IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 6/1999, Seite 166 ff.


SANITÄR-/HEIZUNGSTECHNIK


Verbrauchserfassung per Funk

Die effiziente Datenerfassung

Hans-Peter Müller*

Eine verbrauchsabhängige Wasser- und Energiekostenabrechnung setzt voraus, daß die erfaßten Volumen- und Energiemengen genau registriert werden und korrekt in die Datenverarbeitungsprogramme des Meßdienstunternehmens zur Abrechnungserstellung einfließen. Hierzu werden die Daten entweder manuell durch Ableser von jedem Erfassungsgerät übernommen oder Systemtechnikkomponenten eingesetzt, die diese Daten sammeln und somit das Ablesen vor Ort überflüssig machen. Der Einsatz von automatisierten Systemen ermöglicht die Erfassung zeitgleicher stichtagsbezogener Zählerstände, die ein Höchstmaß an Gerechtigkeit für jeden einzelnen Nutzer gewährleisten, ohne daß dieser am Termin der Ablesung anwesend sein oder den Wohnungszutritt für Dritte (dem Ableser) ermöglichen muß.

Der Einsatz dieser Technologien zur Ablesung der Verbrauchsdaten basiert auf den sozialen Veränderungen der Gesellschaft und dem veränderten Nutzerverhalten in Wohn- und Gewerbeflächen. D.h., sowohl die Lebensgewohnheiten der Bewohner als auch die Bewohnerstruktur haben sich derart verändert, daß Wohnungen tagsüber häufig nicht mehr bewohnt und somit zugänglich sind. Diese Tendenz wird zukünftig weiterhin zunehmen, da der Anteil an Single- und Doppelverdienerhaushalten stetig wächst.

Ein heute oft anzutreffendes Verhalten, das mit dem Schlagwort "Cocooning" bezeichnet wird, erschwert zusätzlich das Ablesen der Verbrauchswerte. Die Bewohner ziehen sich aus individuellen Gründen immer mehr in ihre Privatsphäre zurück und wollen hier ungestört sein. Und nicht zuletzt werden Einbausituationen für Erfassungsgeräte vorgefunden, die eine Inspektion der Geräte bzw. das Ablesen der Verbräuche unmöglich erscheinen lassen. Als ein Beispiel kann hier die Einbausituation von Wärmezählern hinter abgehängten Decken oder verkleideten Flächen genannt werden. Der Zugang hierzu kann sich sehr aufwands- und damit kostenintensiv gestalten. Diese Tatsachen erschweren oder machen es manchmal unmöglich, die Verbrauchswerte direkt an den Erfassungsgeräten abzulesen, um anhand der Ergebnisse die verbrauchsbezogene Abrechnung zu erstellen. Hier können durch Fernablesesysteme Lösungen angeboten werden, die den Aufwand zur Abrechnungserstellung reduzieren und zusätzlich durch die vielen Vorteile die Attraktivität für Wohn- und Gewerbegebäude sowohl für Investoren und Vermieter als auch für Eigentümer und Mieter steigern.

Vorteile

Hausverwaltungen wird die Möglichkeit geboten, die Chancen zur Vermietung oder zum Verkauf des Objektes durch eine gehobene Ausstattung zu optimieren und sich damit von deren Wettbewerbern abzuheben. Außerdem können die Aufwände für Zutrittsbeschaffung zu Ablesezwecken und eventuelle Streitigkeiten bei Schätzungen im Falle mehrmaligen Nichtantreffens reduziert werden. Hierzu müssen die Geräte manipulationssicher sein, so daß ein Anzweifeln der Abrechnung und damit verbundene Unstimmigkeiten ausgeschlossen sind. Sowohl in Neu- als auch in Altbauten müssen die Erfassungskomponenten problemlos und ohne großen Aufwand installiert werden können, da zusätzliche Kosten durch Kabelverlegungen oder Netzanschlüsse selten toleriert werden.

Lösung

Um den Anforderungen sowohl im Neu- als auch im Altbau gerecht zu werden und die Vorteile einer solchen Technologie für alle Gebäudearten zu erschließen, werden Funksysteme eingesetzt, die ohne Verkabelung auskommen und damit höchstmögliche Flexibilität bieten.

