IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 17/1998, Seite 100 ff.


REPORT


Einweihung Klempner- und Kupferschmiede-Museum

Museum für Klempner und Kupferschmiede

Auffällige Bekleidung: Vorpatiniertes Kupfer auf der Viertelkreistonne und Anthra-Zink auf dem Pyramidoid setzen auf einer Seite des Museums Akzente.

Jahrelang wurde gebaut, weitaus länger wurde geplant und um das Projekt gebangt. Am 26. Juni 1998 konnte dann endlich das in Europa einzigartige Zentrum für das Klempner- und Kupferschmiedehandwerk feierlich eröffnet werden. Durch Exponate und die Gestaltung des Gebäudes wird zum einen auf eindrucksvolle Weise die Fortentwicklung der beiden Handwerke dargestellt, zum anderen wurde ein Objekt geschaffen, das sich zum Forum für Fachleute und zum Treffpunkt für viele anbietet.

In Karlstadt am Main, dem Standort des Museums, gründeten fast auf den Tag genau zehn Jahre vor dem Eröffnungstag 60 Personen aus dem Klempner- und Kupferschmiedehandwerk, Vertretern der Industrie, der Fachverbände und der Stadt eine Stiftung, um eines Tages dieses Projekt verwirklichen zu können. Während über viele Jahre nicht viel passierte, weil es am Geld, an einem geeigneten Objekt bzw. an einem Grundstück für einen Neubau mangelte, kam ein wichtiger Anschub erst, als die Mainstadt 1994 ein repräsentatives Grundstück zur Verfügung stellte. Jetzt am Ortseingang nicht zu übersehen, bildet das Museum mit seinen auffälligen geometrischen Formen einen effektvollen Kontrast zum historischen Stadtbild.

Planung

Doch die letzten Jahre bis zur Einweihung bezeichnete der 1. Vorsitzende der Stiftung, Heinz Lummel, als hart. Das Grundstück war zwar ein wichtiger Meilenstein und zugleich ein Ansporn, jetzt erst recht mit konkreten Plänen auf Mitgliedersuche für die Stiftung zu gehen - heute sind es 350 - doch der finanzielle Sockel für das mit 2,6 Mio. DM veranschlagte Bauwerk ließ zu wünschen übrig. Heinz Lummel, Klempnermeister und namhafter Unternehmer der Branche, ließ sich allen Widerständen zum Trotz nicht entmutigen, dieses "Lebenswerk" in seiner Heimatstadt in die Tat umzusetzen. In seiner Ansprache am Tag der Eröffnung dankte er nicht nur der angereisten Prominenz aus Politik, Industrie und Handwerksverbänden für die vielfältige Unterstützung, sondern auch seinen Gegnern. Offen heraus, wie es seine Art ist, bekannte er - ohne dabei zynisch sein zu wollen - daß er ohne "die Verhinderer des Projektes" niemals so viel Energie entwickelt hätte, die letztlich notwendig war, um das Unmögliche möglich zu machen.

Auch ein Blickfang: Der kupferfarbene Kegel aus Farbaluminium und der Trapezoid aus Titanzink in Kombination mit Edelstahl zieren das Zentrum auf der gegenüberliegenden Seite.

Noch Anfang 1995, dem Jahr der Grundsteinlegung, war die Realisierung in weiter Ferne. Die Wende kam dann durch die tatkräftige Unterstützung des Zentralverbandes: Sowohl die beiden Bundesfachgruppen Klempner und Kupferschmiede zogen an einem Strang und mobilisierten ihre Kräfte als auch die ZVSHK-Hauptgeschäftsführung: Michael von Bock und Polach konnte eine Spende des Verbandes erwirken und startete einen Aufruf an die Gewährleistungspartner, der dann einen Schub an finanzieller und materieller Unterstützung auslöste. Hinzu kamen auch öffentliche Fördermittel, die zusätzlich angezapft werden konnten.

Weil aber noch immer ein großer Teil für die Finanzierung und den Unterhalt des Museums fehlt, ließ es sich Heinz Lummel vor der Festgemeinde nicht nehmen, mal spaßig, mal ernst, mit werbenden Worten "den Klingelbeutel rumgehen zu lassen" - mit Erfolg.

Meisterstücke: Exponate aus dem Bereich Klempnertechnik sind inzwischen so zahlreich, daß man für wechselnde Ausstellungen unter vielen Raritäten auswählen kann.

