IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 17/2000, Seite 91 ff.


INTERVIEW


Honeywell

Vernetzung

Mit rund 120 000 Mitarbeitern in 95 Ländern und einem Jahresumsatz von etwa 24 Mrd. US-Dollar zählt Honeywell in Technologie und Fertigungsverfahren zu den weltweit führenden Unternehmen. In Europa, Nahost und Afrika beschäftigt der Konzern über 25500 Mitarbeiter und erwirtschaftet dort mit einem Jahresumsatz von 6,4 Mrd. US-Dollar knapp 30 Prozent der weltweiten Umsatzerlöse. Standort der deutschen Holding Company ist Offenbach. Insgesamt 27 Standorte aus neun Wirtschaftsbereichen mit rund 7200 Mitarbeitern und einem Jahresumsatz von ca. 1 Mrd. US-Dollar werden von dort verwaltet. Über Strategien des Konzerns und Schwerpunkte bei der Produktausrichtung sprach Wolfgang Fuchs, Mitglied des Vorstandes der Honeywell AG, mit IKZ-HAUSTECHNIK-Redakteur Günther Klauke.

IKZ-HAUSTECHNIK: Honeywell befindet sich in einer Umbruchphase. Wie wird man die Arbeitsweise zukünftig gestalten?

Fuchs: Die Fusion zwischen AlliedSignal und Honeywell hat ein globales Unternehmen hervorgebracht, das zu den Marktführern in den Bereichen Technologie und Fertigung zählt. Wir werden uns zukünftig mehr "vertikal" ausrichten, das heißt, sich mehr auf die einzelnen Geschäftszweige konzentrieren, während wir in der Vergangenheit eine mehr regionenspezifische Organisation hatten. Insgesamt gibt es neun Geschäftsbereiche. Die europäische Zentrale für das Produktgeschäft der Haus- und Gebäudeautomation befindet sich in Schönaich bei Stuttgart. Dieser Bereich umfasst auch das Geschäft mit den Marken Braukmann, Centra und MNG für den dreistufigen Vertriebsweg: über den Fachgroßhandel an den Installateur. Dafür bin ich in Deutschland, Österreich und der Schweiz zuständig. Ein anderer Bereich ist die Gebäudeleittechnik, der für größere Gebäudekomplexe arbeitet und die hauseigenen, teilweise aber auch auf dem Markt erhältliche Produkte einsetzt. Dazu gehört auch der Dienstleistungsbereich mit den Angeboten für Facility Management und Performance Contracting.

»In Europa bauen wir eine Business-Service-Organisation auf, die wie eine Firma in der Firma arbeitet und administrativ/organisatorische Aufgaben anbietet.«

IKZ-HAUSTECHNIK: Können Sie die Unternehmensstruktur näher erläutern?

Fuchs: Wir befinden uns derzeit noch im Fusionsprozess. In Deutschland wird es rückwirkend zum 1. Januar 2000 eine übergeordnete Honeywell Deutschland Holding GmbH geben. In dieser GmbH sind die deutschen Holding-Firmen der beiden Fusionspartner, die Honeywell Deutschland GmbH und die Honeywell Holding AG, sowie weitere, bisher noch nicht eingegliederte kleinere Tochtergesellschaften zusammengefasst. Zu dem Unternehmensbereich Haus- und Gebäudeautomation zählen in Deutschland die Standorte Schönaich, ehemals Centra, Mosbach, ehemals Braukmann und Arnsberg, ehemals MNG. Fusionssynergien sehen wir vor allem in der Administration. Schwerpunkte setzen wir in den Bereichen Finanzen, Personal und in der EDV, die einzelne Funktionen in den Bereich Business Services abgeben, der für Deutschland in Offenbach angesiedelt ist. In ganz Europa bauen wir eine solche Business-Services-Organisation auf, die wie eine Firma in der Firma arbeitet und den einzelnen Standorten administrativ/organisatorische Aufgaben anbietet.

IKZ-HAUSTECHNIK: Verstehe ich das richtig als "internes outsourcing" für sämtliche Geschäftsbereiche?

Fuchs: Ja, und zwar für alle Geschäftsbereiche beider Fusionspartner in gleichem Maße.