Derzeit finden zum Großteil unidirektionale Systeme Einsatz, da mit dieser Technik die bestehenden Anforderungen an eine Ablesung ohne Betreten der Nutzräume abgedeckt werden können. Für die Verbrauchsdatenerfassung ist diese Technik geeignet, da keinerlei zeitkritische Faktoren Einfluß auf die Datenübergabe haben und eine Kontaktaufnahme zu den Erfassungsgeräten nur bei der Erstinstallation erforderlich ist, um diese mit den speziell auf ihr Einsatzfeld konfigurierten Daten zu programmieren. Sollte sich am Einsatzfeld, z.B. bei Heizkörpertausch eine Änderung der Konfigurationsdaten ergeben, kann diese Änderung am Gerät während der erforderlichen Montagearbeiten ausgeführt werden.

Bei dieser angewandten Technik verfügen die einzelnen Erfassungsgeräte über ein Sendemodul, welches die Daten mehrmals an die Empfängerbausteine sendet, so daß temporäre Störungen im Falle eines überlasteten Funkkanals keinerlei Einfluß auf die Datenübergabe haben. Bidirektionale Systeme, bei denen über ein Handheld-Servicegerät mit den Erfassungsgeräten, die sowohl über eine Sende- als auch ein Empfangsmodul verfügen, kommuniziert wird, sind dagegen darauf angewiesen, während der Ablesung auf eine optimale Funkumgebung, d.h. wenig belasteten Funkkanal zu treffen. Ist dies nicht der Fall, kann sich die Ablesung vor Ort sehr zeitaufwendig gestalten.

Um den kompletten Wärme- und Wasserverbrauch zu registrieren, werden den Einsatzbedingungen speziell angepaßte Erfassungskomponenten eingesetzt.

Bild 1: Systemkomponenten des Funksystems data-tech zur Verbrauchsdatenerfassung.

Systembausteine

Bild 1, Markierung (1) zeigt einen elektronischen Heizkostenverteiler, der die Wärmeerfassung per Zweifühlersystem durchführt und heizkörperspezifisch den Verbrauchswert ermittelt. Jeder Heizkostenverteiler wird individuell auf den vorgefundenen Heizkörper abgestimmt und entsprechend kodiert. Die Batterie hat eine Lebensdauer von über zehn Jahren. Sollte innerhalb dieser Zeit ein Gerätedefekt auftreten oder eine Manipulation durch den Nutzer erfolgen, werden diese Informationen taggenau an den Empfänger übermittelt, so daß der Kundendienst am Tag der Ablesung aktiv werden kann.

Zur Erfassung des Wasserverbrauchs werden Warm- und Kaltwasserzähler (2) eingesetzt. Hierbei handelt es sich um elektronische Meßkapselzähler, die durch das umfangreiche Zubehör an jede Einbausituation angepaßt werden können. Sowohl Auf- und Unterputzmontagen als auch Installationen an Wohnungsabsperrventilen können durchgeführt werden. Die eingesetzten Wasserzähler ermöglichen es dem Endkunden, den auf der Abrechnung vorgefundenen Wert zu kontrollieren, da jeder einzelne Zähler den Wert zum einprogrammierten Stichtag abspeichert. Unsicherheiten bei der Abrechnungskontrolle sind somit ausgeschlossen.

Bild 2: Systemdarstellung einer mit Funk ausgerüsteten Liegenschaft.

Der Wärmeverbrauch von Fußbodenheizungen etc. wird per Wärmezähler (5) registriert. Sowohl der Kompaktwärmezähler mit integriertem Vor- und Rücklauffühler als auch die Splitt-Version können per Funkinterface (3) in das Funksystem integriert werden. Hierzu wird eine Kabelverbindung zwischen dem jeweiligen Wärmezähler und dem Interface hergestellt.

