IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 6/1999, Seite


KLEMPNERTECHNIK


Das Kyffhäuser-Denkmal und die Ruinen der Burg Kyffhausen

Barbarossaturm mit Blei dauerhaft saniert

Obwohl es nicht ruhig hergeht am Kyffhäuser-Denkmal. So mußte beispielsweise in den Jahren 1991 bis 1997 der romanische Barbarossaturm dringend saniert werden. Und Scharen von Touristen besuchen tagtäglich dieses Nationaldenkmal deutscher Geschichte. Aber all dies scheint den Schlaf des Kaisers nicht zu stören.

"Und wenn die alten Raben noch fliegen immerdar
so muß ich auch noch schlafen verzaubert hundert Jahr."

Bild 1: Das Kaiser-Wilhelm-Denkmal auf der Burg Kyffhausen.

So endet ein Gedicht von Friedrich Rückert, das dieser vor über 160 Jahren zu Ehren des Kaisers Friedrich I. Barbarossa verfaßte. Die alten Raben ziehen immer noch ihre Kreise und so wird auch Kaiser Rotbart wohl noch weiter seine Ruhe pflegen (Bild 1 und 2).

Zur Geschichte des Barbarossaturms

Der Wehr- und Wohnturm wurde zur Zeit Kaiser Barbarossas nach 1150 errichtet. Bis in sieben Meter Höhe sind seine aus Buckelquadern bestehenden Mauern im Bereich des Verliesgeschosses über drei Meter dick. Sie verjüngen sich in den oberen Bereichen auf eine Wanddicke von 2,40 m beziehungsweise 1,50 m.

Bild 2: Der schlafende Kaiser Friedrich I, genannt Barbarossa, der Rotbart.

Auf der Ostseite befand sich im Geschoß über dem Verlies ein Trockenklosett, im Geschoß darüber, etwa 10 m über dem Gelände, ist der Eingang mit noch vorhandener Wächternische zu erkennen. Von diesem Geschoß aus, dessen Höhe etwa 5 m betragen hat, führte eine Steintreppe in das darunterliegende Geschoß. Vom Eingangsgeschoß gelangte man über eine offene Steintreppe in den verjüngten oberen Turmteil zur obersten Verteidigungsebene der gesamten Burganlage. Von diesem Teil des Turmes zeugt heute nur noch der etwa 5 m hohe erhaltene Mauerrest.

Der Turm, der seit dem 15. Jahrhundert dem Verfall preisgegeben war und dessen Ruine bereits Goethe bewundert hat, galt nach den letzten statisch-konstruktiven Sicherungen in den 30er Jahren als hochgradig einsturzgefährdet. Gravierend war neben den verheerenden Abwitterungsschäden an den Sandsteinquadern die Tatsache, daß sich in den letzten Jahrzehnten drei rund 10 m hohe und bis zu 280 t schwere Wandteile aus dem Turmgemäuer herausschoben und im Laufe der Zeit so gefährlich schief nach außen geneigt waren, daß sie in die Tiefe zu stürzen drohten.

Bild 3: Blick vom Kaiser-Wilhelm-Denkmal auf die Oberburg mit Barbarossaturm.

In einer sechsjährigen Sanierungszeit konnte der Turm von 1991 bis 1997 grundlegend gesichert und konserviert werden (Bild 3 und 4). Im Rahmen der statisch-konstruktiven Sicherung wurden die bedrohten Wandteile nach vorheriger Verfestigung mit Hilfe einer Stahlkonstruktion und hydraulischen Pressen wieder ins Lot gebracht und mit neuen Mauerteilen sowie Ringverankerungen dauerhaft gesichert.

Die Spritzmörtelschicht auf den oberen Wandteilen und die Neuverfugung der Außen- und Innenflächen sollen ebenso den weiteren Verfall des Barbarossaturms aufhalten wie die Abdeckung der Mauerkrone mit Blei. Die außergewöhnlichen Sanierungsarbeiten, einschließlich der Mauerabdeckung aus Blei, wurden durch die Bennert GmbH Hopfgarten durchgeführt.

Bild 4: Die Ruine des Barbarossaturms wurde sorgfältig restauriert und durch Mauerabdeckungen aus Blei vor dem weiteren Verfall geschützt.

Abdeckung der Mauerkrone mit Blei

Da die obere Wandfläche mit einer Spritzmörtelschicht versehen ist, mußte eine Trennschicht verwendet werden. Damit wird vermieden, daß die Unterseite der Bleiabdeckung durch alkalische Wässer angegriffen werden kann, solange die Mauerkrone vom Regen noch durchfeuchtet ist. Während der Bauzeit wird häufig Regenwasser zwischen Trennschicht und Bleiabdeckung eingeschlossen. Dieses Wasser muß gefahrlos entweichen können. Deshalb wird eine dampfdiffusionsoffene Trennschicht verwendet, beispielsweise eine perforierte Kunststoff-Folie. Bei dem relativ hohen Fugenanteil einer Bleideckung in den Längs- und Querverbindungen kann eingeschlossenes Wasser bei starker Sonneneinstrahlung in Dampfform sowohl nach unten ins Mauerwerk als auch nach oben durch die Falze entweichen.

