IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 24/1998, Seite 52 ff.


REPORT


Die Handwerkermarke

Weitere Chance für den dreistufigen Vertriebsweg

RA Michael von Bock und Polach

Dem ruinösen Preiskampf auf Kosten des Handwerks muß heute durch ein qualitativ hochwertiges sowie kunden- und dienstleistungsorientiertes Produktangebot entgegengewirkt werden. Dieses Angebot muß so attraktiv sein, daß vertriebsfremde Anbieter aus Baumärkten, Küchen- und Möbelstudios etc. keine Chance haben. Endziel muß hier wie bei anderen Initiativen eine Stärkung des dreistufigen Vertriebsweges sein. Ein Instrument zu einer solchen Runderneuerung ist neben der Initiative zur Förderung des SHK-Einzelhandels das vom Zentralverband Sanitär Heizung Klima (ZVSHK) entwickelte Konzept der Handwerkermarke. Mit fest definierten Anforderungen an Produkt, Lieferant und Absatzweg soll im Rahmen einer Handwerkerpartnerschaft ein nachvollziehbarer Nutzen für alle Beteiligten, d.h. Hersteller, Handel und Handwerk erreicht werden.

Was ist die Handwerkermarke?

Zunächst gilt es dabei zu klären, was unter dem Begriff "Handwerkermarke" verstanden wird. Diese Abgrenzung kann zunächst negativ erfolgen. Die Handwerkermarke ist nicht die Handelsmarke und vor allem nicht der Baumarktartikel. Die Gründe dafür sind klar. Die Handelsmarken, bisher von Herstellern für den Handel produziert, finden ihre Rechtfertigung ausschließlich als Abwehr von Baumarktangeboten. Herausgehobene Markenartikel werden immer mehr in Richtung Endverbraucher positioniert und damit auch in Baumärkten verstärkt als Lockvogel und Stapelware angeboten. Dazu noch über regelmäßig bessere Preise als die über den klassischen dreistufigen Vertriebsweg. Das Handwerk gerät zunehmend in Argumentationsnot, den Mehrpreis des dreistufigen Vertriebsweges zu begründen.

Klar ist also, daß die Handwerkermarke sich von den bestehenden Markendefinitionen unterscheiden muß. Als Produktlinie, die speziell für das verarbeitende Handwerk vorgesehen ist, erfüllt sie genau definierte Anforderungen. Mögliche Kriterien für die Produkte sind dabei zum einen

  • garantierte Verfügbarkeit
  • Gewährleistung
  • kurz- und langfristige Ersatzteilsicherung (24 Stundenservice etc.)
  • Nachkaufgarantie für ausgelaufene Produkte
  • Wartungsfähigkeit
  • Verschleißteildefinition
  • spezielle Produktanforderungen (z.B. Schallschutz, Brandschutz)
  • Einhaltung bestehender Vorschriften, Normen, Gütesicherung
  • Qualitätszeichen, Sicherheits- und Umweltanforderungen

Diese Kriterien stehen jedoch nicht alleine sondern bedürfen der Unterstützung durch ergänzende Leistungen. Diese können sein

  • Gewährleistung
  • geprüfte Konformität, Produktunterlagen und -informationen
  • fortlaufende nachgewiesene Produktbeobachtung, einschließlich Identifikation
  • eindeutige Bedienungs- und Pflegeanleitungen
  • handwerksfreundliche Verarbeitungsbedingungen
  • umweltfreundliche Entsorgung und Verwertung

Aus den vorgenannten Kriterien ergeben sich im Gegenzug mögliche Anforderungen an Hersteller von Handwerkermarken. Grundsätzlich sollten dabei die Anforderungen in einem einheitlichen Kriterienkatalog festgelegt werden, in dem auch die Produkteigenschaften und die Qualitätsstandards definiert werden. Denkbar ist, daß der Hersteller die Anforderungen, wie z.B. Einhaltung des dreistufigen Vertriebsweges, keine Lieferung von Produkten in den Baumarkt etc. mit seinen Produkten erfüllt. Denkbar ist aber auch, daß nur einzelne Produkte den Titel "Handwerkermarke" führen dürfen, nicht jedoch das Gesamtsortiment, da die Anforderungen z.B. im Rahmen der Ersatzteilsicherung und der Nachkaufgarantie nicht für alle Produkte des Herstellers sicherzustellen sind. In jedem Fall sollte ein genau festgelegtes Verfahren mit eindeutigen Kriterien zur Lieferverpflichtung, zum Preissystem, zum Service oder zur Verkaufsunterstützung ein Unterlaufen des Systems verhindern. Die Anforderungen sollten in einem einheitlichen Kriterienkatalog festgelegt werden, in dem auch die Produkteigenschaften und die Qualitätsstandards definiert werden.

Anforderungen ergeben sich aber nicht nur an die Hersteller, sondern auch an den Großhandel. Diese sind:

Welche Vorteile bringt die Handwerkermarke?

Eine eingeführte etablierte Handwerkermarke hat aus Sicht des ZVSHK für alle Beteiligten im dreistufigen Vertriebsweg eindeutig Vorteile.

Sollten die Produkte einen handwerksspezifischen Qualitätsstandard aufweisen?

Sollten die Produkte auch im Baumarkt angeboten werden?

Kennzeichnung der Verpackung als Handwerkermarke?

