IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 12/2000, Seite 66 ff.


INTERVIEW


Neue Vertriebsstruktur beim Pumpenhersteller Wilo

Wilo, einer der ganz großen Pumpenhersteller in Deutschland mit einem Marktanteil von circa 40%, restrukturiert seinen Vertrieb. Effizienzsteigerung der eigenen Vertriebsorganisation und Erhöhung der Marktpräsenz stehen im Mittelpunkt. Als Merkmale der Veränderung nennt Wilo außerdem die Stärkung des dreistufigen Vertriebswegs und die Verdoppelung der Verfügbarkeit des technischen Werkskundendienstes vor Ort bei gleicher Mitarbeiterzahl. IKZ-HAUSTECHNIK-Redakteur Detlev Knecht sprach mit Wilo-Vertriebsleiter Peter Stamm, um Näheres zu erfahren. Zum Beispiel: Welche Auswirkungen hat die Veränderung für das verarbeitende SHK-Handwerk?

IKZ-HAUSTECHNIK: Wenn eine Organisation restrukturiert werden soll, bedeutet dies meist nicht nur Veränderungen nach innen, sondern auch nach außen. Konkret heißt dies: Wilo reduziert die Anzahl der Vertriebsbüros von 16 auf 8. Wie rechtfertigen Sie dies Ihren Mitarbeitern und Kunden gegenüber?

"Heute ist es nicht mehr zeitgemäß, 16 dezentrale Produktlager vorzuhalten, weil der Fachgroßhandel im Bereich der Logistik eine hohe Perfektion erreicht hat."

Stamm: Bisher hatten wir 16 Vertriebs- und Servicebüros in Deutschland. Alles, was ein Kunde vom Unternehmen Wilo erwartete, wurde von diesen 16 Büros bewerkstelligt. Egal ob es dabei um den Einsatz von Servicetechnikern ging, um die Beseitigung von Lieferengpässen oder um die technische Beratung und Angebotserstellung.

Heute ist es nicht mehr zeitgemäß, 16 dezentrale Büros mit Produktlagern vorzuhalten, weil der Fachgroßhandel im Bereich der Logistik eine hohe Perfektion erreicht hat. Die dezentralen Lager beschäftigten unsere Mitarbeiter in einem nicht vertretbarem Maße, da sie sich um zeitintensive Einzelfälle außerhalb ihrer Hauptaufgaben kümmern mussten. Damit wurde die telefonische Erreichbarkeit unserer Vertriebsbüros zu recht kritisiert.

Wir schließen die Lager der Vertriebsbüros und zentralisieren die komplette Versorgung mit Ersatzteilen und Austauschprodukten in Dortmund. Damit entlasten wir die dezentralen Büros. In Dortmund wird eine neue Zentralabteilung eingerichtet, die sogenannte ZKL — zentrale Kundendienstleitung. Die ZKL ist verantwortlich für die bedarfsgerechte Durchführung von Einsätzen des Wilo-Werkskundendienstes und gewährleistet die Verfügbarkeit von Produkten und Ersatzteilen vor Ort in enger Kooperation mit dem Fachgroßhandel. Außerdem ist es heute möglich, Produkte aus dem Wilo-Zentrallager innerhalb von 12 Stunden an jeden Ort Deutschlands zu transportieren.

IKZ-HAUSTECHNIK: Sie sagen, die Produktverfügbarkeit werde durch die neue Organisationsstruktur erhöht. Muss damit der Großhandel weitere Lagerfläche für Wilo-Produkte schaffen?

"Ein Handwerker, der ein Problem hat, muss erwarten können, dass ihm in diesem Moment ein qualifizierter, wertvoller und nützlicher Rat erteilt werden kann, dass er verbindliche Aussagen erhält."

Stamm: Nein, aber das ist ein ganz wichtiger Punkt. Die ZKL hat Zugriff auf das Wilo-Zentrallager für ganz Europa und kann damit auf ausgefallene Pumpen und Ersatzteile zurückgreifen, die ein kleines, dezentrales Lager und der Fachgroßhandel nicht vorhält. Dadurch wird eine wesentlich höhere Leistungsfähigkeit erreicht.

