IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 19/1999, Seite 19 f.


VERBÄNDE AKTUELL 


Nordrhein-Westfalen


Marketingtagung 1999

Wer heute einen Handwerksbetrieb sicher durch das Fahrwasser der schwankenden Konjunktur steuern will, muß ein guter Navigator sein: Die "Fahrrinne" wird angesichts sinkender Nachfrage immer enger, erklärte Hauptgeschäftsführer Dr. Hans-Georg Geißdörfer auf der Marketingtagung des Fachverbandes Nordrhein-Westfalen vor 180 Teilnehmern.

Erfolg habe nur derjenige, welcher den Markt durchschaut, Chancen frühzeitig erkennt und geschickt nutzt. Und das sei für die SHK-Betriebe nicht immer leicht, ergänzte Geißdörfer. Im Gegensatz zu Chefs größerer Firmen haben sie meist keinen Mitarbeiterstab zur Seite, der sich gezielt um den Absatzbereich kümmert, Werbekampagnen erarbeitet oder Marktnischen erkundet.

Um den Fachbetrieben des SHK-Handwerks die Orientierung im Markt zu erleichtern, habe sich der Fachverband entschlossen, von nun an jährlich einen Marketingtag durchzuführen, sozusagen als praktischer Leitfaden für den betrieblichen Alltag in den Firmen.

Geißdörfer zitierte den japanischen Unternehmensberater Minoro Tominaga, der unlängst sagte: "Inkompetenz, Desorganisation, Bequemlichkeit und Unfreundlichkeit sind längst Teil der deutschen Kundenkultur." Die Gespräche in den Unternehmen verliefen nach Aussage von Tominaga in der Regel immer nach dem gleichen Schema. Man höre ihm interessiert zu, nicke zustimmend und dann kommt der Satz: AGABU. AGABU steht für: "Alles ganz anders bei uns". Jeder behaupte, so Tominaga, die große Ausnahme von der Regel zu sein, aber er habe bisher noch jedem beweisen können, daß er sich irre.

Dr. Geißdörfer lud zur Lese-Lektüre "Die kundenfeindliche Gesellschaft", von Minoro Tominaga, ein.

Marketing im Handwerk — Situation, Probleme und Chancen

Die Referentin Prof. Dr. Susanne Stark wies anhand von Untersuchungen nach, daß für viele Unternehmen das Wort Marketing noch heute ein Fremdwort darstelle. Die Ergebnisse einer Marketingstudie für das Elektro-Handwerk Nordrhein-Westfalen sind ernüchternd:

Als Ergebnis, so Stark, müsse man festhalten:

Erforderlich seien Konzepte für die Firmen, aber insbesondere auch eine Änderung der Denkweise. Und für das Ersetzen von alten Denkstrukturen durch neue, sind allein die Handwerksunternehmer als oberste Führungskräfte in den Unternehmen verantwortlich, ergänzte Frau Stark.

12 einfache Marketinggrundsätze . . .

gab die Referentin den Teilnehmern auf den Weg:

Marketingregel Nummer 1:

Lernen Sie Ihren Kunden kennen. Basis des Geschäfts ist eine "intelligente" Kundenkartei, die nicht nur Name und Adresse, sondern jede nur mögliche Information (z.B. Aufgeschlossenheit gegenüber Erweiterungsinstallationen) enthält und ständig aktualisiert wird. Befragen Sie Ihre Kunden nach Ihrer Zufriedenheit mit dem Betrieb.

Marketingregel Nummer 2:

Definieren Sie Ihre Zielgruppen. Die Kundschaft besteht aus vielen Individuen, die sich in verschiedenen Gruppen mit gleichen oder ähnlichen Ansprüchen zusammenfassen lassen. So können Maßnahmen gebündelt werden.

Marketingregel Nummer 3:

Unterscheiden Sie A-, B- und C-Kunden. Die Betriebsleitung weiß, welche Kunden welchen Umsatz und welchen Gewinn bringen.

Marketingregel Nummer 4:

Lernen Sie Ihre Konkurrenz kennen. Die Konkurrenz ist nicht nur dem Namen nach bekannt, sondern auch mit ihren besonderen Leistungen, ihrem Preisniveau, ihren Stärken und Schwächen.

Marketingregel Nummer 5:

Erstellen Sie einen strategischen Geschäftsplan. Der Geschäftsplan enthält klare Zielvorgaben für das nächste Geschäftsjahr und grobe Zielrichtungen für weitere Jahre sowie Maßnahmen, mit denen die Ziele erreicht werden können (Hausmesse, Werbung).

