IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 21/1998, Seite 32 ff.


SANITÄR-/HEIZUNGSTECHNIK


Energieberatung im SHK-Handwerk

Dipl.-Ing. Stefan Neugebauer ZVSHK, Referat Technik

Es ist Aufgabe der Technik, nicht nur die sichere Funktion von Geräten und Systemen zu gewährleisten, sondern auch deren Wirtschaftlichkeit zu untersuchen und Gegenüberstellungen durchzuführen. Unter dem Zeichen, daß Energie weltweit immer teurer wird und aufgrund der Bemühungen den CO2-Ausstoß durch Energieeinsparungsmaßnahmen zu reduzieren, stehen Energiebedarfsfragen im Vordergrund der Beurteilung von Verbrauchseinrichtungen und Gebäuden.

Energieberatung ist ein originäres Aufgabengebiet des SHK-Handwerks,

da vom ihm haustechnische Anlagen geplant, installiert und auch gewartet werden. Aber nicht nur die handwerklichen Fertigkeiten prädestinieren das SHK-Gewerk für die Energieberatung, sondern eben auch der technische Sachverstand sowie die außerordentliche Beratungsintensität, deren Qualität entscheidend ist, um überhaupt einen Auftrag zu erhalten. Neutralität und Unabhängigkeit sind zwei weitere entscheidende Kriterien, um überhaupt kompetent beraten zu können.

In einer Programmbibliothek sind verschiedenartige Haustypen mit üblichen Baukonstruktionen in Abhängigkeit nach Baualter hinterlegt. Für noch genauere Berechnungen besteht ebenfalls die Möglichkeit, eine Baukonstruktion durch hinterlegte Bauteile und Wärmeleitwiderstände frei zu definieren. Im einzelnen sind z.B. unter "Gebäudedaten" Gebäudetyp, Alter, Standort, Länge, Breite, Höhe, Fensterflächen und eventuell nachträglich vorgenommene Dämmaßnahmen einzugeben.

Das SHK-Handwerk ist sowohl neutral, hinsichtlich der verschiedenen Energieträger, z.B. Festbrennstoffe, Gas, Öl oder Strom, wie auch wirtschaftlich und technisch unabhängig in der Auswahl von Fabrikaten und Typen. Oftmals verschafft der Gesetzgeber auch Anknüpfungspunkte um eine qualifizierte Beratung durchzuführen. Flankierende Maßnahmen für eine Energieberatung, erhält das SHK Handwerk durch die heizungsrelevanten Verordnungen, wie

- Heizungsanlagenverordnung von 1994;
- Wärmeschutzverordnung von 1995;
- Kleinfeuerungsanlagenverordnung von 1996.

Die Heizungsanlagenverordnung enthält Anforderungen und entsprechende Nachrüstpflichten für die Betreiber oder Eigentümer von Heizungsanlagen.

Bei der Wärmeschutzverordnung werden Anforderungen an Heizungsanlagen im Neubau oder bei baulichen Veränderungen gestellt, und bei der Kleinfeuerungsanlagenverordnung hat der Gesetzgeber wieder Fristen vorgegeben, bis zu deren Ablauf die Anforderungen an Heizungsanlagen einzuhalten sind.

Energieberatung dient also zum einen der Information über mögliche Energieeinsparpotentiale, zum anderen als Beratung für diejenigen, die eine Anpassung ihrer Heizungsanlage an die vorgegebenen Anforderungen der Verordnungen vornehmen lassen wollen.

Bei der 1. BimSchV gibt es für alte Heizungsanlagen einen Vollzug. Dies ist die Einstufungsmessung durch den Bezirksschornsteinfegermeister. Bei der Heizungsanlagenverordnung ist das nicht ganz so einfach und eindeutig. Aber kein Kunde wird es übelnehmen, wenn er im Rahmen z.B. von Wartungsarbeiten über den Zustand seiner Anlage unterrichtet und beraten wird.

Eine solche Beratung orientiert sich in aller Regel an die Übereinstimmung mit den Vorgaben der Heizungsanlagenverordnung, wie auch hinsichtlich der Einhaltung der Vorgaben nach der 1. BImSchV. Hierbei sind die Übergangsfristen, also bis zu welchem Zeitpunkt die Anlage den verschärften Anforderungen entsprechen muß, besonders zu beachten.

Einen Überblick über die Anzahl von Anlagen, die nach der Einstufungsmessung angepaßt, nachgerüstet oder modernisiert werden müssen, liefert die Schornsteinfegerstatistik 1996.

Im Menüpunkt "Heizungsanlage" sind die Daten wie Kesseltyp, Leistung, Alter, Regelungsausstattung, Systemtemperaturen, Abgasverlust, Warmwasserbereitung evtl. Zusatzeinrichtungen wie Kachelofen oder Solaranlage und - wenn vorhanden - der Verbrauch zu erfassen.

Insgesamt werden wohl ca. 1,8 Millionen Anlagen eine gelbe oder rote Karte erhalten. Davon soll etwa ein Drittel durch Anpassung, ein weiteres Drittel durch Nachrüstung auf Übereinstimmung mit den verschärften Anforderungen der 1. BimSchV gebracht werden können.

Lediglich ein Drittel muß erneuert werden. Die Fristen reichen nach der Verordnung bis ins Jahr 2004. In diesem Zeitraum in der die Anpassung, die Nachrüstung bzw. die Erneuerung durchgeführt sein muß, ist mit einer Belebung des Modernisierungsmarktes nicht zu rechnen. Energieberatung muß demnach weiter zielen, als es die Verordnungen tun.

Wenn man sich nochmals auf Statistiken beruft, dann wird deutlich, was mit Energieberatung bewirkt werden soll. Es geht um den Einbezug von 4,8 Millionen Heizungsanlagen. Das sind 15 Jahre alte Anlagen die erneuerungsbedürftig sind.

