IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 3/1999, Seite 40 ff.


INTERVIEW


Hansgrohe und die Ausrichtung im Markt

Daß in der Armaturenindustrie ein starker Wettbewerbswind bläst, hat sich mittlerweile bestätigt, dies belegen neueste Entwicklungen und Firmenkonjunkturen. Hinzu kommen unterschiedliche Sichtweisen zu Rabattierung, Vertriebsweg und Konditionen. Dr. Claus-Peter Fritz, Leiter Marketing und Vertrieb Deutschland, Hansgrohe, führte mit der IKZ-HAUSTECHNIK-Redaktion ein Gespräch, das die Hintergründe und Sichtweisen des Markenherstellers verdeutlichen soll.

IKZ-HAUSTECHNIK: Die Baumarktpräsenz führender SHK-Hersteller hat in den letzten Jahren unverkennbar zugenommen. Gibt es eine Allkanal-Strategie, die z.B. durch zusätzliche Markennamen abgedeckt wird?

Dr. Fritz: Für eine Allkanal-Strategie eignet sich eine Markenpolitik mit nur einer Marke deutlich besser, da der Bekanntheitsgrad dadurch steigt. Wählt man, wie wir, eine Strategie mit drei Marken für unterschiedliche Segmente im professionellen Handel, sind erhebliche Investitionen erforderlich. Für eine Allkanal-Strategie würden sich diese Investitionen nicht rechnen. Tatsächlich werden wir oft auf dieses Thema angesprochen. Auch machen uns die Baumarktangebote erhebliche Probleme. Die Hypothese jedoch, daß es Hansgrohe nur recht sein könne, wenn der Rubel auch in diesem Segment rollt, ist sehr vordergründig. Die Negativreaktion von Großhändlern und Handwerk ist enorm. Die Verärgerung der Marktpartner ist ein hohes Risiko und die Umsätze mit den Großhändlern, die in Baumärkte liefern, sind viel zu klein, um das Wagnis einer aktiven Förderung einzugehen.

"Axor ist eine eigenständige Marke."

IKZ-HAUSTECHNIK: Welche Gründe führten zur Differenzierung der Marken Hansgrohe und Axor?

Dr. Fritz: Axor deckt das hochwertige Segment Design und Lifestyle ab und besitzt für den Einkäufer eine eigenständige Markenbotschaft. Hansgrohe dagegen ist als Profi-Handwerkermarke für das Mengengeschäft mit dem Installateur positioniert. Wir differenzieren über die Marken also das Ausstellungsgeschäft vom normalen Geschäft. Da der Endkäufer den Hintergrund zu den Marken nicht kennt und sie über die Werbung neu lernt, kann er sich auch eine neue eigenständige Marke wie Axor einprägen. Wir rechnen mit einer Produktnamen-Integration von etwa fünf Jahren. Dem Handwerk wird es damit möglich sein, ein weiteres zielgruppenorientiertes Markenprodukt anzubieten.

IKZ-HAUSTECHNIK: Aus welchem Grund hat Hansgrohe ein Problem mit der professionellen Vertriebsschiene bzw. mit der Baumarktbelieferung?

Dr. Fritz: Dazu muß man die Hintergründe der Vertriebsbindung klarstellen. Bereits Ende der siebziger Jahre wurde aufgrund eines Rechtsverfahrens vor dem Kartellamt von Armaturenherstellern ein Argumentationsweg aufgebaut, der lautete: Wir verkaufen technische Produkte, die zu ihrer sachgemäßen und wertentsprechenden Installation eines Fachmannes bedürfen. Hansgrohe verkaufte damals - wie heute - im Schwerpunkt Handbrausen, die von jedermann einfach zu installieren sind. Deshalb war und ist eine solche Begründung für uns nicht anwendbar. Eine Vertriebsbindung war für Hansgrohe daher zu keiner Zeit realisierbar. Hinzu kommt, daß der Baumarkt bei diesen einfach zu montierenden Produkten einen deutlich höheren Stellenwert hat. Insbesondere im Ersatzbedarf gehen heute weniger als 50% des gesamten Marktvolumens über den professionellen Vertriebsweg.