 

 

Das Gebäude

Aus Sachspenden in erheblichem Maß resultieren die verschiedenen Werkstoffe für Inneneinrichtungen und natürlich für die Bekleidung von Dach und Fassade. Der Karlstadter Architekt Alfred Wiener erhielt die planerische Vorgabe, mit einer außergewöhnlichen Formgebung des Objektes die vielfältigen Möglichkeiten der Bauklempnerei für jedermann sichtbar zur Schau zu stellen. So zeigt die Stahlbaukonstruktion vier in der Geometrie häufig vorkommende Körper, die als Nebengebäude an den quaderförmigen Mitteltrakt angesetzt sind. Für jedes einzelne Gebäudeteil wählte man ein anderes Material, entweder in Stehfalztechnik oder in einer anderen Weise verbunden - allesamt Techniken, die vom Klempnerhandwerk beherrscht und angewendet werden.

Die grüne Viertelkreistonne am Haupteingang besteht aus werkseitig vorpatiniertem Kupfer (KME, Osnabrück), und der Trapezoid ist eine Kombination aus walzblankem Titanzink (Rheinzink, Datteln) und Edelstahl (ESTA, Wilnsdorf), denn in einer der Flächen ist ein konischer Bereich eingelassen, der die Fassade mit einem Wasserspiel belebt. Der dunkle Pyramidoid an der rückwärtigen Front wurde mit Anthra-Titanzink (Altenberg Zink, Essen) bekleidet, und den kupferfarbenen Kegel mit Glasspitze schützt Farbaluminium (Alcan, Göttingen).

Volles Haus: Zur Einweihung am 26. Juni versammelten sich zahlreiche Gäste aus Politik, Industrie und Handwerksverbänden auf den drei Ebenen der Ausstellung.

Wo es möglich war, wirkte man den Kosten geschickt mit "Eigenleistungen" entgegen: Mehrere tatkräftige Einsätze der Klempnermeister-Schüler der Stuttgarter Robert-Mayer-Schule und der Spenglerinnung München führten zur "Außenbaustelle Karlstadt", um die Arbeiten voranzutreiben. Darüber hinaus beteiligten sich auch verschiedene Klempnerfachbetriebe unentgeltlich an den Arbeiten.

Das Nutzungskonzept

Dem Besucher wird auf drei Ausstellungsebenen die historische Entwicklung des Klempner- und Kupferschmiedehandwerks vom Mittelalter bis in die Gegenwart gezeigt. Im insgesamt 420 m2 großen Gebäude steht dafür unter anderem auch eine 120 m2 große Galerie zur

Stolz und dankbar: Heinz Lummel, 1. Vorsitzender der Stiftung, ließ zehn harte Jahre der Projektentwicklung Revue passieren und warb weiter für Unterstützung.

Verfügung. Neben der Einrichtung einer Klempnerwerkstatt und eines Kupferschmiede-Arbeitsplatzes werden alte Maschinen, Werkzeuge, Gesellen- und Meisterstücke, Urkunden, Konstruktionszeichnungen und Literatur ausgestellt.

Das Museum soll aber nicht nur von der Vergangenheit leben. Für die Zukunft sind praxisorientierte Workshops vorgesehen, die besonders auf (Berufs-)Schüler aus der Region abgestimmt sind. Ebenso steht das Gebäude als Begegnungsstätte des Handwerks zur Verfügung. Dazu wurden neben den Ausstellungsflächen auch Räumlichkeiten geschaffen, die Tagungen, Vorträge oder kulturelle Veranstaltungen möglich machen und von (Handwerks-) Verbänden, der Industrie und von Privatpersonen gemietet werden können. Auch die Geschäftsstelle der Kreishandwerkerschaft Main-Spessart findet im Gebäude ihr neues Domizil.

 

Gold wert: Ein zur Ruhe gesetzter Spengler hat der Museumsstiftung seine komplette historische Werkstatt vermacht.

Langfristiges Ziel ist es - nicht zuletzt im Hinblick auf die europäische Entwicklung - daß Stiftungsmitglieder und Handwerksinstitutionen aus den europäischen Nachbarländern in diesem Zentrum zusammenkommen, um die Historie einander näherzubringen und um sich über Fortentwicklungen der Branchen auszutauschen.

Weitere Informationen:
Stiftung "Europäisches Klempner- und Kupferschmiede-Museum"
Ringstr. 47 d
97753 Karlstadt.

Tel.: (09353)99633-0
Fax: (09353)996331


B i l d e r : Thomas Dietrich


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