IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 8/1998, Seite 141 ff.


RECHT-ECK


Ob's wohl hilft?

Gesetz zur Bekämpfung der Korruption

RA Friedrich H. Stohlmann

Am 20.8.1997 trat das Gesetz zur Bekämpfung der Korruption in Kraft. Das verabschiedete Gesetz sieht zahlreiche Änderungen insbesondere bei den Amtsdelikten vor, die hier in ihren Kernpunkten dargestellt werden sollen.

Kernpunkte

  1. Die Tatbestände der Vorteilsannahme, Vorteilsgewährung, Bestechlichkeit und Bestechung werden um Zuwendungen an Dritte erweitert. Das Tatbestandsmerkmal der Unrechtsvereinbarung bei Vorteilsannahme/-gewährung wird somit gelockert.
  2. In einem neuen Abschnitt des Strafgesetzbuches über "Straftaten gegen den Wettbewerb" wird ein neuer Strafbestand "Wettbewerbsbeschränkende Absprachen bei Ausschreibungen" aufgenommen (§ 298 StGB - neu).
  3. Die bisher im Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb enthaltene Vorschrift über die passive und aktive Bestechung im geschäftlichen Verkehr wird in das Strafgesetzbuch (StGB) übernommen, der Strafrahmen erhöht und die Verfolgung von Amts wegen ermöglicht (§§ 299 bis 301 StGB - neu).
  4. Es wird klargestellt, daß es für den strafrechtlichen Amtsträgerbegriff nicht darauf ankommt, in welcher Organisationsform eine öffentliche Aufgabe wahrgenommen wird.

Ein Kernstück des neuen Gesetzes ist die Erweiterung und Modifizierung der Tatbestände der Vorteilsannahme, Vorteilsgewährung, Bestechlichkeit und Bestechung.

Das Tatbestandsmerkmal der Unrechtsvereinbarung bei Vorteilsannahme bzw. Vorteilsgewährung wird in der Weise gelockert, daß statt auf eine Diensthandlung auf die "Dienstausübung" abgestellt wird. Nach bisherigem Recht setzten die §§ 331, 333 StGB eine sog. Unrechtsvereinbarung voraus, d.h. ein Beziehungsverhältnis zwischen Diensthandlung und Vorteil. Nach neuerer Rechtsprechung des BGH genügte dafür zwar, wenn sich das Einverständnis darauf bezog, "daß der Amtsträger innerhalb eines bestimmten Aufgabenbereichs oder Kreises von Lebensbeziehungen nach einer gewissen Richtung tätig werden soll". Nicht ausreichend war danach aber, wenn die Zuwendung lediglich mit Rücksicht auf die Dienstleistung, aus Anlaß oder bei Gelegenheit eine Amtshandlung oder nur zum Zwecke erfolgte, lediglich allgemeines Wohlwollen und Geneigtheit des Amtsträgers zu erkaufen. Abgrenzungsschwierigkeiten ergaben sich dadurch insbesondere, wenn Zuwendung und Diensthandlung zeitlich weit auseinanderlagen oder bei Zuwendungen ohne Bezug zu einer konkreten Diensthandlung.

Um diesen Schwierigkeiten zu begegnen, wird nunmehr bereits das Fordern, sich Versprechenlassen und annehmen von Vorteilen "für die Dienstausübung" unter Strafe gestellt. Damit muß weiterhin eine Beziehung zwischen Vorteilsannahme und Diensthandlung des Amtsträgers bestehen. Eine hinreichend bestimmte Diensthandlung muß aber nicht mehr nachgewiesen werden. Die Neufassung des Strafgesetzbuches bleibt damit enger als vom Bundesrat vorgeschlagen, der die Annahme jeden Vorteils "im Zusammenhang mit dem Amt" unter Strafe stellen wollte. Dies hätte aber nach Auffassung der Gesetzesbegründung zu Abgrenzungsschwierigkeiten geführt und nicht strafwürdige Verhaltensweisen einbezogen.

Zuwendung an Dritte

In den §§ 331 ff. StGB werden Zuwendungen an Dritte nunmehr ausdrücklich mitumfaßt. In der bisherigen Fassung der Tatbestände war dies nicht gewährleistet. Nach Rechtsprechung und herrschender Meinung mußte die Leistung für den Amtsträger selbst eine Besserstellung zur Folge haben. Sie legte das Tatbestandsmerkmal "Vorteil" dahinlegend aus, daß Zuwendungen an Dritte erfaßt werden, wenn die zugedachte Zuwendung der Amtsperson in irgendeiner Hinsicht einen mittelbaren Nutzen bringt. Probleme bei der Auslegung des Tatbestandsmerkmals bestanden daher insbesondere bei Zuwendungen an Personenvereinigungen, deren Mitglied der Amtsträger ist. In der Neuregelung wird nunmehr klargestellt, daß auch ein Vorteil für einen Dritten den oben genannten Tatbestand erfüllt.

Das neue Gesetz sieht außerdem eine Erweiterung des § 331 StGB auf bereits vorgenommene Handlungen, zu denen der Amtsträger verpflichtet ist, vor. Die Erweiterung des § 331 StGB ist nach der Gesetzesbegründung insbesondere auch für die Funktion der Strafvorschrift als Auffangtatbestand von Bedeutung, wenn die Pflichtwidrigkeit einer Amtshandlung oder richterlichen Handlung im Sinne des § 334 StGB nicht bewiesen werden kann. In der bisherigen Fassung des § 331 StGB war bei der Vorteilsgewährung an Amtsträger, für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichtete und Soldaten der Bundeswehr nur das Anbieten, Versprechen und Gewähren von Vorteilen für künftige im Ermessen stehende Diensthandlungen unter Strafe gestellt; bei Richtern und Schiedsrichtern wurden nur künftige richterliche Handlungen erfaßt. Während § 332 StGB (Bestechlichkeit) und § 334 StGB (Bestechung) spiegelbildlich konstruiert sind, war die Strafbarkeit des Vorteilsgewährenden nach § 333 StGB gegenüber der des Vorteilsnehmers nach § 331 StGB daher erheblich eingeschränkt. Dies wird nun korrigiert.

