torsten Warner (Ebert-Ingenieure Nürnberg) im Haus der Technik (HDT) in Essen stattfand, bot erneut eine Plattform, auf der sich Anwender und Anbieter von CAFM-Systemen in einem Forum zusammenfanden. Rund 70 Teilnehmer kamen aus Industrie, Dienstleistungsunternehmen, Städten und Kommunen. Sie hatten während der 2-tägigen Tagung die Gelegenheit, einen strukturierten Überblick für die Entscheidung zur Einführung und zur Bewertung von Facility Management-Systemen zu gewinnen.

Einheitliche Szenarien

Sechs Anbieter von CAFM-Systemen - agiplan Techno Soft, Aperture, FaMe, Nemetschek, SAP und Speedikon - präsentierten anhand einheitlicher Aufgabenstellungen ihre Systeme in einer jeweils 90 Minuten dauernden Live-Präsentation. Die Szenarien betrafen die wesentlichen Bereiche des Gebäudemanagements und ermöglichten einen differenzierten Einblick in das Handling der Systeme. So spiegelte das Zusammenlegen zweier Büroräume durch Entfernen einer Trennwand und anschließendem Umzug zweier Mitarbeiter mit Mobiliar in diesen Raum eine typische Aufgabe aus den infrastrukturellen FM wider. Ferner galt es, eine Problemstellung aus dem Bereich technisches FM zu lösen: eine Klimaanlage sollte in das CAFM-System aufgenommen und die anfallenden Wartungstätigkeiten dokumentiert werden. Hier zeigte sich, dass es durch ein CAFM-System möglich ist, auch komplexe Anlagen in Form einer Baumstruktur übersichtlich darzustellen. Vorteilhaft wirkt sich dies beispielsweise auf die Abarbeitung von Wartungsaufgaben aus: so können Arbeitsaufträge zügig per E-Mail an die Wartungsfirma übermittelt werden. Das dritte Szenario betraf das kaufmännische FM. Hier wurde die Vertrags- und Mietverwaltung eines Reinigungsunternehmens unter die Lupe genommen. Die einzelnen Anbieter legten dar, dass das aufwendige Umlageverfahren von Kosten auf Mieter oder Quadratmeter durch den Einsatz von CAFM-Systemen erleichtert wird. Zuletzt waren die Anbieter aufgefordert, den monatlichen Import von z.B. Stromzählerständen aus einem Zählermanagementsystem / GLT-System zu simulieren. Dies ist insofern sinnvoll, da eine Analyse dieser Daten über Benchmark-Vergleiche und grafische Auswertungen Entscheidungshilfen bieten. So würde beispielsweise die Übertragung der Werte durch Energieversorgungsunternehmen über das Internet direkt in das CAFM-System Abläufe vereinfachen. Doch gerade diese Fragestellung machte deutlich, dass bislang in nur wenigen Praxisprojekten die Verknüpfung von CAFM-System und GLT-System von den Kunden gefordert wurde. Aufgrund fehlender Schnittstellenstandards wurden zumeist nur die im ASCCI-Code vorliegenden Daten am Druckausgang des GLT-Systems verwendet, um sie in gewissen zeitlichen Abständen in das CAFM-System zu importieren.

Grundlagen vermittelnde Rahmenvorträge

Eine wichtige Ergänzung der Live-Präsentationen stellten die Grundlagen vermittelnden Rahmenvorträge dar, die die beiden Tagungstage jeweils einleiteten. In seinem Vortrag "Planung von Facility Management Systemen" nannte Dr. Warner zu den Themenbereichen CAD- und Datenkoordination während der Planungsphase und Detaillierungsgrad der Daten mehrere Praxisbeispiele. An einem Pilotprojekt der Bayerischen Staatsbauverwaltung - Hochbau bei der Universität Erlangen - erarbeiteten Ebert-Ingenieure eine Konzeption zur optimierten Gewinnung und Aufbereitung von Daten der technischen Gebäudeausrüstung. Dabei wurde untersucht, wie eine bestmögliche Gewinnung und Aufbereitung von Daten aus der Planungs- und Erstellungsphase für Betrieb und Unterhalt möglich ist. So seien frühzeitig Begriffs- und Typenkataloge zu definieren, da jede Datenbank gegliederte, einheitliche Begriffe benötigt. Ebenso von Bedeutung sei die Filterung und Reduzierung der Planungsdaten für die Betriebsphase. Doch reichen strukturierte Daten alleine nicht aus. Erst eine vernünftige Aufbau- und Ablauforganisation schaffen die Grundvoraussetzung für eine erfolgreiche Nutzung eines CAFM-Systems, so die Meinung der Ingenieure.