»Intensiver Kundendienst, wie er beispielsweise von Centra in der Vergangenheit praktiziert wurde, ist technisch immer weniger erforderlich.«

IKZ-HAUSTECHNIK: Wie hoch ist das Potenzial der Einsparungen?

Fuchs: Wir gehen zur Zeit davon aus, dass wir ein Drittel der Kosten der angesprochenen Bereiche durch die Umsetzung des Business Services Konzeptes einsparen können.

IKZ-HAUSTECHNIK: Für die Belegschaften ist das sicherlich mit Veränderungen verbunden.

Fuchs: Zweifellos. Aber nicht nur was die Business Services betrifft. Wer die Welt eines kleinen, übersichtlichen Unternehmens wie etwa MNG gewohnt war, der muss sich in einem Konzern mit 120 000 Mitarbeitern umstellen. Nimmt man die Haus- und Gebäudeautomation zusammen, so liegt der Jahresumsatz bei über 5 Mrd. US-Dollar. Mit einem Angebotsspektrum, wie es weltweit von keinem zweiten Unternehmen bereitgehalten wird. Das bedeutet Chancen und Zukunftspotenzial für die Mitarbeiter. Um erfolgreich zu sein braucht Honeywell hochmotivierte Mitarbeiter, die sich wohlfühlen, sich mit den Unternehmenszielen identifizieren und auch im Bereich der Haus- und Gebäudeautomation die erstklassigen Möglichkeiten erkennen und nutzen, die in dem unvergleichlichen Angebotsspektrum liegen.

IKZ-HAUSTECHNIK: Die zur Honeywell AG zählenden deutschen Hersteller wie Centra glänzten vor der Firmenumstrukturierung u.a. mit dem Kundendienst und der Ersatzteilversorgung. Bleibt das auch zukünftig so?

Fuchs: Bei Installation und Ersatzteilversorgung sind und bleiben in erster Linie die Handwerksbetriebe unsere Partner. Intensiver Kundendienst, wie er beispielsweise von Centra in der Vergangenheit praktiziert wurde, ist durch die Marktentwicklung der letzten Jahre betriebswirtschaftlich nicht mehr zu machen, technisch aber auch immer weniger erforderlich. Je mehr man mit elektronischen Elementen und digitaler Technik arbeitet, desto mehr ist die klassische Reparatur eines Bauteils in Frage gestellt. Austauschgeräte sind vielfach wirtschaftlich sinnvoller.

IKZ-HAUSTECHNIK: Welche Segmente sind im Hinblick auf Firmenzukäufe für Honeywell interessant?

Fuchs: Im Bereich der Haus- und Gebäudetechnik neben der Kälte- und Klimatechnik sowie der Sicherheitstechnik vor allem die Technologien rund ums Wasser. Auch die Elektroschiene spielt in unseren Überlegungen eine gewisse Rolle.

IKZ-HAUSTECHNIK: Bei der physikalischen Wasserbehandlung geht Honeywell einen konzernuntypischen Weg. Sie betreiben hier anstelle einer Übernahme eine Kooperation mit Watercryst. Welche Hintergründe gibt es dafür?

Fuchs: Die Gründe dafür liegen in der innovativen Technik. Für Honeywell wird diese Kooperation aber nicht das Ende der Wasserbehandlung sein. Mit Kaltecpro realisieren wir den Einstieg in diesen Markt. Derzeit läuft beim DVGW das Prüfverfahren für das Prüfzeichen.

IKZ-HAUSTECHNIK: Ist die patentrechtliche Situation geklärt?

Fuchs: Die Patentsituation hängt an unterschiedlichen Bedingungen, die zur Zeit bei österreichischen wie auch deutschen Gerichten durch unsere Partner bei Watercryst verhandelt werden. Dabei geht es neben erlassenen Patenten auch um Patentanmeldungen sowie um arbeitsrechtliche Belange. Unabhängig davon, wer schlussendlich vor Gericht Recht bekommt, hat Honeywell alles denkbare getan, um Kaltecpro verkaufen zu können und damit unseren Partnern im Handwerk ein kompetentes Angebot für deren Kunden an die Hand zu geben.

