IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 6/1998, Seite 52 ff.


HEIZUNGSTECHNIK


Druckluft-Kältetrocknung

Bewährtes Aufbereitungsverfahren mit neuer Energiespartechnik

Michael Bahr*

Als Energiemedium bildet Druckluft heute eine elementare Grundlage für moderne Fertigungs- und Prozeßtechniken in Handwerk und Industrie. In diesen wie in den meisten anderen Anwendungsbereichen ist ein wirtschaftlicher Drucklufteinsatz ohne entsprechende Aufbereitung nicht mehr denkbar. Die Kältetrocknung spielt dabei als kostengünstiges, umweltschonendes und zugleich unkompliziertes Aufbereitungsverfahren eine immer wichtigere Rolle.

Das Problem liegt in der Luft - soviel weiß jeder, der einen Kompressor betreibt oder schon einmal die Betriebsanleitung seines heimischen Kühlschranks aufmerksam gelesen hat: Wenn atmosphärische Luft sich abkühlt, wie es nach der Verdichtung in einem Kompressor der Fall ist, wird das in der Luft enthaltene Wasser auskondensiert. Schon das macht - von anderen Fremdstoffanteilen der Luft einmal ganz abgesehen - die Aufbereitung der Druckluft unentbehrlich.

Das Aufnahmevermögen der Luft für Wasserdampf hängt von der jeweils herrschenden Temperatur ab: Warme Luft kann mehr Wasser speichern als kalte. Bei 20°C und 60% r.F. enthält der Kubikmeter Luft beispielsweise einen absoluten Wasserdampfanteil von 10,28 g. Unter diesen Bedingungen fallen bei einem 30-kW-Kompressor mit einer Liefermenge von 5 m3/min bei 7,5 bar Überdruck pro Schicht etwa 20 l Wasser im Druckluftnetz an. Dieses nach der Verdichtung durch Abkühlung der Druckluft ausfallende Kondensat muß - unabhängig vom Verschmutzungsgrad der angesaugten Umgebungsluft - aus dem Druckluftsystem entfernt werden: Es verursacht sonst Korrosion in Druckbehältern, Rohrleitungen, Ventilen und Druckluftverbrauchern und kann zu empfindlichen Betriebsstörungen sowie vorzeitigem Verschleiß des gesamten Druckluftsystems führen. Hinzu kommen je nach Umgebungsbedingungen mehr oder weniger hohe Anteile an Feststoffverunreinigungen, Öl, Kohlenwasserstoffen und aggressiven Substanzen, die diese schädigenden Wirkungen zusätzlich verstärken. Jeder noch so gute Kompressor, ganz gleich mit welchem Verdichtungssystem er arbeitet, muß hier passen: Ohne anwendungsgerechte Aufbereitungstechnik sind keine exakt zu definierenden Druckluftqualitäten zu erreichen, wie sie heute in der Regel benötigt werden.

Bild 1: Moderne Druckluftstation mit zwei luft- und ölgekühlten Schraubenkompressoren (links), Druckbehälter (Mitte), elektronischer Grundlastwechselschaltung (halbrechts) sowie zwei Druckluftkältetrocknern mit nachgeschalteter Mikro- und Aktivkohlefilterkombination (rechts). Die von den Kompressoren erwärmte Kühlluft wird jeweils durch einen Abluftkanal mit eingebauter Umluftjalousie für die Raumbeheizung im Winter abgeleitet. Ein zusätzlicher thermostatisch gesteuerter Lüfter (rechts) führt die von den Kältetrocknern erwärmte Kühlluft nach außen ab.

Hilfreich: Internationale Qualitätsstandards

Der Begriff "anwendungsgerecht" bedeutet nicht mehr und nicht weniger als: Aufbereitung ist nicht gleich Aufbereitung. Auch hier kommt es - wie bei der Drucklufterzeugung - auf ein vernünftiges Verhältnis zwischen Aufwand und erreichbarem Nutzen an. So benötigt etwa ein Druckluftsystem für gängige Betriebsluft lediglich einen Kompressor, einen Druckbehälter, der als Speicher und zugleich als Kondensatabscheider dient, und einen Kältetrockner. Im Gegensatz dazu müssen zur Erzeugung von Steuer- oder Prozeßluft je nach Einsatz zusätzlich Partikel- und Aktivkohlefilter, Aktivkohleadsorber und Sterilfilter installiert werden, um die notwendige Druckluftqualität zu garantieren, und zwar unabhängig vom Kompressorsystem. Bild 1 zeigt eine moderne Druckluftstation mit zwei Kältetrocknereinheiten und nachgeschalteter Mikrofilterkombination.

