IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 1/1999, Seite 44 ff.


RECHT-ECK


Baurechtsprechung

Entwicklung der Rechtsprechung zum privaten Baurecht im 1. Halbjahr 1998

RA Friedrich-W. Stohlmann

Auch im 1. Halbjahr 1998 hat sich die Baurechtsprechung weiterentwickelt, so daß ein kurzer Überblick über verschiedene Tendenzen angebracht ist.

Skontoabzug bei Zahlung mittels Verrechnungsschecks

Der Bundesgerichtshof hat in einer Entscheidung die streitige Frage, ob der Skontoabzug bei rechtzeitiger Absendung eines zum Ausgleich der Bauforderung bestimmten Verrechnungsschecks möglich ist, der erst nach Ablauf der Frist bei dem Gläubiger eingeht, bejaht. Die Skontoabrede bestand in dem Passus "zahlbar innerhalb von 40 Tagen mit 3% Skonto". Zur Begründung führte der BGH an, daß es für die Rechtzeitigkeit der geschuldeten Leistung, der Bezahlung der Bauforderung, allein auf die Vornahme der Leistungshandlung, nicht aber auf den Eintritt des Leistungserfolges ankomme. An dieser Entscheidung ist zunächst bemerkenswert, daß der Bundesgerichtshof die Grundsätze der Beurteilung einer Rechtzeitigkeit der Erfüllung der Geldschuld auch auf Skontoabreden für anwendbar hält.

Dieser Auffassung kann nicht gefolgt werden, so daß in der Literatur eine erhebliche Kritik gegen dieses Urteil vorgebracht worden ist. Die Gegner dieses Urteils vertreten zu Recht die Ansicht, wonach es Zweck des Skontos sei, dem Auftragnehmer Liquidität durch Überlassung ansonsten noch nicht fälliger Geldmittel zu verschaffen.

Mängelvorbehalte bei der förmlichen Abnahme

Ob ein Mängelvorbehalt bei der förmlichen Abnahme, der in das Abnahmeprotokoll aufgenommen wird, die Wirkung hat, daß der Unternehmer hinsichtlich der vom Auftraggeber vorbehaltenen Mängel nach wie vor den Beweis zu führen hat, daß das Werk insoweit mangelfrei sei, ist von erheblicher praktischer Bedeutung. Grund für die Aufnahme des Vorbehalts in die Niederschrift der förmlichen Abnahme ist es in erster Linie, dem Auftraggeber die verschuldensunabhängigen Gewährleistungsansprüche zu erhalten. Würde der Auftraggeber die Rüge ihm positiv bekannter Mängel unterlassen, so würden nicht nur die verschuldensunabhängigen Gewährleistungsansprüche, sondern auch ggf. vorliegende Schadensersatzansprüche entfallen.

Ergebnis:

Bei einer durchgeführten Abnahme mit einem Vorbehalt, bezogen auf verschiedene Mängel, hat der Unternehmer nach wie vor die Beweislast dafür, daß das Werk bezogen auf die vorbehaltenen Mängel nicht mangelhaft ist. Demgegenüber hat das OLG Hamburg in einer Entscheidung dargelegt, daß nach der Abnahme auch im Falle des Vorbehalts von Mängeln der Auftraggeber den Nachweis zu führen habe, daß das Werk mangelhaft sei. Die Auffassung des Bundesgerichtshofes berge nämlich die Gefahr in sich, daß der Auftraggeber wahrlos Mängel behaupten und dadurch allein eine wesentliche Folge der Abnahme, den Übergang der Beweislast auf den Besteller, ausschließen könne. Dem OLG Hamburg ist in seiner Auffassung zu folgen.

Anerkenntnis des Vergütungsanspruchs des Auftragnehmers in der korrigierten Schlußrechnung

Das Urteil des OLG Karlsruhe, abgedruckt im Baurecht 1998, S. 403, erörtert Fragen des Anerkenntnisses im Baurecht. Die beklagte Auftraggeberin hatte die ihr von dem Unternehmer übersandte Schlußrechnung nach Vornahme von Abzügen mit dem Vermerk "sachlich geprüft" versehen, in einem beigefügten Schreiben die Abzüge erläutert und gleichzeitig um "gleichlautende Buchung" gebeten.

