IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 12/2000, Seite 35 ff.


SANITÄRTECHNIK


Vorsätzlich Nachhaltig

Regenwasserbewirtschaftung an der Fachhochschule Remagen

Gebäudemodell. Foto: Heinle, Wischer und Partner

Dipl.-Ing. Klaus W. König*

Der beschriebene Neubau der FH Remagen, ein Ableger der Fachhochschule Koblenz, ist eines der ersten öffentlichen Gebäude in Rheinland-Pfalz, mit konsequent realisierter Regenwasser-Bewirtschaftung, – ganz im Sinne des neuen Landeswassergesetzes. Dort heißt es seit Änderung vom 5. April 1995: " ... Jeder ist verpflichtet, mit Wasser sparsam umzugehen. Der Anfall von Abwasser ist soweit wie möglich zu verhindern. Niederschlagswasser soll nur in dafür zugelassene Anlagen eingeleitet werden, wenn es nicht bei demjenigen, bei dem es anfällt, mit vertretbarem Aufwand verwertet oder versickert werden kann ... ."
(LWG Rheinland-Pfalz, § 2,2).

Das Staatsbauamt Koblenz und die freiberuflich tätigen Ingenieurbüros haben in gemeinsamer Arbeit die Voraussetzungen dafür geschaffen, dass dieses Projekt ein Paradebeispiel im Sinne des Landeswassergesetzes geworden ist:

Von 5500 m2 begrünter Dachfläche wird der Niederschlag gesammelt. Die Begrünung der Dachfläche und das Verwenden der Niederschläge ergänzen sich sinnvoll. Gerechnet wurde mit etwa 700 mm Niederschlag pro Jahr und einem mittleren Abflussbeiwert von 0,3; d.h. 70% der Regenmenge speichert das Dach, 30% kommen in der Zisterne an. Nur ein sehr geringer Anteil davon wird bei vollem Behälter überlaufen. Das Fassungsvermögen der Zisterne beträgt 100 m3. 10% dieser Menge sind als Löschwasservorrat reserviert. Die Inbetriebnahme war Ende 1999.

Gebäudeansicht. Foto: Heinle, Wischer und Partner

Grundsätzliches

Durch Simulation mit spezieller Software kann Häufigkeit und Menge von Speicherüberlauf einerseits und von Trinkwassernachspeisung bei leerem Behälter andererseits ermittelt werden, um die wirtschaftlich sinnvolle Zisternengröße zu finden.

Wie bei allen DIN-gemäßen Anlagen zur Regenwassernutzung wird ausschließlich über den sogenannten "Freien Auslauf" nachgespeist. Laut DIN 1988 sind völlig getrennte Leitungssysteme erforderlich. Auch müssen sämtliche Regenwasser führenden Rohre, soweit sie nicht erdverlegt sind, farblich unterschiedlich zu den Trinkwasserrohren gekennzeichnet sein. Entnahmestellen erhalten Schilder mit der Aufschrift "Kein Trinkwasser". Vor Beginn der Installation wird das Wasserversorgungs-Unternehmen benachrichtigt. Soweit die einschlägigen, in ganz Deutschland verbindlichen Vorschriften.

Konzept FH in Remagen

Besonderheiten:

  • Wasserwirtschaftlich vorbildlich, da kein Niederschlagswasser vom Grundstück abfließt. Die Kombination von Gründach, Nutzung und Versickerung gewährleistet dies.
  • Durch Regenwassernutzung zweifach ökologisch wirkungsvoll: Regenrückhaltung, wie oben beschrieben, und zugleich Trinkwasser-Einsparung.
  • Bautechnisch innovativ, da der Zisternenbehälter aus Fertigteilen verschraubt ist, mit zweistufiger Reinigung des zufließenden Wassers, nach dem neuesten Stand der Technik.
  • Betriebstechnisch optimiert, da mehrstufige Kreiselpumpen direkt aus dem höherliegenden Außenspeicher versorgt werden, d.h. Zulaufbetrieb ohne Zwischenbehälter und Ladepumpe.