»Honeywell hat Technologien ,rund ums Wasser' für die Zukunft entdeckt!«

IKZ-HAUSTECHNIK: Mit der Hometronic bietet Honeywell komfortable Hausautomation auch für kleinere Geldbeutel. Wo sehen Sie die Vorteile?

Fuchs: Mit Hometronic ist es bei einfachster Bedienung und Installation problemlos möglich, Energiekosten und Wohnkomfort zu optimieren.

IKZ-HAUSTECHNIK: Gilt das "nur" für die Heizung?

Fuchs: Hometronic heißt "Sparen ohne Komfortverlust". Das bedeutet: Neben der Heizungsoptimierung lassen sich Licht, Beschattung oder andere Haustechnik per Funk - und damit ohne aufwendige Leitungsinstallation - ganz nach Wunsch des Wohnungsinhabers individuell nach Zeitprogramm und/oder persönlichen Gewohnheiten steuern. Selbst unregelmäßig wiederkehrende Ereignisse können eingestellt und mit einem einzigen Tastendruck aufgerufen werden.

IKZ-HAUSTECHNIK: Wenn alles so einfach ist, benötigen Sie für die Vermarktung der Hometronic den professionellen Vertrieb?

Fuchs: Unbedingt. Es gibt z.B. bei den Heizkörperthermostatventilen eine Vielzahl älterer Ausführungen, die bei einer Vermarktung über andere Kanäle unmittelbar Probleme herbeiführen würde. Hier benötigt Honeywell - aber auch der Endkunde - den fachkundigen Installateur für Montage und Beratung. Das gilt auch, obwohl unsere Elemente über verschiedene Adapter vielfältig einsetzbar sind. Von eventuell erforderlichen Arbeiten an der Elektroinstallation einmal ganz zu schweigen. Dazu kommt, dass wir mit der Hometronic erst am Anfang stehen. Wie allerdings die Technik der nächsten Generation aussieht, kann heute niemand sagen. Derzeit besteht, trotz denkbar einfacher Programmierung, ein erheblicher Erklärungsbedarf, den wir mit Hometronic-Partnern im Handwerk umsetzen. Eine eigene Website (http://www.hometronic.de) hilft ebenfalls gezielt bei der Vermarktung. Hier bieten wir unseren Hometronic-Partnern sogar Webhosting zum Nulltarif, das heißt, wir schaffen für den Hometronic-Installateur eine Website für seine Firma und stellen Platz auf unserem Server zur Verfügung. Die Partner, die mit uns zusammenarbeiten, erhalten so kostenlos eine Präsenz im Internet. Außerdem gibt es als Vertriebshilfe Demonstrationskoffer, die potenziellen Kunden z.B. eine Testphase mit zwei Heizkörpern ermöglicht.

»Der Honeywell-Konzern bietet den hochqualifizierten und hochmotivierten Mitarbeitern an den einzelnen Standorten allerbeste Voraussetzungen!«

IKZ-HAUSTECHNIK: Heißt das, Sie arbeiten an der praktischen Umsetzung von "1984". In diesem Roman beschreibt George Orwell das Leben unter einer "totalen Überwachung"?

Fuchs: Natürlich nicht! Denn hier überwacht nicht die Technik den Menschen, sondern der Mensch die Technik. Mit vielen Vorteilen für den Menschen. Ein weiteres Beispiel: Gemeinsam mit unserem Partner Kundo haben wir die Ablesung der Verbrauchsdaten durch die Wohnungstür realisiert. Hausverwaltungen von Mehrfamilienhäusern können seitdem die Ablesung vornehmen lassen, ohne dass die Mieter zur Anwesenheit gezwungen sind. Allerdings ist das kein Muss. Wer weiterhin dem Ableser die Tür öffnen will, kann das natürlich tun. Hometronic wird demnächst auch das Internet nutzen. Derzeit betreiben wir gemeinsam mit der Deutschen Telekom ein Pilotprojekt mit dem Namen SmartHome. Dabei geht es um eine neue Dienstleistung, die dem Wohnungsnutzer und Hausbesitzer einen Fernzugriff per Internet oder Telefon auf seine gesamte Haustechnik ermöglicht. Es geht dabei aber nicht nur um Fernsteuerung, sondern auch um Fernwartung, Fernablesen von Verbrauchsdaten sowie Sicherheitslösungen. So hat der Nutzer seine Haustechnik im Griff für mehr Komfort und optimale Ausnutzung von Energie.

