IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 11/1999, Seite 66 ff.


INTERVIEW


"Es gibt in der Tat nur Gewinner"

ARGE Neue Medien und Heizungsindustrie: Für die Branche Energie(n) sparen

Zur haustechnischen Gesamtkompetenz paßt es immer weniger, Sanitär und Heizung in separate "Körbchen" zu legen. Statt dessen sind Verzahnung und Vernetzung nicht zuletzt bei modernen Logistik- und Kommunikationssystemen gefragt. Kein Wunder, daß Handwerk und Großhandel auch von den Herstellern zeitgemäße Verbundlösungen erwarten - wo immer sie Sinn machen und die praktische Arbeit erleichtern. Die ARGE Neue Medien zog daraus bereits im Oktober 1997 die Konsequenz, als sie sich während ihrer Mitgliederversammlung offiziell auch für die Heizungsindustrie öffnete. Die diesjährige "ISH" war also der erste gemeinsame Auftritt auf nationaler Bühne. Grund genug für die Redaktion der IKZ-HAUSTECHNIK, sich in Frankfurt nach Status, Perspektiven und Partnernutzen der Heizungs-Integration zu erkundigen.

Vier Geschäftsfelder und ein Motto: Das "Wir bringen Ihnen den Nutzen der neuen Medien" gilt für Sanitär und Heizung gleichermaßen.

Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg. Getreu dieser bekannten Devise ließen drei ARGE-Repräsentanten Messetrubel vorübergehend Messetrubel sein. Vorsitzender Dr. Michael Pankow (Geschäftsleiter Grohe Deutschland), Vorstandsmitglied Michael Hiller (Vorsitzender der Geschäftsführung der Wilo GmbH) und ARGE-Geschäftsführer Konrad Werning klinkten sich für das Interview aus. Es begann mit einem kurzen Blick zurück.

IKZ-HAUSTECHNIK: Wer oder was löste den Schritt aus, die ursprünglich nur für die Sanitärproduzenten konzipierte ARGE in eine Plattform letztlich für die ganze SHK-Industrie umzuwandeln?

"Man muß sich schon selbst aktiv engagieren", betont der ARGE-Vorsitzende Dr. Michael Pankow. Die Folgerung des Geschäftsleiters Grohe Deutschland: "Eine Mitgliedschaft ist zunächst und in erster Linie Chefsache."

Dr. Pankow: Der Hauptantrieb ging zweifellos von der Erkenntnis aus, daß es speziell im Bereich des Datentransfers zu den Vertriebspartnern viele gemeinsame Schnittstellen zwischen Sanitär- und Heizungsindustrie gibt. Deshalb standen die ARGE-Programme in den Geschäftsfeldern Stammdatenserver und Edifact zunächst im Mittelpunkt der "konzertierten" Überlegungen. Ihre unbestreitbare Logik und Effizienz gilt für die Sanitärseite ebenso wie für den Heizungssektor.

Zu erwähnen ist außerdem, daß der Großhandelsverband DG Haustechnik diese Kräftebündelung von Anfang an begrüßte, ja sogar forderte. Er gehört insofern zu den Wegbereitern der Entwicklung, die im übrigen ein prägnantes Beispiel dafür ist, daß sich die häufig zitierte Professionalisierung des dreistufigen Vertriebsweges gerade bei modernen Medien zeigt bzw. zeigen muß.

"Rückendeckung vom DGH"

IKZ-HAUSTECHNIK: Herr Hiller, können Sie sich für die Heizungsfraktion diesem Votum anschließen?

"Die Argumente sind auf unserer Seite", glaubt Wilo-Chef Michael Hiller. Das ARGE-Vorstandsmitglied ist deshalb optimistisch, in den nächsten Jahren die Heizungsfraktion kräftig ausbauen zu können.

Hiller: Absolut. Man muß doch nüchtern sehen, welche konkreten und letztlich sogar rechenbaren Vorteile die Integration unserer Herstellergruppe für die ganze Branche bietet. Von was reden wir denn auf allen Stufen permanent? Wir müssen rationalisieren und in dem Kontext auch standardisieren; wir müssen die Effizienz erhöhen; wir müssen Energien und Kosten sparen; wir müssen schließlich alles tun, damit unsere Kunden zufrieden sind.

Unser Kunde, um im Bild zu bleiben, ist zunächst einmal der - gut organisierte - Großhandel. Stammdatenserver und Edifact sind bei ihm bestens eingeführte Dialog- und Datenübertragungssysteme. Schon deshalb bin ich der Überzeugung, daß es für die Heizungsindustrie in ihrer Breite schlicht ökonomischer Unsinn gewesen wäre, "mit Gewalt" ein eigenes System entwickeln und am Markt etablieren zu wollen. Zudem hat die aktive Mitwirkung in der ARGE ja auch für unsere Produzentengruppe ganz handfeste Vorzüge.

"Weitere wichtige Pluspunkte"

IKZ-HAUSTECHNIK: Über die von Ihnen bereits genannten Aspekte hinaus: Welche sind das?

