IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 19/1999, Seite 79 f.


RECHT-ECK


Verkürzte Verjährungsfrist nach §13 Nr. 4 Abs. 2 VOB/B

Die verkürzte Verjährung für maschinelle und elektrotechnische/elektronische Anlagen bzw. Teile solcher Anlagen

RA Friedrich-W. Stohlmann Teil 1

Bekanntlich hat der Verdingungsausschuß 1996 § 13 Nr. 4 VOB/B geändert. Der neu eingeführte Absatz 2 verkürzt unter bestimmten Voraussetzungen die Verjährungsfrist für Bauleistungen bei maschinellen und elektrotechnischen/elektronischen Anlagen oder Teilen davon auf ein Jahr. Diese Neuregelung ist aus Sicht der Leistungserbringer sicherlich zu begrüßen, weil sie der sehr viel höheren Mangelanfälligkeit der maschinellen und elektrotechnischen/elektronischen Anlagen im Verhältnis zu gewöhnlichen Bauleistungen angemessen Rechnung trägt. Die Neufassung wirft aber verschiedene Fragen auf, die hier behandelt werden sollen.

Die Verjährungsregelung der alten Fassung des § 13 Nr. 4 VOB/B

In der ursprünglichen Fassung des § 13 Nr. 4 gab es keine gesonderte Verjährungsregelung für maschinelle und elektrotechnische/elektronische Anlagen oder Teile davon. Vielmehr trennte die alte Fassung grundsätzlich nur zwischen Verjährungsfristen für Bauwerke und Holzerkrankungen (zwei Jahre) und für Arbeiten an einem Grundstück sowie für die vom Feuer berührten Teile von Feuerungsanlagen (ein Jahr). Erfolgte danach der Einbau der jetzt neu geregelten maschinellen und elektrotechnischen/elektronischen Anlagen zur Herstellung der Funktionstauglichkeit eines Bauwerkes, unterfielen diese Arbeiten als Bauleistungen der Regelverjährung von zwei Jahren. Etwas anderes galt immerhin, wenn diese Anlagenteile in ein bestehendes voll funktionsfähiges Gebäude (nachträglich) eingebaut wurden. Hier kam abhängig vom Schwerpunkt des Vertrages zumeist Kaufrecht zur Anwendung mit der Folge, daß eine Verjährung etwaiger Mängel bereits nach 6 Monaten eintrat. Das Kernproblem der Altregelung lag darin, daß maschinelle und/oder elektrotechnische/elektronische Anlagen oder Teile davon in der Regel Verschleißteile sind. Einige dieser Verschleißteile weisen nicht einmal annähernd eine Lebensdauer der nach § 13 Nr. 4 VOB/B alter Fassung ursprünglich geltenden Regelgewährleistung von zwei Jahren auf. Insoweit stellte sich schon bei der Altregelung die Frage, ob die Verjährungsfrist von zwei Jahren bei diesen Anlagenteilen überhaupt gerechtfertigt war. Hier käme immerhin in Betracht, die Gewährleistungsfrist von der Natur der Sache her auf die natürliche Lebensdauer dieser Anlagenteile zu verkürzen. Der Streitpunkt ging in der Regel dahin, ob zum Zeitpunkt der Abnahme eine vertragsgerechte Leistung vorlag und ob es sich tatsächlich um einen normalen Verschleiß handelte, der zu dem Mangel führte.