Strafrahmen

Vorgesehen sind weiterhin Strafrahmenerhöhungen bei den Straftatbeständen der §§ 331, 333 StGB. Für die Vorteilsnahme durch Amtsträger und für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichtete ist eine Anhebung des Strafrahmens von derzeit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren auf künftige Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren vorgesehen, der Strafrahmen bei einer Vorteilsannahme durch Richter und Schiedsrichter wird von derzeit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren auf künftig Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren angehoben. Entsprechendes gilt für die Strafrahmen bei der Vorteilsgewährung.

Neu eingeführt werden - nach dem Muster etwa von § 243 StGB - besonders schwere Fälle der Bestechlichkeit und Bestechung (§ 335 StGB - neu) mit einem Strafrahmen von einem Jahr auf bis zu zehn Jahren Feiheitsstrafe (für Richter und Schiedsrichter Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren). Regelbeispiele hierfür greifen ein, wenn sich die Tat auf einen Vorteil großen Ausmaßes bezieht oder der Täter fortgesetzt Vorteile annimmt bzw. gewerbs- oder bandenmäßig handelt.

Der neue Tatbestand der wettbewerbsbeschränkenden Absprache bei Ausschreibungen sieht vor, daß derjenige, der bei einer Ausschreibung über Waren oder gewerbliche Leistungen ein Angebot abgibt, das auf einer rechtswidrigen Absprache beruht, die darauf abzielt, den Veranstalter zur Annahme eines bestimmten Angebots zu veranlassen, mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft wird. Der Ausschreibung steht die freihändige Vergabe eines Auftrages nach vorausgegangenem Teilnahmewettbewerb gleich. § 298 Abs. 3 StGB enthält eine Regelung über tätige Reue: Danach wird nicht bestraft, wer freiwillig verhindert, daß der Veranstalter das Angebot annimmt oder dieser seine Leistung erbringt. Wird ohne Zutun des Täters das Angebot nicht angenommen oder die Leistung des Veranstalters nicht erbracht, so wird er straflos, wenn er sich freiwillig und ernsthaft bemüht, die Annahme des Angebotes oder das Erbringen der Leistung zu verhindern.

Kommentar

Trunkenheit am Steuer war in den 50er und Anfang der 60er Jahre noch ein sogenanntes "Kavaliersdelikt". Ebenso waren Absprachen im Bereich der Auftragsvergabe bisher in der Regel nur Ordnungswidrigkeiten, die zwar erhebliche Bußgeldzahlungen der beteiligten Firmen auslösten, aber nicht unbedingt zu einer strafrechtlichen Verfolgung führten. Diese Zeiten sind vorbei. Es kann nur dringend davor gewarnt werden, einem Amtsträger irgendwelche Vorteile bei Berücksichtigung eines Angebotes zu versprechen oder Preisabsprachen mit anderen Firmen zu treffen. Der Staatsanwalt ist schnell mit im Spiel. Die Rechtsprechung wird in Zukunft in dieser Hinsicht genauso verschärft, wie im Bereich der "Trunkenheitsfahrt im Verkehr", die schon jahrzehntelang nicht mehr als Kavaliersdelikt angesehen wird. Die Richter werden in Zukunft keine Rücksichten mehr auf Begründungen der Firmeninhaber nehmen, die versuchen, derartige Absprachen aufgrund ihrer wirtschaftlichen Lage zu erklären. Derartige Argumente werden in Zukunft "rigoros vom Tisch gefegt". Ob's wohl hilft?

Submissionsabsprache

Die Abgabe von Angeboten bei Ausschreibungen auf der Grundlage einer Submissionsabsprache erfüllte nach bisherigem Recht als Sichhinwegsetzen über die Unwirksamkeit eines wettbewerbsbeschränkenden Vertrages weitgehend nur den Tatbestand einer Ordnungswirksamkeit nach den §§ 1, 38 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) oder als Zuwiderhandlung gegen verbotene abgestimmte Verhaltensweisen den Bußgeldtatbestand nach §§ 25, 38 Abs. 1 Nr. 8 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen. Der Bundesgerichtshof hatte zwar in einem Urteil vom 8. Januar 1992 entschieden, daß die Erlangung von Aufträgen nach Ausschreibungen grundsätzlich als Betrug nach § 263 StGB bestraft werden kann, wenn der Veranstalter der Ausschreibung über das Vorliegen einer kartellrechtswidrigen Absprache getäuscht wurde. Obwohl der BGH in seinen jüngsten Entscheidungen Möglichkeiten aufzeigte, wie der für die Anwendbarkeit des Betrugstatbestandes erforderliche Vermögensschaden in solchen Fällen festgestellt werden kann, scheiterte in der Praxis die Verfolgung entsprechender Taten nach wie vor häufig an der fehlenden Beweisbarkeit eines Vermögensschadens. Mit der Aufstufung zur Straftat soll nach der Begründung des Entwurfes sichergestellt werden, daß Submissionsabsprachen in Zukunft effektiver als bisher verfolgt werden.


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