IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 10/2000, Seite 110 ff.


Klimatechnik


Luftdichtigkeitsprüfung von Gebäuden mittels Blower Door

Dipl.-Ing. Matthias Sänger*

Dipl.-Ing. Wilhelm Reiners**

Seitdem sich der Dämmstandard in Gebäuden verbessert hat, steigt der prozentuale Anteil des Lüftungswärmebedarfes am Gesamtwärmebedarf. Der Anstieg macht deutlich, dass seine Verminderung in der Vergangenheit vernachlässigt wurde und an dieser Stelle ein Ansatzpunkt zur weiteren CO2-Reduzierung gegeben ist. Die Energieeinsparverordnung (EnEV) versucht diesem Missstand gerecht zu werden, indem Bauherren in Zukunft zu einer Luftdichtigkeitsprüfung in ihren Neubauten verpflichtet werden sollen.

Die Luftdichtigkeitsprüfung

Es wird an einem Gebäude mittels der Blower Door eine Druckdifferenz zwischen Innenraum und Umgebung von 50 Pa aufgebaut. Der ermittelte Luftwechsel soll für Wohngebäude mit natürlicher Lüftung n50 = 3 h-1 und für Wohngebäuden mit raumlufttechnischen Anlagen und Abluftanlagen n50 = 2h-1 betragen. Die EnEV legt zusätzlich einen Mindestluftwechsel von n = 0,7 h-1 bei freier Lüftung und einen von 0,45 bis 0,6 h-1 bei mechanischer Lüftung fest. Die letzteren Werte sind abhängig von der Luftwechselrate der Lüftungsanlage und werden anhand der DIN EN 832 ermittelt. Mit dem Inkrafttreten der EnEV ist spätestens im Jahre 2003 zu rechnen. Die Tabelle 1 gibt die Anforderungen an die Gebäudehülle wieder, die für eine ausreichende Gebäudedichtheit im Einfamilienhaus eingehalten werden sollte.

Tabelle 1: Anforderungen an die Gebäudedichtheit

Norm / Verordnung / gesetzliche Vorschrift

mit mechanischer
Lüftungsanlage
n50 [1/h]

natürliche Lüftung
n50 [1/h]

DIN 4108

1,0

3,0

Beschluss des BMRBS 06/98

1,5

3,5

EnEV

2,0

3,0

Zur Zeit gilt die WschVo 95, in der ein Mindestluftwechsel von n = 0,8 h-1 als Rechenwert für die Wärmebedarfsrechnung angegeben wird. Eine Luftdichtigkeitsprüfung wird nicht zwingend vorgeschrieben. Lediglich in Ausnahmefällen soll eine Dichtigkeitsprüfung erfolgen. Das heißt in Fällen, in denen eine Überprüfung der Gebäudehülle ausdrücklich erwünscht ist oder auch Mängel in der Planung und Ausführung angenommen werden müssen.

Die Luftdichtigkeitsprüfung soll nach dem Differenzdruck oder auch Blower Door Verfahren entsprechend der DIN ISO 9972 erfolgen. Diese wird ersetzt durch die europäische Norm pr EN WI 0089, die auf der deutschen Norm basiert. Die Bewertung der Dichtheit einer Gebäudehülle erfolgt anhand der Tabelle 2.

Anhand des Ergebnisses der Gebäudedichtigkeitsprüfung kann der natürliche Luftwechsel abgeschätzt werden. Die Zusammenhänge zwischen dem n50-Wert und dem natürlichen Luftwechsel n werden durch drei Gleichungen wiedergegeben, die als Planungsgrundlagen nach der DIN EN 832 und DIN 4108 Teil 6 dienen. Für Gebäude mit einer Zu- und Abluftanlage gilt (Gl. 1)

n = natürlicher Luftwechsel
n50 = Luftwechsel bei einem Differenzdruck von 50 Pa
e = Windschutzkoeffizient
= zugeführter Volumenstrom der Lüftungsanlage
= abgeführter Volumenstrom der Lüftungsanlage
= Volumen des Gebäudes

Ist im Gebäude eine Zu- und Abluftanlage mit Wärmerückgewinnung installiert, so folgt (Gl. 2)

n = nL · (1 - ) + n1
nL = Luftwechsel der Lüftungsanlage
= Wirkungsgrad der Wärmerückgewinnungsanlage
n1 = natürlicher Luftwechsel aus Gl. 1