Für Hersteller und Handel ergeben sich Vorteile zunächst daraus, daß die Handwerkermarke als A-Ware eine schnelldrehende Ware ist. Bei den Produkten handelt es sich um auf einem hohen technischen Niveau produzierte Ware im mittleren Preissegment. Codierte Verpackungen stellen sicher, daß es zu keiner Konkurrenz mit den Baumärkten kommt. Die Hersteller bieten im Großhandel eine 24-/28-Stundenlieferung an, die durch ein schmales Produktsortiment ermöglicht wird. Daraus ergeben sich auch geringere Lagerhaltungskosten für den Großhandel. Der Großhandel hat darüber hinaus noch weitere Vorteile durch die Handwerkermarke. Da das Marketing für die Installateure durch die Industrie übernommen wird, das Marketing für die Endkunden durch das Handwerk, fallen diese Kosten beim Großhandel nicht an. Auch benötigt der Großhandel keine zusätzliche Ausstellung. Schließlich sollen leistungsgerechte Preisempfehlungen einen Preisverfall verhindern und ein transparentes und kundenfreundliches Preissystem sicherstellen.

Wo liegen die Vorteile für das SHK-Handwerk?

Zielgruppe der Handwerkermarke sind zunächst Betriebe, die aktiv beraten und verkaufen wollen. Das können sowohl Handwerksbetriebe mit eigener Ausstellung sein, als auch solche, die diese Produkte über Katalog verkaufen wollen. Mit der Handwerkermarke kann der Handwerker seine Position im Markt gegenüber dem Endverbraucher erheblich stärken, insbesondere in der Abgrenzung zum Baumarkt. Durch eine vernünftige Preisinformation wird weiterer Preisverfall nach unten verhindert. Die Industrie bietet dem Handwerker dabei nicht nur die dazu erforderlichen Informationen an, sondern unterstützt ihn auch bei Marketing und Werbeaktivitäten.

Will der Markt die Handwerkermarke?

Die SHK-Mitgliedsbetriebe fordern vom Markt die Einführung einer Handwerkermarke. Sie wollen die Handwerkermarke. Dies läßt sich eindeutig aus der vom ZVSHK durchgeführten Konjunkturumfrage 1998 schließen. Die Auswertung der Zusatzfragen der Umfrage brachte dabei folgende Ergebnisse:

Konjunkturumfrage 1998 (Auszug)

1. Bezug der Produkte über Fachgroßhandel (61,4%), Hersteller (47,5%) oder Einkaufsorganisation (22,6%)

2. Hoher Qualitätsstandard (99,3%)

3. Mehrere Produktlinien (73,2%)

4. mittleres Preissegment (89,7%) bis niedriges Preissegment (41,1%), Hochpreissegment (25,9%)

5. Kein Baumarktverkauf der Produkte (98%)

6. Kennzeichnung der Verpackung der Handwerkermarke (94,5%)

Diese Umfrageergebnisse sprechen eine deutliche Sprache. Eine Handwerkermarke, die diesen Anforderungen gerecht wird, wird zu einer hohen Akzeptanz bei den Handwerksunternehmen führen und damit auch bevorzugt angeboten werden. Dies bestätigten 93% der befragten Unternehmen. Die wichtigste Aussage ist jedoch die Forderung, daß der Vertrieb der Handwerkermarke laut 98% der Unternehmen über den dreistufigen Vertriebsweg erfolgen soll. Die Produkte dürfen auf keinen Fall über den Baumarkt vertrieben werden. Der Name der Handwerkermarkenprodukte muß also eine deutliche Abgrenzung zu Baumarktprodukten signalisieren. Dies soll durch eine deutliche Kennzeichnung der Verpackung der Handwerkermarke geschehen. Die Art der Kennzeichnung wird entsprechend dem ZVSHK-Logo einheitlich gestaltet werden.

Zusammenfassung des Konzeptes "Handwerkermarke"

Zusammenfassend können die Merkmale der Handwerkermarke daher wie folgt definiert werden. Die Handwerkermarke ist eine eingeführte Industriemarke nur für SHK-Handwerker. Sie ist nicht im Baumarkt verfügbar, wird nicht über den Baumarkt vertrieben, sondern ist alleine über den dreistufigen Vertriebsweg erhältlich. Der Name der Handwerkermarkenprodukte signalisiert eine deutliche Abgrenzung von Baumarktprodukten. Die Handwerkermarke erfüllt ein vernünftiges Preisniveau und bietet eine deutlich sichtbare Mehrleistung für den Endkunden.

Das Konzept der Handwerkermarke liegt also im Interesse aller Beteiligten am dreistufigen Vertriebsweg. Die Handwerker wollen die Handwerkermarke. Es liegt nun an Hersteller und Handel, das Konzept der Handwerkermarke in gemeinsamen Diskussionen mit dem ZVSHK aufzugreifen und konkret auszugestalten. Aus Sicht des ZVSHK ist das Konzept der Handwerkermarke ein weiterer Schritt zur Runderneuerung des dreistufigen Vertriebsweges. Vorbilder aus anderen Branchen, z.B. aus dem Elektrohandwerk oder auch aus dem Ausland, z.B. in den USA, beweisen die Chancen und den Nutzen, den eine solche Handwerkermarke bietet.


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