IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 9/1999, Seite 72 ff.


INTERVIEW


SHK-Handwerk und Einzelhandel

Werner Obermeier, seines Zeichens Landesinnungsmeister in Bayern und stv. Präsident des ZVSHK, schaut skeptisch auf das laufende Jahr 1999. Neben dem politischen Eiertanz in Bonn, von dem der Münchener nichts Gutes für die SHK-Branche erwartet, sieht Obermeier auch branchenintern manche Fußangel die es zu beseitigen gilt. Erste Priorität hat dabei das jüngst mit breiter Zustimmung begrüßte "Konzept für den Einzelhandel mit Bädern im SHK-Vertriebsweg" (siehe IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 4/99, S. 14 ff; Ausgabe 6/99, S. 236 ff). Dabei geht es dem Urbayern nicht darum ein Konzept "totzureden", sondern die seinerzeit ins Leben gerufene einjährige Lernphase möglichst sinnvoll zu nutzen.

IKZ-HAUSTECHNIK: Etwas überraschend fand das "Konzept für den Einzelhandel mit Bädern im SHK-Vertriebsweg" in Berlin eine breite Zustimmung. Wo sehen Sie Vorteile für die SHK-Branche?

Obermeier: Vor allem im Zusammenhalt aller SHK-Profis. Es ist für die ca. 800 bis 1000 ausstellungsaktiven SHK-Betriebe durchaus sinnvoll, im ZVSHK integriert zu sein. Das ist kein Egoismus eines ZVSHK-Vorstandsmitglieds, sondern echte Überzeugung. Dieses Konzept wurde vor allem für die Unternehmen entwickelt, die zukünftig mehr Aktivität auf das Ausstellungsgeschäft legen wollen. Insofern nichts Neues, weil die besonders agilen Handwerksunternehmen schon längst ihre Möglichkeiten erkannt haben.

IKZ-HAUSTECHNIK: Also nichts anderes als eine Legitimation für schon bestehende Handlungsweisen?

"Das Einzelhandelskonzept zur Probe dient schwerpunktmäßig dem Fachgroßhandel!"

Werner Obermeier

Obermeier: Was die ganz aktiven Kollegen betrifft, sicher. Das man ein Konzept entwickelt hat, welches den willigen, aber bisher etwas weniger ausstellungsaktiven SHK-Fachbetrieben Unterstützung bietet, möchte ich ausdrücklich begrüßen. Andererseits sehe ich vor allem eine Absicherung des Fachgroßhandels, der möglicherweise demnächst so einfach wie bei einem Lichtschalter von Fachgroßhandel auf Einzelhandel umschalten kann.

IKZ-HAUSTECHNIK: Können Sie Ihre Kritik konkretisieren?

Obermeier: Das Einzelhandelskonzept zur Probe dient schwerpunktmäßig dem Fachgroßhandel, dessen Möglichkeiten durch dieses Konzept nicht abgeschirmt werden. Im Gegenteil! Wenn, wie vorgesehen, auch die Produktserien der Großhändler in diesem Pakt enthalten sind, dann ist das systemwidrig. Man spricht von einem Dreierbündnis - im Fall von Handelsmarken, um das Kind beim Namen zu nennen, handelt es sich aber nur noch um zwei Vertragspartner. In Einzelgesprächen haben viele Hersteller meine ablehnende Haltung begrüßt. Ich bin enttäuscht, daß dies in Berlin nicht zum Ausdruck gekommen ist.

IKZ-HAUSTECHNIK: Handelsmarken sollen für die SHK-Fachhandwerksunternehmen Spielraum schaffen. Warum sind Sie so vehement dagegen?

Obermeier: Ursprünglich war das auch so. Mittlerweile hat der Anteil der Handelsmarken jedoch stark zugenommen und häufig tauchen solche Produkte in Ausschreibungstexten auf. Von Spielraum kann unter diesen Bedingungen keine Rede mehr sein. Vielleicht will man uns zugunsten des Fachgroßhandels deshalb immer in dieser Schiene halten, weil wir so ein kleines, belastbares und pflegeleichtes Häufchen Handwerker sind.

IKZ-HAUSTECHNIK: Halten Sie die vorgegebenen Kriterien für praxisgerecht?

Obermeier: Es ist richtig Orientierungshilfen zu fixieren. Gemessen werden sollte abschließend jedoch nicht danach ob die Ausstellung fünf Quadratmeter zu klein ist oder ob statt acht Stunden am Tag nur sieben Stunden ein Fachverkäufer vor Ort ist. Gemessen werden muß nach Umsatz und Gewinn. Wie das Geschäft individuell geführt wird, das sollte man dem Einzelnen überlassen. Erfolg oder Mißerfolg wird zeigen, wer als Kaufmann erfolgreich ist und wer nicht.

IKZ-HAUSTECHNIK: Reichen die genannten Ausstellungsflächen von mind. 75 m2 aus?

Obermeier: Warum denn nicht? Bekleidung kauft man ja auch nicht ausschließlich in Warenhäusern. Kleine Boutiquen bieten oftmals das attraktivere Angebot. Ähnlich erfolgreich kann sich auch ein Sanitäreinzelhandel präsentieren. Ich habe keine Ausstellung und kann trotzdem erfolgreich Waren und Dienstleistungen vermarkten. Zu unserem individuellen Geschäft gehört auch "Klinkenputzen" und ein kompetenter Auftritt beim Kunden vor Ort.

IKZ-HAUSTECHNIK: Und was sagen Sie zum vorgesehenen Controlling?