IKZ-HAUSTECHNIK: Apropos Partnerschaften: Vaillant vertreibt offenbar baugleiche Geräte. Gibt es mit Remscheid eine Firmenverflechtung?

Fuchs: Nein. Mit Vaillant verbindet uns eine langjährige erfolgreiche Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Regelungstechnik. Was Hometronic betrifft, besteht eine Partnerschaft, die nichts mit unternehmerischer Verflechtung zu tun hat. Darüber hinaus arbeiten wir weltweit noch mit weiteren Partnern, z.B. für die Erstausrüstung von Heizungsanlagen und die Einbindung von weiteren Sicherheitsfunktionen.

IKZ-HAUSTECHNIK: Bei der Hometronic verwendet man Funksignale für die Übertragung der Steuerbefehle. Gibt es dort gesundheitliche Bedenken?

Fuchs: Der Vergleich mit telefonischen Funknetzen taucht immer wieder auf, ist aber unbegründet. Innerhalb einer Vier-Zimmer-Wohnung besteht für Hometronic ein täglicher Funkbedarf von insgesamt etwa zehn Minuten mit einer Leistung im Milliwattbereich. Das reicht aus, um im Normalfall 25 m und eine Betondecke nach oben sowie eine nach unten zu überbrücken. Zusätzlich zur kurzen Sendezeit und geringer Sendeleistung kommt noch die Tatsache, dass die Funkmodule viel weiter vom menschlichen Körper entfernt sind als beim Mobiltelefon. Vergleicht man diese Bedingungen z.B. mit einem Funktelefon und Fahrzeugtechnologie so wäre die Hometronic ein Fahrrad und das Funktelefon ein 40-Tonnen-Lastkraftwagen.

IKZ-HAUSTECHNIK: Welche Märkte sind bei der Hometronic für Sie von besonderem Interesse?

Fuchs: Hometronic ist speziell im Nachrüstgeschäft innerhalb Europas interessant. Für den amerikanischen Markt gibt es kabelgeführte Entwicklungen, die sich dort aufgrund der baulichen Gegebenheiten wesentlich leichter installieren lassen.

IKZ-HAUSTECHNIK: Gibt es eine Schnittstelle zum PC?

Fuchs: Derzeit noch nicht. Die Bedienung erfolgt in denkbar einfachen Schritten, die einen PC überflüssig machen. Hometronic soll sich harmonisch in das Alltagsleben der Wohnungsnutzer einfügen, es ist kein Spielzeug für Computerfreaks. Für die Zukunft ist allerdings eine Schnittstelle geplant, die u.a. bei der Grundprogrammierung oder bei Fernabfragen wertvolle Dienste leisten kann.

Hometronic und Kaltecpro: Technologien auf die Honeywell für die Zukunft setzt.

IKZ-HAUSTECHNIK: Welche Zielvorgaben begleiten Sie in die nächsten Jahre?

Fuchs: Ich glaube die Talsohle im Markt für Haus- und Gebäudetechnik ist durchschritten. Unser Konzern will zweistellig wachsen, was durch Steigerungen im Kerngeschäft bzw. durch Firmenzukäufe möglich ist. Was das Wachstum im Kerngeschäft angeht, so müssen wir versuchen, den Markt für uns zu gewinnen. Das werden wir nicht machen, indem wir das Preisgefüge zerstören, sondern mit einer fokussierten Marktbearbeitung einerseits mit bewährten, andererseits mit neuen, zukunftsorientierten Produkten, wie beispielsweise Hometronic oder Kaltecpro. Honeywell bietet den hochqualifizierten und hochmotivierten Mitarbeitern an den einzelnen Standorten allerbeste Voraussetzungen die unternehmensinternen Synergiemöglichkeiten auch in der Technik zu erkennen und zu nutzen. Damit besteht die große Chance im weltweiten Markt für Haus- und Gebäudetechnik nicht nur zu reagieren, sondern zu agieren.


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