IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 8/1998, Seite 100 ff.


AUSSTELLUNG


Ein besonderer Grund zur Freude

50 Jahre Handwerksmesse München

Auf der Handwerksmesse zeigten 1656 Aussteller aus 42 Ländern vom 7. bis zum 15. März 1998 auf rund 127000 mē Ausstellungsfläche ihre Neuheiten. 1997 waren die Besucherzahlen um 23% auf etwa 202000 gesunken. Die erfreulich positive Entwicklung 1998 konnte diese Einbußen wieder wettmachen und so meldete die I.H.M., Leitmesse der Handwerkswirtschaft, zum Abschluß 255000 Besucher.

Derzeit arbeiten in Deutschland rd. 6,5 Mio. Menschen in etwa 835000 Handwerksbetrieben. Insgesamt sind 20% aller Arbeitnehmer in einem Handwerksberuf tätig.

Stop dem Steuer- und Abgabenstaat

"Was ich am Handwerk besonders mag, ist, daß Handwerker noch wissen, was Arbeit ist", rief Luxemburgs Ministerpräsident Jean-Claude Juncker den rd. 1400 Gästen der Gesellschaft für Handwerksausstellungen in seiner Eröffnungsrede zu. Im Handwerk werde Arbeit noch nicht als etwas empfunden, das bei der Freizeitgestaltung stört. Zum "Manager des Jahres" dürften eigentlich nicht die Herren aus den Chefetagen gewählt werden, die möglichst elegant Arbeitsplätze abbauten und im Ausland auch noch den Standort Deutschland schlecht redeten.

Solche Miesmacher schafften keine Arbeitsplätze. Die Handwerker seien es, die angesichts der hohen Arbeitslosigkeit in Europa dafür sorgten, daß es noch so etwas wie Hoffnung gebe.

Der "Marsch in den totalen Steuer- und Abgabenstaat" müsse überall in Europa aufgehalten werden, sagte Juncker weiter. Er erwähnte auch, daß Unternehmen in Luxemburg einen Spitzensteuersatz von nur 30% zu zahlen hätten. Er forderte eine neue Gründerwelle in Europa, mehr Wagniskapital von den Geschäftsbanken und kürzere Planungs- und Genehmigungsverfahren von den Behörden. Wenig hält er von der Idee der Arbeitszeitverkürzung; sie löse das Problem der Massenarbeitslosigkeit nicht.

Philipp: Ständige Arbeitgeberschelte unsinnig

Dieter Philipp, Präsident des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks (ZDH), forderte, mehr für diejenigen zu tun, die den sozialen Frieden maßgeblich stützen. Es müsse endlich mehr für den Mittelstand getan werden, für das Handwerk, das Kernstück des Mittelstandes.

Zahlreiche Sonderschauen, wie "Handwerk up-to-date", bewiesen die Innovationskraft auf dieser Leitmesse.

Das Handwerk habe in den letzten Jahren seinen Beschäftigtenstand um 30% erhöht; 6,5 Mio. Menschen arbeiten heute in unserem Wirtschaftsbereich. Die bestehenden betrieblichen Existenzen - gerade im Mittelstand mit seinen vielen Arbeitsplätzen - gelte es zu sichern. Statt dessen setze der Bundesarbeitsminister wieder einmal an, die SPD links zu überholen. Er festige mit den 2 Mrd. DM - die infolge eines richtigen Kurswechsels in der Arbeitsmarktpolitik nicht ausgegeben wurden - den "zweiten Arbeitsmarkt" und gefährde reguläre Arbeitsplätze in mittelständischen Betrieben. Und das alles mit Maßnahmen, die rechtswidrig sind, so Philipp, weil sie gegen den Grundsatz verstießen, gewerbliche Tätigkeiten nur über private Betriebe durchzuführen. Eine solche Politik helfe niemandem.

Das Handwerk brauche eine umfassende Steuerreform und niedrige Steuersätze, überdies ein einfaches Steuersystem, das dem Handwerker gerecht werde, der nicht die Zeit habe, mit der Wünschelrute auch noch nach dem letzten Steuerschlupfloch zu suchen.