Viele Gerichte haben die Meinung vertreten, daß selbstverständlich der natürliche Verschleiß nicht zu Lasten des Unternehmers gehen kann, es sei denn, der Unternehmer habe eine Funktionsgarantie für einen bestimmten Zeitraum, z.B. für zwei Jahre, ausdrücklich und gesondert abgegeben. Auch wurde häufig darüber gestritten, ob die mangelhafte Wartung als typische Schadensursache derartiger Verschleißteile in Betracht komme. Bei einem Schaden in der Gewährleistungsfrist kam regelmäßig der Streit auf, ob es sich bei dem Schaden um einen Herstellungsmangel handelte, der zur Haftung des Unternehmers führte, oder ob die Schadensursache eine zu Lasten des Auftraggebers gehende unzureichende Wartung war. Dabei liegt auf der Hand, daß vor allem derartige Streitfragen gegen Ende der zweijährigen Gewährleistungsfrist auftraten. Dies wiederum beruht auf der Eigenart der Verschleißteile, bei denen der Zeitablauf die Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintrittes erheblich erhöht. Offensichtlich wird etwa ein Schaden mit den damit verbundenen Auseinandersetzungen zwischen den Bauvertragsparteien eher 20 Monate nach Einbau/Abnahme der Werkleistung auftreten, als etwa nach 8 Monaten. Ein weiteres kam oft hinzu:

In vielen Verträgen erhöhten die Parteien die normale Gewährleistung für Bauwerkleistungen auf die nach § 638 BGB vorgesehene Frist von fünf Jahren. Von dieser meist routinemäßigen Verlängerung wurden selbstverständlich, ohne daß die Parteien hieran unbedingt dachten, auch die maschinellen und elektrotechnischen/elektronischen Anlagen (Teile) erfaßt. Somit verschärfte diese Verlängerung die oben beschriebene Problematik des Auseinanderklaffens von (verlängerter) Gewährleistungsfrist und natürlicher Lebensdauer eines Anlagenteils einschließlich der damit verbundenen Darlegungs- und Beweislastschwierigkeiten zu Lasten des Auftragnehmers.

Die Neuregelung des § 13 Nr. 4 Abs. 2 VOB/B

Zumindest für die maschinellen und elektrotechnischen/elektronischen Anlagen (Teile) wurde mit § 13 Nr. 4 Abs. 2 VOB/B den vorstehenden Problemen der Vertragspraxis und -abwicklung zum Teil Rechnung getragen. Bei diesen Anlagenteilen verkürzt sich die Gewährleistungsfrist abweichend von § 13 Nr. 4 Abs. 1 VOB/B auf ein Jahr, wenn die folgenden Voraussetzungen vorliegen:

(1) Erfaßt von der Neuregelung werden ausschließlich maschinelle und elektrotechnische/elektronische Anlagen und Teile davon.

(2) Der Auftraggeber muß sich dafür entschieden haben, dem Auftragnehmer die Wartung für die Dauer der Verjährungsfrist nicht zu übertragen.

(3) Die Wartung muß Einfluß auf die Sicherheit und Funktionsfähigkeit dieser Anlagenteile haben.

Nichtübertragung der Wartung

Die oben genannte Voraussetzung für die Verkürzung der Gewährleistungsfrist auf ein Jahr wird negativ umschrieben: Der Auftraggeber muß sich dafür entschieden haben, dem Auftragnehmer die Wartung für die Dauer der Verjährungsfrist "nicht" zu übertragen. Hieran schließen sich verschiedene Fragen an:

Umkehrschluß

Vermeintlich einfach erscheint der Umkehrschluß: Wurde ein Wartungsvertrag für die Dauer der Gewährleistung geschlossen, führt dies automatisch zu der in § 13 Nr. 4 Abs. 1 VOB/B vorgesehenen Regelverjährung von zwei Jahren, soweit nichts anderes vereinbart ist. Vor allem bei dieser Tatbestandsvoraussetzung wird der eigentliche Zweck der Neuregelung offenbar: Bei den aufgrund hoher Wartungserfordernisse sehr mangelanfälligen maschinellen und elektrotechnischen/elektronischen Anlagen (Teilen) soll der Auftragnehmer wenigstens — gegen Zahlung einer zusätzlichen Vergütung — nur dann zwei Jahre in der Gewährleistung stehen, wenn er während dieser Zeit auch Einfluß auf eine Hauptmangelursache, nämlich die Wartung, nehmen kann. Kommt es innerhalb der dann verlängerten Gewährleistungsfrist zu einem Schaden, wird er sich im Gegenzug zumindest nicht mehr mit dem Argument von einer Haftung befreien können, daß ein Wartungsfehler vorliege — auch wenn es aus der Sicht beider Parteien im Schadensfall trotz dieses abgeschnittenen Moments gleichwohl häufig auf die genaue Schadensursache (Wartungsmangel oder Herstellerfehler) ankommen wird. Wird ihm demgegenüber die Wartung nicht übertragen, verkürzt sich die Verjährung auf ein Jahr.

