IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 13/1999, Seite 56 f.


REPORT


Herausforderung Europa

Ruhrgas: Neue Aktivitäten auf internationalen Märkten

Im politischen Umfeld wurden 1998 neue Rahmenbedingungen für die deutsche Gaswirtschaft gesetzt: Die Novellierung des Energiewirtschaftsgesetzes, die 6. Novelle des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) und die Binnenmarktrichtlinie traten in Kraft. Für die Umsetzung der Europäischen Gasrichtlinie in nationales Recht haben die EU-Mitgliedsstaaten bis August nächsten Jahres Zeit.

"Wir gehen davon aus, daß in Deutschland die Durchleitung des Erdgases nach dem Prinzip des verhandelten Netzzugangs auf Basis einer Verbändevereinbarung angewendet wird", so Friedrich Späth, Vorsitzender des Vorstandes der Ruhrgas AG.

Späth weiter: "Die Verhandlungen zwischen der Industrie und der Gaswirtschaft über die Verbändevereinbarungen laufen derzeit. Es ist beabsichtigt, eine Vereinbarung bis Ende des Jahres zu erreichen.

Friedrich Späth, Vorstandsvorsitzender der Ruhrgas AG.

Auch unter den neuen politischen und rechtlichen Rahmenbedingungen für die deutsche Gaswirtschaft sei Ruhrgas entschlossen, im Wettbewerb erfolgreich zu bestehen. Das Unternehmen wolle die führende Gasgesellschaft in Deutschland bleiben und sich zu einem europäischen Gasversorgungsunternehmen entwickeln, unterstrich Friedrich Späth anläßlich der Jahrespressekonferenz des Unternehmens in Essen. Der künftige Erfolg im Wettbewerb werde wesentlich von der Beherrschung der eigenen Kosten abhängen. Den Bemühungen um hohe Effizienz und niedrigere Kosten komme daher besondere Bedeutung zu. Entsprechende Entwicklungen innerhalb des Unternehmens seien bereits umgesetzt und zeigten Erfolge.

Unter den veränderten Bedingungen habe die Ruhrgas AG 1998 ein zufriedenstellendes Ergebnis erreicht, sagte Späth. Der Gasabsatz sei zwar witterungsbedingt um 2,4 Prozent auf 586 Mrd. Kilowattstunden zurückgegangen, der erfreuliche Trend zum Erdgas halte aber an. In den letzten fünf Jahren hätten sich rd. 4 Mio. Bauherren für einen Erdgasanschluß entschieden. Die Attraktivität des Energieträgers sei ungebrochen.

Umsatz und Jahresüberschuß

Die Ruhrgas AG erzielte 1998 einen Umsatz von 12,8 Mrd. DM, im Vergleich zum Vorjahr bedeutet das einen Rückgang um 8 Prozent. Zurückzuführen sei diese Entwicklung auf das insgesamt gesunkene Energiepreisniveau sowie auf den leicht rückläufigen Absatz, sagte Späth bei der Vorlage des Geschäftsberichts 1998.

Bereinigt erzielte die Ruhrgas AG einen Jahresüberschuß von 678 Mio. DM.

Der Umsatz des Konzerns betrug 1998 15 Mrd. DM, der bereinigte Jahresüberschuß 788 Mio. DM.

Die gegenläufige Entwicklung von Umsatz und Jahresüberschuß resultiere aus höheren Beteiligungsergebnissen und der Umsetzung von Maßnahmen zur Effizienzsteigerung und Kostenreduzierung, erläuterte Finanzvorstand Friedrich Janssen.

Im Konzern waren am Jahresende 9132 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschäftigt, 8,9 Prozent weniger als im Vorjahr. Bei der Ruhrgas AG nahm die Beschäftigtenzahl um 74 auf 2681 Mitarbeiter ab.

Auslandsaktivitäten ausgeweitet

Der Anteil der Exportlieferungen am gesamten Absatz der Ruhrgas AG betrug 1998 rd. 5 Prozent. Es wurden 27 Mrd. kWh Erdgas exportiert, 13 Prozent mehr als im Vorjahr. Die Lieferungen gingen in die Schweiz, nach Ungarn, Österreich, Liechtenstein, Polen und Schweden. Erstmals wurden auch Mengen nach Großbritannien geliefert.

Beschaffung: Vorsorge für morgen

Die dauerhafte Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit, der Lieferflexibilität und der Versorgungssicherheit stehe im Vordergrund der Ruhrgas-Beschaffungspolitik.

Zentrale Herausforderung bleibe es, so Späth, langfristig ausreichende Erdgasmengen zu marktgerechten Konditionen zu beschaffen. Im Jahr 1998 habe die Ruhrgas AG ihre auf die Zukunft ausgerichtete flexibel gestaltete Erdgasbeschaffung weiter entwickelt: Insgesamt hatte das Unternehmen Ende vergangenen Jahres rd. 1600 Mrd. m3 Erdgas unter Vertrag, etwa ein Drittel mehr als ein Jahr zuvor. Das entspricht etwa den offiziell angegebenen Erdgasreserven der Niederlande und beträgt fast das Dreifache der Reserven Großbritanniens (560 Mrd. m3). Im Mittelpunkt standen dabei die Vertragsverlängerungen mit und der Aktienerwerb an der russischen Gazprom sowie die gleichzeitig mit dieser Gesellschaft vereinbarten zusätzlichen Erdgaslieferungen.

Diversifizierte Bezugsquellen

Die Ruhrgas bezog 1998 ihr Erdgas zu 35 Prozent aus Rußland, zu 23 Prozent aus Norwegen, zu 21 Prozent aus den Niederlanden und insgesamt zu 3 Prozent aus Dänemark und Großbritannien. Die inländische Erdgasförderung hatte einen Anteil von 18 Prozent am Gasaufkommen der Ruhrgas AG. Keine andere europäische Erdgasgesellschaft hatte damit eine breitere Bezugsbasis als Ruhrgas, erklärte der Ruhrgas-Vorstandsvorsitzende. Bezugsvereinbarungen des Unternehmens liefen zum Teil bis 2030.

Absatzplus in den ersten Monaten 1999

In den ersten vier Monaten des laufenden Jahres setzte die Ruhrgas AG mit 244 Mrd. kWh rd. 2,8 Prozent mehr ab als im Vorjahreszeitraum. Ausschlaggebend hierfür waren niedrigere Temperaturen im Februar.

Verändertes Bild der Energiewirtschaft

Der Ruhrgas-Vorstandsvorsitzende geht davon aus, daß sich das Bild der Energiewirtschaft in Deutschland und Europa in den kommenden Jahren weiter verändern wird, was hohe Anforderungen an alle Beteiligten stelle.

Zusätzliche Aufgaben für das Unternehmen sehe er bei grenzüberschreitenden Aktivitäten im Ferngasgeschäft sowie beim Ausbau der Aktivitäten des Konzerns im Industriebereich.


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