Wachstum und Beschäftigung müßten nicht zwangsläufig "entkoppelt" sein. Wachstum führe dann zu Arbeitsplätzen, wenn es auch im beschäftigungsintensiven Mittelstand stattfinde.

Philipp: "Wenn in unseren Betrieben die Ertragslage stimmt, wenn unsere Betriebe endlich wieder die Arbeit tun können, die es zuhauf gibt, dann werden auch wieder Leute eingestellt. So einfach ist das."

Wirtschaftsminister Rexrodt legte selbst mit Hand an, um den "Bau" nach vorne zu bringen. Optimismus gab es auch bei etwa einem Drittel der Fachbesucher, die eine positive Entwicklung der Konjunktur sehen.

Der Handwerker wolle arbeiten, und zwar legal. Der Handwerker wolle Geschäfte machen, dem Kunden dienen, neue Märkte erschließen, Erträge erwirtschaften. Dazu sind Handwerksunternehmer da. Und dazu brauchen wir Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Deshalb sei die ständige Arbeitgeberschelte so unsinnig.

Deutschland brauche dringend grundlegende Reformen, erklärte Philipp. Das, was bisher erreicht wurde - die Einschränkung der Lohnfortzahlung, die Anhebung des Schwellenwertes beim Kündigungsschutz oder die Unternehmenssteuerreform - reiche bei weitem nicht aus.

Überdies wäre es ein völliges Debakel, wenn die bescheidenen Fortschritte in der Standortpolitik wieder zurückgenommen würden, wie es jetzt das "Schröder-Programm" vorsehe. Die Rücknahme der Rentenreform hätte zur Folge, daß schon in wenigen Jahren Mehrausgaben von über 100 Mrd. DM anfallen würden. Durch die Neuregelung der Lohnfortzahlung sind die Lohnzusatzkosten um 15 Mrd. DM gesunken. Wie eine Rücknahme dieser Regelung mit dem Anspruch zu vereinbaren sei, die Lohnzusatzkosten zu senken, bleibe wahrscheinlich das Geheimnis der Verfasser des Papieres. Am Ende werde es - im Falle eines Wahlsieges der SPD - wohl so kommen, daß Schröder über jede unbequeme Strukturreform froh sein könne, die ihm die jetzige Bundesregierung noch abgenommen habe.

Der Euro kommt

Philipp forderte die Handwerker auf, die Zeit für die Vorbereitung der "Euro-Einführung" zu nutzen. "Wer sich heute schon mit der Umstellung beschäftigt, kann viele Entscheidungen in die normale Unternehmensplanung einbeziehen und Kosten vermeiden." So müsse das EDV-System umgerüstet werden, wobei sich die Betriebe rechtzeitig auf den Kauf neuer oder um die Anpassung vorhandener Hard- und Software kümmern sollten. Die kundennahen Handwerksbetriebe müßten ihre Mitarbeiter schulen, zumal von den Betrieben auch Beratungs- und Informationskompetenz in Fragen der Währungsumstellung erwartet werde.

"Das intelligente Haus", eine Sonderschau der Messe, gab zahlreiche Anregungen wie trotz Komfortgewinn Energie weiter eingespart werden kann. Schwerpunkt aus SHK-Sicht war der zentrale Installationskern, der bei geringsten Leitungslängen die gesamte Haustechnik bis hin zu Staubsaugersystemen aufnimmt.

Zur erfolgreichen Bewältigung der Herausforderungen des nächsten Jahrtausends sei mehr Freiraum für die gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Kräfte in Deutschland erforderlich. Für Pseudokompromisse oder lediglich kurzfristig wirkende kosmetische Maßnahmen sei ebensowenig Platz wie für eine vermeintlich soziale Umverteilungspolitik.

Bedenklich sei die Zunahme der Schwarzarbeit. Sie sei mittlerweile der am stärksten wachsende Bereich der deutschen Wirtschaft. Handwerksleistungen im Wert von wahrscheinlich rund 100 Mrd. DM seien 1997 auf die Schattenwirtschaft entfallen.

Es entspreche rd. 1/10 der gesamten im deutschen Handwerk erzielten Umsätze. Diesem Phänomen mit seinen katastrophalen Auswirkungen auf die legale Beschäftigung und auf die Einnahmen der Steuer- und Solidarkassen sei nur mit einer Senkung der Steuer- und Abgabenlast zu begegnen. Die hohen Preise für Leistungen des Handwerks erklärten sich im wesentlichen aus den viel zu hohen Arbeitskosten.