"Erfolg muß nach Umsatz und Gewinn gemessen werden!"

Werner Obermeier

Obermeier: Wie käm ich denn als ausstellungsaktiver SHK-Fachunternehmer dazu, mir einen Wirtschaftsprüfer ins Haus schicken zu lassen? Wer mir einen Wirtschaftsprüfer schicken will, dem schicke ich auch einen. Im übrigen habe ich die Befürchtung, daß bei diesem Konzept der bürokratische Aufwand zu hoch wird. Handwerker mögen solchen Aufwand nicht und es besteht die Gefahr, daß man andere Wege suchen wird.

IKZ-HAUSTECHNIK: Sie glauben also nicht an einen durchschlagenden Erfolg dieser Initiative?

Obermeier: Wahrscheinlich wird das Konzept aus den zuvor genannten Gründen kein "Massenartikel". Sehr positiv gedacht werden vielleicht die schon ca. 1000 aktiven ausstellungstreibenden Unternehmen und vielleicht noch 1000 weitere sich mit der Konzeption anfreunden. Der Rest wird sich nach meiner Einschätzung andere Wege suchen weil man den Papierkrieg mit seinen vielen Reglementierungen nicht akzeptiert. Dazu kommt, daß der Aufwand des Ablaufs schwerpunktmäßig beim Handwerker liegt, der Hersteller die Einstiegsleistungen erbringen muß und der Großhändler lediglich die Verträge abnickt.

IKZ-HAUSTECHNIK: Mancher Hersteller rüstet sich für ein verändertes Marktverhalten der Kunden und positioniert "Designerware" im unteren Preissegment. Sehen Sie hier eine Gefahr?

Obermeier: Ja. Ich halte das für eine völlig falsche Politik.

IKZ-HAUSTECHNIK: Ein Ansinnen der Initiative soll sein, Baumarktkunden zurückzugewinnen . . .

Obermeier: Der Baumarktkunde ist nicht unser Kunde. Von denen die sich hobbymäßig verwirklichen wollen, kommen viele über kurz oder lang wieder zur Profischiene zurück. Dann nämlich, wenn Sie begriffen haben, daß es nichts bringt, zehn eingeschweißte Fittings zu kaufen, wenn man nur zwei braucht. Und wer für eine profigerechte Badrenovierung kein Geld hat, den bringen wir nicht vom Baumarkt weg, weil diese Klientel einerseits billiges Material wünscht und andererseits die Stundenlöhne im Handwerk nicht bezahlen will. Kommt jetzt noch hinzu, daß Designerware im Massenproduktbereich zu günstigen Preisen angeboten wird, dann paßt die üblicherweise praktizierte Mischkalkulation nicht mehr. Folge: Nicht mehr ca. 70,- bis 80,- DM werden für eine Handwerkerstunde fällig, sondern über 100,- DM. Also rückt der anvisierte Baumarktkunde in noch weitere Ferne.

IKZ-HAUSTECHNIK: Offenbar können Sie sich als SHK-Handwerksunternehmer trotz Ihrer "Zustimmung mit Bedenken" nicht so recht mit dem Konzept anfreunden. Lohnt es sich für Sie über eine Beteiligung an diesem Konzept nachzudenken?

"Wer mir einen Wirtschaftsprüfer schicken will, dem schicke ich auch einen!"

Werner Obermeier

Obermeier: Da haben Sie mit mir als ZVSHK-Vorstandsmitglied einen schwierigen Gesprächspartner. Alles was die Verbände für Handwerksbetriebe unterstützend entwickeln, ist für mich als Unternehmer Muster, Anregung oder Beispiel, denn ich will keine chinesischen Verhältnisse. Wer Entwürfe dieser Art im Wortlaut übernimmt, ist vielleicht der etwas weniger engagierte Handwerksunternehmer. Ich habe alle Entwürfe und Entwicklungen immer genau beobachtet und daraus ein "Obermeier-Konzept" entwickelt. So würde ich auch bei dieser Initiative vorgehen, wenn eine Beteiligung vorgesehen wäre.

IKZ-HAUSTECHNIK: Halten Sie den professionellen Vertriebsweg schon für so gut wie gestorben?

Obermeier: Nein. Optimistisch kann ich das nicht vertreten, weil ich als Unternehmer diesen Vertriebsweg brauche. Wenn aber Fachleute diesen Vertriebsweg zunehmend in Frage stellen, dann muß man sich ganz ernst mit deren Argumenten befassen. Wenn wir nicht wirklich fest zusammenstehen, dann könnte zwar noch nicht im Jahr 2000, aber in fünf bis zehn Jahren, die Situation wesentlich anders aussehen. Sollten Großhändler zu Einzelhändlern werden, dann ist die Masse der Handwerker für diese Situation nicht gerüstet.

IKZ-HAUSTECHNIK: Was wünschen Sie sich für die Zukunft für dieses "Konzept für den Einzelhandel mit Bädern im SHK-Vertriebsweg"?

Obermeier: Diese Vereinbarung ist für die Dauer einer einjährigen Testphase getroffen worden. Meine Kollegen sollten in dieser Phase das Konzept kritisch betrachten und viele sinnvolle individuelle Korrekturvorschläge einbringen, damit sich das Konzept zukünftig gut umsetzen läßt. Als zweites wichtiges Kriterium für die Zukunft sehe ich die Handwerkermarke. Nach den kreativen Vorstellungen des ZVSHK umgesetzt, könnte sie in Verbindung mit dem Einzelhandelskonzept zu einem langfristig beständigen professionellen Vertrieb führen.


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