Darüber hinaus gibt es erweiterte Kooperationen zwischen uns und dem Fachgroßhandel, welche die Verfügbarkeit von Wilo-Produkten vor Ort sicherstellen, aber ohne nennenswerte Erhöhung der Lagerflächen. Insgesamt leistet Wilo zusammen mit dem Großhandel damit einen wichtigen Beitrag zum Leistungsprofil des professionellen Vertriebsweges.

IKZ-HAUSTECHNIK: Produktverfügbarkeit ist das eine Schlagwort, Kundendiensteinsätze das andere. Welche Veränderungen kommen auf Ihre Kundendiensttechniker zu und welche auf den SHK-Handwerker?

Stamm: Mit der Zentralisierung der Ersatzteilversorgung von Dortmund aus ist auch eine Zentralisierung der Einsatzplanung unserer Kundendiensttechniker verbunden. Diese werden nach Anforderungsort, erforderlicher Schnelligkeit und Qualifikation zentral "gesteuert". Damit erreichen wir eine wesentlich höhere Flexibilität, Schnelligkeit und Zuverlässigkeit. Wir entlasten unsere Außendiensttechniker von administrativen und logistischen Aufgaben, die sie bisher selbst durchführten. Insgesamt erreichen wir damit eine Verdoppelung der Verfügbarkeit des Wilo-Werkskundendienstes vor Ort.

IKZ-HAUSTECHNIK: Der Umkehrschluss bedeutet eine Verdoppelung der Einsatzfähigkeit bei gleichem Personal: Ist bisher die Hälfte der Einsätze liegen geblieben?

"Die Anzahl der Außendienstmitarbeiter wird nicht reduziert."

Stamm: Es wäre schlimm, wenn es so gewesen wäre. Ich möchte aber nicht verhehlen, dass wir Engpässe hatten. Es ist unzumutbar, wenn in einem Notfall der Kunde längere Zeit auf den Kundendiensttechniker warten muss. Wir sind mit der bisherigen Organisation nicht zufrieden und realisieren nun Schritt für Schritt vorhandene Verbesserungspotenziale im Rahmen unserer bereits laufenden Restrukturierung.

Zukünftig können wir ganz andere Leistungen für unsere Partner im Fachhandwerk oder Großhandel anbieten, z.B. "Monteure schulen Monteure" oder gezielte Anwendungsberatung neuer Produkte und Lösungen. Wichtige Einsatzbereiche sind auch Inbetriebnahme-Unterstützung großer Anlagen oder neuer Systeme und die generelle Unterstützung des Fachhandwerks bei technischen Problemen vor Ort. Die Erweiterung unseres Dienstleistungsportfolios ist geplant. Dies sind Aufgaben, für die heute nicht genügend Zeit zur Verfügung steht.

IKZ-HAUSTECHNIK: Die Zahl der Vertriebsbüros wird von 16 auf 8 reduziert. Bedeutet dies, dass Personal in den Vertriebsniederlassungen abgebaut werden muss?

Stamm: Die Anzahl der Außendienstmitarbeiter wird nicht reduziert. Besteht die Notwendigkeit, Personal im Außendienst zu verstärken, werden wir das tun. Die Innendienstkapazität wird angepasst. In diesem Zusammenhang ist eine weitere strukturelle Veränderung von Bedeutung: Neben der Zentralisierung der Einsatzplanung unseres technischen Kundendienstes zentralisieren wir auch die Auftragsbearbeitung. Bisher erfolgte sie dezentral in den Vertriebsbüros. Eine zentrale, professionelle Auftragsbearbeitung ist heute einer dezentralen weit überlegen. Circa 20 Arbeitsplätze werden wir dezentral abbauen, aber gleichzeitig in den Zentralabteilungen in Dortmund neue Arbeitsplätze einrichten. Die "Differenzsumme" liegt bei 10 Mitarbeitern.