Allerdings bezieht sich eine solche Energieberatung mehr auf die Erneuerung von Heizungsanlagen, weniger auf die Verbesserung der Gebäudehüllen. Bescherte die Wärmeschutzverordnung 1995 der Branche einen großen Schritt in Richtung Niedrigenergiehaus, so wird die angekündigte Energiesparverordnung 2000 einen weiteren Schritt in diese Richtung beinhalten. Damit tritt die Aufgabe eines Wärmeerzeugers zur Erzeugung der Heizwärme in den Hintergrund und die Erwärmung von Trinkwasser gewinnt an Priorität.

Daß dadurch aber auch andere Techniken interessant werden und unterstützend andere haustechnische Anlagen gebraucht werden, wie thermische Solaranlagen, Wohnungslüftungsanlagen mit Wärmerückgewinnung, Wärmepumpen usw., macht die bevorstehenden Veränderungen nur deutlich.

Diese Veränderungen werden sich ohne eine Beratung - im Sinne von Energieeinsparung - nicht planen lassen. Eine optimale Abstimmung der verschiedensten Systeme untereinander ist somit unabdingbar. Hierzu ist Energieberatung notwendig.

Ausgehend von der so ermittelten Raumtemperatur, werden Energieeinsparungen durch Verbesserungsmaßnahmen an der Gebäudehülle und der Heizungsanlage berechnet und gegenübergestellt.

Die sich aus dieser Betrachtung ergebende Anlagenkonfiguration von haustechnischen Anlagen, ist ebenfalls auf die Gebäudehülle abzustimmen. Deswegen muß eine solche Beratung die Gebäudehülle mit einbeziehen. Dies bedeutet, daß sich bisher eine Energieberatung auf die Heizungsanlage konzentrieren konnte, eine zukünftige Beratung aber, wird die Gebäudehülle einbeziehen müssen und, bezogen auf den energetischen Zustand dieser Gebäudehülle, wird dann die erforderliche Anlagentechnik zu berücksichtigen sein.

Eine ganze Reihe von Anbietern, die zur Heizungsbranche gehören, bieten Energieberatungsprogramme an. So gibt es Programme von Heizkomponentenherstellern und von Energiedarbietern. Aber auch Institute und Hochschulen sowie Softwareanbieter haben derartige Programme entwickelt.

In dieser Richtung ist der Zentralverband SHK in St. Augustin seit über 20 Jahren aktiv. Das bewährte Schätzverfahren zur Energieeinsparung in Handbuch Nr. 5 des ZVSHK, wird durch ein modernes und elektronisches Hilfsmittel, nämlich das neue Energieberatungsprogramm, ersetzt.

Auslöser dieser neuen Energieberatung war die Überprüfung einiger im Markt befindlicher Energieberatungsprogramme und die dabei festgestellten Abweichungen in den Ergebnissen, d.h. Ausweisung der Energieeinsparpotentiale. Abstimmungsgespräche haben mittlerweile zwischen dem Zentralverband, dem Bundesinnungsverband der Schornsteinfeger, dem Institut für Wirtschaftliche Ölheizung und der Ruhrgas AG mit Erfolg stattgefunden.

Die zu treffenden Annahmen und Kennzahlen wie auch Algorithmen der wärmetechnischen und bauphysikalischen Grundlagen, sind auf einschlägige Regelwerke und wissenschaftliche Untersuchungen abgestimmt. Die ursprünglichen Abweichungen konnten somit auf ein vertretbares Mindestmaß reduziert werden.

Unter objektiver Berücksichtigung des Ist-Zustandes von Gebäudehülle und Heizungsanlage, wird im Vergleich mit dem Soll-Zustand - unter Einbeziehung des Nutzerverhaltens - ein mögliches Energieeinsparungspotential ermittelt.

Das ZVSHK-Energieberatungsprogramm zeichnet sich vor allen Dingen durch seine Bedienerfreundlichkeit, seine Übersichtlichkeit und Neutralität aus. Eine höchstmögliche Bedienerfreundlichkeit wird durch die bekannte Windowsoberfläche und einem sogenannten Autopilot, welcher den Anwender durch jeden Programmschritt automatisch führt, gewährleistet. Ein weiteres Kriterium ist die rasche Durchführbarkeit. Die Energieberatung ist mit einem geringen Zeitaufwand durchführbar, so daß mit ein wenig Übung ein Zeitbedarf von nicht mehr als 10 Minuten zur Eingabe und Berechnung nötig ist.

Sogenannte Steckreiter zeigen dem Anwender die verschiedenen Menüpunkte, unter denen die notwendigen Daten einzugeben sind.

Für eine mittlere Raumtemperatur von 20°C wird der jährliche theoretische Brennstoffbedarf der Heizungsanlage berechnet. Durch iteratives Absenken oder Erhöhen dieser mittleren Raumtemperatur wird der errechnete Brennstoffbedarf dem tatsächlichen Brennstoffbedarf angepaßt.

Durch diese gleichwertige Beurteilung von Gebäudehülle und Anlagentechnik ist ein geeignetes Instrument geschaffen, eine kompetente und unabhängige Energieberatung durchzuführen. Darüber hinaus bietet eine neutrale Energieberatung zusätzlich die Möglichkeit, dem Kunden einen aktuellen Zustandsbericht - im Sinne einer Beratung für diejenigen, die eine Anpassung ihrer Heizungsanlage an die vorgegebenen Anforderungen der Verordnungen (HeizAnlV, BimSchV) vornehmen lassen wollen - mitzuteilen.

 


[Zurück]   [Übersicht]   [www.ikz.de]