Hiller: Also, ich halte es schon für einen wichtigen Pluspunkt, Zugang zum kompletten Datenbestand der SHK-Branche mit ihren maximal 720.000 Artikeln zu haben. Und ich halte es als Manager eines Unternehmens ferner für einen wichtigen Pluspunkt, über einen ständigen Zugriff auf aktuelle Informationen zu verfügen. Wie man das dann für die eigene Strategie nutzt, muß natürlich jedes Mitglied selbst entscheiden. Aber noch einmal: Von der Einbindung der Heizungsindustrie in die ARGE Neue Medien profitieren alle. Es gibt in der Tat nur Gewinner.

IKZ-HAUSTECHNIK: Wie ist denn der aktuelle Stand der Integration?

Dr. Pankow: Lassen Sie mich dazu zunächst etwas Grundsätzliches sagen. Bei der ARGE ist es genauso wie bei jedem anderen Gemeinschaftsprojekt: Man muß sich schon selbst aktiv engagieren, um den größtmöglichen Nutzen für das eigene Unternehmen herauszuholen. Insofern setzt eine erfolgreiche Integration auch die Bereitschaft zur Investition voraus. Anders ausgedrückt: Die Mitgliedschaft in der ARGE Neue Medien ist nach meiner Erfahrung zunächst und in erster Linie Chefsache.

ARGE-Geschäftsführer Konrad Werning ist mit der bisherigen Heizungsintegration "durchaus zufrieden". So wurden Edifact und Stammdatenserver entsprechend angepaßt.

Werning: Ich denke, daß wir mit der bisherigen konkreten Integrationsbilanz durchaus zufrieden sein können. Dazu einige Beispiele: Edifact, Stammdatenserver und zum Teil auch die Badplanungssoftware wurden bzw. werden heizungsspezifisch angepaßt; in unseren projektbezogenen Arbeitskreisen Marketing, Edifact/Stammdatenserver und Multimedia/Planungssoftware sind Fachleute der Heizungsindustrie vertreten. Eine Aussage dazu, ob es irgendwann vielleicht einmal separate Arbeitskreise für Heizung und Sanitär gibt, läßt sich heute noch nicht treffen. Nach Möglichkeit wollen wir das aber gerade im Interesse einer wirksamen Integration vermeiden. Im übrigen ist natürlich auch die Mitwirkung von Herrn Hiller im Vorstand der ARGE ein klares "Praxissignal".

Das aktuellste Projekt heißt "Die Welt der Heizung" und ist das logische Pendant zur entsprechenden CD-ROM im Badbereich. Wir gehen davon aus, daß das interaktive Informations-, Präsentations- und Beratungsinstrument im Herbst 1999 zur Verfügung steht. (Hinweis der Redaktion: Einzelheiten siehe separater Kasten.)

"Wir stehen erst am Anfang"

IKZ-HAUSTECHNIK: Schauen wir einmal über den Tag hinaus: Welche mittel- und längerfristigen Ansatzpunkte für "vernetzte" Aktivitäten sehen Sie?

Dr. Pankow: Hier stehen wir ja gewissermaßen erst am Anfang. Ein weites Betätigungsfeld bietet zum Beispiel alles, was mit fachbezogenen Planungssystemen zu tun hat. Oder denken Sie an den Trend zu ganzheitlichen Energiekonzepten, die sowohl Sanitär als auch Heizung tangieren. Das Stichwort "Haustechnische Komfortlösungen" zielt in die gleiche Richtung.

Schließlich sind sämtliche ARGE-Mitglieder daran interessiert, einen durchgängigen Daten- und Informationstransfer bis zum Handwerk zu schaffen. Es versteht sich von selbst, daß wir dabei nicht am Großhandel vorbeiagieren wollen und können. Eines machen die hier nur beispielhaft genannten Perspektiven jedenfalls deutlich: Gerade die neuen Medien bieten wohl das größte Vernetzungspotential in der SHK-Branche.

Multimediale Einladung: Nach dem "Haus der Sanitär-Marken" öffnet im Herbst 1999 auch das "Haus der Heizungs-Marken" seine CD-ROM-Türen.

IKZ-HAUSTECHNIK: Wieviel Heizungsfirmen gehören der ARGE inzwischen eigentlich an?

Werning: Rund 1/5 der insgesamt 65 Mitglieder stellt die Heizungsseite. Exakt sind es derzeit 12 Unternehmen.

"Motivation für Schnellentschlossene"

IKZ-HAUSTECHNIK: Reicht Ihnen das?

Hiller: Natürlich nicht. Insgesamt dürfte der in Frage kommende Herstellerkreis ca. 80 Firmen ausmachen. Dabei ist zu berücksichtigen, daß die Branche - von einigen sehr großen Produzenten abgesehen - eine stark mittelständisch geprägte Struktur aufweist. Klar ist, daß wir einiges an Überzeugungsarbeit leisten müssen. Die Argumente sind jedoch, wie wir fest glauben und vom Sanitärbereich her auch wissen, auf unserer Seite. Die Konzentration im Großhandel sollte ebenfalls dazu beitragen, daß sich gerade kleinere Heizungshersteller über kurz oder lang für einen Eintritt in die ARGE entscheiden.