Damit wird es möglich, das Interface bei funktechnisch problematischen Einbausituationen abgesetzt zu installieren und die Übertragung sicher zu gewährleisten. Während der Installation werden vom Interface die relevanten Basisdaten des angeschlossenen Wärmezählers abgefragt, in ein Funkprotokoll verpackt und verschlüsselt an die Empfänger (4) gesendet.

Die Empfänger des Funksystems werden im öffentlich zugänglichen Bereich installiert. Da inklusive des Empfängers alle Komponenten mit Batterien betrieben werden, entfällt der Verkabelungsaufwand mit der 230 V Netzversorgung. Der Empfänger wurde so konzipiert, daß er durch seine Formgebung maximale Sicherheit, z.B. bei Umzügen oder im Montagebereich von Eingangstüren bietet und optisch unauffällig im Treppenhaus installiert werden kann. Die Erfahrungen der letzten Jahre zeigen, daß weder Architekten in der Planungsphase noch die Bewohner der Liegenschaften, in denen das Funksystem eingesetzt wurde, die Empfänger als optischen Störfaktor empfinden. Auch Sabotagefälle sind bislang nicht bekannt, was auf das unauffällige Design der Empfänger zurückzuführen ist. Sollten hier bei der Planung Bedenken auftreten, finden Zusatzmodule Einsatz, die es ermöglichen, die Empfänger an geschützten Stellen zu montieren.

Das Zusatzmodul kann im öffentlichen Bereich installiert werden, da es keinen Einfluß auf die Erfassung und die Datenübertragung hat und damit eine bei Sabotage unkritische Komponente darstellt.

Bild 3: Ablesung der im Hausflur installierten Empfänger.

Funktionsweise

Die einzelnen Erfassungsgeräte registrieren den Energie- und Wasserverbrauch, speichern jeweils die Werte zum Stichtag, der Monatsmitte und des Monatsendes ab und senden diese verschlüsselt an die Empfänger. Zusätzlich werden in dem Protokoll gerätespezifische Daten und Statusmeldungen übertragen. Die Empfänger gehen einmal monatlich auf Empfang, um die Verbrauchstelegramme aufzunehmen. Hierbei steht ein Zeitfenster von 24 Stunden zur Verfügung, damit sichergestellt ist, daß bei einer temporären Überlastung des Funkkanals die Verbrauchsdaten sicher erfaßt werden können. Sowohl funktechnische Voraussetzungen als auch die mehrfache Sicherheit, daß alle Daten zur Verbrauchskostenabrechnung vorliegen, erfüllt das System, denn es werden generell mehrere Empfänger eingesetzt. Dies hat den Vorteil, daß die Verbrauchsdaten redundant vorliegen. Baumaßnahmen, die das funktechnische Umfeld beeinflussen, haben keinen Einfluß auf die Funktionsweise. Somit wird die Ablesung der Verbrauchswerte sichergestellt, die einmal jährlich durch geschultes Personal übernommen wird.

Der Ableser verwendet hierzu ein Servicegerät, in dem alle liegenschaftsbezogenen Informationen vorliegen. Die Verbindung zu den einzelnen im öffentlichen Bereich installierten Empfängern wird per Schnittstellenkabel hergestellt, die verschlüsselten Daten ausgelesen und in eine Datenbank übernommen, um sie den einzelnen Nutzeinheiten zuzuordnen. Erst im Servicegerät erfolgt aus Sicherheitsgründen die Entschlüsselung der Datentelegramme, die anschließend zur Erstellung der verbrauchsabhängigen Abrechnung herangezogen werden.

