IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 17/1998, Seite 3


EDITORIAL


Prüfstein zur Wahl

Die Bundestagswahl steht bevor und alle Verbände, Interessenvertreter und Einflußgruppen erheben ihre Stimme in Wahlprüfsteinen und Forderungen an die Politik. Die Parteien wollen es ihren potentiellen Wählern recht machen und biedern sich in bunten Broschüren jeder Klientel bedürfnisgerecht an. Viel wird versprochen und als Problem erkannt, doch wer meint es wirklich ehrlich mit dem Handwerk?

Wir befinden uns in Deutschland in einem Wandel der Wirtschafts- und Arbeitswelt, der gerade das Handwerk vor gewaltige Veränderungen stellt. Die Sicherheit nationaler Märkte, sozialer Sicherungssysteme und von Arbeitsplätzen wird immer mehr der Vergangenheit angehören. Mobilität, Flexibilität und Eigenverantwortung lauten die Stichworte der Zukunft. Angesichts leerer Rentenkassen wird dabei die Eigenvorsorge immer wichtiger. Unstreitig ist Mitarbeiterbeteiligung und Vermögensbildung in Arbeitnehmerhand ein Schritt in diese Richtung. Doch die genauso notwendige Vermögensbildung in Unternehmerhand wird dabei völlig vergessen. Ich spreche nicht von den Gewinnen globaler Industrieunternehmen und dem shareholder-value von Aktionären, sondern von dem gerechten Lohn für risikobereite, eigenverantwortliche Handwerksunternehmer. Während dem Arbeitnehmer immer noch umfassende soziale Absicherung durch Renten-, Kranken-, Arbeitslosenversicherung gewährt wird, muß der Unternehmer all diese Risiken allein mit seinem Gewinn abdecken. Der Gewinn des Unternehmers ist also mitnichten eine freie Vermögensmasse, sondern Absicherung und - zu versteuernde! - betriebliche Notwendigkeit. Doch das Verdienen wird den Handwerksunternehmen schwer gemacht und angesichts der Wahlprogramme einiger "bunter" Parteien, sind sogar noch weitere Belastungen zu befürchten.

Die Politik muß sich fragen lassen, woran es liegt, daß immer weniger junge Menschen ihre berufliche Chance im Handwerk und in der Unternehmensnachfolge suchen. Die Antwort liegt nicht - wie jüngst erst die Monopolkommission unterstellte - im Meistertitel, sondern in der fehlenden unternehmerischen Perspektive, die Politik und die Parteien gegenwärtig bieten. Es wird Zeit, daß von der Politik nicht nur in Sonntagsreden, auf Foren und in Werbebroschüren die Bedeutung des Mittelstandes gewürdigt wird, sondern endlich auch konkrete Taten folgen. Wie lange noch wird es dauern, bis endlich eine Steuerreform, die diesen Namen verdient, verwirklicht wird? Wie lange noch, bis endlich die Subventionen drastisch verringert werden? Wie lange noch, bis man in Deutschland wieder mit seiner Hände Arbeit gutes Geld verdienen kann? Und zwar netto nach Abzug aller Steuern, Abgaben und Sozialleistungen.

Denn bei aller Anerkennung der modernen Informations- und Dienstleistungsgesellschaft: Handwerkliche Leistung zum Wohle von Leben und Umwelt wird und muß es immer geben. Sie muß aber auch bezahlbar und lohnend sein. Die höchsten Arbeitskosten weltweit und eine durchschnittliche Steuerbelastung der Unternehmen mit über 50 Prozent sind es, die uns den Weg dorthin versperren. Das muß anders werden und das ist der Wahlprüfstein, an dem der Handwerksunternehmer die Parteien, ihre Versprechungen und ihre Taten messen muß.

Sprechen Sie Ihren Bundestagsabgeordneten an, bevor Sie am 27. September zur Wahl gehen, ob Sie/Er und die Partei es mit dem Mittelstand und dem SHK-Handwerk wirklich ernst meinen. Und noch eins: Nutzen Sie die Chance, gehen Sie wählen!

Michael von Bock und Polach
Hauptgeschäftsführer des Zentralverbandes
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