Dieser Trend wird um so stärker sein, je mehr der Großhandel selbst die Zugehörigkeit zur ARGE zu einem wichtigen Kriterium der Lieferantenauswahl macht. Mein persönliches Ziel: Wir müßten es schaffen, bis Anfang 2002 etwa 80% der relevanten Häuser für die gemeinsame Sache zu gewinnen. Wohlgemerkt, nicht zuletzt in ihrem eigenen Interesse. Schnellentschlossene können übrigens viel Geld sparen, denn zum 1. Juli 1999 steigt der Aufnahmebeitrag von 10.000 auf 50.000 Mark.

"Ja zur Markenpflege"

IKZ-HAUSTECHNIK: Ganz schön happig, oder? Wie begründen Sie die kräftige Erhöhung?

Dr. Pankow: Mit ihrer "Eintrittskarte" erwerben neue Mitglieder immerhin ein 10jähriges Praxis-Know-how bei den neuen Medien. Das dadurch gebotene Leistungsniveau erforderte, wie sich jeder denken kann, erhebliche finanzielle Mittel. Die bisher schon erbrachten Investitionen liegen insgesamt kräftig im zweistelligen Millionenbereich. Darüber hinaus haben wir uns bei der Festsetzung des neuen Aufnahmebeitrages auch daran orientiert, daß er die "Ernsthaftigkeit" eines aktiven ARGE-Engagements unterstreicht.

IKZ-HAUSTECHNIK: Da Sie die Frage sicher erwartet haben, will ich sie auch stellen: Ist die ARGE in ihrer neuen Konstellation nicht wie geschaffen für einen generellen, schlagkräftigen Industrieverband?

Dr. Pankow: Nein, dafür gibt es bei uns weder Ambitionen noch Interessen. Die ARGE bleibt das, was sie ist: eine leistungsstarke Zweckgemeinschaft im Sektor der neuen Medien. Dieses Aufgabengebiet macht Arbeit genug - künftig noch mehr als heute.

Hiller: Das ist auch meine Meinung. Wenn sich dabei praktikable und sinnvolle Erweiterungen für in Deutschland produzierende Hersteller ergeben, generell mehr für ihre Markenpflege zu tun, werden wir sie natürlich nutzen. Das kann dann ruhig mit der nötigen Power geschehen.

"Offenbar ins Schwarze getroffen"

IKZ-HAUSTECHNIK: Zählte dazu auch Ihr "ISH"-Auftritt, der sich ja deutlich von den früheren Messepräsentationen der ARGE abhob?

Werning: Mit unseren vier Geschäftsfeldern Edifact, Stammdatenserver, Planungssoftware und Multimedia sind wir mehr denn je ein moderner Dienstleister, der sich und seine Angebote u.a. "verkaufen" muß. Dazu ist die "ISH" wie kaum ein zweites Branchenforum prädestiniert. Messestand und Messekommunikation bildeten daher unter dem Motto "Wir bringen Ihnen den Nutzen der neuen Medien - die ARGE setzt auf Internet" eine serviceorientierte, lebendige und buchstäblich farbige Einheit. In dem Zusammenhang spielt auch die Ende letzten Jahres geschaffene Verbraucher-Marke "Haus & Technik" eine wichtige Rolle.

Dieses zeitgemäße Konzept, das wir konsequent umsetzen und weiter verfeinern werden, traf in Frankfurt offenbar ins Schwarze. Jedenfalls sind wir mit dem "ISH"-Verlauf in quantitativer wie in qualitativer Hinsicht sehr zufrieden.


In Arbeit

Auch die Heizungswelt bald auf CD-ROM

Gut für die interne Leistungsbilanz, noch besser für die externen Nutzer: Nach der "Welt des Bades" entwickelt die ARGE Neue Medien derzeit eine weitere Silberscheibe zur breiten Streuung an Endverbraucher und Marktpartner. "Die Welt der Heizung" erscheint voraussichtlich im Herbst ’99 und steckt - wie schon das sanitäre Pendant - voller Kompaktwissen, versprechen die Macher.

Die Ende März anläßlich der "ISH" als Prototyp vorgestellte CD-ROM führt in virtuellen Rundgängen durch Musterhäuser und erklärt dort an konkreten Beispielen die verschiedenen Einsatzmöglichkeiten von Öl-, Gas- oder Fernwärme. Ein Schnitt vom Keller? Die Funktionsweise eines Brenners? Mausklick genügt. Dazu gibt’s wichtige Gesetzestexte, Vorschriften, Richtlinien und Regeln. Ebenfalls in Vorbereitung: ein Heizungs-ABC. Wer gleich eine detaillierte Vorauswahl an Produkten der ARGE-Mitglieder treffen will, dem steht neben einer Adressenübersicht der Hersteller auch eine umfangreiche Artikelliste vom Heizkörper bis zum Kessel zur Verfügung.


B i l d e r :   ARGE Neue Medien / Grohe / Wilo


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