 

Fachhochschule Koblenz/Remagen: Dreifache Retention, vierfache Reinigung. Zeichnung: König

Regenwasser-Verwendung

Angeschlossen sind 90 WC und 38 Urinale, 12 Hydranten für Feuerlöschzwecke und Zapfstellen in Form von Unterflur-Hydranten für die Bewässerung der Außenanlagen.

Die Reinigungsstufen "Gründach/Filterschacht/Sedimentation durch beruhigten Zulauf im Speicher" lassen eine überdurchschnittliche Betriebswasser-Qualität erwarten.

Die ganzjährige Verwendung des Regenwassers im Gebäude erhöht kontinuierlich die Aufnahmekapazität für das nächste Niederschlagsereignis im Speicherbehälter und reduziert so Häufigkeit und Menge des Überlaufes zur Versickerung erheblich.

Schema Regenwassernutzung. Zeichnung: IFB Dr. Braschel

An der Regenwassernutzung Beteiligte

Planung:

Dr. Ing. Ast und Dipl.-Ing. Käser, IFB Dr. Braschel GmbH, Stuttgart, in Verbindung mit der Bauherrschaft, vertreten durch OBR Dipl.-Ing. Metz, Staatsbauamt Koblenz.

Objektüberwachung:

Dipl.-Ing. Kuhring und Dipl.-Ing. Probst, IFB Dr. Braschel GmbH, Stuttgart, in Verbindung mit Dipl.-Ing. Probst vom Staatsbauamt Koblenz.

Speichertechnik und Installation

Bei dem an der Fachhochschule Remagen eingesetzten Speichersystem sind halbrunde Betonfertigteile mit U-förmigen Zwischenstücken verschraubt, sodass eine ovale Behälterform in beliebiger Länge entsteht. Flache Abdeckplatten, in der gleichen Teilung, wurden passend zu den Zwischenstücken aufgeschraubt.

Die Zisterne wird von zwei Grundleitungen mit Regenwasser gespeist. In jeder Zuleitung sitzt ein Filterschacht. Das Filtermaterial ist Porenbeton, Filterfeinheit 0,4 mm. Mehrere Elemente sind zu einer senkrecht stehenden Tauchwand aneinandergefügt. Der Ablauf zur Zisterne ist als T-Stück ausgebildet, sodass eine eventuell vorhandene Schwimmschicht zurückbleibt. Das Absaugen des Filtergutes samt eingestautem Wasser erfolgt nach Bedarf ohne großen Aufwand durch ein Fahrzeug der Kanalreinigung.

Die Entnahmeleitung liegt in frostfreier Tiefe zwischen Speicher und Gebäude. Sie verlässt den Speicherbehälter unter Wasser und musste daher wie die Außenwanddurchführung besonders sorgfältig und dauerhaft dicht hergestellt werden; vgl. Lit. [2] Kap. 13.2, 13.5, 13.6.

Druckerhöhungsanlage für Betriebswasser, Unterflur-Anordnung mit Zulauf vom Außenspeicher im freien Gefälle. Foto: WILO

Innerhalb des Behälters ist die Entnahme mit einem beweglichen Schlauch und einem SAFF (Schwimmenden-Ansaug-Fein-Filter) ausgestattet. So ist gewährleistet, dass immer ca. 10 cm unterhalb Wasserspiegel, also im saubersten Teil des Wasservolumens, Betriebswasser entnommen wird.

Ist der Speichervorrat aufgebraucht, wird automatisch Trinkwasser in die Zisterne eingespeist, über die Sicherheitseinrichtung des "freien Auslaufes". Der zugehörige Trichter zur Aufnahme des Trinkwassers ist im Technikraum montiert. Er liegt oberhalb Überlaufniveau der Zisterne, um einen Regenwasserrückstau ins Gebäude zu vermeiden.

Technikraum: Unterverteilung Betriebswasser links, Druckausgleichsgefäß mittig, Abdeckung Unterflur-Druckerhöhungsanlage vorne. Foto: WILO

Pumpentechnik

Die Speicherentnahme geschieht hier im Zulaufbetrieb, d.h. aus der Erd-Zisterne läuft das gesammelte Regenwasser den Pumpen im Gebäude selbsttätig durch freies Gefälle zu. Die Druckerhöhungsanlage sitzt 1,5 m unterhalb Zisternensohle im Technikraum des Gebäudes.

