IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 4/2000, Seite 92 ff.


RECHT-ECK


Illegale Ausländerbeschäftigung

Die Ordnungswidrigkeit des Unternehmers bei der illegalen Ausländerbeschäftigung durch Nachunternehmer

RA Friedrich-W. Stohlmann

Die früheren Regelungen zur Arbeitsförderung zu Fragen der illegalen Ausländerbeschäftigung sind in das Sozialgesetzbuch III integriert worden. Nur wenig Beachtung hat dagegen eine Verschärfung der Bußgeldvorschriften zur illegalen Ausländerbeschäftigung in diesem neuen Gesetz gefunden, soweit von einem Subunternehmer illegale Beschäftigte angeheuert werden.

Die jetzt in § 404 Abs. 1 Nr. 2 SGB III enthaltene Vorschrift zur Ordnungswidrigkeit des Unternehmens im Falle einer sogenannten mittelbaren illegalen Beschäftigung macht insbesondere in der Bauwirtschaft eine Neuorientierung bei der Überwachung von Nachunternehmern erforderlich.

Neufassung des Tatbestandes der mittelbaren Beschäftigung

Nach § 4 Abs. 1 Nr. 2 SGB III handelt ordnungswidrig, wer als Unternehmer Dienst- oder Werkleistungen in erheblichem Umfange ausführen lässt, indem er einen anderen Unternehmer beauftragt, von dem er weiß oder fahrlässig nicht weiß, dass dieser zur Erfüllung dieser Aufgaben

- Ausländer ohne die für die ausgeübte Tätigkeit erforderliche Genehmigung beschäftigt oder

- einen Nachunternehmer einsetzt oder zulässt, der Ausländer ohne die für die ausgeübte Tätigkeit erforderliche Genehmigung beschäftigt.

Der Gesetzgeber hat mit dieser Vorschrift neben dem Fall der unmittelbaren illegalen Ausländerbeschäftigung, der auch bisher als § 229 Arbeitsförderungsgesetz eine Ordnungswidrigkeit darstellte und deshalb in diesem Artikel nicht weiter kommentiert werden soll, nun auch den Fall der mittelbaren illegalen Ausländerbeschäftigung in das neue Gesetz eingefügt. Damit hat der Gesetzgeber eine eigene Bußgeldvorschrift in dem neuen Gesetz ausgestaltet. Die mittelbare Beschäftigung kann nach dem Wortlaut der Vorschrift durch drei verschiedene Tatbestandsalternativen verwirklicht werden.

Zum einen ahndet § 404 Abs. 1 Nr. 2, a SGB III den Fall, dass der Hauptunternehmer einen Subunternehmer beauftragt, der unmittelbar ausländische Arbeitnehmer ohne Arbeitsgenehmigung beschäftigt.

Zum Zweiten wird geahndet, dass der vom Hauptunternehmer beauftragte Subunternehmer nicht selbst illegal Ausländer beschäftigt, aber einen weiteren Subunternehmer einsetzt, der seinerseits ausländische Arbeitnehmer ohne die für die ausgeübte Tätigkeit erforderliche Arbeitsgenehmigung beschäftigt.

Sofern auch dieser zweite Subunternehmer selbst keine Ausländer beschäftigt, aber den ihm erteilten Subauftrag an weitere Nachunternehmer vergibt, von denen dann einer - gleichgültig an welcher Stelle einer Kette von Subverträgen er steht - nichtdeutsche Arbeitnehmer ohne die erforderliche Genehmigung beschäftigt, ist die dritte Alternative, nämlich § 404 Abs. 1 Nr. 2 b) Alternative 2 SGB III gegeben. In diesem Fall hat der erste Subunternehmer zugelassen, dass ein Nachunternehmer tätig wird und muss daher mit einem Bußgeldverfahren rechnen.

Es ist darauf hinzuweisen, dass auch schon das alte Arbeitsförderungsgesetz denjenigen mit Bußgeld belegte, der eine mittelbare Beschäftigung von Ausländern ohne Arbeitsgenehmigung zuließ. Dabei ist schon das fahrlässige Nichtwissen von der illegalen Ausländerbeschäftigung für die Erfüllung des Tatbestandes und damit der Bußgeldzahlung ausreichend.

Fahrlässiges Nichtwissen

Zu den Voraussetzungen des fahrlässigen Nichtwissens und damit zu den Anforderungen des nunmehr zu berücksichtigenden Sorgfaltsmaßstabs ist bislang wenig geschrieben worden. Auch gerichtliche Entscheidungen sind hierzu nach Kenntnis des Autors nicht veröffentlicht.

Nach der bisherigen Rechtslage war der Fall der mittelbaren illegalen Ausländerbeschäftigung weder im Schwarzarbeitsgesetz noch in anderen Gesetzen erfasst. Erst 1994 wurde der Tatbestand als § 2 Abs. 1 Nr. 2 in das Schwarzarbeitsgesetz aufgenommen. Die verbesserte Bekämpfung der illegalen Beschäftigung war das erklärte Ziel dieser und weiterer Gesetzesänderungen. Der Vorschrift lag zugrunde, dass bei behördlichen Kontrollen, insbesondere auf Baustellen, zahlreiche ausländische Arbeitnehmer ohne die erforderliche Arbeitserlaubnis aufgegriffen wurden. Sie wurden in der Regel wesentlich schlechter bezahlt als vergleichbare deutsche Arbeitnehmer. Meist wurden ausländische Arbeitnehmer als Subunternehmer beauftragt, die dann die ausländischen Arbeitnehmer aus dem Ausland in die Bundesrepublik entsandten. Diese ausländischen Firmen bzw. deren vertretungsberechtigte Personen waren nur schwer oder gar nicht zu ermitteln. Um diese Vorgehensweise zu unterbinden, hatte der Gesetzgeber die Möglichkeit geschaffen, auch die "leichtfertige" Beauftragung solcher ausländischen Unternehmen zu ahnden. Neben dem Ziel, Wettbewerbsstörungen durch Dumpinglöhne zu verhindern, verfolgte der Gesetzgeber das Ansinnen, den betroffenen Auftraggebern die durch mittelbare Beschäftigung erzielten wirtschaftlichen Vorteile vorzuenthalten.

