IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 19/1999, Seite 56 f.
HEIZUNGSTECHNIK/REGELWERK
Referentenentwurf zur EnEV vorgelegt
Mit Datum vom 28. Juni 1999 haben das Bundesministerium für Wirtschaft und das Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen einen Referentenentwurf "Verordnung über energiesparenden Wärmeschutz und energiesparende Anlagentechnik bei Gebäuden (Energieeinsparverordnung EnEV) mit Begründung, einen Kurzbericht zum Entwurf DIN 4701-10 "Energetische Bewertung heiz- und raumlufttechnischer Anlagen Heizen, Warmwasser, Lüften" sowie Erläuterungen zum Entwurf der DIN V 4108-6 vorgelegt.*
Wesentliche Elemente des Verordnungsentwurfes sind die Zusammenfassung und Fortschreibung der bisherigen Wärmeschutzverordnung und der Heizungsanlagen-Verordnung. Dabei werden künftig Gebäudehülle und Anlagenbereiche zusammen betrachtet. Damit ist die Hoffnung verknüpft, daß auch die im Heizungsbereich vorhandenen Verbrauchsminderungspotentiale besser ausgeschöpft werden.
Für Neubauten mit normalen Innentemperaturen wird der Heizenergiebedarf (nunmehr Hauptanforderungskriterium) gegenüber dem bisherigen Niveau um rund 30% abgesenkt. Für Gebäude, deren Energiebedarf überwiegend durch Nutzung erneuerbarer Energien, aus Kraft-Wärme-Kopplung oder mittels elektrischer Speicherheizung gedeckt wird, sind besondere Regelungen vorgesehen, die den gegenüber den Regelfällen Gas- und Ölheizungen abweichenden Sachverhalten (wesentliche Umwandlungs- und Verteilverluste treten außerhalb der Gebäude auf) Rechnung tragen sollen. Elektrische Direktheizungen dagegen sollen allgemeinen Anforderungen unterliegen und werden daher wirtschaftlich praktisch nicht mehr realisierbar sein, da sie wie Öl- und Gasheizungen der Begrenzung des Primärenergiebedarfes unterliegen!
Als Erleichterung für kleinere Wohngebäude mit nicht mehr als 2 Vollgeschossen oder 3 Wohnungen sowie einem Fensterflächenanteil von 15% bis einschl. 30% ist ein vereinfachtes Anforderungs- und Nachweisverfahren vergleichbar dem bisherigen Bauteilverfahren der Wärmeschutzverordnung auf Anforderung einiger Bundesländer enthalten.
Für den Gebäudebestand wird das Instrument der "bedingten Anforderungen", d.h. soweit ohnehin modernisiert oder instandgesetzt wird, erweitert und an den Stand der Technik angepaßt.
Neu eingeführt werden insbesondere erstmals Nachrüstverpflichtungen. Im wesentlichen handelt es sich dabei um die nachträgliche Dämmung oberster Geschoßdecken sowie Kellerdecken, insbesondere aber auch um die Austauschverpflichtung der vor 1978 eingebauten und heute in der Regel energetisch unzulänglichen Wärmeerzeuger. Weiterhin werden Ausweise über Energie- und Wärmebedarf sowie Energieverbrauchszahlen angesprochen.
Noch im Herbst 1999 soll ein Kabinettsbeschluß herbeigeführt und die Verordnung an den Bundesrat weitergeleitet werden. Im Anschluß daran sollen die Bundesratsausschüsse und das Bundesratsplenum beraten, so daß die Notifizierung bei der EU ebenfalls noch 1999 erfolgen kann. Im Anschluß an die 3- bis 6monatige Stillhaltefrist während der Prüfung durch die Europäische Kommission und die Mitgliedstaaten wird gegebenenfalls ein zweiter Kabinettsbeschluß bzw. die Verkündung der Verordnung im Jahr 2000 erwartet.
Wenn auch urlaubsbedingt eine Analyse des vorgelegten Referentenentwurfes noch nicht abgeschlossen werden konnte, zeichnen sich folgende Auswirkungen klar ab:
- Die Begrenzung des Jahresheizwärmebedarfs auf 92% des jeweiligen Höchstwertes des Heizenergiebedarfs wird damit begründet, daß der bisher erreichte Wärmedämmstandard entsprechend der geltenden Wärmeschutzverordnung nicht unterschritten werden soll. Der Jahresheizwärmebedarf beinhaltet neben dem Transmissionswärmeverlust Lüftungswärmeverluste sowie solare und innere Wärmegewinne. Lüftungswärmeverluste sowie solare und innere Wärmegewinne werden in hohem Maße durch gebäudetechnische Anlagen und Regeleinrichtungen im Zusammenspiel mit dem Nutzerverhalten beeinflußt. Bei der Bezugnahme des Wärmeschutzes auf den Jahresheizwärmebedarf werden anlagen- und regelungstechnische Maßnahmen mit Ausnahme der Lüftungstechnik nicht ausreichend berücksichtigt. Derzeit dem Stand der Technik entsprechende anlagen- und regelungstechnische Lösungen realisieren Heizenergie-Einsparungen, die weit über das hinausgehen, was die Verordnung als Kompensation baulicher Maßnahmen zur Verrechnung zuläßt. Die Begrenzung des Heizwärmebedarfs torpediert die Bemühungen um die Nutzung der anlagentechnischen Einsparpotentiale. Der vorliegende Referentenentwurf orientiert die Bemühungen um Energieeinsparung nicht durchgehend am Primärenergiebedarf.
- Der Referentenentwurf begünstigt die dezentrale elektrische Warmwasserbereitung.
- Die Regelungen des Referentenentwurfes sind insgesamt sehr kompliziert und erfordern in der Bearbeitung einen hohen Zeitaufwand. Waren nach einer Stichprobenuntersuchung zur Erstellung der Wärmeschutznachweise gem. gültiger Wärmeschutzverordnung schon 80% der Nachweise fehlerbehaftet, so dürfte sich dieser Prozentsatz bei einer Energieeinsparverordnung gem. dem vorliegenden Referentenentwurf noch deutlich erhöhen. Ist eine solche Entwicklung erstrebenswert oder sollte das Augenmerk bei der anstehenden Novellierung nicht viel mehr auf eine insgesamte Vereinfachung des Nachweisverfahrens gerichtet sein?
Q u e l l e : Info-Schrift Nr. 8 der Gesellschaft zur Förderung der Heizungs- und Klimatechnik GmbH
*) Ein Referentenentwurf gilt als die erste offizielle, schriftliche Ausarbeitung in Ministerien, wenn neue Gesetze oder Verordnungen verabschiedet werden sollen. [Anm. d. Redaktion]
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