Wird der Luftwechsel durch die freie Lüftung erzeugt, so vereinfacht sich die Gleichung zu (Gl. 3), die lediglich den Luftwechsel berücksichtigt, der durch Infiltration über die Gebäudehülle erzeugt wird.

n = n50 · e in [1/h] (Gl. 3)

Tabelle 2: Bewertung der Luftdichtigkeitsprüfung nach DIN EN 832

Niveau der Luftdichtheit der Gebäudehülle

Mehrfamilienhaus n50 in [1/h]

Einfamilienhaus n50 in [1/h]

hoch

< 2,0

< 4,0

mittel

2,0 - 5,0

4,0 - 10,0

niedrig

> 5

> 10

Der Windschutzkoeffizient e ist abhängig von der Lage des Hauses (Tabelle 3).

Somit kann mit Hilfe des Differenzdruckverfahrens das Gebäude im Hinblick auf die Energieverluste durch natürliche Lüftung1 bewertet werden. Diese sollte aus hygienischen und bauphysikalischen Gründen zwischen 0,5 und 1 h-1 liegen.

Die Luftdichtigkeitsprüfung mit der Blower Door hat für den Bauherrn und den Bewohner folgende Vorteile. Es können nicht nur bei einem rechtzeitigen Einsatz der Prüfung handwerkliche Mängel beseitigt werden, sondern es wird auch langfristig die Bausubstanz gesichert. Für den Bewohner bedeutet dies Einsparung von Energiekosten und ein behagliches Wohnklima, da keine störende Zugluft durch Leckagen vorhanden ist.

Voraussetzung für ein gesundes Wohnklima ist allerdings, dass ausreichend und kontrolliert gelüftet wird. Dies kann durch Fensterlüftung, Zwangslüftungen in Fenstern oder auch durch eine mechanische Lüftung erfolgen. Eine mechanische Lüftungsanlage sollte mit einem Wärmetauscher ausgestattet sein, damit die Wärme der Fortluft zurückgewonnen werden kann.

Tabelle 3: Windschutzkoeffizient nach DIN EN 832

Windschutz

Windschutzkoeffizient

freie Lage

0,1

halbfreie Lage

0,07

geschützte Lage

0,04

Das Blower Door Verfahren

Die Durchführung der Dichtigkeitsprüfung erfolgt mit Hilfe des Blower Door Tests nach der pr EN WI 0089 (Bild 1).

Ein Gebläse, das in einem verstellbaren Aluminiumrahmen mit einer Spannfolie sitzt, erzeugt einen Differenzdruck zwischen dem Gebäudeinneren und der Umgebung von 50 Pa. Der Volumenstrom, der vom Gebläse gefördert wird, geteilt durch das lichte Innenraumvolumen, ergibt den gesuchten n50-Wert. Die gesamte Apparatur befindet sich in einer Außenöffnung (Tür oder Fenster).

Mit Hilfe eines manuellen Drehzahlreglers am Gebläse und dem Differenzdruckmesser wird der Differenzdruck zwischen Innen und Außen eingestellt. Ein weiteres Messgerät ermittelt den Differenzdruck an der kalibrierten Blende der Gebläseöffnung. Dieser Differenzdruck dient zur Berechnung des Volumenstroms (Gl. 4).

= Volumenstrom bei einer Druckdifferenz von 50 Pa am Gebäude
= Differenzdruck an der Gebläseblende
C = spezifischer Koeffizient des verwendeten Gebläses
N = spezifischer Koeffizient des verwendeten Gebläses

Normalerweise wird für das Messverfahren die "Minneapolis Blower Door" verwendet. Die Verwendung von Software erleichtert zudem die Berechnung der Volumenströme und der Messabweichungen bei der Durchführung von Messreihen und stellt die Ergebnisse grafisch dar.