Eine gute Entscheidungshilfe bei der Auswahl des richtigen Drucklufterzeugungs- und Aufbereitungssystems bietet heute die internationale Qualitätsnorm ISO 8573-1. Sie ersetzt vage Qualitätsbegriffe wie "wasserfrei", "ölfrei" oder "staubfrei" durch einfache Zahlenwerte und ordnet sie bestimmten Qualitätsklassen zu. Damit lassen sich die von der jeweiligen Anwendung her erforderlichen und mit verschiedenen Aufbereitungskomponenten erreichbaren Druckluftqualitäten eindeutig definieren.

Tabelle 1: Qualitätsklassen aufbereiteter Druckluft mit den dazugehörigen max. zul. Bestandteilen

Klasse

Restölgehalt

Feststoffpartikel

Restfeuchte

 


mg/m3

gehalt
mg/m3

größe
µm

Drucktaupunkt
°C

g/m3

1

0,01

0,1

0,1

- 70

0,003

2

0,1

1

1

- 40

0,12

3

1

5

5

- 20

0,88

4

5

8

15

+ 3

6

5

25

10

40

+ 7

7,8

6

-

-

-

+ 10

9,4

7

-

-

-

nicht spezifiziert

Öl- und Feststoffpartikelgehalt der Luft werden in mg/m3, die Partikelgröße wird in µm angegeben. Als Maßeinheit für ihren Trockenheitsgrad dient der sogenannte Drucktaupunkt. Darunter versteht man diejenige Temperatur (gemessen in °C), bei der der über 100% hinausgehende Wasserdampfgehalt der Druckluft als Kondensat ausfällt.

Im einzelnen unterscheidet die ISO 8573-1 die Qualitätsklassen, die in Tabelle 1 genannt sind.

Das Auskondensieren des Wasserdampfes aus der Druckluft setzt am Nachkühler des Kompressors ein. Etwa 70 bis 80% der gesamten Kondensatmenge können hier durch einen guten Nachkühler schon ausgeschieden werden. Die Druckluftaustrittstemperatur an einem modernen Kompressor liegt lediglich 5 bis 10 K über der jeweiligen Eintrittstemperatur des Kühlmittels (Luft oder Wasser). Bei modernen Schraubenkompressoren bis zu 450 kW Antriebsleistung gehört ein integriertes, hochwirksames Nachkühlsystem heute zur Standardausstattung. Das heißt, separate Nachkühler entsprechen nicht mehr dem Stand der Technik.

Die im Druckluftnachkühler abgeschiedenen Kondensatmengen können z.B. bei einem ölgekühlten Schraubenkompressor nach VBG 16, § 9, Abs. 3, über ein nachgeschaltetes Rohrleitungssystem oder einen Luftsammelbehälter abgeleitet werden, wenn diese Komponenten entsprechend installiert sind. Das bedeutet, ein Zyklonabscheider ist nicht unbedingt erforderlich. Er ist nur bei nachfolgenden Steigleitungen nach dem Kompressor einzusetzen. Der Abscheider muß allerdings auf einen minimalen Druckverlust (Dp = 0,05 bar) ausgelegt und im kältesten Bereich des Kompressorenraumes installiert werden. Innerhalb des Kompressorengehäuses angebrachte Zyklonabscheider führen das Funktionsprinzip dieser Abscheider ad absurdum und verschlechtern zudem den Wirkungsgrad der Kühlung.

Druckbehälter oder wahlweise auch Abscheider sollten, wie auf Bild 1 dargestellt, im Regelfall der weiteren Druckluftaufbereitung vorgeschaltet werden, weil z.B. die große Wärmeabstrahlfläche eines Druckbehälters eine weitere Rückkühlung und damit eine zusätzliche Kondensatabscheidung ermöglicht. Von dieser Empfehlung ausgenommen sind jedoch Einsatzfälle, in denen der Druckluftverbrauch stark schwankt und über längere Zeit größer ist als die Förderleistung des Kompressors.