Referent Dr. Heß, Professor für Produktionsautomatisierung und angewandte Informatik im Fachbereich Maschinenbau und Versorgungstechnik an der Georg-Simon-Ohm-Fachhochschule Nürnberg stellte das Modell eines FM-Datenquaders vor. Dieses Modell eines dreidimensionalen, in sich strukturierten Rechteckquaders sollte den Tagungsteilnehmern aufzeigen, in welcher Form eine ganzheitliche Betrachtung von Daten über den Gebäudelebenszyklus erfolgen müsse. Der Vorteil dieses Denkmodells, so Heß, "liegt in der einfachen und individuellen Erweiterung der Gebäudelebenszyklus-Koordinate und der Prozess- und Datenkoordinaten auch während der Nutzungsphase von Gebäuden."

Um die strukturierte Vorgehensweise zur Schaffung von CAFM-Voraussetzungen in einem Unternehmen ging es Günter Kopp, Projektleiter bei der MAKON GmbH. Er stellte klar, dass "CAFM nur ein Werkzeug zur Unterstützung der unternehmens- und objektspezifischen FM-Aufgaben darstellt" und eine ganzheitliche Betrachtungsweise des "WIE, WER, WAS wird bewirtschaftet" unerlässlich sei. Folglich müssen schon vor der Anschaffung und der Installation der CAFM-Software im Unternehmen selbst die organisatorischen Voraussetzungen für FM geschaffen werden. Für Unternehmen bedeute dies, dass sie sich in Sachen Datendefinition (z.B. Daten-/Detailtiefe), Aufbau- und Ablauforganisation vorbereiten müssen, um die Grundlagen für ein CAFM-System zu erarbeiten.

Konkret wurde Robert Oettl, Geschäftsführer der MAKON GmbH, München. Anhand mehrerer Projekte zeigte er exemplarische Punkte auf, die im Vorfeld einer CAFM-Einführung geklärt werden müssen. Die Probleme damals bestanden darin, dass kein "typisches" CAFM-System gewünscht wurde und auf bisher genutzte Software zurückgegriffen werden musste. Durch enge Zusammenarbeit von Ebert-Ingenieure und MAKON konnten bei diesen Projekten Synergien genutzt und damit optimale Ergebnisse für den Auftraggeber erzielt werden, so z.B. in Sachen EDV-gestütztes Vertrags- und Instandhaltungsmanagement bis hin zu Logistik- und Raumnutzungskonzepten.

Eine begleitende Fachausstellung gab den Teilnehmern der Veranstaltung ausreichend Gelegenheit, sich intensiv über die unterschiedlichen Softwareprogramme der Hersteller zu informieren.

Um FM-gerechte Verwaltung von Planungsdokumenten auf einer internetbasierenden Planungsplattform ging es im Vortrag des Referenten Matthias Domke, der die Projektgruppe Energiekonzepte und Consulting bei Ebert-Ingenieure in München betreut. Im Verbundforschungsvorhaben INTESOL (Integrale Planung solaroptimierter Gebäude) wurde in Zusammenarbeit mit verschiedenen Instituten und Universitäten eine internetbasierende Planungsplattform entwickelt. Diese Plattform beinhaltet einen Projektserver und ein elektronisches Dokumenten- und Workflow-Managementsystem und unterstützt zunächst die durchgängige Fortschreibung von Dokumenten während der Planungsphase. "Auf diese Weise", so Domke, "schafft INTESOL eine Voraussetzung für ein späteres Facility Management."

Fazit der Veranstaltung

Die CAFM-Technologie hat im vergangenen Jahr eine enorme Weiterentwicklung durchlebt. Insbesondere die Nutzung des Internets ist in alle Systeme fest integriert worden. Handhold-Geräte oder WAP-fähige Handys können bereits heute als Eingabe- und Lesegeräte eingesetzt werden. Ebenso wurde die seit langem angekündigte Schnittstelle zwischen den grafischen Oberflächen eines CAFM-Systems und der kaufmännischen Software von SAP zumindest von einigen CAFM-Anbietern bereits realisiert. Der Vernetzung von Informationen zur Optimierung von Geschäftsprozessen rund um den Gebäudebetrieb sind alle CAFM-Systeme einen enormen Schritt näher gekommen.

Die Veranstaltung verdeutlichte allerdings auch, dass das Werkzeug CAFM-Software nur dann greifen kann, wenn Betriebsabläufe und Verantwortlichkeiten rund um den Gebäudebetrieb optimiert werden. Eine ganzheitlich ausgerichtete kompetente Beratung muss daher mit der CAFM-Einführung "Hand-in-Hand" gehen. Erst dann werden die erwünschten Synergieeffekte erreicht und es wird nachweislich zu Einsparungen kommen.


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