IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 22/1998, Seite 51 ff.


KLIMATECHNIK


 

Hygiene und Luftbefeuchtung

Luftbefeuchtung als Bestandteil von RLT-Anlagen

Reinhard Steiner Teil 1

Immer wieder wird in den Medien über die Verbreitung von Erregern wie Keime, Sporen, Stäuben, Allergenen u.a. im Zusammenhang mit Klimaanlagen und hier besonders in Verbindung mit integrierten Luftbefeuchtungssystemen berichtet. Die Folgen sind immer wieder Verunsicherungen von Betreibern und Nutzern, so daß teilweise die bekannten RLT-Techniken schon im Planungsstadium abgelehnt werden. Es ist somit immer wieder die Aufgabe der Klimabranche, mit sachlicher Information solchen negativen Aussagen entgegenzutreten. Diese Aufgabe hat sich auch der Autor des nachstehenden Beitrages gestellt.

Legionellen

Neben vielen anderen Erregern und Krankheitsbildern ist in der Allgemeinheit die Unsicherheit gegenüber der sogenannten Legionärskrankheit, die durch das Bakterium Legionella pneumophila - im Sprachgebrauch "Legionelle" genannt - verursacht wird, besonders groß. Dieses Bakterium ist seit 1977 bekannt. Es wurde damals anläßlich eines Ausbruchs von Lungenerkrankungen gleicher Symptome nach einem Jahrestreffen ehemaliger amerikanischer Legionäre in Philadelphia als eine selbständige Krankheit erkannt und beschrieben. Seit diesem Zeitpunkt weiß man, daß dieses Bakterium schwere Pneumonien (Lungenentzündungen) hervorrufen kann. Heute gilt es als sicher, daß dieser Erreger weder von Mensch zu Mensch - etwa über die Haut oder durch Tröpfcheninfektion - noch von Tier zu Mensch übertragbar ist. Es kann nur über ein mit Legionellen behafteten Aerosols übertragen werden.

In allen natürlichen Gewässern der Erdoberfläche sind diese Legionellen verbreitet und können deshalb auch im Trinkwasser vorkommen. Von großer hygienischer Bedeutung ist deshalb die Tatsache, daß diese Bakterien eine relativ hohe Wachstumstemperatur (zwischen 37 und 45°C) bevorzugen und noch Temperaturen bis 50°C zur Vermehrung nutzen. Sie sterben jedoch bei Temperaturen über 60°C innerhalb weniger Minuten ab. Deshalb ist das Wachstum der Legionellen bei Temperaturen unter 37°C gehemmt; über 60°C sind sie nicht mehr existenzfähig. Die Legionärskrankheit wird als eine echte "Umweltinfektion" beschrieben. Denn die Infektion bei Menschen geschieht ausschließlich durch das Einatmen von mit Erregern behafteten Aerosolen oder auch kleinster Tröpfchen aus den unterschiedlichsten Wasserversorgungssystemen.

Wie auch bei anderen Infektionskrankheiten erkrankt nicht jeder Mensch, der mit Legionellen in Berührung kommt. Für eine Infektion müssen immer mehrere Faktoren, und zwar der des Erregers und der des Menschen, zusammentreffen, wobei die Anzahl der Keime den wesentlichen Faktor darstellen.

Stark gefährdet sind in der Hauptsache sogenannte Risikopersonen: Menschen mit Schwächung des körpereigenen Abwehrsystems, mit Tumoren oder mit Schädigung der Atemwege wie Raucher, Asthmatiker u.a. So ist zum Beispiel eine Übertragungsgefahr durch befallene Aerosole beim Duschen gegeben. Nach Aussage anerkannter Hygieneexperten wird geschätzt, daß bei einer Keimzahl von 1000 Legionellen pro Liter Wasser mehrere Stunden ununterbrochen geduscht werden müßte, um auch nur eine einzige Legionelle einzuatmen. Es fällt deshalb keinem Menschen ein, wegen einer möglichen Infektion auf regelmäßiges Duschen zu verzichten.

