14/15/1999, Seite 35 ff.


SANITÄRTECHNIK


Warmwasserversorgung

Bestimmung von Speichergröße und Heizleistung zur Bereitstellung von Trinkwarmwasser nach dem Summenlinienverfahren

Kurt Pfeil* · Teil 4

Berechnungsbeispiele zum Summenlinienverfahren

Berechnungsbeispiel 4

Durch Messungen ist der Wärmeverbrauch für die Warmwasserversorgung eines Krankenhaus-Bettentraktes mit 250 Betten ermittelt worden. In Bild 29 ist der Wärmeverbrauch sowohl im Balkendiagramm, als auch in der Summenliniendarstellung abgebildet. Nach dem Summenlinienverfahren soll eine Speicheranlage ausgelegt werden.

Die örtlichen Verhältnisse geben in der Regel einige Bedingungen vor. Daher müssen wir für das folgende Beispiel Annahmen treffen:

Bild 29: Wärmeverbrauch für die Warmwasserversorgung eines Krankenhaus-Bettentraktes mit 250 Betten.

Nehmen wir an, die Kesselanlage ist im Winter derart ausgelastet, daß für die Warmwasseraufheizung nur die Zeit von 8 Stunden während der Nachtabsenkung zur Verfügung ständen; d.h. zwischen 6.00 Uhr und 22.00 Uhr würde keine Wärme für die Trinkwarmwasserbereitung zur Verfügung stehen. Nach dem Wärmebedarfsprofil wird für die Warmwasserbereitung 425 kWh an Wärmeenergie benötigt. Wenn der Kessel in der Nacht ununterbrochen in Betrieb bleibt, muß er für die Warmwasserversorgung eine Dauer-Mehrleistung von mindestens 425 kWh/ 8 h = 53,125 kW aufbringen. Im Wärmeschaubild (Bild 30) stellt sich das folgendermaßen dar: ab 22.00 Uhr wird die Heizlinie (Kesselmehrleistung) gezeichnet, die bis 24.00 Uhr eine Wärmemenge von 526,25 - 420 = 106,25 kWh erzielt. Von 22.00 Uhr bis 24.00 Uhr werden 5 kWh verbraucht, so daß eine Überhangwärme von 101,25 kWh verbleibt. Diese Wärmemenge wird auf den nächsten Tag um 0.00 Uhr übertragen. Die Heizlinie setzt sich fort bis 6.00 Uhr. Der Schnittpunkt von Heiz- und 6.00 Uhr-Linie bestimmt die Speicherkapazität von C = 425 - 20 - 5 = 400 kWh und den Verlauf der "Aus"-Kapazitätshilfslinie. Für die Auslegung des Speichervolumens sollen folgende Angaben vorgegeben werden:

Bild 30: Auslegung eines Speichers für den nur Restwärme der Nachtabsenkung zur Verfügung steht.

Verdrängungsspeicher mit guter Schichtung

"Ein"-Thermostat ganz unten

"Aus"-Thermostat ganz oben

Kaltwassertemperatur = 10°C

Speichertemperatur = 60°C

Speicherwirkungsgrad = 0,9

Nutzungsbeiwert = 1

VS = 7,6 m3

Berechnungsbeispiel 5

Für ein Hotel an der Mittelmeerküste für 300 Gäste soll eine neue Trinkwarmwasser-Versorgungsanlage erstellt werden. Da die Leistung des örtlichen Gasversorgungsnetzes sehr schwach ist, wurde die Forderung gestellt, die Kesselleistung so klein wie möglich zu planen. Die typische Warmwasserverbrauchskurve für Hotels soll aus Bild 18 entnommen werden. Es wird angenommen, daß jeder Gast zweimal am Tag duscht und dabei 70 Liter Wasser mit einer Temperatur von 40°C verbraucht.

Aufgabenlösung von Berechnungsbeispiel 5 nach dem Summenlinienverfahren

1. Schritt

Zeichnerische Darstellung der typischen Verbrauchsganglinie nach Bild 18 Kurve F mit dem berechneten Wärmebedarf von 490 kWh (Bild 31)

