IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 20/1999, Seite 102 f.


UNTERNEHMENSFÜHRUNG


Geldanlagen:

Drei Prozent im Monat

Michael Bandering

Wer heute Geld anlegen will, versucht verständlicherweise eine höchstmögliche Rendite für sein Erspartes zu erzielen. So freut sich jeder Anleger ganz besonders, überschreiten die Erträge das heutige Zinsniveau. Ein solches offenbar hochattraktives Angebot wird derzeit angeboten: Drei Prozent Anlagezinsen im Monat bei gleichzeitiger Absicherung des Kapitals durch eine Schweizer Bankbürgschaft. Wem will da das Herz nicht im Leibe springen? Doch nehmen wir die Offerte - wir nennen sie hier "Sparprogramm 2000" - einmal unter die Lupe.

Das Angebot...

Angepriesen wurde das Programm von einem Vertreter mit der gesetzlich nicht geschützten Berufsbezeichnung Finanzkaufmann. Er will einer Vermittlungsfirma - wir bezeichnen sie hier als "Vermittlungs-AG" - anlagebereite Kunden zuführen - gegen eine Abschlußprovision im Erfolgsfall versteht sich.

Die Aufgabe der Vermittlungs-AG beschränkt sich lediglich darauf, mit dem Anlagewilligen einen formularmäßigen "Geschäftsbesorgungsvertrag" abzuschließen, der sie beauftragt, einen deutschen Anwalt zum Abschluß eines Vermögensverwaltungsvertrages zu verpflichten - eine Tätigkeit, die diese freilich nicht unentgeltlich leisten wird. Aufgabe des Anwalts, der natürlich auch nicht umsonst arbeitet, ist es, die Gelder der Anleger zunächst zu sammeln und anschließend an einen Vermögensverwalter - angabegemäß eine Aktiengesellschaft in der Schweiz (genauere Angaben waren nicht erhältlich) - weiterzuleiten. Außerdem hat er mit dem Vermögensverwalter einen Vermögensverwaltungsvertrag abzuschließen. Dabei darf der Anwalt, der als Treuhänder fungieren soll, sogar im Namen des Geldgebers Verträge mit sich selbst abschließen sowie Untervollmachten erteilen.

Der ominöse Vermögensverwalter verspricht nun dem Anleger eine monatliche Rendite von drei Prozent auf das jeweilige Guthaben auf die Dauer von zwölf Jahren, d.h. mit Zins und Zinseszins eine Jahresverzinsung von nicht weniger als 42,58 %. Wie aber das Geld letztlich angelegt wird, bleibt freilich das Geheimnis des Vermögensverwalters.

Als besonderen Knüller bietet der Vermögensverwalter für den eingesetzten Betrag die Bürgschaft einer Schweizer Bank an, deren Namen er allerdings - zumindest zunächst - nicht preiszugeben bereit ist. Begünstigt aus der Bürgschaft ist jedoch nicht der Geldanleger sondern der Treuhänder. Der Anlagevertrag selbst ist auf zwölf Jahre ausgelegt; bei vorzeitiger Kündigung durch den Geldgeber wird diesem eine Gebühr von fünf Prozent des Eigenkapitals berechnet. Obgleich Geldanleger, Vermittlungs-AG wie Treuhänder ihren Sitz in Deutschland haben, wird für die Rechtsbeziehungen für den zwischen dem vom Treuhänder im Auftrag des Geldanlegers abzuschließenden Vertrag und dem geheimnisvollen Vermögensverwalter ausdrücklich schweizerisches und nicht deutsches Recht vereinbart.

. . . sollte man genau prüfen

Gerade bei Geldanlagen hat Vertrauen an erster Stelle zu stehen. Von der Vermittlungs-AG behauptete der Vertreter, sie würde der allseits bekannten Schufa zufolge alle ihre Rechnungen skontieren - sicherlich ein sehr positives Zeichen; auch würden laut Schufa keinerlei Kredite beansprucht. Peinlich ist nur, daß die Schufa überhaupt nicht imstande ist, verläßliche Daten über Skontierungsgepflogenheiten von Unternehmen zu sammeln - folglich derartige Auskünfte nie erteilt, ja erteilen kann.

Peinlich auch, daß entgegen der ausdrücklichen Behauptung des Vertreters Kredite in einer Größenordnung von einer oder zwei Millionen nicht registriert werden; obendrein konzentriert sich die Schufa auf Auskünfte über Privatpersonen und nicht über Aktiengesellschaften(!). Schließlich verwies der Vertreter auf den Reichtum zweier Brüder, die hinter der Vermittlungs-AG stünden. Abgesehen davon, daß das Privatvermögen der Aktionäre für die Verbindlichkeiten ihrer Aktiengesellschaft nicht haftet, berichtet ein seriöser Informationsdienst von "schlimmen Erwerbermodellen", die diese beiden Brüder bereits vertrieben hätten. Das Bild wird nur noch abgerundet, wenn der Vertreter den Namen des Vermögensverwalters im "Beratungs-" Gespräch keinesfalls preisgeben wollte.

Bei genauerer Betrachtung der angebotenen Bürgschaft drängen sich beachtliche Zweifel auf. So lautet sie einem vorgelegten Muster zufolge über Schweizerfranken, nicht über Deutsche Mark und bürdet damit dem Geldanleger immerhin auf zwölf Jahre das volle Währungskursrisiko auf. Die vom Vermögensverwalter mit der Tarnkappe zugesicherte "Garantie" wird natürlich durch die Bürgschaft nicht abgedeckt; es bleibt dem Leser überlassen, den Wert einer solchen Garantie zu beurteilen.