Zur Vermeidung eines restlichen Gefahrenpotentials wird heute deshalb von Fachleuten vorgeschlagen, Warmwassersysteme periodisch kurzzeitig auf Temperaturen über 60°C zu erwärmen.

Bild 1: Darstellung der Umwandlungsenergie.

Auch das Wasser eines sog. adiabaten* Befeuchtungssystems wie Sprühdüsen- oder Rieselbefeuchter enthält Legionellen. Nur ist hier bei anlagebedingt üblichen Betriebstemperaturen unter 25°C deren Vermehrung, wie bereits beschrieben, nicht möglich. (Mögliche hygienische Gegenmaßnahmen werden an anderer Stelle beschrieben.)

Hygiene und Luftbefeuchtung

Bei der Planung für den Einsatz von Luftbefeuchtungssystemen sollte besonders darauf geachtet werden, daß einmal gewonnene Erkenntnisse mit berücksichtigt bzw. in die Planung mit einfließen. So gilt heute die Dampfluftbefeuchtung als eine hygienisch einwandfreie Befeuchtungstechnik, da das zur Befeuchtung verwendete Wasser immer auf Temperaturen über 100°C erwärmt wird. Dabei werden alle bis auf einige wenige in diesem Temperaturbereich resistente Mikroorganismen abgetötet, z.B. Kolibakterien, die im Trinkwasser heute in Ausnahmefällen nur noch bei Störungen im Wasserversorgungssystem auftreten können.

Düsen- oder Zerstäubungssysteme, die meistens zur direkten Raumluftbefeuchtung eingesetzt werden, sind grundsätzlich ohne Vorschaltung eines offenen Vorratsbehälters, der mit der Atmosphäre in Verbindung steht, zur Vermeidung von möglichen zusätzlichen Keimansammlungen bzw. deren Vermehrung direkt mit dem Trinkwassernetz zu verbinden. Sind offene Vorratsbehälter unvermeidbar, müssen diese periodisch gespült und entleert werden.

Bei Sprühdüsen-Luftbefeuchtern (sog. Wäscher) und Waben- oder Riesel-Luftbefeuchtern soll das Umlaufwasser zur Keimtötung UV-bestrahlt werden. Eine weitere Möglichkeit besteht darin, Biozide hinzuzusetzen, wobei Zusätze auch über die Luftführung in die Atemluft gelangen können. Gerade hier gilt, daß Sauberkeit, regelmäßige Reinigung und Wartung neben dem periodischen Ablassen des Befeuchterwassers und die Spülung der Auffangwanne grundlegende Voraussetzung für einen einwandfreien Betrieb dieser Luftbefeuchtungstechniken sind.

Bei Luftbefeuchtern für den privaten Bereich, die nach dem Verdunstungsprinzip arbeiten und mit Wasservorratsbehälter ausgerüstet sind, ist die regelmäßige gründliche Reinigung der Geräte ein dringendes "Muß". Für Dampf-Luftbefeuchter im privaten Bereich gilt wegen der Entfernung der Rückstände im Vorratsbehälter - nicht unter hygienischen Aspekten - das gleiche.

Es sollte nie vergessen werden: "Luftbefeuchtung heißt Anreicherung der Atemluft mit Wasserdampf!"

Was bedeutet Luftbefeuchtung?

Luftbefeuchtung oder Luftentfeuchtung betreiben heißt nichts anderes, als einen Zustand in der umgebenden Atmosphäre herzustellen, der unter normalen räumlichen Bedingungen nicht vorhanden ist. Physikalisch wird mittels der Umwandlungsenergie Wasser vom Aggregatzustand "flüssig" in den Aggregatzustand "gasförmig" (Wasserdampf) gebracht. Mit Hilfe moderner Geräte und Techniken wird der Umgebungsluft die nötige Luftfeuchte zugeführt oder überschüssige Luftfeuchte entzogen.

Im Sinne des gestellten Themas soll nachfolgend nur über die Luftbefeuchtung allgemein gesprochen werden. Daß es heute kaum noch einen Bereich gibt, der nicht auf die Einhaltung konstanter Luftfeuchtewerte angewiesen ist, ist hinlänglich bekannt. Außerdem wird die Luftbefeuchtung in der DIN 1946 und auch in der VDI 6022 als fester Bestandteil der Klimatechnik beschrieben.