In diesem Falle verbleibt es zwar bei dem grundsätzlichen Konflikt Herstellungs-/Wartungsfehler. Die Wahrscheinlichkeit jedoch, daß dieser Konflikt zum Tragen kommt, ist aufgrund der verkürzten Verjährungsfrist deutlich geringer.

Beauftragung Dritter mit der Wartung

Nach dem vermeintlich gleichen Wortlaut des § 13 Nr. 4 Abs. 2 VOB/B neuer Fassung soll es für die Verkürzung der Gewährleistung darauf ankommen, daß der Auftraggeber sich entschieden hat, dem Auftragnehmer nicht die Wartung zu übertragen. Wie jedoch ist zu verfahren, wenn nicht der die Bauleistung ausführende Vertragspartner des Auftraggebers, sondern ein Dritter mit der Wartung beauftragt wird. Nicht gemeint ist damit der Fall, daß ein Subunternehmer des Auftragnehmers tätig wird. Ist der Subunternehmereinsatz nach § 4 Nr. 8 Abs. 1 VOB/B erlaubt, spielt es aus Sicht des Auftraggebers keine Rolle, ob die zusätzlich beauftragte Wartung durch den Auftragnehmer direkt oder durch dessen Subunternehmer erbracht wird. In dem einen wie auch dem anderen Fall kommt es zu keiner Verkürzung der Gewährleistung nach § 13 Nr. 4 Abs. 2 VOB/B. Viel schwieriger ist die Frage zu lösen, wenn ein Dritter die Wartung ausführt und zwar durch einen direkten Wartungsauftrag des Bauherrn (Auftraggebers). Hier wird es entscheidend darauf ankommen, ob dieser Dritte mit oder ohne Zustimmung des Auftragnehmers mit der Wartung beauftragt wurde. Wurde der Dritte vom Auftraggeber ohne Zustimmung beauftragt, verbleibt es bei der jetzt im § 13 Nr. 4 Abs. 2 VOB/B eingeführten verkürzten Verjährung. Aus der Sicht des Auftragnehmers ist es völlig unbeachtlich, ob der Auftraggeber selbst oder ein von ihm eingeschalteter Dritter die Wartung durchführt. Solange dem Auftragnehmer kein Einfluß auf die Wartung eingeräumt wird, kommt er aufgrund seiner fehlenden Einflußmöglichkeit (richtige Wartung!) wenigstens in den Genuß der verkürzten Gewährleistung.

Etwas anderes gilt allerdings, wenn der Drittunternehmer mit Einverständnis gegebenenfalls auf ausdrücklichen Wunsch des Auftragnehmers mit der Wartung betraut wird. Zu denken ist etwa an den Fall, daß der Auftragnehmer aufgrund der eigenen Betriebsorganisation überhaupt keine Wartungsarbeiten erbringen kann, sondern hierfür eine eigene Tochtergesellschaft vorhält.

Insoweit ist schlichtweg kein Grund ersichtlich, wieso — zugunsten des Auftraggebers — in ergänzender Auslegung des § 13 Nr. 4 Abs. 2 VOB/B nicht eine Verlängerung der Gewährleistungsfrist auf die Regelverjährung gerechtfertigt sein soll. Dasselbe gilt, wenn nicht eine Tochtergesellschaft, sondern ein externer Dritter im Einverständnis mit dem Auftragnehmer mit der Wartung beauftragt wird. Dem Auftraggeber wird eine hierdurch erzielbare Verlängerung der Gewährleistung nur recht sein; der Auftragnehmer hingegen ist hinreichend geschützt, da er der externen Vergabe nicht zustimmen muß. (Fortsetzung folgt)


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