IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 5/1999, Seite 52


UNFALL-/ARBEITSSCHUTZ


Absturzsicherungen auf Baustellen

Richtlinien für die Praxis

Abstürze machen rund die Hälfte aller Unfälle am Bau aus, sie sind aber nicht nur häufig, sondern oft auch folgenschwer. Aus diesem Grund sind die vorgeschriebenen Schutzmaßnahmen besonders umfangreich und bis ins Detail festgelegt.

Die Unfallverhütungsvorschrift Bauarbeiten versucht, möglichst allen Arbeitssituationen am Bau gerecht zu werden. Sie unterscheidet nach verschiedenen Absturzhöhen, Situationen oder besonderen Arbeitsvorgängen. Entscheidend für den Einsatz von Absturzsicherungen ist vor allem die Absturzhöhe. Das ist der Höhenunterschied zwischen einer Absturzkante, einem Arbeitsplatz oder einem Verkehrsweg und der nächsten tieferliegenden ausreichend breiten und tragfähigen Fläche. Anhand der Absturzhöhen läßt sich eine Systematik bezüglich der Absturzsicherungen erstellen.

Seitenschutz als kollektive Absturzsicherung.

Absturzhöhen

Unabhängig von der Absturzhöhe sind an Arbeitsplätzen und Verkehrswegen über Wasser oder anderen festen oder flüssigen Stoffen, in die man versinken kann, Absturzsicherungen zu schaffen.

Absturzhöhe > 1,00 m

Sicherungsmaßnahmen sind ab mehr als 1,00 m Absturzhöhe zu treffen:

• an freiliegenden Treppenläufen und -absätzen,

• an Wandöffnungen,

• an Bedienungsständen von Maschinen (z.B. einer Betonmischanlage) und an deren Zugängen.

Das Regelmaß: Absturzhöhe > 2,00 m

In allen sonstigen allgemeinen Situationen sind auf Baustellen Arbeitsplätze und Verkehrswege ab mehr als 2,00 m Absturzhöhe zu sichern. Dies gilt vor allem auch für Arbeiten auf Gerüstbelägen, ganz gleich, ob es sich um ein einfaches Bockgerüst oder um ein kompliziertes Raumgerüst handelt.

Fanggerüst: Maße.

Speziell für Dächer: Absturzhöhe > 3,00 m

Diese Absturzhöhe wurde für Arbeitsplätze und Verkehrswege auf Dächern eingeführt. Grund dafür war unter anderem die hohe Unfallbelastung bei Dacharbeiten, die früher bis zu einer Absturzhöhe von mehr als 5,00 m ohne Absturzsicherungen ausgeführt werden durften. Bei den Arbeiten auf Dächern sind fünf grundsätzliche Fälle zu unterscheiden:

1. Bei Arbeiten auf Dächern mit weniger als 20° Neigung können unabhängig von der Absturzhöhe Sicherungsmaßnahmen entfallen, wenn im Randbereich von 2,0 m keine Arbeiten durchgeführt werden. In diesem Fall muß eine feste Absperrung vorhanden sein. Bei umfangreichen Dacharbeiten im Randbereich ist eine fest angebrachte Schutzmaßnahme gegen Absturz notwendig.

2. Bei Dächern mit einer Dachneigung von 20° bis 60° wird die Absturzhöhe von der Traufkante aus gemessen.

3. Anders sieht die Situation bei Dächern mit mehr als 60° Dachneigung aus. Weil hier das Abrutschen einem Absturz gleichzusetzen ist, zählt als Absturzhöhe die tatsächliche Höhe des Standplatzes eines Mitarbeiters auf dem Dach. Liegt diese Standfläche mehr als 3,00 m über dem Boden (der Auftreffstelle), sind Absturzsicherungen (Fanggerüst siehe Grafik) zu schaffen.

4. Bei Arbeiten auf Dachflächen mit einer Neigung von mehr als 45° bis 60° darf der Höhenunterschied zwischen Arbeitsplätzen und Verkehrswegen und den Einrichtungen zum Auffangen von Personen auf der Dachfläche nicht mehr als 5,00 m betragen. Bei diesen Neigungen soll verhindert werden, daß Personen auf der Dachfläche mehr als 5,00 m tief abrutschen können.

5. Auf Dachflächen, die an senkrechte Giebelwände grenzen, muß zu dieser Seite hin eine Absturzsicherung geschaffen werden, wenn die mögliche Absturzhöhe mehr als 3,00 m beträgt.

Absturzsicherung am Giebel.

Die 5-Meter-Grenze

Bis zu 5,00 m Absturzhöhe dürfen nur noch folgende Arbeiten ohne Absturzsicherung durchgeführt werden:

• Mauern über die Hand

• Arbeiten an Fenstern

"Mauern über die Hand" bedeutet, daß der Mitarbeiter zwischen seinem Standplatz und der Absturzkante Mauerwerk errichtet. In diesem Fall hat der Mitarbeiter die Gefahrenstelle deutlich vor Augen und kann sich entsprechend vorsichtig verhalten. Zu den zulässigen Arbeiten an Fenstern zählen u.a. Maler- und Gebäudereinigungsarbeiten, nicht jedoch der Ein- und Ausbau von Fenstern.

Dachfanggerüst.

Ausnahmen

In Ausnahmefällen kann unter bestimmten Bedingungen eine Absturzsicherung an Arbeitsplätzen und Verkehrswegen entfallen. Dies ist der Fall wenn:

• Arbeiten durchgeführt werden, deren Eigenart und Fortgang diese Sicherungen nicht oder noch nicht rechtfertigen; Voraussetzung dafür ist aber, daß die Arbeiten von fachlich geeigneten Personen und nach Unterweisung durchgeführt werden,

• die Bereitstellung oder Herstellung einer Sicherungsmaßnahme oder -einrichtung sowie deren Beseitigung mit größeren Gefahren verbunden ist als die durchzuführende Arbeit,

• Arbeitsplätze und Verkehrswege höchstens 30 cm von anderen tragfähigen und ausreichend großen Flächen entfernt sind (z.B. Gerüstbelag in Höhe einer Geschoßdecke),

• Arbeitsplätze innerhalb gemauerter Schornsteine oder ähnlicher Bauwerke mindestens 0,25 m unter der Mauerkrone liegen,

• Arbeitsplätze und Verkehrswege auf Flächen mit weniger als 20° Neigung liegen und in mindestens 2,00 m Abstand von den Absturzkanten fest abgesperrt sind (z.B. durch Geländer, Ketten oder Seile).


B i l d e r :   Bau- Berufsgenossenschaft Bayern und Sachsen


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