2. Schritt

Bestimmung der Heizlinie
Wegen der geforderten kleinstmöglichen Heizleistung muß die Heizlinie - ohne Unterbrechung - mit einer möglichst kleinen Steigung, unseren Regeln entsprechend, über der Wärmeverbrauchs-Ganglinie gezeichnet werden. Sollten sich Heizlinie und Bedarfsprofil berühren, z.B. an einem der oberen Wendepunkte des Bedarfsprofiles - bei Punkt A -, so bedeutet dies, daß der Speicher an der Berührungsstelle - wenn auch nur für einen kurzen Augenblick - total entladen wäre. Die Heizlinie sollte daher mit einigem Abstand über der möglichen Berührungsstelle gezeichnet werden. Ferner ist zu beachten, daß die Überhangwärme Q24 mit der Wärmemenge Qo des darauffolgenden Tages identisch sein muß. Bei einem ununterbrochenem Heizungsbetrieb, bei dem Qo und Q24 gleich groß sein müssen, läßt sich die Kesselleistung sowohl zeichnerisch, als auch sehr einfach rechnerisch bestimmen:
PKesselNetto = 490 kWh / 24 h = 20,417 kW

3. Schritt

Zeichnerische Darstellung der "Aus"-Kapazitätshilfslinie durch Parallelverschiebung des Verbrauchsprofils, wobei die gezeichnete Heizlinie - in diesem Fall bei Punkt B - nicht berührt werden darf (bei Berührung würde der Speicher "geladen" melden und den Wärmeerzeuger ausschalten; ein durchlaufender Kesselbetrieb wäre nicht gewährleistet).

4. Schritt

Darstellung der "Ein"-Kapazitätshilfslinie, die theoretisch - bei guter Schichtung - C/3 beträgt (siehe gestrichelter Kurvenverlauf). Wegen der Mischzonenbildung wird diese jedoch ungefähr bis zu C/2 verschoben. In unserem besonderen Fall des durchlaufenden Heizungsbetriebes existiert - theoretisch - kein Einschaltbefehl zum Aufladen des Speichers (!). Die "Ein"-Schaltkurve ist in diesem Fall ohne Bedeutung. Sollte der Warmwasserbedarf jedoch geringer sein, wird der Speicher voll aufgeladen und schaltet den Wärmeerzeuger dann aus und wieder ein, wenn die Wärmeerzeugungslinie die Einschaltlinie berührt.

5. Schritt

Ablesung der Speicherkapazität C und Berechnung des Speichervolumens: C = 220 kWh

Kaltwassertemperatur = 20°C

Speichertemperatur = 60°C

Duschtemperatur = 40°C

Direkt beheizter stehender Speicher

Thermostat im oberen Drittel

Berücksichtigung der Mischzonenbildung

Wirkungs- und Ausnutzungsgrad 95%

Der erforderliche Warmwasser-Wärmebedarf eines Tages von 0.00 Uhr bis 24.00 Uhr beträgt:

QV = 490 kWh

C = 220 kWh

VS = 5,23 m3

Aufgabenlösung von Berechnungsbeispiel 5a nach dem Summenlinienverfahren

1. Schritt

Zeichnerische Darstellung der Verbrauchsganglinie mit der Hälfte des berechneten Wärmebedarfs von 245 kWh (Bild 33)

2. Schritt

Zeichnerische Darstellung der "Ein"- und "Aus"-Kapazitätshilfslinien durch Parallelverschiebung des Verbrauchsprofiles mit der bereits ausgelegten Speichergröße von C = 220 kWh

3. Schritt

Konstruktion der Heizlinie mit der vorgegebenen Leistung (Steigung) von PKessel mit 20,4 kW. Hierbei zeigt sich, daß der Kesselbetrieb aufgrund der geringeren Wärmeabgabe unterbrochen werden muß. Der Warmeüberhang um 24.00 Uhr kann von Tag zu Tag unterschiedlich sein. Die Restwärme wird auf den nächsten Tag um 0.00 Uhr übertragen und ist gleichzeitig der Anfangspunkt der Heizlinie des nächsten Tages. So ist in unserem Beispiel (Bild 33) eine Restwärme von 70 kWh vom Vortag übertragen worden (Variante 1), die den Verlauf der Heizlinie WE1 bestimmt. Am Ende des Tages beträgt die Restwärme 155 kWh.

Bei der Variante 2 beträgt die Restwärme vom Vortag 125 kWh, die den Verlauf der Heizlinie WE2 bestimmt. Am Ende des Tages beträgt die Restwärme 115 kWh.

Die Rest- bzw. Überhangwärmemengen beider Varianten bestimmen jeweils den Verlauf der Heizlinie des nächsten Tages.

