IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 2/2000, Seite 19 ff.


SANITÄR-/HEIZUNGSTECHNIK


Baulicher Schallschutz fängt bei der Planung an

Teil 2: Anforderung an die haustechnische Planung

Dipl.-Ing. Manfred Lippe*

Der haustechnische Planer hat die Aufgabe, in ein vorgegebenes Gebäude mit vorhandenen Installationswänden die Installationen so einzuplanen, dass der vereinbarte Schallpegel nicht überschritten wird.

Die Norm- und Regelwerke für den baulichen Schallschutz sind zur Zeit im Wandel. In den letzten Monaten wurden einige Anpassungen durchgeführt, um den in der Einleitung geschilderten Anforderungen gerecht zu werden. Bild 9 zeigt die derzeitige und künftige Höhe der Schallpegel auf. Die Anforderung der DIN 4109 wurde für Wohngebäude vom DIN-Ausschuss am 22. Oktober 1998 von 35 dB(A) auf 30 dB(A) abgesenkt. Dadurch ergeben sich Überschneidungen mit den Schallschutzklassen der VDI-Richtlinie 4100. Die Einspruchsverhandlung des ZVSHK und Fachverband SHK Bayern sind abgeschlossen. Dabei wurden die 30 dB(A) bestätigt, jedoch die Erstellung einer Fußnote zu den werkvertraglichen Voraussetzungen vereinbart. In Bild 10 sind die vier Bereiche aufgeführt und mit den Worten des Autors beschrieben. Eine genaue Formulierung wird derzeit bearbeitet und beraten.

Tipp: Es ist bereits jetzt jedem Fachplaner und Installateur anzuraten, die 30 dB(A) einzuhalten, da die Rechtsprechung sich nach dem anerkannten Stand der Technik richtet, der mit 30 dB(A) festgelegt wurde.

In einem weiteren Schritt wird die DIN 4109 Teil 10 (E - zur Zeit Entwurf) eingeführt. Nach der Einführung wird die VDI-Richtlinie 4100 voraussichtlich zurückgezogen.

Bild 7: Geräuscherzeuger und wirksame Körperschallentkopplung.

Die Veränderungen sind aus Sicht des Autors positiv zu beurteilen, da in Zukunft klare Vorgaben mit einer besseren Zuweisung der Verantwortung vorhanden sein werden. Das bedeutet im Gegenzug eine höhere Rechtssicherheit. Denn das Urteil des BGH vom Mai 1998 schreibt eine sehr deutliche Sprache bei Schallschutz und der Wertung von DIN-Normen. Demzufolge muß sich jeder Planer und Bauausführende neben den DIN-Normen auch an dem anerkannten Stand der Technik orientieren.

Im folgenden wird der Inhalt des BGH-Urteils vom 14. Mai 1998 - VII ZR 184/97 auf Basis des BGB § 633 - OLG München, LG München, wiedergegeben (Auszug): Welcher Luftschallschutz geschuldet ist, ist durch Auslegung des Vertrages zu ermitteln. Sind danach bestimmte Schalldämmaße ausdrücklich vereinbart oder jedenfalls mit der vertraglich geschuldeten Ausführung zu erreichen, ist die Werkleistung mangelhaft, wenn diese Werte nicht erreicht werden.

Liegt eine derartige Vereinbarung nicht vor, ist die Werkleistung im allgemeinen mangelhaft, wenn sie nicht den zur Zeit der Abnahme anerkannten Regeln der Technik als vertraglichem Mindeststandard entspricht.

Die DIN-Normen sind keine Rechtsnormen, sondern private technische Regelungen mit Empfehlungscharakter. Sie können die anerkannten Regeln der Technik wiedergeben oder hinter diesen zurückbleiben.

Welcher Schallpegel ist erreichbar?

Bei der Installationsart wird im folgenden nach grundsätzlichen Konstruktionsprinzipien unterschieden (Bild 11):

Dabei wurde das WC-Installationselement als der größte Schallpegelverursacher in der Darstellung ausgewählt.

Bild 8: Maßnahmen zur Luft- und Körperschalldämmung.

Die folgenden Regeln sind bei den Konstruktionsprinzipien nach Bild 11 zu beachten:

Folgende Schallpegel sind in Abhängigkeit von der Installationswand möglich:

Bild 9: Veränderung der Schallschutzanforderungen im Wohnungsbau.

Vergleichbare Betrachtungen müssen auch für andere Geräuschquellen angestellt werden. Das Bild 12 soll die wesentlichen Geräuschquellen aufzeigen und die Schwerpunkte bei der Maßnahmenplanung herausstellen.

Die genannten Schallpegel und Einflussgrößen sind Orientierungswerte für die Planung und beruhen auf der Auswertung einiger schalltechnischer Prüfzeugnisse. Die Schallpegel können durch verbesserte Konstruktionsprinzipien einzelner Hersteller unterschritten werden. In jedem Fall sind die Schallpegelwerte in Kombination mit der tatsächlich vorhandenen flächenbezogenen Masse bei den Installationswänden B bzw. R'w > 45 dB bei den Installationswänden C - D über einen schalltechnischen Eignungsnachweis nachzuweisen.

Der erhöhte Schallpegel für den Komfortwohnungsbau von derzeit 25 dB(A) - VDI 4100 - und zukünftig von 24 dB(A) - DIN 4109 Teil 10 (E) - kann nur in einem schalltechnisch ausgewogenem Gebäude erreicht werden. Es ist zur Sicherheit von Planern und Auszuführenden die Hinzuziehung eines Akustikers, gegen Abrechnung von Zusatzkosten, zu empfehlen. Der Auftraggeber oder Bauherr muss sich bei diesen erhöhten Anforderungen darüber im klaren sein, dass ein "Komfortschallschutz" nicht zum "Nulltarif" zu haben ist.