Zahlung erfolgte seitens der Auftraggeberin jedoch nicht. Der Senat des OLG Karlsruhe ging davon aus, daß dem Prüfvermerk eine rechtsgeschäftliche Bedeutung nicht zukomme, wohl aber der Bitte um "gleichlautende Buchung". Diese sei als Angebot zu werten, das Ergebnis als verbindlich anzusehen und enthalte zugleich ein Anerkenntnis der Zahlungspflicht bezogen auf die anerkannten Leistungsteile. Dieses Vertragsangebot habe der Werkunternehmer dadurch stillschweigend angenommen, daß er die vorgenommenen Abzüge akzeptiert habe.

Zu den Strategien im Bauprozeß gehört es häufig, den geltend gemachten Vergütungsanspruch auch auf behauptete Anerkenntnisse des Auftraggebers zu stützen. Das ist häufig deshalb verfehlt, weil zahlreiche im Bauwesen als Anerkenntnis bezeichnete Umstände keinen rechtsgeschäftlichen Charakter haben. Das gemeinsame Aufmaß begründet lediglich eine rechtliche Bindung hinsichtlich der von beiden Parteien getroffenen tatsächlichen Feststellungen über den Umfang der ausgeführten Arbeiten, hat aber nicht den rechtlichen Erklärungswert, daß damit auch übereinstimmend eine Feststellung der Vergütung verbunden ist.

Auch der Prüfvermerk hat lediglich den Erklärungswert, daß eine rechnerische Prüfung und Feststellung der Einzelpositionen erfolgt ist, nicht aber kommt dem Prüfvermerk ein rechtsgeschäftlicher Erklärungswert des Inhalts zu, daß der sich rechnerisch aus der Überprüfung ergebende Gesamtbetrag auch geschuldet wird. Gleichwohl sind diese "Anerkenntnisse" im täglichen Bereich geeignet, in erleichternder Art und Weise ein Umfang des Vergütungsanspruchs nachweisen zu helfen. Eine bedeutsame Vorfrage wird damit grundsätzlich festgeschrieben, nämlich der Umfang der Arbeiten und damit auch der der Vergütung. Eine Verkürzung und Vereinfachung eines Bauprozesses tritt jedoch nur dann ein, wenn ein echtes Anerkenntnis des Bauherrn im rechtsgeschäftlichen Bereich hinsichtlich der Vergütung vorliegt.

Bauhandwerkersicherungshypothek: Rechtliche Identität von Auftraggeber und Eigentümer des Baugrundstücks

Der sich aus § 648 BGB ergebende Anspruch des Werkunternehmers auf Bestellung einer Bauhandwerkersicherungshypothek setzt u.a. voraus, daß es sich bei dem zu belastenden Baugrundstück um ein Grundstück des Auftraggebers handeln muß. Die früher vielfach vertretene Auffassung, daß eine "wirtschaftliche Identität" zwischen Auftraggeber und Grundstückseigentümer hierfür ausreiche, ist seit der Entscheidung des Bundesgerichtshofes im Jahre 1988 aufgegeben worden. Grundsätzlich müssen Auftraggeber und Eigentümer des Baugrundstücks identisch sein, damit ein Anspruch auf Einräumung einer Bauhandwerkersicherungshypothek entsteht. Ganz zufrieden war die Rechtsprechung allerdings nie mit dieser sehr formaljuristischen Betrachtungsweise, weil sie dem Schutzbedürfnis des Werkunternehmers allzuwenig Rechnung trägt. Zum einen ist zu berücksichtigen, daß ein Werkunternehmer i.d.R. davon ausgehen wird, daß eine Identität des Auftraggebers und des Eigentümers des Grundstücks bestehen. Zum anderen müssen die Fallgruppen befriedigend geregelt werden können, in denen der Eigentümer des Baugrundstückes etwa den Auftraggeber lediglich vorschiebt oder eine enge Verflechtung zwischen Auftraggeber und Eigentümer des Baugrundstückes besteht.

