IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 13/2000, Seite 25 f.


VERBÄNDE AKTUELL 


Schleswig-Holstein


Wissen erweitert und vertieft

Arbeitsrecht-Seminar in Schleswig

Neben abendlichen Fragen, etwa ob Aale "laufen" können, widmeten sich zwei Tage lang Teilnehmer sowohl aus SHK-Innungsbetrieben aus Schleswig-Holstein als auch aus Metallhandwerksbetrieben Mecklenburg-Vorpommerns und Schleswig-Holsteins schwierigen Themen aus der breiten Palette des Arbeitsrechts und diskutierten mit den Referenten am 7. und 8. April in Schleswig aktuelle Probleme aus dem Alltag eines Handwerksbetriebs.

Dr. jur. Ulrich Theelen, Hauptgeschäftsführer des Fachverbandes Metall Nordrhein-Westfalen, betonte einleitend die Bedeutung einer sorgfältigen Gestaltung von Arbeitsverträgen. Er lenkte zunächst die Aufmerksamkeit der Zuhörer auf die ohnehin bestehenden Pflichten des Arbeitgebers aufgrund des Nachweisgesetzes sowie auf das ab 1. Mai 2000 geltende Schriftformerfordernis für Kündigungen, Aufhebungsverträge und befristete Arbeitsverträge.

Breiten Raum nahm die Frage ein: "Wann gilt überhaupt im Arbeitsverhältnis ein Tarifvertrag?". Dr. Theelen hob die Bedeutung des Flächentarifvertrages im Handwerk hervor. Umfangreiche Personalabteilungen, wie in der Industrie, seien hier nicht vorstellbar. Die Regelung des Mindeststandards durch Tarifvertrag seien im Handwerk deshalb unverzichtbar; "überladene" Tarifverträge sind dagegen kontraproduktiv. Ein Exkurs in das Tarifrecht einschließlich des Themas "Streik" schloss sich an.

Durchweg zufriedene Gesichter der Seminarteilnehmer, hatten sie doch konkrete Hilfestellungen und Informationen zum Thema "Arbeitsrecht" mit nach Hause in den betrieblichen Alltag nehmen können.

 

Im Anschluss daran sensibilisierte Assessorin Heike Hofmann die Teilnehmer anhand von Beispielen aus ihrer Beratungspraxis im Verband für Sachverhalte, die eine schriftliche Regelung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer erfordern. Fehlt es an schriftlichen Abreden, trägt im Regelfall der Arbeitgeber, nicht der Arbeitnehmer den Nachteil.

Sie referierte über die Grundsätze für Befristungsabreden und stellte vertiefend die Neuregelungen aufgrund der jüngsten, ab Mai 2000 in Kraft tretenden Gesetzesänderungen dar. Ab Inkrafttreten des Gesetzes müssen befristete Arbeitsverträge, Aufhebungsverträge und Kündigungen schriftlich vereinbart bzw. erklärt werden; mündliche Erklärungen sind damit unwirksam. Bei den Befristungen ist zudem zu beachten, dass nicht nur die Befristung selbst, sondern auch der Grund der Befristung im Arbeitsvertrag schriftlich niedergelegt sein muss.

Ausgiebig widmeten sich Referenten und Zuhörer dem Inhalt und Umfang des Weisungsrechts des Arbeitgebers, dessen Erweiterbarkeit durch Vorbehalte sowie der Grenzen bei Umgehung des Kündigungsschutzes. Veränderungen bzw. Anpassungen in einem Arbeitsverhältnis lassen sich häufiger als angenommen einseitig durch Weisung des Arbeitgebers herbeiführen. Die Teilnehmer kamen überein, dass Arbeitgeber vielfach bestehende Gestaltungsspielräume aufgrund fehlender Detailkenntnisse nicht vollständig ausschöpfen können.

Nicht nur Handwerksmeister als Arbeitgeber scheitern häufig, wenn es um die Erteilung einer wirksamen Abmahnung geht. Wie muss eine Abmahnung formuliert werden, welche Bestandteile muss sie enthalten und wann sollte eine Abmahnung erteilt werden? Auf diese Fragen gab Dr. Theelen die Antworten.

