IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 2/1999, Seite 3


EDITOTRIAL


Quo vadis ISO und DIN EN

Der Rückzug der deutschen Industrie kommt einer Kapitulation gleich

Mit dem großen personellen Kahlschlag innerhalb der deutschen Industrielandschaft während der letzten Jahre verabschiedeten sich auch führende, international aktive Unternehmen aus den vereinten Bemühungen der Europäer, international geltende Normen und Standards homogen und für alle Partner akzeptabel zu gestalten.

Die finanziellen Belastungen der kontinuierlichen Normungsarbeit, im Gesamtbudget eines Großunternehmens mit den Kosten für die Position des Nachtpförtners in etwa vergleichbar, war den eifrigen Controllingabteilungen und Unternehmensberatungen als unproduktiver Faktor stets ein Dorn im Auge. Ein kleiner Posten auf langen Streichlisten.

Leider nicht nur in den Unternehmen regierte aus dem Zwang zur Kostensenkung heraus der Rotstift. Auch die inzwischen selbst zu einem geschichtlichen Ereignis der Vergangenheit zählende Bundesregierung kürzte die bis dato notwendigen finanziellen Zuwendungen. Aktivposten, die dringend für eine deutsche Beteiligung bei der Neu- und Erstfassung internationaler Normen benötigt wurden.

Die verheerenden Folgen dieser emotionslosen Streichorgien werden bereits in naher Zukunft die deutsche Wirtschaft, den Noch-Exportweltmeister, mit voller Härte treffen.

Dieses Urteil klingt sehr hart. Ist aber absolut real und fundiert:

Als ein markantes Beispiel ist der DVS (Deutscher Verband für Schweißen und verwandte Verfahren e.V.) zu nennen. Für diesen altehrwürdigen und bisher sehr aktiven Verband haben diese finanziellen Kürzungen erhebliche negative Auswirkungen auf den Wirkungsgrad. So werden deutsche Teilnehmer auf den Sitzungen des CEN nur noch als Einzelpersonen gesichtet, wenn überhaupt ein deutscher Vertreter zugegen ist. Im Gegensatz zu den amerikanischen und japanischen Mitgliedern. Diese rücken stets in schlagkräftigen Teams von fünf und mehr Fachleuten an und üben über diese geballte Fachkompetenz einen enormen Druck auf die Gestaltung der international verbindlichen Normen aus. Einen Druck in der Richtung, daß diese Vorschriften weitestgehend nationale amerikanische (ASTM) und japanische (JS) Normen im Wortlaut übernehmen. Nach Möglichkeit sogar im Maßstab 1 : 1! Dies erspart den eigenen Exportindustrien kostspielige Umstellungen von Produktion und Produkten auf neue internationale Standards. Gleichzeitig wird der Export erleichtert, da sich die Länder diesen neuen internationalen Standards unterwerfen und ihre nationalen Vorschriften diesen anpassen müssen.

Der Wunschtraum der deutschen Fachwelt, vielleicht sogar ein sogenanntes "Sekretariat" zu beherbergen, wird unter diesen Umständen ohnehin nur ein solcher bleiben. Diese Sekretariate sind die organisatorischen und fachlichen Zentren für die Normengebung auf internationaler Ebene. An den Sitzen dieser werden meist auch alle Beratungen durchgeführt und wichtige Entscheidungen gefällt. Die Sekretariate werden durch einzelne Staaten übernommen und finanziert. Wie sollte es anders sein: meist von den USA, Japan oder Großbritannien. Die deutschen Vertreter stehen vielfach als Zuschauer nur außen vor.

Aber dort, wo diese Sekretariate ihren angestammten Platz haben, finden nun einmal die meisten Sitzungen statt. In Tokio, Atlanta, London oder anderen, für deutsche Teilnehmer sehr ferne und nur mit hohem finanziellen Aufwand erreichbare Orte.

Das hier über die Zukunft der deutschen Exportwirtschaft als dem "Motor der Konjunktur" entschieden wird, scheint nur wenigen Führungskräften Sorgen zu bereiten. Setzen sich amerikanische, japanische, britische und andere Standards verstärkt durch, drohen Kosten in Milliardenhöhe für Produkt-Anpassungen und Produktions-Umstellungen, Kosten, die die Wirtschaft in einer schwierigen Phase treffen und die Preise deutscher Exportgüter zuungunsten der Wettbewerbsfähigkeit beeinträchtigen.

Dipl.-Ing. (FH) Dipl.-Wirt.-Ing. (FH) Ralph Langholz BDVT


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