Große Anlagen wie diese werden zur Druckerhöhung mit mehreren parallel geschalteten Kreiselpumpen ausgerüstet, die je nach Bedarf einzeln oder zusammen in Betrieb sind, gesteuert durch den Druckabfall in der Versorgungsleitung. Die zugehörige elektronische Schaltung stellt auch sicher, dass die Pumpen abwechselnd laufen, d.h. gleichmäßig abgenutzt werden, dass der Defekt einer einzelnen Pumpe durch die anderen ausgeglichen wird und sofort eine Meldung beim Hausmeister erfolgt.

Unterflurhydrant für Gartenbewässerung, aus dem Betriebswassernetz, vorbereitet für Schlauchanschluss, gegenüber sonst üblicher Außenwand-Armatur besser geschützt und das Fassadenbild des Gebäudes nicht störend. Durch Dreiwegeventil selbstentleerend, d.h. frostsicher. Foto: König

Nutzung entlastet Versickerung

Zur Versickerung des Speicherüberlaufes wird eine Rasenmulde genutzt. Mit der Modellierung des sonst ebenen Geländes wurden die Grünflächen so angelegt, dass der Zisternenablauf nach 80 m Rohrlänge die Mulde an der Gelände-Oberfläche erreicht. Breitflächig wird dabei in die Grünanlage eingeleitet. Die vorhandene Wasserschutzzone lässt unterirdische Infiltration nicht zu. Den Wiesenflächen mit eingestreuten Einzelbäumen wird man später den Aufwand nicht ansehen, mit dem die Voraussetzungen für konsequente Muldenversickerung geschaffen wurden: Wegen fehlender Durchlässigkeit des Untergrundes war am Tiefpunkt des Geländes ein Bodenaustausch erforderlich mit 30 cm Mutterbodenauflage (belebte Bodenzone).

Umso wichtiger war für das Projekt, dass die vorgeschalteten Maßnahmen "Zisterne" und "Gründach" entscheidend zur Retention beitragen und so deutlich weniger Sickermuldenfläche angelegt werden musste.

Wandhydrant für Brandschutz mit Anschluss an das Betriebswassernetz. Foto: König

Auch in Hinblick auf die Wasserqualität ist die Kombination von Vorteil: Im Gründach und im Filterschacht wie auch durch Sedimentation im Speicher wird das Regenwasser wirkungsvoll gereinigt; vgl. Lit. [3], Kap. 3.3. Dies kommt den Nutzern des Regenwassers zugute. Für die Grundwasseranreicherung ist die belebte Bodenzone der Sickermulde eine vierte Reinigungsstufe. Damit wurden auch hier im Wasserschutzgebiet ideale Voraussetzungen für einen nachhaltigen Umgang mit Regenwasser geschaffen.


L i t e r a t u r :

[1] König, Klaus W.: Regenwassernutzung. Ein Leitfaden für Kommunen in Deutschland. Mallbeton-Verlag, DS-Pfohren, 1999

[2] König, Klaus W.: Regenwassernutzung von A-Z. Ein Anwenderhandbuch für Planer, Handwerker und Bauherren. 5. Auflage, Mallbeton-Verlag, DS-Pfohren, 2000.

[3] König, Klaus W.: Regenwasser in der Architektur, Ökologische Konzepte. Regenwasser nutzen, versickern, verzögert ableiten. Dokumentation ausgeführter Beispiele, mit Angaben zu den Kosten. Ökobuch-Verlag Staufen, Nov. 1996.


* Dipl.-Ing. Klaus W. König, Überlingen am Bodensee, Jahrgang 1956, studierte in Detmold Architektur, seit 1991 selbstständig, Gründungs- und Vorstandsmitglied der "Fachvereinigung Betriebs- und Regenwassernutzung" (fbr), Darmstadt, Mitarbeit im DIN-Ausschuss NAW V8 "Regenwassernutzungsanlagen".


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