IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 8/1998, Seite 122 ff.


REPORT


Sanierung eines Kindergartens in Regensburg

Marktpotential Kiga

Hier macht selbst das Zähneputzen und Händewaschen Spaß. Das farbenfrohe, in verschiedenen Farbkombinationen erhältliche Stangensystem bietet reichlich Platz für Zahnputzbecher, Handtücher und anderes mehr. So ist es auch den "Kleinen" möglich, ihre "Kermitbürste" zu erreichen.

Die Umsetzung des Rechtsanspruches auf einen Kindergartenplatz war in den vergangenen Jahren immer wieder Thema in den Medien. Vom Bundestag und Bundesrat 1992 verabschiedet und in § 24 KJHG verankert, wurde dieser Rechtsanspruch lange engagiert diskutiert. Die Umsetzung gilt seit 1. Januar 1996 als Pflicht und obliegt der Kommune als örtlichem Träger der Jugendhilfe.

Diese - immer mehr unter Sparzwang - stehen vor einer besonders schwierigen Aufgabe, fehlen zur Zeit doch allein in NRW 25000 Plätze zur Erfüllung des gesetzlichen Anspruches. In den neuen Bundesländern stellt sich das Problem anders. Dort geht es weniger um die Schaffung neuer, sondern vielmehr um den bedarfsgerechten Erhalt bestehender Kindergärten. Die enormen Aufwendungen in diesem Zusammenhang führen dazu, daß notwendige Ressourcen für andere Handlungsfelder der Jugendhilfe nur ungenügend zur Verfügung stehen. Entsprechend stellen Kindergärten für den Installateur Marktpotentiale dar, die in Abhängigkeit von den unterschiedlichen Unterstützungsangeboten und "Notprogrammen" zu realisieren sind.

Weder attraktiv noch technisch auf den neuesten Stand gebracht zeigte sich der Waschraum. So können Kinder nicht zu Reinlichkeit und Hygiene ermuntert werden.

Sponsoring und Selbsthilfe

Ein ungewöhnliches Angebot machte ein Hersteller aus der Lebensmittelindustrie im vergangenen Jahr zusammen mit dem Deutschen Kinderschutzbund, indem er einen Kindergarten komplett sponserte. Unterstützungen dieser Art sind jedoch eher selten, statt dessen wird vielfach zur Selbsthilfe gegriffen. Insbesondere Eltern in Einrichtungen freier Träger engagieren sich, indem sie sämtliche verwaltungstechnischen Dinge in die eigene Hand nehmen, Objekte ausfindig machen oder beispielsweise alle planerischen Voraussetzungen schaffen, um die entsprechenden Anträge von Geldern für eine Sanierung bei den Behörden zu meistern. Diesem Vorbild folgen in der Zwischenzeit vermehrt auch Eltern von Kindergärten in kirchlicher Trägerschaft, wie jetzt eine Einrichtung in Regensburg an einem Tag der offenen Tür bewies.

Und, steht da nicht ein "Armaturenzwerg mit Rucksack und roter Zipfelmütze" auf dem kindgerecht geformten Waschtisch?

"Eine Kindergarten-Renovierung ganz im Stil der neuen Zeit - vom Knastklosett zum kindgerechten Traumwaschraum", mit diesen Worten umschrieb die Regionalpresse denn auch das außerordentliche Engagement der Eltern des evangelischen Kindergartens Marienstift, die den Sparmaßnahmen der Kirche in Form von Hilfe zur Selbsthilfe gegenübertrat.

Nachdem deutlich geworden war, daß sich die notwendige Sanierung des Regensburger Kindergartens noch weiter verschieben würde, nahm der Elternbeirat der Einrichtung kurzerhand die Organisation und Betreuung der Sanierung selbst in die Hand und stellte die Kontakte zu den Gewerken her.

Perfekt aufeinander abgestimmt und originell präsentiert sich nach der Sanierung der gesamte WC-Bereich: Das Blau des WC-Bürstensets wiederholt sich beim Dekorsitz mit den gelben Sonnen. Dank "Löwen-WC mit Tatzen" zum entspannten Aufsetzen der Füße, werden selbst längere Sitzungen zum "Kindertraum".

Ulrich Kogler, Elternbeiratsvorsitzender und von Beruf Architekt, übernahm dabei einen Teil der Planungsaufgaben, die anstanden. Ein weiterer Ingenieur, dessen Büro in der Nachbarschaft des Kindergartens liegt, stellte seine Dienste zu 50 Prozent ehrenamtlich zur Verfügung. Beide holten die Angebote bei Installateuren und Fliesenlegern ein, führten die Koordination durch und sorgten für ein entsprechendes Zeit-Management, da die komplette Sanierung in den Ferien stattfinden mußte.