Kältetrocknung: Bewährtes Verfahren durch innovative Technik optimiert

Kältetrocknung und Filtration sind grundsätzlich zu unterscheiden. So braucht etwa ein Betrieb, der trockene Druckluft benötigt, nicht unbedingt auch gefilterte Luft. Ein Kältetrockner entzieht der Druckluft nämlich nicht allein die Feuchte, er scheidet auch einen Großteil der in ihr enthaltenen Feststoff- und Ölanteile ab. Kommt der Betrieb mit der durch den Kältetrockner erreichten Druckluftqualität aus, würde der Einsatz zusätzlicher Filter nur unnötige Wartungs- und Energiekosten verursachen. Aus Gründen der Energieeinsparung sollte heute ein moderner Kältetrockner auf einen Druckverlust < 0,2 bar ausgelegt sein.

Tabelle 2: Zustandswerte der Druckluft nach Verlassen des Kältetrockners

Feststoffpartikelgehalt:

1 mg/m3

Klasse 2

Restölgehalt:

1 mg/m3

Klasse 3

Restfeuchte:

Drucktaupunkt +3°C

Klasse 4

Tatsächlich ist die Kältetrocknung, mit der sich die Druckluft bis zu einem Drucktaupunkt von +3°C entfeuchten läßt, in ca. 90% aller Anwendungsfälle als Aufbereitungsverfahren ausreichend. Lediglich bei Anwendungen, die eine extrem trockene Druckluft mit Drucktaupunkten weit unter 0°C erfordern, wie z.B. bei der Herstellung von Pharmaprodukten, Mikroprozessoren, Nahrungsmitteln oder bei frostgefährdeten Druckluftsystemen bzw. Freileitungen, müssen Adsorptionstrockner eingesetzt werden.

Die hohe Wirtschaftlichkeit und Zuverlässigkeit moderner Kältetrockner läßt sich am besten durch die Beschreibung ihrer Eigenschaften und Funktionsweise demonstrieren: Das hervorstechendste Merkmal ist der niedrige Energieverbrauch. So kommt ein Kältetrockner z.B. bei 35°C Eintrittstemperatur, 7 bar Eintrittsdruck und 100 Prozent relativer Luftfeuchte mit nur 3% der vom Kompressor zur Drucklufterzeugung beanspruchten Antriebsenergie aus. Zum Vergleich: Ein kaltregenerierter Adsorptionstrockner benötigt unter gleichen Bedingungen bis zu 14% dieser Energie.

Bild 2: Die neuen Secotec-Kältetrockner arbeiten mit einer besonders energiesparenden und wartungsfreundlichen Technik, die eine äußerst wirtschaftliche und zugleich umweltschonende Drucklufttrocknung ermöglicht.

In jüngster Zeit ist es gelungen, das bewährte und sehr zuverlässige Verfahren der Kältetrocknung durch die innovative Technik einer neuen Generation von Energiespartrocknern (Bild 2) zu optimieren und noch genauer auf den Anwendungsbereich Druckluft abzustimmen. Die neuen Kältetrockner bereiten die Druckluft in vier Stufen auf (Bild 3):

Bild 3: Das Funktionsschema der Secotec-Kältetrockner:
(1) Drucklufteintrittsstutzen,
(2) Wärmetransmitter,
(3) Kältekreislauf,
(4) Abscheidesystem Zentri-Dry mit automatischem Kondensatableiter,
(5) Druckluftaustrittsstutzen.

1. Stufe: Die durch den Eintrittsstutzen (1) in den Trockner strömende warme Druckluft wird im oberen Teil eines neuartigen Wärmetransmitters (2) durch die im Gegenstrom das Gerät verlassende kalte Druckluft gekühlt.

2. Stufe: Die vorgekühlte Druckluft wird im unteren Teil des Wärmetransmitters durch einen Kältekreislauf (3) weiter abgekühlt.

3. Stufe: Das durch die Abkühlung der Druckluft ausfallende Kondensat wird durch ein mehrstufiges, wartungsfreies Abscheidesystem vom Typ Zentri-Dry vom Luftstrom getrennt und über einen automatischen Kondensatableiter (4) abgeführt.