Marketingregel Nummer 6:

Richten Sie Ihr Angebot am Markt aus. Kundenbedürfnisse sind Richtschnur für die Angebotserstellung.

Marketingregel Nummer 7:

Beziehen Sie Ihre Mitarbeiter mit ein. Ein wichtiges Betriebskapital sind die Mitarbeiter. Sie sollten über die Lage und Ziele des Betriebes informiert sein.

Marketingregel Nummer 8:

Aktualisieren Sie Ihr Angebot ständig, z.B. durch Ausweitung des Sortiments. Der Markt ist niemals statisch, sondern immer in Bewegung. Dies führt zu wechselnden Anforderungen.

Marketingregel Nummer 9:

Differenzieren Sie Ihr Angebot und Ihre Preise. Individuelle Kundenbedürfnisse und Marktsituationen erfordern differenzierte Angebote.

Marketingregel Nummer 10:

Überprüfen Sie ständig Ihr Vertriebsnetz. Es muß für den Kunden einfach sein, den Betrieb zu erreichen (z.B. über eine Hotline), und die Leistung muß schnell beim Kunden sein.

Marketingregel Nummer 11:

Betreiben Sie konsequente Kommunikation, z.B. durch Werbeauftritte. Nur was der Kunde kennt, kann er nachfragen. Bekanntheit des Betriebes und seiner Angebote sind erste Voraussetzung für den Verkauf.

Marketingregel Nummer 12:

Sorgen Sie für durchgängige Werbung und Außengestaltung des Betriebes. Kommunikation lebt von Kontinuität. Lieber weniger, aber dafür regelmäßig und schlagkräftig werben. Beziehen Sie den Hersteller mit ein. Eine starke Marke unterstützt Ihre Marketingaktivitäten.

Erstellung und Umsetzung einer Marketingkonzeption "New Marketing"

Dr. Erich Küthe, Akademischer Rat am Produktseminar der Universität Köln, mit seinem Forschungsschwerpunkt: Kreatives Marketing und Designmarketing, ist in der Sanitärbranche kein Unbekannter. Aufgrund seiner wissenschaftlichen Zusammenarbeit, u.a. mit den Unternehmen Grohe, Daumbracht, Keramag, Laufen, besitzt er ein großes Wissen auf dem Fachgebiet der "Erstellung und Umsetzung einer Marketingkonzeption".

Prof. Küthe sieht in solchen "Sanitär Spezial" Broschüren die Herausforderung an das Handwerk.

New-Marketing als Konzept

Wir leben heute in einer Gesellschaft, die als Überdruß-Gesellschaft bezeichnet wird, so Küthe: Zu viele Produkte, zu viel Konkurrenz, zu viel Kommunikation. Es werde für den Mittelständler fast unmöglich, noch eigenständige Marktforschung zu betreiben; auch signifikante Trendforschung sei fast nicht mehr allein durchzuführen. Sein Tip: Der Handwerksunternehmer möge sich auf die eigenen Stärken beschränken und eigene Tugenden in den Mittelpunkt des Marketings stellen. Die Faktoren Gleichzeitigkeit, Flexibilität und Langfristigkeit sind die Kennzeichen des New-Marketing.

Theorie in die Praxis umgesetzt! Den Beweis lieferte Margit Pagany, Fa. Pagany.

Am Beginn einer jeden Marketingkonzeption stehe die Vision. Man verstehe darunter eine bildhafte Vorstellung mit Zukunftsbezug. Collagen, keine Beschreibungen, versuchen die Trends zu belegen.

New-Marketing: zyklusorientierte Strukturen

Damit die Zukunft Gestalt annehme, benötige man eine "treibende Kraft", eine innere Überzeugung von der Richtigkeit der zu gestaltenden Zukunft: Die Mission. Damit die beiden sehr formalen Visionen und die eher emotionalen Missionen nicht aus dem Ruder laufen, müsse eine bindende Kraft her: Die Firmenphilosophie. Hier werde schriftlich festgelegt, wie die Aktivitäten ausgeführt werden. Allen kaufmännisch erreichbaren Personen werde diese Magna-Carta des Unternehmens zugänglich gemacht.

Ein Vortrag über "Unternehmerenergie und Marketing im Handwerk in der Zukunft" rundeten die Referate auf der Marketingtagung 1999 ab.


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