Tipp: Der Autor empfiehlt die Erstellung von Alternativangeboten mit Beschreibung der zu erbringenden Leistung und Angabe der Schallpegel. Auf dieser Basis kann eine Entscheidung des Bauherrn gefällt und die Vereinbarungen im Werkvertrag niedergeschrieben und bestätigt werden.

Bild 10: Definition der Planungsverantwortung - Installationssysteme im Zusammenspiel mit dem vorhandenen Gebäude.

Anforderung an die Ausführung auf der Baustelle

Sind die beschriebenen Entscheidungsstufen, Planungsansätze und detailierte Ausschreibung nach den vorgegebenen Kriterien durchgeführt worden, sind bei der Ausführung auf der Baustelle einige Grundregeln zu beachten.

Wo muss die Körperschallentkopplung beachtet und montiert werden? Es gilt der Leitsatz: Trennung der Geräuscherzeuger von den Bauteilen durch eine wirkungsvolle Körperschallentkopplung.

Das Wichtigste ist die Vermeidung von Körperschallbrücken, durch den Einsatz entsprechender Techniken und handelsüblicher Werkstoffe und Systeme. Des Weiteren müssen die Montageanleitungen und schalltechnischen Hinweise beachtet und in die Praxis umgesetzt werden. Es sollte an dieser Stelle der Hinweis erlaubt sein, dass Hersteller in die Haftung zu nehmen sind, wenn wichtige Ausführungshinweise in den für den Monteur verbindlichen Montageanleitungen fehlen, nicht verständlich dargestellt sind oder zu Marketingzwecken missbraucht werden. Die Bildsprache plus ein kurzer Text ist sicher ein geeignetes Instrument für eine praxissichere Montageanleitung. Begründung: Es ist keinem Monteur zuzumuten die Prüfzeugnisse zu lesen und zu interpretieren.

Bild 11: Installationsvarianten und -wände für Vor- und Inwandinstallationen.

Zusammenfassung

Der bauliche Schallschutz ist ein schwieriges Thema in der theoretischen Betrachtung und bei Auswahl der richtigen System- und Werkstoffkombinationen. Sobald die Zusammenhänge und gegenseitigen Mechanismen verstanden worden sind, kann die Planung und Ausführung ohne die zur Zeit in der Praxis üblichen "Bauchschmerzen" durchgeführt werden. Der wichtigste und grundlegende Baustein für den schalltechnischen Erfolg ist die Architektenplanung und deren Vorgaben. Stimmen diese mit den schalltechnischen Regelwerken im Grundriss und bei den Installationswänden überein, dann ist der haustechnische Planer in der Lage, eine schalltechnisch optimale Haustechnik/Installation zu konzipieren. Bei der Ausführung sehen in der obigen Darstellung die Dinge so einfach aus. Immer auf die Körperschallentkopplung achten und die vom Planer ausgeschriebenen Systeme und Systemkomponenten entsprechend den Montageanleitungen der Hersteller einbauen. Doch die Praxis sieht leider anders aus, denn ein Handwerker ist selten allein auf der Baustelle und viele Fragen bleiben unbeantwortet:

Wer koordiniert die Gewerkeschnittstellen?

Wer achtet auf die nachfolgenden Gewerke?

Bietet mir mein Hersteller eine optimale Beratung mit ausreichender Kompetenz?

Wurden die Prüfzeugnisse der Hersteller mit Praxisanforderungen geplant und durchgeführt?

Wird von den Vorgewerken das ausgeführt, was geplant ist?

Arbeiten meine Mitarbeiter zuverlässig?

Kenne ich alle aktuellen Normen und Regelwerke?

Auch beim Schallschutz gilt die Regel: Nur die übergreifende Kompetenz und das vorausschauende Handeln aller am Bauwerk Beteiligten in Planung und Ausführung kann zur Fehlerreduzierung und Optimierung des schalltechnischen Erfolges beitragen.

Bild 12: Einfluss der Sanitärgeräusche.

 

Betätigungs- geräusche

Nutzer- geräusche

Einlauf-/ Prall- geräusche

Ablauf- geräusche

WC

X
Start/stopp

+
WC-Deckel schlagen

+
Füllventil

++
Ausspülung

 

WT

X
Armatur

+
Zahnputz- becher

+

+
Ablauf

Urinal

X
Spülauslösung

++
Spureinlauf

+
Spülen

O

Bidet

O

O

O

+
Ablauf

Badewanne

X
Armatur

X
Rutschen in der Wanne

++
intensiver Wasserstrahl

+
Ablauf

Duschwanne

 

X

++
intensiver Wasserstrahl

+
Ablauf

Dusch- abtrennung

 

 

++
intensiver Wasserstrahl

 

Armaturen

++
Druckstöße bei Installations- fehlern

O

++
intensiver Wasserstrahl

 

Trinkwasser- zuführung

 

 

++
Wandscheiben
O
Rohrleitungen

 

Abwasser- führung

 

 

 

++
alle Umlenkungen

++ starker Einfluss auf Körperschallübertragung

+ Einfluss vorhanden

O Einfluss unbedeutend

X durch Norm nicht erfasst


*) Dipl.-Ing. Manfred Lippe, Consultant, 47809 Krefeld


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