Zu alledem gesellen sich noch praktische Probleme dazu: Laut Vertreter sammelt der Treuhänder die Kundengelder und überweist sie - sobald etwa 200.000 Mark beisammen sind - in die Schweiz; die Bürgschaft, die er anschließend erhält, weist den Treuhänder als Begünstigten aus. Zwischen Anschaffung durch den Anleger und Bürgschaftsübernahme können laut Vertreter durchaus an die zwei (nicht bürgschaftsgesicherte!) Monate liegen. Der Anleger selbst kann den Bürgen im Ernstfalle nicht in Anspruch nehmen; er hat sich hierzu an den Treuhänder zu wenden. Dieser aber hat binnen vier Wochen nach Bürgschaftsfälligkeit tätig zu werden; übersieht er die Frist, wird der Bürge aus seiner Verpflichtung frei. Und wenn die Bürgschaftsinanspruchnahme aus welchen Gründen auch immer versäumt wird? Im übrigen zahlt der Bürge lediglich den ursprünglich eingesetzten Betrag, und auch nach zwölf Jahren keinen Rappen der "garantierten" Rendite.

Der Vermögensverwalter stellt dem Treuhänder monatlich "Kontoauszüge (mit der Ertragsabrechnung (zur) Renditekontrolle" zur Verfügung, die der Treuhänder über die Vermittlungs-AG dem Geldanleger zur Verfügung stellt - Bargeld fließt damit freilich noch nicht.

Der Vermögensverwalter muß im übrigen ein Genie sein; denn er hat nicht nur die versprochenen 42,58 % jährlich für den Anleger zu erwirtschaften sondern darüber hinaus noch Vergütungen für Treuhänder, Vermittlungs-AG und sich selbst. Und wie er diese Ergebnisse erzielen will, bleibt sein Geheimnis. So muß man denn auch über die Utopie derartiger exorbitanter Renditen - noch dazu auf zwölf Jahre - den Kopf schütteln. Die vorsichtige Frage des Autors an den Vertreter, eine Beteiligung kleiner und kleinster Sparer an solchen Gewinnen durch den Vermögensverwalter käme einem karitativen Verhalten gleich, erwiderte der Befragte, die Geldanlage erfreue die Initiatoren schon aufgrund des Machtrausches "Machtrausch großer Zahlen" - doch das darf man ihm sogar glauben.

So erscheint es nicht mehr so wesentlich, wenn dem Vertreter zufolge deutsches und schweizerisches Recht im wesentlichen deckungsgleich sei (trifft nicht zu), oder er selbst habe einen Betrag in sechsstelliger Höhe in das "Sparprogramm 2000" investiert (was er durch kurzes Vorzeigen einer Fotokopie beweisen wollte). Im übrigen blieb er ein Muster eines Vermögensverwaltungsvertrages schuldig, das er seinem Gesprächspartner versprochen hatte - offensichtlich bekam er im Laufe der Unterredung kalte Füße...

Attraktiv verpackt

Zugegeben: Das Angebot war verkaufstaktisch gut verpackt, und ein oberflächlicher Interessent könnte es als solide empfinden, war doch der Vertreter gleichzeitig Bezirksleiter einer namhaften Bausparkasse. Als wir uns wegen einiger zusätzlicher Informationen jedoch an diese wandten, schrieb man nach zwei Wochen: "Herr... ist seit kurzem nicht mehr Mitarbeiter unseres Außendienstes. Das Ihnen zugesandte Angebot hat mit unserem Hause nichts zu tun." Man hat also die einzig richtige Konsequenz gezogen; das "Sparprogramm 2000" selbst aber dürfte auch heute noch angeboten werden, oder man vertreibt es bereits unter einem neuen Firmenschild - vielleicht in modifizierter Form?

Sich vor Anlagehaien schützen

Wer strebt nicht nach hohen Renditen für seine Geldanlagen? Das wissen zwielichtige Existenzen zu nutzen, und so setzen heute Kapitalanleger jährlich schätzungsweise 40 Mrd. DM in den Sand. Wollen Sie nicht auch dabei sein, sollten Sie beherzigen:

1. Merklich über den marktüblichen Erträgen liegende Renditeangebote enttarnen meist ein unsolides Angebot.

2. Clevere Anlagehaie ködern oft mit Sofortauszahlung hoher Zinsen für kleinere "Testanlagen" in der Erwartung, daß nach zwei oder drei tatsächlichen Ausschüttungen der arglos gewordene Anleger zu größeren Investitionen bereit ist.

3. Bedenken Sie: Als Laie können Sie die Echtheit etwa angebotener "Bankgarantien" nicht überprüfen, und eine "Garantie" des Anbieters für den versprochenen Erfolg ist rechtlich (und damit auch wirtschaftlich) nicht möglich (!).

4. Ein häufiges Anlage"argument": Anlage von Schwarzgeldern. So vermeidet man Strafanzeigen eines geprellten Steuerhinterziehers, der gegen einen Anlagehai wegen Betruges vorgehen will, sich aber dadurch beim Finanzamt selbst denunzieren würde.

5. Hohe Renditen, die mit günstigeren Steuern als in Deutschland "begründet" werden: Damit pflegt man den Steuerlaien hinter’s Licht zu führen.

6. Verfallen Sie nicht in Geldgier, die kritische Denkfähigkeit abwürgt und sich als die beste Verbündete von Anlagebetrügern erwiesen hat.


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