"Unsere Markenpower gilt den Profis!"

IKZ-HAUSTECHNIK: Befürchten Sie nicht, daß die Markenprodukte in den Baumärkten zu gefährlichen Einbußen beim Umsatz mit Installateuren führen?

Dr. Fritz: Das Geschäft mit dem Fachhandwerk ist und bleibt unser Hauptgeschäft! Der weitaus größte Teil unseres Umsatzvolumens wird von Fachbetrieben des professionellen Vertriebsweges erzielt. Unsere ganze Marketingpower gilt den Profis, also den Partnern im professionellen Vertriebsweg. Für uns stellt sich die Frage wie wir etwas gegen die anderen Kanäle unternehmen können. Da Lieferungen über den Klageweg eingefordert werden könnten, würden Liefersperren dem professionellen Vertriebsweg großen Schaden zufügen. Diese Probleme sind also sehr schwierig. Eindeutig ist, daß dem professionellen Vertriebsweg die aggressive Werbung mit Markenprodukten in Baumarktkatalogen schadet. Deswegen versuchen wir zusammen mit unseren Partnern in Handel und Handwerk alles um ihr Vertrauen in unsere Marken zu stärken.

IKZ-HAUSTECHNIK: Dieses Vertrauen wird aber zur Zeit aufgrund der Preispolitik, durch den Preisvergleich Verkauf Baumarkt zum Einkauf beim Großhandel, nicht gerade gefördert!

Dr. Fritz: Dumpingpreise im Baumarkt sind für uns als Hersteller, dessen Produkt verramscht wird, ebenso gefährlich wie für die Handelspartner, da damit das Produkt für die Hauptpartner uninteressant wird. Grundsätzlich müssen wir uns im professionellen Vertriebsweg aber auch Gedanken dazu machen, daß die Ware den Endkunden zu vertretbaren Preisen erreicht.

IKZ-HAUSTECHNIK: Wie bewerten Sie die Entwicklung der Bruttopreisliste in diesem Zusammenhang?

Dr. Fritz: Die Bruttopreisbildung in Deutschland liegt in der Kompetenz des Großhandels, zudem gibt es regional unterschiedliche Bewertungen. Für Hersteller, deren Produkte nicht als Schnelldreher eingestuft wurden, können sich daraus erhebliche Vermarktungsprobleme ergeben. Da die Bruttopreislisten vom Großhandel herausgegeben werden, können wir wohl in den nächsten Jahren nicht mit einer bundeseinheitlichen Liste rechnen. Dies würde kartellrechtlich auch problematisch sein. Im Ausstellungsbereich, also bei der Marke Axor, ergibt sich für uns wie auch für andere Hersteller durch die neue Bruttopreisgestaltung in manchen Listen ein nicht zu unterschätzendes Problem. Für uns bedeutet dies, daß die Marke Axor Schaden nehmen kann und sich die ausstellungsbetreibenden Installateure anderen Lieferwegen und damit auch anderen Herstellern zuwenden könnten.

"Direktbelieferung bedeutet zusätzliche Logistikprobleme."

IKZ-HAUSTECHNIK: In der Firmengruppe zu der auch Hansgrohe gehört, ist ein entsprechendes Schwesterunternehmen organisiert, wie sehen Sie deren Aktivität im Markt?

Dr. Fritz: Bitte haben Sie Verständnis dafür, daß wir uns zur Vertriebspolitik unserer Wettbewerber nicht äußern können.

IKZ-HAUSTECHNIK: Hat sich das Problem der alternativen Lieferwege der Großhandel über sein Listungsgebaren nicht selbst zuzuschreiben?

Dr. Fritz: Traditionell beansprucht der Großhandel die Sortimentsfreiheit, d.h. die Freiheit, das von ihm gewählte Sortiment frei zu bestimmen. Dabei hat sich der deutsche Großhandel im Bereich Armaturen in seiner Mehrheit dafür entschieden, fast ausschließlich deutsche Markenhersteller als Lieferanten auszuwählen. Dies schränkt auf der einen Seite die im Markt über den Großhandel bereitstehenden Sortimente ein, garantiert aber auf der anderen Seite, daß die deutschen Hersteller im deutschen Markt einen weltweit einmaligen Service bieten. Hier müssen die Kunden des Großhandels, die Installateure, abwägen, ob das angebotene Leistungsgesamtpaket für sie interessant ist.

