IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 10/1999, Seite 52 ff.


EDV


Facility Management

Zukunftschance für den Gebäudeplaner

Wolfgang Kratz

Was ist Facility Management? Der Begriff ist zur Zeit noch nicht einheitlich definiert. Handelt es sich nur um ein Modewort, oder geht es um eine Begriffsfindung, wie damals, als das Wort "Marketing" oder das Kürzel "CIM" (Computer Integrated Manufacturing) auftauchten? Ist dieser Begriff wieder einmal zuerst nur einer Auslegung unterworfen, ein Werkzeug der Verkaufsargumentation von EDV-Strategien?

Der Begriff "Facility Management" wird oft nur auf das Verwalten von Gebäuden und Immobilien reduziert. Dafür stehen schon jetzt zahlreiche Software-Systeme zur Auswahl. Beschäftigt man sich jedoch etwas eingehender mit dieser Thematik, wird man erkennen, daß viel mehr dahinter steckt. Ein System, in dem der Architekt, egal um welche Projektierung es sich für ihn handelt, viel tiefer integriert ist, als er an der Oberfläche vermutet. Die Anforderungen an Großprojekte sind heute keine Einzelleistungen der unterschiedlichen Baubeteiligten, sondern verknüpfen sich in ein umfassendes Datensystem lange vor dem ersten Spatenstich bis hin zum Abriß eines solchen Projektes.

Aufbau eines FM-Systems, ausgehend von dem Kern der Datenbank mit CAD-Kopplung.

Übersichtliche Dokumentation unabdingbar

Viele mittelständische und große Unternehmen haben es versäumt, ihre wichtigste Ressource, die Produktionsstätte, übersichtlich zu dokumentieren. Das gilt ebenso für Verwaltungsgebäude und Wohnanlagen. Mitarbeiter haben wichtige Fakten nur im Kopf oder in der eigenen Schublade verwahrt. Fluktuationen der verschiedensten Art haben wichtige Informationen über das Projekt unauffindbar werden lassen. Dieser Mißstand ist kein Einzelfall. Die Folgen treten erst nach Jahren auf, wenn an einem Gebäude, einer Anlage oder einem Großprojekt, welcher Art auch immer, Veränderungen vorgenommen werden sollen. Das Debakel dabei ist, daß die Informationen über mühsame Umwege wiederbeschafft werden müssen. Die Wahrscheinlichkeit in der Wiederbeschaffung von Daten ist unbestritten groß und häufig mit unnötigen Kosten verbunden. Bei Neubauprojekten besteht die Chance, diese Problematik auszuschließen, indem man die Dokumentation aller wesentlichen Daten eines Gebäudes oder Projektes, einschl. Flächen, Infrastruktur, Betriebsmittel usw., direkt in ein Facility-Management-System integriert.

Nur die Gesamtheit der an einem Bau Beteiligten kann ein solches System als wirksam garantieren. Die Grafik des Unternehmens "Projectteam" aus Dortmund dokumentiert diese Plattform in Bild 1. Am Anfang stehen Bauherr/Nutzer, Projektleiter, Projektsteuerer, Anlagelieferanten, Architekt, Haustechnikplaner, Fabrikplaner und die ausführenden Unternehmen in einer interdisziplinären Zusammenarbeit. Hier werden die Grundlagen zu einer Datenbank zusammengetragen, welche die wesentlichen Informationen über das Gebäude oder Projekt beinhalten.

Auch nach Bauende bleiben die wesentlichen Informationen eines Bauprojektes erhalten. Bei nachträglichen An- oder Umbauarbeiten wird durch das Vorhandensein dieser Daten der Planungsaufwand erheblich reduziert.

Ziel eines Facility-Management-Projektes

Hohe Marktorientierung führt bei Produktionsunternehmen allgemein zu wachsenden Anforderungen bezüglich der Flexibilität. Nur durch eine erhöhte Planungsbereitschaft und auf der Basis fundierter Planungsgrundlagen lassen sich zukunftssichere Entscheidungen treffen.

Unter Facility Management (FM) werden im allgemeinen die Funktionen und Aufgaben verstanden, welche sich mit der Gebäude- und Anlagebewirtschaftung im weitesten Sinne befassen. Als Abgrenzung zu üblichen Bewirtschaftungssystemen zielen FM-Systeme primär auf die Bewirtschaftung von Ressourcen des Anlagevermögens. Im Gegensatz zu Verwaltungs- bzw. Bürogebäude oder Wohnanlagen wird bei Produktionsbetrieben auch vom Industrial Facility Management gesprochen. Nie zuvor haben sich in der Industrie Veränderungen so rasch vollzogen wie heute, wo Informationen zum strategischen Faktor geworden sind. Stehen wichtige Daten nicht oder nur in mangelhafter Qualität zur Verfügung, wird in der Anpassung von beispielsweise Fertigungsbetrieben falsch entschieden und ungeeignet gehandelt. Soll parallel und im Team gearbeitet werden - und das ist bei komplexen Umbauten und Anpassungen unumgänglich - braucht man Informationen für die Kommunikation und Koordination. Ganzheitliche Informationssysteme für die Bewirtschaftung eines Anlagevermögens stecken allerdings noch in den Kinderschuhen. Daher sollen nachfolgend die Hintergründe und Ansatzpunkte zu einem rechnergestützten Industrial Facility Management beleuchtet werden.