Das intelligente Haus

Fachkonferenz "Intelligentes Bauen" mit Bundesbauminister Eduard Oswald

Mit der Sonderschau "Das intelligente Haus" stellte die Fachhochschule Rosenheim in enger Kooperation mit etwa 40 Partnern aus der Industrie ein Forschungsprojekt vor, das zukunftsweisende Lösungen für den Hausbau und die Modernisierung aufzeigt.

Die Neuentwicklungen zielen darauf ab

Herzstück im "intelligenten Haus" ist ein zentraler Installationskern, der die gesamte Haustechnik für die Abwasserentsorgung, die Wasser- und Stromversorgung sowie für Heizung, Lüftung und den zentralen Staubsauger aufnimmt. Die Vorteile dieser Konstruktion liegen nicht nur in der rationellen Durchführung der Installationsarbeiten. Die kurzen Leitungswege senken darüber hinaus auch die Baukosten, verringern die Reparaturanfälligkeit und verbessern damit die Qualität des Gesamtsystems.

Nicht nur im Heizungsbau gibt es heiße Öfen, das bewies dieser "Feuerstuhl" im Bereich der Fahrzeugtechnik.

Anschauliche Modelle demonstrieren in der Sonderschau, welche technischen Eigenschaften intelligente Bau-Komponenten besitzen und welche Aufgaben sie übernehmen. Exemplarisch werden Fenster oder Türen vorgestellt, die zusätzlich zu ihren "klassischen" Funktionen mit innovativen "Extras" aufwarten. Hierzu zählt zum Beispiel ein Steuerungsmechanismus, der das Fenster bei schlechter Luftqualität im Raum automatisch in Lüftungsstellung kippt. Zusätzlich integrierte Wind- und Regensensoren setzen dem Bade- oder Biergartenvergnügen zukünftig kein jähes Ende, wenn die ersten Gewitterwolken am Himmel aufziehen, denn im Bedarfsfall schließen sich die Fenster selbständig. Ein Insektenschutzrollo und ein automatischer Sonnenschutz erhöhen den Komfort. Einzelne Funktionen im Haus lassen sich auch über Telefon oder einen externen PC ausführen. So kann zum Beispiel die Heizung aus der Ferne auf Sparschaltung gebracht werden. Auch die Ferndiagnose eines defekten Geräts ist über den Installationsbus möglich.

Schwere Zeiten erwarten Einbrecher, die ihren Weg über die Eingangstüre suchen. Denn mit zahlreichen elektronischen "Schikanen" läßt sich die Sicherheit schon heute deutlich erhöhen. So löst beispielsweise eine Manipulation am Zylinder Alarm aus. "Ausgangssperre" ist angesagt, wenn der Schlüssel mit einer zeitlich begrenzten Zutrittsberechtigung versehen wird. Verlorene Schlüssel, bisher ein unkalkulierbares "Sicherheitsrisiko", können gesperrt werden. Ein Display informiert beim Verlassen des Hauses über geöffnete Fenster und warnt vor eingeschalteten Elektrogeräten.

Aufschluß über den aktuellen Energiehaushalt des Gebäudes gibt ein neu entwickeltes Computerprogramm. Am Bildschirm sind alle energetischen Daten für Heizung, Warmwasser oder Strom jederzeit ablesbar. Über eine Hochrechnung können die Betriebskosten für den laufenden Monat oder das ganze Jahr ermittelt und mit den Kosten früherer Perioden verglichen werden. Durch Parametervariation lassen sich auch die Auswirkungen energiesparender Maßnahmen vorherbestimmen.


50. IHM in Zahlen und Fakten

Besucher: 255000
Aussteller: 1656
Länderbeteiligung: 42
Besucherzuwachs:(gegenüber Vorjahr) 26%
Privatpublikum: 36%
Sonder- und Informationsschauen: 19
Positive Konjunkturerwartungen: (bei Fachbesuchern) 78%

Nächste Messe!
Termin: 18.-24.03.1999
Ort: Neues Messegelände


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