Bleideckungen müssen folgende Kräfte gefahrlos aufnehmen können: temperaturbedingte Längenänderungen, Windlasten (hier besonders die Windsoglasten) und das Eigengewicht. Bei Mauerabdeckungen, die in Längsrichtung waagerecht verlaufen und in Querrichtung ein leichtes Gefälle von einigen Prozenten aufweisen, spielt das Eigengewicht keine Rolle. Es wird durch die Auflage aufgenommen.

Bildlegende zu Bild 5 und 6:
(1) Natursteinmauerwerk
(2) Dreieckiges Firstholz
(3) Kupfervorstoßblech
(4) Saturnblei, 2 mm dick
(5) Einfacher Liegefalz
(6) Firstabdeckung
(7) Dehnungsausgleich
(8) Firstabdeckung
Bild 5 und 6: Zeichnerische Darstellung einer zweiteiligen Mauerabdeckung aus Blei.

Im allgemeinen werden breite Mauerabdeckungen einteilig ausgeführt, von einer Abtropfkante zur gegenüberliegenden Abtropfkante wird also nur eine Schar benötigt. Hierbei ist immer ein leichtes Gefälle von etwa 2% zu berücksichtigen. Im vorliegenden Fall beträgt die größte Breite 2,40 m. Hier ist bei einer Bleidicke von 2,0 mm eine zweiteilige Ausführung angezeigt. Da die Breite der Mauerabdeckung von 1,50 m bis 2,40 m variiert (Bild 5), wird das Firstholz so gesetzt, daß auf einer Seite ein konstantes Maß - hier von 1,00 m - verbleibt, während die Scharen auf der anderen Seite sich variabel den Breitenänderungen anpassen.

In der Reihenfolge der Arbeiten wird zunächst die Trennschicht verlegt und durch die Kupfervorstoßbleche (3) und das dreieckige Firstholz (2) fixiert. Diese Teile werden mit Dübeln und Schrauben befestigt. Wegen der exponierten Lage des Turmes werden die Vorstoßbleche in 1,0 mm Dicke gewählt, um auch starken Windlasten standzuhalten.

Nach diesen Vorarbeiten werden die Bleischaren verlegt. Für die Kantungen der Scharen ist eine Arbeitsplatte oder ein Arbeitstisch auf dem Gerüst oder dem breiten Gemäuer zweckmäßig. Wie die einzelnen Scharen gekantet werden, ist im Handbuch "Blei im Bauwesen" in dem neuen Teil 3, Abdeckungen, auf den Seiten 38 und 39 dargestellt. Die Hochkantung des Liegefalzes ist durch die dreieckige Form handwerklich einfacher auszuführen als bei einer rechteckigen Firstholzform. Bei einer Dreieckform beträgt die Aufkantung des Liegefalzes nur 45°, bei der Rechteckform 90°. Der hochgeführte Schenkel der Schare wird am Firstholz angenagelt. Hierbei wird die Rückkantung (8) sowohl der Schar (4) als auch der Firstabdeckung (6) im Bereich der Liegefalze ausgeschnitten (Bild 6). Dadurch wird der am Firstholz hochgeführte Teil des Liegefalzes mit nur einer Materialdicke überdeckt. Die Liegefalze werden durch einzelne Kupferhafte von 0,7 mm Dicke und etwa 50 mm Breite im Abstand von rund 50 cm indirekt befestigt.

Die Firstabdeckung (6) wird nur indirekt mit den Scharen durch Verfalzung befestigt. Die einzelnen Teile werden durch einen eingefalzten Abdeckstreifen (7) miteinander verbunden. Dadurch ist die thermisch bedingte Materialausdehnung berücksichtigt. Die Längenänderung beträgt je Meter bei 100°C Temperaturdifferenz knapp 3 mm. Die Abmessungen der einzelnen Bleibahnen sind dickenabhängig in Teil 1, Technische Regeln, des Handbuches "Blei im Bauwesen" dargestellt.

Wie bei allen Bleiarbeiten gibt es auch hier noch andere technisch richtige Lösungen mit jeweils unterschiedlichem Aufwand und unterschiedlichem Preis. Die hier gewählte Ausführung ist recht günstig. Sie kommt mit einer Bleidicke von 2 mm aus. Löt- und Schweißarbeiten sind nur in geringem Umfang an den Ecken erforderlich. Der Aufwand an Treibarbeiten ist minimal. Das "Ineinanderhaken" der vorgefalzten Scharen im Bereich des 45°-Winkels erscheint zunächst schwierig, weil diese Methode weniger bekannt ist. Hat man aber zwei bis drei Platten verlegt und gemerkt, wo es hakt, stellt man sehr schnell fest, daß man kein "Druide" sein muß, um eine solche Arbeit formvollendet auszuführen.

Weitere Informationen:

Gütegemeinschaft Bleihalbzeug e.V.
Am Bonneshof 5
40474 Düsseldorf
Tel.: (02 11) 47 96-1 91
Fax: (02 11) 47 96-4 13


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