Das Berechnungsbeispiel 5 mit durchlaufendem Kesselbetrieb läßt sich ausnahmsweise auch am Hüll-Lininiendiagramm (Bild 32) darstellen. In dieser Aufgabenstellung soll dem Leser noch einmal der Unterschied zwischen dem "Hüll-Linien-Diagramm" und dem "Schaltdiagramm" gezeigt werden. Lade- und Entladelinien sind in beiden Darstellungsvarianten unterschiedlich definiert. Der jeweilige Ladezustand des Speichers ist in beiden Diagrammen gleichermaßen ablesbar (Schraffur). Auch im Hüll-Linien-Diagramm müssen die zuvor beschriebenen Abstände bei den Punkten A und B berücksichtigt werden. Auf diese Art wird für die Speicherkapazität das gleiche Ergebnis von C = 220 kWh erzielt. Dennoch ist das Hüll-Linien-Diagramm für alle anderen Lösungsvarianten nicht geeignet.

Bild 31: Ermittlung der Speichergröße für ein Hotel bei minimaler Heizleistung. Ladezustand: Ordinaten der schraffierten Fläche.

Berechnungsbeispiel 5a

Die Aufgabenstellung von Berechnungsbeispiel 5 soll etwas abgeändert werden: Wie sieht der Betriebsablauf im Wärmediagramm aus, wenn die Hotelbelegung auf 150 Personen reduziert wird?

Die Aufgabenlösung wird mit dem zugehörigen Wärmediagramm auf der nächsten Seite beschrieben.

Bild 32: Hüllendiagramm zur Ermittlung der Speichergröße. Ladezustand: Ordinaten der schraffierten Fläche.

Sollte die Hotelbelegung noch geringer sein, wie zuvor beschrieben, dann hat die Wärmeverbrauchskurve ein noch flacheres Profil, und die Wärmeerzeugung müßte unter Umständen öfter als einmal unterbrochen werden. Auch diese Betriebsverhältnisse lassen sich graphisch darstellen.

Bild 33: Heizlinienverlauf für die Warmwasserbereitung eines Hotels bei halber Belegung.

5 Zusammenfassung

Nach Inkrafttreten der Wärmeschutzverordnung wurde der Gebäudewärmebedarf erheblich reduziert und der Energieanteil für die Trinkwasserversorgung dementsprechend erhöht. Dies bedeutet, daß zukünftig Wärmeerzeugungsanlagen die sowohl der Zentralheizung als auch der Wärmeerzeugung dienen, maßgeblich von der Wärmeleistung des Warmwasserbedarfs bestimmt werden. An großzügigen Annahmen von Warmwasserverbräuchen und Auslegung entsprechender Anlagen ist nicht mehr zu denken. Bestimmte Theorien zur Ermittlung des zusätzlichen Warmwasser-Wärmebedarfes in Form eines Kesselleistungszuschlages müssen neu überdacht werden. So ist zum Beispiel die Auslegung des Trinkwasserspeichers nach DIN 4708 fragwürdig, da dessen Größe nach einer einzigen, herausragenden Bedarfsperiode (Badetag) ermittelt wird. Auch dürfte von Interesse sein, ob und wann auf den Kesselleistungszuschlag (Warmwasser-, Vorrang- schaltung) ganz verzichtet werden kann. Es wäre wünschenswert, wenn die Probleme und Fragen zur Auslegung von Wassererwärmungsanlagen angesichts der sich rasch ändernden Heizungstechnologie erneut aufgegriffen würden. Der Autor beschreibt in seiner Abhandlung des Summenlinienverfahrens, eine sinnvolle Methode, mit der man die Leistung eines Wärmeerzeugers und die Speichergröße optimal abstimmen kann. Die zeichnerische Darstellung eines speziellen Wärmeschaubildes ist ebenso einfach wie anschaulich zu erstellen. Aufnahme, Abgabe, Speicherung, Mangel oder Überhang von Wärmeenergie kann zu jedem Zeitpunkt einer Verbrauchsperiode aus dem Diagramm abgelesen werden. Der Autor geht davon aus, daß das dargestellte Verfahren zu weiteren Untersuchungen anregen möchte.


L i t e r a t u r :

[1] Bösch, K.: SI-Berechnungsgrundlagen

[2] Sander, H.: Warmwasserbereitungsanlagen für Wohn- und Zweckgebäude, Gewerbe und Industrie; 2. Auflage 1963, Haenchen und Jäh, Berlin.

[3] Stiebel Eltron: Warmwasserspeicher


*) Prof. Dipl.-Ing. Kurt Pfeil, Fachhochschule Köln, Fachbereich Versorgungstechnik, Dozent für Sanitärtechnik

Diagrammerstellung: Dipl.-Ing. Dirk Wagner


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