Die Messgenauigkeit der eingesetzten Geräte beträgt ± 5% bei der Verwendung analoger Druckmessgeräte und ± 3% bei der Verwendung von digitalen Messgeräten. Hohe Windgeschwindigkeiten führen zu Druckschwankungen an der Gebäudefassade. Diese führen zusätzlich zu Ablesefehlern an den Messinstrumenten. Aus diesem Grunde sollte ab einer Windgeschwindigkeit von 3 m/s nicht mehr gemessen werden. Eine Messreihe in 5 Schritten, von 60 Pa auf 20 Pa, gibt Aufschluss über die Messfehler. Der Fehler sollte unterhalb von ± 2% liegen.

Je nach Drehrichtung des Gebläses wird das Gebäude auf Unter- oder Überdruck gesetzt. Es ist ratsam, beide Messungen durchzuführen. Zum einen können temperaturbedingte Dichteunterschiede zwischen Innen und Außen ausgeglichen werden, was durch eine Mittelwertbildung der Ergebnisse erfolgt und zum anderen kann das gebäudespezifische Dichtigkeitsverhalten analysiert werden. Beispielsweise werden Fenster bei der Überdruckmessung in den Rahmen gedrückt und dichten daher besser ab. Undichte Fenster werden in diesem Fall bei der Unterdruckmessung entdeckt.

Bild 1: Luftdichtigkeitsprüfung nach dem Blower Door Verfahren. (Bild: RWE Energie AG)

Die Unterdruckmessung eignet sich vor allem auch zur Ermittlung von Leckagen in der Gebäudehülle. Mit einem Blasebalg und einem Rauchgasröhrchen werden Leckluftströme sichtbar gemacht (Bild 2).

Mit dem Thermoanemometer (Bild 3) wird die Geschwindigkeit der Luftströmung an der Leckage erfasst. Ab einer gemessenen Luftgeschwindigkeit von 2 m/s ist die Luftströmung für eine Person, die sich in unmittelbarer Nähe der Leckage befindet, deutlich spürbar. Daher ist eine Abdichtung dieser Leckage zu empfehlen.

Eine weitere optische Darstellung der Leckage ist mit Hilfe der Thermografie (Bild 4) möglich. Die Leckagen werden durch die Intensität der Blaufärbung des Thermografiebildes aufgedeckt.

Die Bilder 3 und 4 zeigen übliche Leckagen an einer Vorwandinstallation und an einem Fensteranschluss. Ein weiterer typischer Leckageort ist die Gurtdurchführung am Rollladenkasten. Spezielle Bürsten an dieser Stelle bringen eine Verminderung der Leckagegröße und der Strömungsgeschwindigkeit. Elektrisch angetriebene Rollläden umgehen dieses Problem, da keine Gurtdurchführung vorhanden ist. Des Weiteren befinden sich an den Rollladenkästen geschraubte Abdeckungen, die nur in seltenen Fällen luftdicht ausgeführt werden.

Ist die Installationsebene nicht luftdicht ausgeführt worden, so zieht es nicht selten aus den Lichtschaltern oder Steckdosen.

Die Blower Door Messung mit Leckageortung per Rauchgasröhrchen dauert ca. 2 Std. und ist mit Kosten von 600 DM verbunden. Eine Quantifizierung der Leckage durch ein Thermoanemometer mit Fotodokumentation bedeutet einen zusätzlichen Aufpreis von 150 DM. Wird dazu noch ein Bericht erstellt, so belaufen sich die Gesamtkosten auf 1.700 DM.

Bild 2: Leckageortung mit Rauchgasröhrchen.
(Bild: VEW Energie AG)

Stand der Technik

In der Vergangenheit wurden einige Forschungsprojekte und Förderprogramme durchgeführt, die das Thema der Luftdichtigkeitsprüfung von Gebäuden behandelten. Die Ergebnisse sind überwiegend positiv zu bewerten.