Andere Mitglieder des Elternbeirates halfen bei der Beschaffung öffentlicher Gelder und führten bei der konkreten Umsetzung des Projektes Handlangerdienste aus, indem sie beispielsweise Dübellöcher in den Wänden verputzten oder etwa mithalfen, Türen abzuschleifen. Als weitaus angenehmer erwies sich dagegen die Wahl der neuen Ausstattungen: Unter den zahlreichen eingeholten Informationen befanden sich auch die von der Kinder-Kooperation der Hersteller Hewi, Keramag und Olfa, deren Angebot der Beirat gedanklich rasch auf den Waschraum mit den an vorkriegsähnliche Zustände erinnernden WC-Kojen übertrug.

Geschichte: Blick auf eine der - trostlosen - WC-Kojen des Regensburger Kindergartens vor der Sanierung. Funktion reicht eben nicht oder!?

Spaß und Hygiene

Schnell stand fest: Farbig sollte der neue Waschraum werden, jedoch nicht "bunt". Man entschied sich für helle Fliesen mit kindgerechten Motiven von Janosch. Beim Stangensystem wurde allerdings nicht mit Farbe gespart. Knallrot ist das flexibel anpaßbare, in unterschiedlichen Längen erhältliche System, rot sind auch die drehbaren Dreifach-Haken für die Handtücher. Den entsprechenden Kontrast bringen die gelben Zahnputzbecher, für die (wie auch für die Haken) ein Abstand von 150 mm innerhalb des Stangensystems vorgesehen ist. Dieser Abstand wird vom Hersteller aus Hygienegründen empfohlen: Einheitliche Vorschriften gibt es hierzu nicht auf Bundesebene; im Zweifelsfall ist mit der örtlichen Baubehörde eine Abstimmung vorzunehmen.

Knallrot wie das Stangensystem und die mit einem Verbrühungsschutz ausgestatteten Einhebelmischer sind auch die Beschläge an der Tür zur WC-Koje mit "Sonnenaufgang".

Farbenfrohe Orientierung für die Kindergartenkinder bieten außerdem Piktogramme mit unterschiedlichsten Motiven auf den dafür vorgesehenen 36 x 36 mm großen Feldern. Rot sind auch die mit Verbrühungsschutz versehenen Einhebelmischer und die Beschläge an den Türen der WC-Kojen. Bei den Keramiken wählte man Kinderwaschtische mit vorgezogener Wellenbank und Löwen-WCs. Der Bereich der Kojen wurde in Blau gehalten: Die bruchsicheren WC-Sitze mit den Sonnenmotiven harmonieren mit dem Blau der WC-Bürstensets und des Papierrollenhalters.

Heute, nach Abschluß der Sanierungsarbeiten steht für alle Beteiligten fest: Der Einsatz hat sich gelohnt, denn die Kinder fühlen sich wieder wohl, und der Gang zu den bis dato verhaßten WCs macht jetzt sogar Spaß.


Der Bedarf an Kindergartenplätzen

Nach dem Gesetz (KJHG) sind die Kommunen dazu verpflichtet, für ein ausreichendes Angebot an Kindergartenplätzen zu sorgen. Gleichwohl stellen die Gemeinden in den überwiegenden Fällen nicht selbst die Plätze, sondern unterstützen andere Träger bei der Realisierung mit öffentlichen Geldern.

Zur Erfüllung des Rechtsanpruches fehlen beispielsweise in NRW zur Zeit 25000 Plätze. Von den existierenden Kindereinrichtungen liegen dabei 25 Prozent in kommunaler Hand, während 65 Prozent in kirchlicher und 10 Prozent in freier Trägerschaft sind. Zu den freien Trägern zählen gemeinnützige Verbände wie die AWO, aber auch Elterninitiativen, die sich insbesondere in größeren Städten finden.

Auskunft über geplante Projekte erteilen die örtlichen Behörden, etwa die Zentrale Vergabestelle für Kiga-Plätze. Hier können auch Informationen über die Bauvorhaben kirchlicher und gemeinnütziger Träger eingeholt werden.

In den neuen Bundesländern stellt sich die Situation völlig anders dar. Hier geht es nicht um die Schaffung neuer Kindergartenplätze, sondern um die dringend erforderliche Sanierung vorhandener Einrichtungen. Sanierungen sind - wie das Beispiel im Bericht zeigt - jedoch durchaus auch in den alten Ländern notwendig.


B i l d e r :
HEWI Heinrich Wilke GmbH, Bad Arolsen


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