IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 11/2000, Seite 12 f.


AUSSTELLUNG


"Bad Berlin"

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War sie zu groß oder zu klein, zu provinziell oder zu metropolenhaft, zu laienhaft oder ganz einfach des Guten zuviel? Vermutlich kennen auch die besten und erfahrensten SHK-Manager nicht die richtige Antwort auf die Frage nach dem "Warum". Sicher ist nur: Mit 29581 Besuchern, wie sie der offizielle Abschlussbericht der Messe Berlin angibt, kann man im Reigen der renommierten SHK-Veranstaltungen in Essen, Nürnberg oder Hamburg nicht mitspielen.

Selbst wenn, wie ebenfalls der Abschlussbericht feststellt "die hohe fachliche Qualität der SHKG Berlin" zutrifft, reichen rund 3.000 Besucher an einem einzelnen Messetag (3. Mai) einfach nicht aus, um die sechsstelligen Kosten vieler Aussteller zu rechtfertigen.

Excellente Wetterbedingungen mit hochsommerlichen Temperaturen taugen als Rechtfertigung für die bescheidenen Besucherzahlen auch nur bedingt. Immerhin strahlte auch vom Nürnberger Himmel wenige Wochen zuvor die Sonne in voller Pracht. Urlaubszeit in Berlin und anfangs auch in Brandenburg mögen da schon eher ein Ansatzpunkt für Kritik sein. Ganz zu schweigen vom DFB-Pokalfinale. Wie man sieht: Man muss sich nur ein wenig Mühe geben, dann findet man zahlreiche Gründe für den bescheidenen Ausstellungsbesuch.

Informationen aus erster Hand holte sich der Staatssekretär der Senatsverwaltung Berlin Volker Liepelt in Sachen Heiztechnik und Brennstoffzellen-Technologie.

Doch ganz so einfach ist das Scheitern des neuen SHK-Messekonzeptes wohl nicht zu erklären. Vermutlich lassen eine Vielzahl einzelner Ereignisse und Umstände kein besseres Fazit zu. Einige Ereignisse mit möglicherweise negativer Auswirkung auf die Veranstaltung sind bereits genannt. Verkaufsoffener Sonntag und Formel-Eins-Rennen kamen noch hinzu. Der vorgedachte Vier-Jahres-Rhythmus im Wechsel mit Leipzig bringt offenbar keinen durchschlagenden Erfolg, die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen mit reichlich Insolvenzen in Handel und Handwerk besorgen den Rest.

Fehlt noch der Hinweis auf die SHK-Messelandschaft in diesem Frühjahr. Mögen die Messen und Ausstellungen in den Niederlanden, der Schweiz, Österreich und Italien keinen oder nur einen sehr geringen Einfluss auf die Berliner SHKG gehabt haben, so sind die Essener und erst recht die Nürnberger Einflüsse nicht zu übersehen.

Während Thüringer und Sachsen im Frankenland unüberhörbar waren, konnten Besucher aus Bayern und Baden-Württemberg in Berlin per Handschlag begrüßt werden. Das bestätigt auch der Messebericht. Demnach kamen 49% der Besucher aus den neuen Bundesländern und 45% aus Berlin. Macht nach Adam Riese 94%. Also kamen nur 6% oder ca. 1.750 Besucher aus anderen Bundesländern bzw. dem Ausland.

Heißes Thema auch in Berlin: Handwerkermarke. Pro und Kontra in direkter Nachbarschaft.

Die Fachbesucherbefragung ergab lt. Abschlussbericht durchweg eine positive Einschätzung. 51% bezeichneten das geschäftliche Ergebnis ihres SHKG-Besuchs mit sehr gut oder gut, 22% mit zufriedenstellend. Gefragt nach dem Gesamteindruck sollen sich fast vier Fünftel der Besucher mit sehr gut oder gut geäußert haben.

Aussteller wurden offenbar vom Veranstalter nicht nach ihrer Meinung befragt. Jedenfalls beinhaltet der Abschlussbericht keine passenden Zahlen. Vielleicht sind diese aber auch nicht druckreif. Bereits im Anfangsstadium der SHKG war harsche Kritik von Geschäftsführern und Vorständen zu vernehmen. Verbitterung wurde laut vor allem über hohe Kosten mit geringem Nutzen. Verbitterung aber auch über die z.T. in letzter Minute und im Messe-Katalog nicht mehr berücksichtigte Umbelegung von Ständen und Nichtbelegung von Hallen.

Bleibt die Frage, wie man erfolgreicher sein kann. Einzelne Argumente wie zuvor genannt, spielen sicher eine Rolle. Vielleicht muß aber auch das Messekonzept infrage gestellt werden. Offenbar ist das Interesse an Fachbesucherveranstaltungen in den letzten Jahren zurückgegangen. Essen und Nürnberg sind Belege dafür, dass es renommierte Veranstaltungen, bei gleichzeitig deutlich besseren regionalen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, leichter haben. Sie finden darüber hinaus seit vielen Jahren in einem festen Rhythmus an ein und demselben Ort statt und integrieren den Fach-Großhandel.

Offizielle Vertragsunterzeichnung von Vertriebsleiter Heinz Pieper (rechts), Fa. Emco, und des HGF des ZVSHK RA Michael von Bock und Polach zur Handwerkermarke.

Bei aller Kritik: Es gab auch Lichtblicke in Berlin. Ein Highlight war sicher das sehr gut besuchte hearing "Multimedia und Internet: www.badrevolution.de?" der Arbeitsgemeinschaft Sanitärarmaturenindustrie (AGSI). In einer der nächsten Ausgaben wird diese Veranstaltung ausführlich beleuchtet.

Andere Wirtschaftszweige haben sich mit ihren Veranstaltungen längst angepasst. CeBit in Hannover und boot in Düsseldorf zeigten schon vor Jahren, wie man erfolgreich Hersteller, Groß- und Einzelhandel integriert. Für die SHK-Branche möglicherweise Denkmodelle, die, zugeschnitten auf die Branche, ebenfalls Erfolg versprechen. Es muss die Frage gestattet sein, warum immer wieder Ausstellungshallen unbelegt bleiben, wenn man sich gleichzeitig händeringend bemüht, Endverbraucher auf die Branche aufmerksam zu machen. Konzepte wie Badwelt oder Handwerkermarke ließen sich - im Interesse aller Vertriebsstufenpartner - sicher wirkungsvoll integrieren.

Wenn der Vergleich auch etwas hinkt: Brauchbare Denkanstöße könnten u.a. regionale Handwerkerausstellungen - immerhin kamen 28.700(!) Besucher zur dreitägigen "Haus und Touristik" in Bad Salzuflen (siehe IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 9/2000, S. 22 ff) - liefern. Dort kooperiert man übrigens erfolgreich u.a. mit der Elektro-Branche.

Aktivitäten am zweiten Messetag in den Hallen der Heizungstechnik.


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