4. Stufe: Im oberen Teil des Wärmetransmitters (2) wird die getrocknete Druckluft vor dem Verlassen des Geräts rückerwärmt und zum Austrittsstutzen (5) geführt.

Das Aufbereitungsresultat der neuen Kältetrockner, ausgedrückt in den Qualitätsklassen der ISO 8573-1 ist in Tabelle 2 zusammengefaßt.

Die mit dem sogenannten Secotec-System arbeitenden Trockner verursachen einen nur sehr geringen Druckverlust von < 0,2 bar. Dadurch kann der Höchstdruck des Kompressors entsprechend niedriger ausgelegt werden. Geringerer Höchstdruck bedeutet aber weniger Energieaufwand für den Kompressor. So verringern sich z.B. die Energiekosten für den Kompressorenantrieb bei einer Druckreduzierung von 1 bar um 6%.

Eine zusätzliche Energieeinsparung bringt die neue Aussetzregelung der Kältetrockner: Der Kältekompressor des Trockners schaltet sich nämlich im Teillastbetrieb nur dann zu, wenn es wirklich erforderlich ist. Diese extrem wirtschaftliche Regelung ermöglicht der bereits erwähnte Wärmetransmitter in Verbindung mit einem Kältespeicher. Im Einschichtbetrieb wird so gegenüber bisher eingesetzten Systemen eine Energieeinsparung von bis zu 88% erreicht.

Die Trockner kommen mit einer geringen, die Umwelt schonenden Kältemittelmenge aus, und bei ordnungsgemäßem Betrieb sind Kältemittelemissionen praktisch ausgeschlossen. Das integrierte, wartungsfreie Kondensatabscheidesystem Zentri-Dry gewährleistet auch bei schwankendem Druckluftdurchsatz einen hohen Abscheidegrad und damit die zuverlässige Einhaltung der benötigten Druckluftqualität. Die für den Trocknerbetrieb notwendige Kühlluft wird seitlich angesaugt und verläßt das Gerät auf der Oberseite. So unterstützt die natürliche Thermik die Wirksamkeit der Lüftung, so daß die Gefahr eines Wärmekurzschlusses gebannt ist.

Bild 4: Um die Installation des Kältetrockners zu erleichtern, sind die Druckluftanschlüsse ebenfalls oben am Gehäuse und seitlich versetzt angeordnet.

In der auf Bild 1 gezeigten Druckluftstation wird die von den Kältetrocknern erwärmte Kühlluft durch einen thermostatisch gesteuerten Ventilator nach außen abgeführt. Durch die Anordnung der Bauteile beanspruchen die Trockner nur wenig Stellfläche. Das gut sichtbare Überwachungssystem Auto Control informiert den Betreiber jederzeit ausführlich über den Betriebszustand der Anlage. Durch die neue Turmbauweise konnten die gelegentlich zu wartenden Komponenten, wie z.B. der Kondensator, in den oberen, leicht zugänglichen Teil des Kältetrockners verlegt werden. Eine Verschmutzung des Kondensators läßt sich so rasch von außen erkennen. Um die Installation des Trockners zu erleichtern, sind die Druckluftanschlüsse seitlich versetzt an der Gehäuseoberseite angebracht (Bild 4). Die elektrische Ausrüstung entspricht der Euronorm 60204 und erfüllt die Sicherheitsanforderungen der EU-Maschinenrichtlinie. Dies wird durch das CE-Zeichen bestätigt.

Mit den Kältetrocknern der neuen Generation stehen dem Betreiber jetzt drei Möglichkeiten, bei der Drucklufterzeugung Energie und Kosten einzusparen, offen:

1. effizient arbeitende Kompressoren,

2. intelligente übergeordnete Steuerungen und

3. eine energiesparende Aufbereitungstechnik.

Eine in diesem Sinne optimierte Druckluftstation gibt ihm die Gewißheit, das vielseitige Energiemedium Druckluft nicht nur kostengünstig, sondern auch umweltschonend zu erzeugen.


*) Michael Bahr, Pressereferent der Kaeser Kompressoren GmbH, Coburg


B i l d e r : Kaeser Kompressoren, Coburg


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