IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 15/16/2000, Seite 48 f.


REPORT


Hofanlage Brombeerweg - Zukunft der Hauswärmetechnik

Die Erschöpfung der Öl- und Gasreserven unserer Erde wird eines Tages erreicht sein. Jedoch basieren auf diesen Primärenergiearten die Energieversorgung unseres Landes. Höchste Zeit also, nach Wegen zu suchen, den Verbrauch dieser begrenzten Vorräte wirksam einzuschränken und nachhaltige Alternativen zu entwickeln. Das ist eine zentrale Zielsetzung des EXPO-Projektes "Hofanlage Brombeerweg", das von Ulrich Stiebel, Miteigentümer von Stiebel Eltron, initiiert und mit Nachdruck vorangetrieben worden ist. Im Rahmen der Expo 2000 kann die Hofanlage besichtigt werden.

Projektbeschreibung und Ziele

Die in einem Siedlungsgebiet von Holzminden errichteten ca. 55 Wohnungen, aufgeteilt auf Einzel-, Reihen- und Mehrfamilienhäuser, zeichnen sich durch eine exzellente Wärmedämmung und damit durch einen geringen Nutzwärmebedarf von weniger als 50 kWh/(m2 · a) aus, ohne dass der Wohnkomfort eingeschränkt werden muss. "Das Besondere hier ist, dass wir verschiedene Heiztechniken erstmals in einer Serie von Niedrigenergiehäusern einsetzen und damit ihre Wirksamkeit unter identischen Klimabedingungen vergleichen können" erklärt Stiebel.

In der Hofanlage Brombeerweg (Holzminden, dem Stammsitz von Stiebel Eltron) sind unterschiedlichste Wohngebäude realisiert - vom Einfamilienhaus bis zum Mehrfamilienhaus. In allen sind moderne und zukunftsträchtige Heiztechniken installiert, die im Rahmen der Expo 2000 zum Teil besichtigt werden können.

Stiebel verkaufte die Grundstücke der "Hofanlage Brombeerweg" mit projektspezifischen Auflagen, die sicherstellen, dass der Baustandard der zu errichtenden Häuser schon jetzt den weiteren Verschärfungen der Wärmeschutzverordnung entspricht. Dies macht eine wärmebrückenfreie, luftdichte Ausführung der Gebäudehülle notwendig und führt zu vollständig veränderten Anforderungen an die Planung, Bauausführung und die einzusetzende Heiz- und Lüftungstechnik. Für Stiebel ist es von besonderer Bedeutung, dass auch im Hinblick auf die Weiterentwicklung der Haustechnik zum Heizen, zum Lüften und zur Warmwasserbereitung neue Impulse aus dem zukunftsorientierten Bauprojekt in Holzminden gewonnen werden.

Es werden Heizungsanlagen mit Gas, Strom, Wärme/Kraft-Kopplung, Sonne und Umweltwärme (Luft und Erdwärmenutzung mit Wärmepumpen) realisiert. Die Besonderheit des Projektes liegt darin, dass eine Vielfalt von Energiesparsystemen für Niedrigenergiehäuser unter identischen Klimabedingungen und Messmethoden praktisch verglichen wird. Zur Zeit liefern die Sensoren aus 16 Wohneinheiten kontinuierliche aussagekräftige Messwerte.

Hocheffiziente Wärmeerzeugungsanlagen

Basistechnologien für die Wärmeerzeugung sind die Brennwerttechnik, thermische Solarenergienutzung, Wärmepumpen und Kraft/Wärme-Kopplung.

Sonnenenergie wird zum einen über große, im Winter verschattungsfreie Fensterflächen nach Süden realisiert ("passive" Nutzung). Aber auch die "aktive" Sonnenenergienutzung mit Kollektoren wird verbreitet für die Warmwasserbereitung eingesetzt. In einigen Anlagen wird auch ein solarer Beitrag zur Heizung erreicht. Photovoltaik wird zum anteiligen Abdecken der notwendigen Hilfsenergie (z.B. Lüfter, Pumpen) und zur Straßenbeleuchtung genutzt.

Neben den verschiedenen Varianten der dezentralen Wärmeversorgung werden zwei getrennte Anlagen errichtet, die zur gemeinsamen Nahwärme-Versorgung mehrerer Wohneinheiten dienen. Die erste Anlage (in Planung) basiert auf einem Blockheizkraftwerk geringer Leistung, die zweite Nahwärmeanlage (ebenfalls in Planung) basiert auf einem Gasbrennwertkessel, der von einer leistungsfähigen Vakuumröhren-Solaranlage unterstützt wird.

Mechanische Lüftungsanlagen mit Wärmerückgewinnung

In fast allen Wohneinheiten der Hofanlage Brombeerweg arbeiten Lüftungsanlagen mit hoch effizienter Wärmerückgewinnung und geringem Hilfsenergiebedarf. Hygienische Luftwechselraten erfordern entsprechend anerkannter technischer Regeln mindestens 30 m3 Luftwechsel pro Bewohner und Stunde. In herkömmlichen Wohnhäusern wird dieser Luftwechsel völlig unkontrolliert durch undichte Fenster, Wände und Dächer mehr als erforderlich sichergestellt. Reichen die vorhandenen Undichtheiten nicht aus, sinkt die Qualität der Wohnungsluft und führt u.U. sogar zu Bauschäden durch Feuchte und Schimmelpilz. Die mechanisch belüfteten Häuser dagegen werden ohne Zutun der Bewohner immer mit der hygienisch erforderlichen Luftwechselrate belüftet. Somit sind Feuchteschäden ausgeschlossen.

Wissenschaftliche Begleitung und erwartete Ergebnisse

Die FH Wolfenbüttel, Institut für Heizungs- und Klimatechnik, begleitet das Projekt. Die in der Praxis erzielten Kosten/Nutzen-Relationen verschiedener Lösungen werden gegenübergestellt und der tatsächlich erzielte Beitrag zur Umweltentlastung festgehalten. Für alle Varianten wird untersucht, ob die technischen Ansätze von den Nutzern akzeptiert und durch deren Verhalten die Einsparungen verstärkt werden. Die Daten werden archiviert und in komprimierter Form der Öffentlichkeit zugänglich gemacht.

Insbesondere im Internet (www.brombeerweg.de) werden alle Projektergebnisse abrufbar sein. Hierzu zählen Bilder der Häuser, Grundrisse, Technikbeschreibungen und Messergebnisse.


Registriertes weltweites Projekt der Weltausstellung Expo 2000

Zur Zeit der Expo (1. 6. - 31. 10. 2000) werden auf den öffentlichen Wegen der Hofanlage Brombeerweg Demonstrationsobjekte und Informationstafeln zur Veranschaulichung der eingesetzten Planungsansätze, Bauweisen und Hauswärme-Systemlösungen aufgestellt. Ein Ausstellungs-Pavillon ist für Besucher zugänglich. Folgende Orientierungshilfen werden gegeben:

Die Stiebel Planungsgruppe steht als Ansprechpartner jederzeit zur Verfügung (Anmeldung erbeten). Sie ist zu erreichen unter 0 55 31/12 02 59 oder 0 55 31/70 25 83. Das Projekt kann während der Expo 2000 auch am Wochenende besichtigt werden.


Internetinformationen: www.brombeerweg.de


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