Die Anwendungsmöglichkeiten eines FM-Systems auf einem Blick.

Planungsaufgaben in Produktionsbetrieben

Durch den Einsatz von FM-Systemen in der Planung besteht die Möglichkeit, die benötigten Daten unmittelbar aus dem System auslesen zu können. Ohne umfangreiche Recherchen kann auf Gebäude- und Einrichtungspläne sowie Bewirtschaftungsdaten zurückgegriffen werden. Dadurch reduziert sich die Planungsdurchlaufzeit um ca. 30%, da der zeitintensive Projektschritt "Ist-Analyse" auf das Auslesen von Daten aus dem FM-System reduziert werden kann. Die Verwendung einer gemeinsamen Datenbasis verringert den Aufwand erheblich, der zum Herstellen einer Vergleichbarkeit von Daten aus unterschiedlichen Abteilungen getrieben werden muß. Mit diesem Vorteil wächst die Planungsgeschwindigkeit und sinken die Planungskosten. Die übergreifende Funktion von Facility Management löst alle Planungsaufgaben ganzheitlich und zwingt als integriertes System zur Zusammenarbeit von Nutzer, Gebäudeplaner, Architekt, Haustechnikplaner, Instandhalter und Behörden. Denkt man nur einmal an die Dokumentationspflichten, hervorgerufen durch gesetzliche Vorgaben, denen heute Industriebetriebe unterliegen, wie z.B. ihr Abwassersystem selbst zu überwachen und den Zustand der Kanalsysteme in Plänen zu belegen oder im vorbeugendem Brand- und Katastrophenschutz entsprechende Gefahrenabwehrpläne vorzuweisen, die von Behörden und Sachversicherern verlangt und immer wieder angepaßt werden müssen, liegt der Vorteil eines FM-Systems schon auf der Hand. Zudem lassen sich mit Hilfe des Systems kontinuierlich Leistungsverzeichnisse für Tätigkeiten aus den Bereichen Instandhaltung, technische Dienste oder Reinigung erstellen. Die intern erbrachten Leistungen können so mit Marktpreisen verglichen und bei entsprechenden Verhältnissen Outsourcing betrieben werden.

Ab der Fundamentierung bis zum Produktionsbeginn blieben der RhenAL GmbH, einer neu gegründeten Tochter des Aluminium-Stangenpresswerkes Hiller+Maldaner, acht Monate. Die Vorbereitung der Facility Studie machte den Bauverlauf, die Koordination der Baubeteiligten und Termine der Bauabschnittsübergaben transparenter, so daß der Zeitplan wie auch das Budget im gesteckten Rahmen gehalten werden konnten.

Der Architekt in der Informationskette

Um ein derartiges System erfolgreich einzuführen, müssen zunächst einmal die Ziele genau definiert werden, die mit der Einführung verfolgt werden sollen. Der Architekt arbeitet hier mit dem Planer eng zusammen. Seine Zeichnung dient als Grundlage für den anschließend folgenden Einstieg in das Facility Management. Architekt und Planer sollten sich dabei auf die konkreten Anforderungen beziehen, die kurz-, mittel- oder langfristiger Natur sein können. Erst mit Hilfe dieses Anforderungskataloges kann man dann ein geeignetes Software-System auswählen, welches möglichst alle Kriterien erfüllt oder aber sich an die speziellen Bedürfnisse anpassen läßt. Ein wichtiges Kriterium bei dieser Auswahl ist u.a. die Bereitschaft des Anbieters, beratend bei der Planung und Einführung des Systems mitzuwirken. Er kennt die Möglichkeiten seines FM-Systems am besten und kann abschätzen, welche Wünsche seitens des Anwenders nur schwer zu erfüllen oder mit hohen Kosten verbunden sind. Der nächste Schritt wäre die Erstellung eines Stufenplanes, der die Reihenfolge der Maßnahmen nach der Dringlichkeit der Teilbereiche festlegt. Angefangen wird in der Regel mit der grafischen Aufnahme des Grundstücks und der Gebäude mit den darin angeordneten Betriebsmitteln. Aus Akzeptanzgründen sollte man mit einem überschaubaren Bereich beginnen, um kurzfristig positive Effekte nachweisen zu können, denn es ist heute immer noch schwierig, die Entscheidungsträger von der Notwendigkeit eines FM-Systems zu überzeugen.


B i l d e r :   Projectteam GmbH & Co., Dortmund


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