Konsequenzen

Welche Konsequenzen gelten aus dieser Neuregelung im Sozialgesetzbuch für die Praxis? Es empfiehlt sich zunächst eine klare vertragliche Vereinbarung mit den eingesetzten Nachunternehmern zu treffen. In den Verträgen könnte etwa eine Klausel aufgenommen werden, wonach sich der Nachunternehmer ausdrücklich verpflichtet, ausländische Arbeitnehmer aus Nicht-EU-Staaten nur dann auf der Baustelle einzusetzen, wenn diese über eine gültige Arbeitsgenehmigung verfügen.

Ferner müsste der Nachunternehmer vertraglich versichern, dass er dafür Sorge trägt, dass auch die von ihm eingesetzten Nachunternehmer auf der Baustelle keine Ausländer ohne Arbeitsgenehmigung beschäftigen.

Nach der Gesetzesbegründung wurde bezüglich der Anforderungen an die Leichtfertigkeit auf die bisherige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes abgestellt. Danach meint "Leichtfertigkeit" einen erhöhten Grad von Fahrlässigkeit, der etwa der groben Fahrlässigkeit des Bürgerlichen Rechts entspricht. Leichtfertig handelt in diesem Sinne, wer in grober Achtlosigkeit nicht erkennt, dass er den Tatbestand verwirklicht, also unbeachtet lässt, was im gegebenen Fall jedem hätte einleuchten müssen.

So wurde z.B. der Begriff der Leichtfertigkeit schon dann angenommen, wenn der Betroffene sich keine Gedanken darüber machte, dass ein auffälliges Missverhältnis zu den üblichen Lohnbedingungen bestand. Ein mehr als 20% geringerer Lohn müsste den Unternehmer "hellhörig" machen. Demnach wäre er gehalten, nähere Prüfungen und Erkundigungen einzuholen.

In die gleiche Richtung geht eine jüngere Entscheidung des OLG Düsseldorf zum Umfang der Erkundungspflichten des Betriebsinhabers bei der Entgegennahme von Leistungen, die von Dritten unter Verstoß gegen das Schwarzarbeitergesetz erbracht werden. Für die Frage, ob der Leistungsempfänger insoweit besonderen Erkundungspflichten unterliege, komme es auf die Umstände des Einzelfalls an. Ausschlaggebend sei, ob bestimmte objektive Verdachtsmomente vorlägen, die von einem vernünftig denkenden Teilnehmer am Rechtsverkehr nur dahingehend gedeutet werden könnten, dass es sich um ein Angebot handele, welches unter Verstoß gegen die Vorschriften des Schwarzarbeitergesetzes abgegeben worden ist. In dem zugrunde liegenden Fall stellte der Senat für die Bejahung derartiger Verdachtsmomente maßgeblich darauf ab, dass die Leistung zu einem Preis angeboten worden war, der deutlich unter dem ortsüblichen Marktpreis für vergleichbare Leistungen lag. Aufgrund dessen habe eine weitergehende Erkundungspflicht des Unternehmers - bezogen auf eine eventuelle illegale Ausländerbeschäftigung - bestanden.

In der Annahme des Angebots ohne weitere Erkundigungen erblickte das Gericht deshalb "bei lebensnaher Betrachtung" nicht nur einen leichtfertigen, sondern sogar einen vorsätzlichen Verstoß. Der Annehmende habe die Leistungserbringung unter Verstoß gegen das Schwarzarbeitergesetz "billigend in Kauf genommen".

Ergänzt werden könnte diese Verpflichtung des Subunternehmers durch die weitere Verpflichtung, dem Auftraggeber die Kopien der für die eingesetzten Arbeitskräfte erteilten Arbeitsgenehmigung bzw. Aufenthaltsberechtigung spätestens zu Beginn der Arbeiten vorzulegen. Flankierend sollte die Vorlage der Genehmigungsunterlagen als Zahlungsbedingung ausgestaltet und durch eine Vertragsstrafenklausel abgesichert werden. Allerdings wird sich eine derartige Vereinbarung im Falle von Großbaustellen als unpraktikabel erweisen, weil bei hohem Personaleinsatz und entsprechender Personalfluktuation keine ordnungsgemäße Kontrolle möglich ist. Es ließe sich nämlich nur schwer feststellen, ob die ursprünglich angemeldeten Arbeitnehmer mit den tatsächlich eingesetzten Kräften identisch sind. Hier wäre der Unternehmer gehalten, Dauerkontrollen durchzuführen, die wirtschaftlich unzumutbar sind.

Fazit:

Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass durch die Neufassung des Bußgeldtatbestandes der illegalen Ausländerbeschäftigung (§ 404 Abs. 1 Nr. 2 SGB III) eine Erweiterung der Sorgfaltspflichten des Hauptunternehmers vorgenommen wurde, die in Rechtsprechung und Literatur zwar noch nicht in allen Facetten ausformuliert worden ist, aber voraussichtlich auf eine Erweiterung vorbeugender Verhaltensobliegenheiten hinauslaufen wird. Anders ausgedrückt: Hier wird wieder einmal derjenige zur Kasse gebeten, dessen Betriebsanschrift leichter zu ermitteln ist, als die Anschrift des Gauner-Unternehmens in Jugoslawien, im Kosovo in Polen oder sonstwo.


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