Zum Beispiel wurden im Synergie Haus Projekt 318 Gebäude auf ihre Luftdichtigkeit überprüft. Es handelte sich dabei um 184 Niedrigenergiehäuser mit Abluftanlagen und um 134 Niedrigenergiehäuser mit einer Zu- und Abluftanlage mit Wärmerückgewinnung. Von den erstgenannten Gebäuden hielten 80% den geforderten n50-Wert von 2,5 h-1 und bei den zweitgenannten 70% den geforderten Wert von 1,5 h-1 ein. Durch Sanierungsmaßnahmen an bestehenden Mehrfamilienhäusern wurden schon n50-Werte von 0,9 h-1 erreicht. Im Förderprogramm PEP wurden von der VEW Energie AG 90 Gebäude durchgemessen. 56 Gebäude waren in massiver und 34 in leichter Bauweise erstellt worden. Etwa 70% der Massivbauten und 76% der Leichtbauten unterschritten den geforderten Grenzwert n50 = 3 h-1. Die Ergebnisse zeigen, dass im Neubaubereich die geforderten Grenzwerte der Energieeinsparverordnung durchaus erreicht werden können. Die Luftdichtigkeitsprüfung mittels Blower Door ist somit sehr gut geeignet, um aus energetischer, bauphysikalischer und hygienischer Sicht Gebäude zu untersuchen.

Bild 3: Thermoanemometer (Bild: VEW Energie AG)

Zusammenfassung

Der wesentliche Bestandteil der Blower Door Apparatur ist das Gebläse, das in eine Außentür oder ein Fenster des zu messenden Gebäudes eingesetzt wird. Mittels eines verstellbaren Aluminiumrahmens, der mit einer Kunststofffolie bespannt wird, gelingt der Einbau in fast jeden Hauseingang. Das erwähnte Gebläse erzeugt eine Druckdifferenz zwischen Innen und Außen von 50 Pa und erlaubt, den Luftaustausch des Gebäudes zu messen. Leckagen an der Gebäudehülle werden mit Hilfe von Rauchgasröhrchen aufgedeckt und können anschließend beseitigt werden.

Die Energieeinsparverordnung wird voraussichtlich ab dem Jahre 2003 Bauherren zu einer Luftdichtigkeitsprüfung mittels Blower Door verpflichten. Die Durchführung eines solchen Tests macht nicht nur aus energetischer Sicht Sinn, sondern führt auch dazu, dass handwerkliche Mängel an der Gebäudehülle aufgedeckt werden. Diese können in einem frühen Baustadium abgestellt werden. Eine dichte Gebäudehülle führt zur Herabsetzung der CO2-Emissionen, da der Heizenergiebedarf sinkt, zur Steigerung der Behaglichkeit, da Zugerscheinungen vermieden werden und zur Werterhaltung der Bausubstanz, da ungewollte Leckagen, an denen sich Tauwasser bilden könnte, vermieden werden. Der Blower-Door-Test ist weiterhin ein geeignetes Mittel, um einen Vergleich zu anderen Gebäuden gleichen Baustandards herzustellen.

Bild 4: Thermografiebild mit Kennzeichnung der undichten Stelle. (Bild: Ingenieurbüro Zahner, Bamberg)

Es sollte jedoch darauf geachtet werden, dass eine ausreichende Lüftung des Gebäudes vorhanden ist. Dies ist bei der Planung dichter Gebäude zu beachten. Entweder muss der Bewohner angehalten werden diszipliniert zu lüften, oder es sollte vom Bauherrn eine mechanische Belüftung vorgesehen werden.

Eine energetisch sinnvolle, jedoch in der Anschaffung kostenintensive Variante in Gebäuden dichter Bauweise, ist die Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung. Diese Variante spart nicht nur Energie ein, sondern sorgt auch für eine ausreichende Belüftung des Gebäudes.

Literatur:

[1] Wilden, N.: Frische Luft zu teuer? CCI 1/2000.
[2] Die EnEV - Ist das der richtige Zeitplan? CCI 1/2000.
[3] Ehm, H.: Wärmeschutzverordnung ’95 - Grundlagen, Erläuterungen und Anwendungshinweise - Der Weg zu Niedrigenergiehäusern. Bauverlag, Wiesbaden, 1995.
[4] Ges. f. rationelle Energieanwendung: Energieeinsparung im Gebäudebestand. Baucom Verlag, 10/1997
[5] Maas, A.; Dönch, M.; Winkler, St.: Wie dicht sind Synergie-Häuser? DBZ 1/1999.
[6] Richter, W.; Reichel, D.: Untersuchungen zur Luftdichtheit von Mehrfamilienhäusern in massiver Bauweise. Gesundheits-Ingenieur 5/1998.


* Universität Dortmund; Lehrstuhl: Technische Gebäudeausrüstung


** VEW Energie AG; Abteilung: Anwendungstechnik


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