In Tabelle 1 sind auszugsweise Temperatur- und Luftfeuchtewerte, die eine einwandfreie Verarbeitung und Lagerung unterschiedlicher Materialien gewährleisten, in einer kleinen Übersicht wiedergegeben. Es sind nur einige wenige Bereiche aufgeführt, die aber für die Einhaltung konstanter Luftfeuchtewerte symptomatisch sind.

Tabelle 1: Temperatur- und Feuchtewerte für die Verarbeitung und Lagerung von Materialien in unterschiedlichen Industrien (Auszug)

Art

 

Vorgang

 

Temperatur °C

Relative Feuchte %

von

bis

von

bis

Druckereien

Fotodruck
Maschinensäle
Siebdruck

 

Herstellung

 

22
22
22

 

24
24
24

 

50
50
50

 

60
60
60

Holz

Fenster und Türen
Furniere

 

Herstellung
Schälen/Lagern

 

20
15

 

22
18

 

50
50

 

60
60

Lebensmittel

Brot
Pilze

 

Gärraum
Lagern

 

30

 

40

 

70
80

 

80
85

Leder

Schuhfabriken

 

Ledervorbereitung
Gerberei
Lagern

 

10
10
10

 

20
20
20

 

65
65
50

 

70
70
65

Papier und Kartonagen

Naturpapier
Vollpappe

 


Lagern
Lagern, Verarbeiten

 

 

 


50
55

 


60
60

Tabak

Rohtabak

 

Lager

 

22

 

25

 

70

 

80

Textilien

Baumwolle


Wolle


Seide

Kunstseide

 

Kardieren
Spinnen
Weben
Vorspinnen
Ringspinnen
Weben
Spinnen
Weben
Spinnen

 

20
20
22
20
20
20
22
22
20

 

25
25
25
25
25
25
25
25
22

 

65
55
70
60
55
55
65
60
80

 

70
65
85
65
60
65
70
70
90

Institutionen

Treibhäuser

 

 

20

 

30

 

40

 

90

Luftbefeuchtungstechniken

Auch heute noch wird die Luftbefeuchtung in die drei nachstehend genannten klassischen Techniken unterteilt, wobei einige kombinierte Verfahren nicht ganz klar zuzuordnen sind.

Verdunstung

Verdunstung liegt immer dann vor, wenn Wasser bei Temperaturen < 100°C aus Wasseroberflächen oder von befeuchteten Medien in die umgebende Atmosphäre diffundiert. Die hierzu erforderliche Umwandlungsenergie wird der Umgebung entzogen. Die Luft kühlt sich, im h,x-Diagramm nachvollziehbar, an der Enthalpielinie (h-Linie) in Richtung Sättigung ab. Lufttemperatur und Luftgeschwindigkeit beschleunigen den Verdunstungsvorgang. Die Wassertemperatur hat dagegen nur bedingt einen Einfluß auf den Verdunstungsvorgang.

Es werden Kunststoffmatten, neuerdings auch Keramikplatten, oder andere luftdurchgängige Medien mit großer innerer Oberfläche verwendet. Diese Elemente werden von oben berieselt. Sie sind zwar resistent gegen Algen und Bakterien. Das bedeutet aber nicht, daß sich Partikel, vor allem Stäube, nicht anlagern, die in Verbindung mit Feuchtigkeit Nährböden für Mikroorganismen bilden. Hinzu kommt, daß aus dem zur Luftbefeuchtung verwendeten Wassers Mineralien auf den Elementen auskristallisieren und ebenso Grundlage für Nährböden sind. Bei RLT-Anlagen empfiehlt sich deshalb die Vorschaltung einer Wasseraufbereitung in Form der Membrantechnik, der Umkehrosmose.

Zerstäubung

Bekannt sind heute die

- Zerstäubungsdüsen wie sie bei Umlauf- oder Sprühdüsen-Luftbefeuchtern Anwendung finden,

- Zweistoffdüsen, die mit Hilfe von Druckluft Wasser feinst zerstäuben und hauptsächlich zur direkten Raumluftbefeuchtung eingesetzt werden,

- Mechanische Zerstäubung mittels rotierender Scheiben mit hoher Umlaufgeschwindigkeit zur direkten Raumluftbefeuchtung und die

- Ultraschalltechnik.