IKZ-HAUSTECHNIK: Angenommen der Fachhandwerker ist der Meinung, ein Wilo-Kundendiensttechniker müsste bei einer bestimmten Anlage einen Fehler beheben. Muss er sich, um den dreistufigen Vertriebsweg einzuhalten, an den Fachgroßhändler wenden, der wiederum die zentrale Kundendienstleitung in Dortmund einschaltet?

Die neue Wilo-Vertriebsorganisation Deutschland.

Stamm: Nein. Wir haben für die Erreichbarkeit des technischen Kundendienstes in Dortmund eine Direktwahl eingerichtet. Das bedeutet, jeder Fachhandwerker, der ein Problem hat, wählt "0 18 05/94 56 53 (WILOKD)" und ist damit direkt mit der zentralen Einsatzleitung und Beratung verbunden. Unsere 60 Servicetechniker werden mit Navigationssystemen ausgerüstet sein, sodass die Standorte der Fahrzeuge sofort bekannt sind. Auf diese Weise können unsere Mitarbeiter in der Zentralabteilung den Einsatz unseres Servicepersonals effizient planen und begleiten. Daraus ergeben sich eine Reihe von Vorteilen für unsere Kunden. Schnelligkeit, Flexibilität sowie Kostenreduzierung sind einige spürbare Auswirkungen.

IKZ-HAUSTECHNIK: Sie sprachen vorhin von erweiterter Kooperation zwischen Ihnen, Wilo, und dem Großhandel. Um welche Art von Kooperation handelt es sich genau?

Stamm: Im Sinne des professionellen Vertriebsweges muss bei Austausch oder Reparatur einer Pumpe der Fachgroßhandel einbezogen sein. Dazu ein Beispiel: Übernimmt der Fachhandwerker im Gewährleistungsfall den Austausch einer defekten Pumpe, so baut er sie aus und gibt sie über den Fachgroßhandel an den Hersteller zurück. Der Fachgroßhändler regelt alles weitere mit uns. Die "Ablaufvarianten" in der Vergangenheit waren vielfältig und sehr "individuell". Häufig hatten sie keinen Bezug zum professionellen Vertriebsweg. Hohe Kosten, Zeitverlust und Diskussionen waren an der Tagesordnung. Die Alternative "Handwerker-Hotline" halten wir für fragwürdig. Wir konzentrieren uns auf die Entwicklung von Synergiepotenzialen innerhalb des Vertriebsweges. Dies läuft bereits in Pilotphasen sehr erfolgreich.

IKZ-HAUSTECHNIK: Eines Ihrer großen Ziele hatten Sie mit der Erhöhung der Kundenzufriedenheit umschrieben. Was bedeutet dies für den Fachhandwerker?

Stamm: Ein Problem war bisher die nicht ausreichende Verfügbarkeit des technischen Kundendienstes vor Ort. Ein Handwerker, der ein Problem hat, muss erwarten können, dass ihm in diesem Moment ein qualifizierter, wertvoller und nützlicher Rat erteilt werden kann, dass er eine verbindliche Aussage erhält. Unsere neue Kundendienstorganisation wird diesen Anforderungen so entsprechen, dass die Zufriedenheit unserer Kunden erreicht wird.

IKZ-HAUSTECHNIK: Wann beginnt die Umstrukturierung Ihrer Vertriebsorganisation, wann wird sie beendet sein?

Stamm: Wir sind bereits mitten drin. Seit Januar dieses Jahres laufen die erforderlichen Veränderungen in Bayern, Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen planmäßig und bisher auch problemlos. Die Größe unserer deutschen Vertriebsorganisation erfordert einen schrittweisen und sorgfältigen Übergang in die neuen Strukturen. Unser Ziel ist es, die Restrukturierung im 1. Quartal 2001 abgeschlossen zu haben.


"Kenndaten" der WILO-Salmson AG


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