Mit einer solchen Fallgestaltung befaßt sich eine Entscheidung des OLG Dresden (Baurecht 1998, S.136). Auftraggeberin war nicht die im Wege der einstweiligen Verfügung von dem Bauhandwerker auf Bewilligung einer Vormerkung einer Bauhandwerkersicherungshypothek in Anspruch genommene Verfügungsbeklagte, sondern eine andere juristische Person, deren alleinige Gesellschafterin die Verfügungsbeklagte war. Der Senat bejahte einen Anspruch auf Bewilligung einer Vormerkung mit der Begründung, die Bestellerin werde durch die Verfügungsbeklagte, ihre Alleingesellschafterin, beherrscht und die Verfügungsbeklagte habe das Ergebnis der Baumaßnahme dadurch wirtschaftlich verwertet, daß sie das entstandene Wohn- und Geschäftshaus aufgeteilt und die entstandenen Wohn- und Gewerbeeinheiten verkauft und vermietet habe.

Diese Entscheidung des OLG Dresden wird bisher vom Bundesgerichtshof leider nicht mitgetragen, wie wohl sie grundsätzlich zu begrüßen ist.

Gestellter Baggerführer als Verrichtungsgehilfe

Ein Bauunternehmer, der für stundenweise zu erledigende Abbruch- und Verladearbeiten einen Bagger nebst Bedienungsperson benötigte, schloß mit einem Baggerunternehmen einen entsprechenden Vertrag. Der Baggerführer beschädigte einen Sattelschlepper des Bauunternehmers beim Beladen mit Betonplatten. Das OLG Düsseldorf ließ den geltend gemachten Schadensersatzanspruch des Klägers mit der Begründung scheitern, der Baggerführer sei bei dem Ladevorgang nicht Verrichtungsgehilfe der Beklagten, sondern des Klägers gewesen. Da ein Auswahlverschulden des beklagten Baggerunternehmens wegen Überlassung eines ungeeigneten Baggerführers nicht nachgewiesen werden konnte, kam es darauf an, ob der Baggerführer Verrichtungsgehilfe der Beklagten gewesen ist. Verrichtungsgehilfe ist, wer mit Wissen und Wollen des Geschäftsherrn in dessen Interesse tätig wird und von dessen Weisungen abhängig ist. Die Nagelprobe hierfür ist, daß der Geschäftsherr die Tätigkeit des Handelnden jederzeit beschränken oder entziehen oder nach zeitlichem Umfang bestimmen kann. Die fortbestehende allgemeine Weisungsbefugnis des Baggerunternehmens genügte nicht, von einer Weisungszuständigkeit auch im Bezug auf einzelne Ladevorgänge auszugehen. Das zeigt sich deutlich darin, daß der Baggerführer wie ein Arbeitnehmer dieses Betriebes tätig geworden ist und in den Unfallbetrieb eingegliedert war, so daß er bei einem Unfallereignis unter § 636 RVO gefallen wäre. Nicht erörtert hat der Senat die Frage, ob sich Schadensersatzansprüche auch aus § 7 Straßenverkehrsgesetz (StVG) ergeben. Das ist unabhängig von der Frage, ob der Bagger ein Fahrzeug darstellte, das mit keiner anderen Geschwindigkeit als 20 km/h fahren kann und deshalb von der Gefährdungshaftung ausgenommen ist (§ 8 StVG). Da der Schaden in keinem Zusammenhang mit einem Verkehrsvorgang, sondern mit dem Beladen des Sattelschleppers erfolgt ist, befand sich der Bagger im Zeitpunkt des schädigenden Vorgangs nicht "im Betrieb" i.S. des § 7 StVG.

Die Klage des Bauunternehmers gegen das Baggerunternehmen wurde kurzerhand abgewiesen, so daß der Unternehmer den Schaden an seinem Sattelschlepper selbst zu tragen hatte.