Alle genannten Techniken dienen der Herstellung von Aerosolen (kleinste in der Luft schwebefähige Wasserpartikel in Form einer Seifenblase). Diese haben - je nach Gerätetechnik - die Größe von < 20 µm. Durch die Bewegung in der Luft wird die zum Übergang in Wasserdampf nötige Energie der Umgebung (der Luft) entzogen. Partikel, die größer sind als 20µm, gelten als Wassertropfen und werden an Tropfabscheidern aufgefangen und in der Regel wieder dem Befeuchtungswasser zugeführt.

Auch hier wird die Umwandlungsenergie der Umgebung entzogen. Deshalb ist der Vorgang der gleiche wie bei der Verdunstungsluftbefeuchtung. Auch die Frage des verwendeten Befeuchterwassers ist gleich zu beantworten.

Verdampfung

Die Technik spricht von isothermer** Luftbefeuchtung. Unter Hinzuführung von Energie wird Wasser in Dampf überführt und gilt deshalb als ideale Befeuchtungstechnik. Der Dampf ist geruchlos, frei von Schwebstoffen und Mineralien aus dem Rohwasser und deshalb steril und hygienisch unbedenklich. Durch die direkte Zuführung der Umwandlungsenergie geschieht die Aggregatzustandsänderung sofort. Der Befeuchtungsvorgang verläuft annähernd auf der Temperaturkonstanten und nicht wie bei den vorgenannten Techniken adiabat.

Umwandlungsenergie

Im Zusammenhang mit der Luftbefeuchtung muß auch die dazu erforderliche Energie, die Umwandlungsenergie, angesprochen werden. Die immer wieder aufgestellte Behauptung, die Dampfluftbefeuchtung sei von der Energie her "teurer" als die Verdunstungs- oder Zerstäubungs-Luftbefeuchtung, ist nicht korrekt. Eine sachliche Aussage ist für viele Entscheidungsträger wichtig für die Wahl der jeweils richtigen Luftbefeuchtungstechnik. Sehr oft wird außer acht gelassen, daß für die Energiekosten ausschließlich die Art des jeweils vorhandenen Energieträgers wie Strom, Öl, Gas u.a. entscheidend ist.

Es sei nochmals wiederholt: Aufgabe der Luftbefeuchtungstechnik ist es, die Aggregatzustandsänderung von "flüssig" in "gasförmig" unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten technisch zu vollziehen. Hierzu ist auf jeden Fall Energie erforderlich.

In Bild 1 sind die "sensible" und die "latente" Energie dargestellt. Zur Aggregatzustandsänderung von Wasser (flüssig) bei einer Temperatur von 100°C in Wasserdampf (gasförmig) bei gleicher Temperatur ist danach die Verdampfungswärme von 2257 kJ/kg erforderlich. Hierzu addiert sich die sensible Energie, die erforderlich ist, um Wasser von 0°C auf 100°C (419 kJ/kg) oder von 15°C auf 100°C (356 kJ/kg) zu erwärmen. Es spielt deshalb keine Rolle, welche Luftbefeuchtungstechnik gewählt wird. Die latente Energie ist deshalb zur Aggregatzustandsänderung grundsätzlich immer erforderlich. Eine Einsparung kann nur in Verbindung mit dem jeweiligen Energieträger gegeben sein. Jede andere Aussage oder Behauptung ist unsachlich.

(Fortsetzung folgt) 


L i t e r a t u r :

[1] Socher, H.-J.: Fachaufsatz Düsenbefeuchtung.
[2] Axair-Esco: Techn. Broschüre
[3] Axair-Condair: Techn. Broschüre
[4] Axair-Dafensor: Techn. Broschüre


* adiabatisch: (hier) Luftzustandsänderung ohne Wärmeaustausch mit der Umgebung


** isotherm: (hier) Luftzustandsänderung bei gleichbleibender Temperatur


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