IKZ-HAUSTECHNIK: Die Preisbildung und Rabattierung sind unternehmerische Aufgaben jedes Installateurs. Aufgrund der Abgabepreise der Baumärkte könnte dies dazu führen, daß der Fachhandwerker bestimmte Produkte direkt über den Baumarkt bezieht. Wie beurteilen Sie diese Problematik?

Dr. Fritz: Es gibt zahlreiche Studien zu den unterschiedlichen Lieferwegen. Über die Direktbelieferung durch Service-Unternehmen ist es durchaus möglich, SHK-Betriebe mit den gewünschten Produkten direkt ab Hersteller zu versorgen. Die Anlieferung zum Lager des Betriebes ist sicherlich kein Problem, die termingerechte Zustellung zur Baustelle funktioniert jedoch nicht. Auch die Zusammenführung, der unterschiedlichen Komponenten eines Bades ist schwierig zu händeln. Dies würde zusätzliche Logistik- und Lagerprobleme für das Handwerk bedeuten. Nicht zuletzt darf man die Bankfunktion des Großhandels unterschätzen, von der etliche Handwerksbetriebe abhängig sind. In unserer Struktur hat daher der Großhandel durchaus seine Berechtigung.

IKZ-HAUSTECHNIK: Wie beurteilen Sie die derzeitigen Ergebnisse der Rabattierung für Installateure mit Badausstellung?

Dr. Fritz: Es gibt zwei Installateurgruppen. Die einen sind die Verkaufsaktiven, das sind Installateure, die unter anderem im Objektbereich tätig sind und dort gute Umsätze erzielen. Die anderen sind die Ausstellungsaktiven, die mit einer Badausstellung Einzelhandel im direkten Verkaufsgeschäft betreiben. Der Einsatz der Betriebe mit Ausstellung muß in irgendeiner Weise honoriert oder gestützt werden, da die Investitionen für die Ausstellung nicht unerheblich sind. Außerdem gibt es eine Berechtigung für Ausstellungsstützpunkte um den Endkunden professionell beraten und bedienen zu können. Dies ist auch der Wunsch der Industrie. Eine einseitig orientierte Rabattierung ist allerdings bedenklich. Es muß zu einer fairen und nachvollziehbaren Vereinbarung kommen. Eine Lösung wäre z.B. für die Nutzung einer Badausstellung des Großhandels einen Obolus zu entrichten. Es ist aber schwieriger jemanden in die Tasche zu greifen, als eine entsprechende Rabattierung zu vereinbaren. Ein Patentrezept sehe ich nicht. Die Industrie muß für diese Marktoffensive mit Ausstellungsaktiven eine qualifizierte Schulung im Bereich der Beratung und des Marketings anbieten. Entsprechende Seminare und Informationen bietet Hansgrohe an, darüber hinaus können I-Club-Mitglieder auch mit Unterstützung für die Planung und Einrichtung einer Badausstellung rechnen.


Persönliches

Dr. Claus-Peter Fritz (38) wurde in Reutlingen, Baden-Württemberg, geboren. Nach dem Abitur in Schorndorf/Remstal studierte er in Tübingen Rechtswissenschaften. Nach einem Auslandsaufenthalt in Chicago, USA, anwaltliche Spezialisierung auf gewerblichen Rechtsschutz - insbesondere Markenrecht, das Thema seiner späteren Promotion.

Den Einstieg in die Sanitärbranche fand Dr. Fritz als Assistent des Vorstandsvorsitzenden der Hansa Metallwerke AG, Stuttgart, wo er nach verschiedenen Projekten Anfang 1995 die Gesamtleitung Marketing und Vertrieb Sanitär übernahm. Seit Juni 1997 ist er bei Hansgrohe verantwortlich für International Business Development und mit Juli 1998 auch für den Bereich Marketing und Vertrieb Deutschland.


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