Datenschutz

Da gewährleistet werden muß, daß die für die Abrechnung genutzten Daten nicht manipuliert werden können und aus Datenschutzgründen kein Einblick auf das einzelne Nutzerverhalten ermöglicht werden darf, hat man sich für verschiedene Sicherheitsmechanismen entschieden. So werden die Daten in den einzelnen Erfassungsgeräten unter Verwendung des DES-Standards verschlüsselt, somit codiert gesendet und ohne Entschlüsselung in den Empfängern abgespeichert. Das Nutzerverhalten kann nicht verfolgt werden, da die Verbrauchsdaten nur zur Monatsmitte und zum Monatsende in den Erfassungsgeräten abgespeichert werden und die Datenaktualisierung im Empfänger nur einmal pro Monat erfolgt. Gesundheitliche Beeinträchtigungen können ausgeschlossen werden, da bei diesem System bewußt auf geringe Sendeleistungen, je nach Gerät zwischen 1 und 5 mW, Wert gelegt wurde. Mit den heute zur Verfügung stehenden Meßgeräten sind weder thermische noch athermische Effekte feststellbar, die eine Gesundheitsgefährdung für Menschen und Umwelt darstellen könnten. Mit einer mittleren Sendeleistung pro Tag von etwa 0,000032 mW wird im Laufe eines Jahres eine Sendeenergie abgegeben, die mit einem heute üblichen DECT Telefon in 1 Min. 45 sec. abgestrahlt wird.

Vor Einführung des Funksystems sind vielfältige Funktionstests durchgeführt worden, um Kenntnisse über Kommunikationsverhalten, Einsatzgrenzen usw. zu gewinnen, die sich in der eingesetzten Technik wiederfinden. Seit 1996 wird das Funksystem in der Bundesrepublik Deutschland erfolgreich eingesetzt. Darüber hinaus ist es noch in 14 weiteren Ländern zugelassen und kommt auch dort zum Einsatz.

Bild 4: Liegenschaft Beethovenstraße in Oldenburg - Ein Gebäude mit höchstem Ablesekomfort.

Referenzen

So wie in der abgebildeten Liegenschaft Beethovenstraße 8 - 10 in Oldenburg (Bild 4) wurden bis heute über 60.000 Nutzeinheiten mit dem Funksystem "data-tech" von Techem ausgestattet. Wie auch in der abgebildeten Liegenschaft schätzen sowohl die Bauherren als auch die Hausverwaltungen und die Bewohner den Komfort durch die Ablesung ohne Wohnungszutritt. Der Aufwand für die Wohnungswirtschaft reduziert sich in diesen Liegenschaften deutlich, da weder Terminabsprachen noch Schlüsselbeschaffungen oder Benachrichtigungen erforderlich sind. Die Tendenzen zeigen: Ablesen ohne Wohnungszutritt wird heute nicht mehr als Luxus betrachtet, sondern als Standard eingestuft, der allen Beteiligten das Leben erleichtert.

Fachbegriffe

Erläuterung der Fachbegriffe

Redundante Datenvorhaltung

Sowohl Geräteinformationen als auch die Verbrauchswerte stehen durch Verwendung mehrerer Empfänger mehrfach zur Verfügung. Eine sichere Datenverfügbarkeit ist gewährleistet.

Cocooning

Soziale Verhaltensform: Äußert sich durch Zurückziehen von Personen in ihre Wohnung, beabsichtigte Abschottung gegenüber Mitmenschen.

unidirektionale Systeme

Kommunikationsweg nur in eine Richtung. Die Erfassungsgeräte verfügen nur über Sender, die die Daten an Empfänger übermitteln.

bidirektionale Systeme

Kommunikation ist in beide Richtungen möglich. Die Erfassungsgeräte verfügen über Sender und Empfänger so daß die Erfassungsgeräte gezielt angesprochen werden können.

Handheld Servicegerät

Servicegerät im handlichen Format, wie z.B. Handys: In bezug auf Funksysteme heißt dies, daß mit diesen Geräten die Erfassungsgeräte gezielt angesprochen und abgelesen werden.

Interface/
Funkinterface

Übersetzungsmodul, das die Schnittstelle zwischen Erfassungsgerät und der erforderlichen Funkkomponente darstellt, falls ein Meßgerät nicht über eine integrierte Funkkomponente verfügt.

DES-Standard

Verschlüsselverfahren zum Schutz sicherungsrelevanter Daten.

DECT-Telefon

Kabellose Telefone (keine Handys) für den wohnungsinternen Gebrauch.

 


* Hans-Peter Müller, Produktmanager Systemtechnik bei der Techem AG & Co., Frankfurt.


B i l d e r :   Techem AG & Co KG, Frankfurt


[Zurück]   [Übersicht]   [www.ikz.de]