AGB-Widrigkeit erleichterter Unterbrechungsmöglichkeiten für Gewährleistungsfristen

Schuldet ein Generalunternehmer dem Auftraggeber die Errichtung eines Bauwerkes und läßt er die Bauleistung durch Subunternehmer erbringen, kann er in Schwierigkeiten kommen, wenn die Leistung des Subunternehmers abnahmereif ist und die Gewährleistungsfrist in diesem Rechtsverhältnis bereits abgelaufen ist. Soweit der Auftraggeber sich an ihn wendet und Gewährleistungsrechte geltend macht, steht dem "eingeklemmten" Generalunternehmer damit eine Regreßmöglichkeit gegen den "eigentlich" Verantwortlichen, den Subunternehmer, möglicherweise wegen Ablaufs der Gewährleistung nicht mehr zu. Ideal wäre eine Parallelschaltung der Gewährleistungsfristen in beiden Rechtsbeziehungen. Die sich hierzu anbietende Möglichkeit, den Beginn des Laufs der Gewährleistungsfrist dadurch zu manipulieren, daß der Abnahmezeitpunkt verlegt wird, etwa indem in Allgemeinen Geschäftsbedingungen auf die Abnahme des Bauherrn für die Bestimmungen des Zeitpunkts der Abnahme im Verhältnis des Hauptunternehmers zum Subunternehmer abgestellt wird, sind - m.E. zu Recht - insgesamt gescheitert (Bundesgerichtshof in BauR 1989, S. 322). Eine solche Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen beschwert den Subunternehmer entgegen dem Leitbild der Abnahme dadurch, daß sein Recht auf sofortige Abnahme nach Fertigstellung verkürzt wird. Zulässig sei allenfalls eine Verschiebung der Abnahme um eine gewisse Überprüfungsfrist. Dieser Rechtsprechung ist in vollem Umfange zuzustimmen, wonach eine zeitliche Verschiebung der Abnahme in AGB-Klauseln unwirksam ist.

Pech gehabt, GU!

Wirksamkeitsvoraussetzungen der Einbeziehung der VOB/B

In vielen Rechtsstreitigkeiten gehen die Parteien gewissermaßen als selbstverständlich davon aus, daß eine ordnungsgemäße Einbeziehung der VOB/B in das Vertragsverhältnis erfolgt sei. Eine Entscheidung des OLG Hamm ruft in Erinnerung zurück, welche Voraussetzungen an die Einbeziehung der VOB/B zu stellen sind. Da § 2 Abs. 1 Nr. 2 AGB-Gesetz verlangt, daß der Verwender der anderen Vertragspartei die Möglichkeit verschafft, in zumutbarer Weise von dem Inhalt einer einzubeziehenden AGB (auch die VOB/B stellt insoweit Allgemeine Geschäftsbedingungen dar) Kenntnis zu nehmen, genügt nur die Überlassung des Textes der VOB/B für die wirksame Einbeziehung dieses "Rahmenvertrages". Ist der Kunde weder im Baugewerbe tätig, noch sonst im Baubereich bewandert, genügte der bloße Hinweis (auf den Text der VOB/B) nicht. Bedeutsam ist, daß der Senat auch überzeugend entwickelt, daß von einer Aushändigung eines Textes der VOB/B auch im allgemeinen nicht mit der Begründung abgesehen werden könne, der Kläger sei durch einen Architekten vertreten gewesen. Häufig wird ein Architekt mit der Bauplanung und Bauüberwachung befaßt, nicht aber mit dem Vertragsschluß mit dem Bauhandwerker. Es überzeugt, daß die Einschaltung eines Architekten und die Zurechnung dessen Kenntnis der VOB/B mit der Folge einer Entbehrlichkeit der Aushändigung des Textes der VOB/B für die Einbeziehung nur dann von Bedeutung ist, wenn der Architekt bereits beim Vertragsabschluß den Bauherrn vertreten hat.

Hinweis:

Die Entscheidung geht nicht auf die Frage ein, ob ein Gericht, dem übereinstimmend vorgetragen wird, daß die VOB/B dem Vertrag zugrunde liege, dem dadurch nachgehen muß, daß es die Parteien zu der Einbeziehung der VOB/B vortragen läßt oder nicht. Die Frage der Geltung der VOB/B kann sowohl als verkürzte Tatsachenbehauptung gedeutet werden, als auch als möglicherweise irrige Rechtsansicht der Parteien. Im letzteren Falle dürfte daher Aufklärungsbedarf durch das Gericht bestehen.


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