Die Beendigung von Arbeitsverhältnissen, insbesondere Themen wie Änderungskündigung, Beendigungskündigung, Grundzüge des Kündigungsschutzes von Arbeitnehmern aufgrund allgemeinem Kündigungsschutz und ggf. besonderem Kündigungsschutz (Schwangere, Wehrdienst- bzw. Zivildienstleistende, Schwerbehinderte u.a.) standen am nachfolgenden Tag im Mittelpunkt der Betrachtungen.

Wegen den vielfältigen zu berücksichtigenden Rahmenbedingungen, z.B. Sperrzeit für den Arbeitnehmer beim Arbeitslosengeld usw., gibt es kein Patentrezept beim Abschluss von Aufhebungsverträgen, resümierten die Teilnehmer und stellten fest, dass es besser sei, in diesem Fall grundsätzlich fachkundigen Rat bei ihrer Innung oder dem Verband einzuholen.

Die Seminarteilnehmer erörterten, was beispielsweise demnächst zu tun ist, wenn ein Arbeitnehmer, der sich auf der Baustelle über eine Arbeitsanweisung geärgert hat, sein Werkzeug fallen lässt, anschließend zum Chef sagt: "Mach‘ doch Deinen Mist alleine, für mich war heute der letzte Tag hier!".

Auch wenn andere anwesende Mitarbeiter dies mitgehört haben und bereit sind, den Sachverhalt vor Gericht zu bestätigen, liegt mangels Schriftform der Kündigungserklärung keine wirksame Kündigung des Arbeitnehmers vor.

Es besteht auch keine Verpflichtung für den Arbeitnehmer, etwa eine umgehend durch den Arbeitgeber für ihn vorformulierte Arbeitnehmerkündigung zu unterzeichnen. Weiterhin scheidet die bisher mögliche Reaktion des Arbeitgebers aus, dem Arbeitnehmer sofort dessen Kündigung schriftlich zu bestätigen.

Zwar muss der Arbeitgeber für diese ausfallende Arbeitszeit keine Vergütung zahlen, da der Arbeitnehmer seine Arbeitskraft nicht anbietet. Jedoch kann eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber nur nach den Grundsätzen der verhaltensbedingten Kündigung, d.h. grundsätzlich erst nach erfolgter Abmahnung, herbeigeführt werden. 

Im Wesentlichen trägt der Arbeitgeber beim Kündigungsschutzprozess die Darlegungs- und Beweislast. Ein Nachweis der sozialen Rechtfertigung gelingt nur dann, wenn der behauptete Kündigungsgrund in zulässiger Weise durch detaillierten Tatsachenvortrag und unter Beweisantritt "mit Leben erfüllt" wird. Mit dem Wissen aus ihrer täglichen Beratungspraxis gingen die Referenten hier auf immer wiederkehrende Fallkonstellationen ein, insbesondere zur verhaltensbedingten Kündigung, z.B. wegen Schlechtleistung und der personenbedingten Kündigung, beispielsweise wegen häufiger oder langfristiger Erkrankung des Arbeitnehmers.

Was erwartet einen Handwerksmeister, wenn er als Kläger oder meist als Beklagter vor dem Arbeitsgericht erscheinen muss? Den Ablauf arbeitsgerichtlicher Verfahren mit "Gütetermin" und "Kammertermin" und damit einhergehenden Besonderheiten, wie der arbeitsgerichtliche Vergleich mit Abfindungszahlung, schilderte Assessorin Hofmann zum Schluss des zweiten Seminartages. Sie appellierte an die Seminarteilnehmer, "im Falle eines Falles" ihrem Prozessvertreter durch umfassende Information bei der Vorbereitung des Rechtsstreits mitzuhelfen. Sorgfältige Vorbereitung zahlt sich aus!

Weiterbildung auf dem Gebiet des Arbeitsrechts sollte ein "Muss" für jeden Handwerksmeister sein, so das Fazit auf Teilnehmerseite. Nur so könne man sich gegen viele mögliche Fallstricke wappnen und bedankte sich bei beiden Referenten für die gelungene Fortbildungsveranstaltung.


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