IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 5/1998, Seite 134 ff.


REPORT


Sanierung einer haustechnischen Anlage

Hochhäuser Hamburg-Harvestehude, Grindelberg 56-60

Dipl.-Ing. Rüdiger Werthschulte

Der nachfolgende Artikel soll anhand der durchgeführten Sanierungsmaßnahme der Grindelhochhäuser, Grindelberg 56-60, ein Beispiel geben für eine mustergültige Sanierung einer haustechnischen Anlage.

Bild 1: Ansicht des Gebäudes Gründelberg 56-60, Hamburg.

Eine haustechnische Anlage (Heizung, Trinkwasserversorgung, Warmwasserbereitung, Lüftung, Elektrik) ist genauso gut ein technischer Artikel wie z.B. ein Radio oder ein Auto. Sie entsprechen nach mehreren Jahren nicht mehr dem aktuellen Stand der Technik, da die Produkte zwischenzeitlich weiterentwickelt worden sind. Dazu kommt noch ein Alterungsprozeß, der auch vor haustechnischen Anlagen keinen Halt macht. Das Auswechseln ist aber weitaus schwieriger als z.B. der Kauf eines neuen Autos und die Verschrottung des alten Pkws. Haustechnische Anlagen sind in den meisten Fällen fest in das Gebäude installiert. Für ihre Demontage sind Stemm- und Schweiß- oder Lötarbeiten erforderlich, die zudem noch in bewohnten Räumen durchgeführt werden müssen. Damit ein derartiger Austausch schnell und sicher und dadurch mit geringstmöglicher Belastung der Hausbewohner vorgenommen werden kann, ist viel Planungs- und Abstimmungsarbeit im Vorfeld erforderlich.

Westlich von der Außenalster gelegen befindet sich der Stadtteil Harvestehude. Ein gutbürgerliches Wohnviertel und eine gute Adresse. Wer hier wohnt, der befindet sich in der Wohncity Hamburgs und hat die kürzesten Verbindungen zur Innenstadt.

Zwischen den Straßen Grindelberg im Westen, der Oberstraße im Norden, der Brahms-Allee im Osten und der Hallerstraße im Süden befindet sich das Areal der SAGA, der städtischen Wohnbaugesellschaft in Hamburg. Hier wurde vier Jahre nach Beendigung des 2. Weltkrieges eines der größten, ja wenn nicht sogar das größte Wohnbauprojekt Deutschlands zur damaligen Zeit begonnen. Es entstanden 12 Hochhäuser (8- bis 14geschossig), mit insgesamt 2122 Wohnungen. Dazu gehört auch der Block Grindelberg 56 - 60 (Bild 1). Bei der gesamten Bautechnik wurden nach Möglichkeit vorgefertigte Installationseinheiten verwendet. Die Häuser wurden entweder im Stahlskelett-Verfahren oder nach dem Stahlbeton-Verfahren hergestellt, die Außenfassaden mit gelben Klinkersteinen verkleidet; die Innenwände wurden aus Leichtbausteinen bzw. Leichtbauplatten erstellt. Bereits 1950 konnten die ersten Bauten bezogen werden.

Diese Gebäude waren für die damalige Zeit sehr komfortabel ausgerüstet. Sie beinhalteten bereits moderne sanitäre Einrichtungen mit Bad, Dusche und WC, Fahrstühle, Müllschlucker, Feuerlöscheinrichtung, Entlüftungsanlagen für die Wirtschaftsräume, Zentralheizungen als Einrohrsysteme und waren angeschlossen an das Fernwärmenetz der HEW im Verbund mit Warmwasserbereitern zur zentralen Warmwasserversorgung.

Damit Heizenergie eingespart werden konnte, wurde im Jahre 1988 mit der Umrüstung der Heizungsanlage begonnen. Die Handregulierventile wurden durch Thermostatventile ersetzt. Diese Maßnahme brachte aber nicht den gewünschten Erfolg, so daß man sich 1991 entschloß, die Einrohrsysteme auf Zweirohrbetrieb umzurüsten. Aus Kostengründen verwendete man aber dabei die alten Rohrsysteme mit oberer Verteilung und unteren Sammelleitungen weiter. Es wurden lediglich die Heizkörperanschlüsse unter Ergänzung einer parallelen Rohrführung bei den senkrechten Strängen verändert (Bild 2).

Bild 2: 1991 erfolgte der Umbau der Einrohrheizung zur Zweirohrheizung.

Eine Anpassung der Heizkörper an die veränderten Vorlauftemperaturen wurde nicht vorgenommen. Aus diesem Grund kam es zu Unterversorgungen in oberen Etagen, da die Heizkörper für eine Zweirohrheizung mit gleichen Vorlauftemperaturen zu klein waren. In den unteren Etagen waren die Heizkörper zu groß. Da auch keine Strangregulierventile eingebaut wurden, konnte ein hydraulischer Abgleich nicht durchgeführt werden. Das heißt, die in unmittelbarer Nähe zur Pumpe liegenden Heizkörperventile verursachten im Teillastbetrieb Strömungsgeräusche. Aus diesen Gründen entschloß sich die SAGA für eine Totalsanierung der haustechnischen Anlage in den Wohnblöcken am Grindelberg. Nicht nur die Heizungs- und Sanitäranlagen sollten jetzt erneuert werden, sondern die gesamte Haustechnik, also Abwasserleitungen, Kücheneinrichtungen, Bäder, Fahrstühle, Müllschlucker, Entlüftungsanlagen, Elektrotechnik usw. Zur Senkung des Energiebedarfs wurden auch die Fenster erneuert. In den Sanitäranlagen wurde die zentrale Warmwasserbereitung komplett neu erstellt. Aus Gründen der Geräuschminderung wurden die Druckspüler durch Spülkästen ersetzt.

Der Häuserblock Grindelberg 56-60 besteht aus 136 Wohnungseinheiten, zum größten Teil 2- oder 3-Zimmerappartements. Mit den Baumaßnahmen wurde im Juni 1996 begonnen unter der Maßgabe, daß die gesamten Arbeiten bis März 1997 abgeschlossen sein sollten. Die Wohnungen sollten solange wie möglich bewohnt bleiben, weil man den Mietern, die teilweise noch aus dem Erstbezug in den 50er Jahren hier wohnten, keine längeren Ausweichzeiten in andere Wohnungen zumuten wollte. Daher mußte strangweise vorgegangen werden. Das bedeutete aber auch, daß die alten Systeme solange in Funktion bleiben mußten, bis die neuen Systeme angeschlossen werden konnten. Der Auftraggeber ließ nur maximal acht Stunden Betriebsunterbrechung für Anlagenabschnitte zu. Damit das alles reibungslos ablief, war eine direkte Abstimmung der einzelnen Verantwortlichen gefordert.

Im Juni 1996 wurde mit dem Verlegen der neuen Kellerverteilleitung begonnen. Die Heizungsleitungen wurden dabei aus Kostengründen in Stahlrohr schwarz ausgeführt, die Trinkwasserleitungen in Kupferrohr. Die Heizungsanlage ist in zwei Regelgruppen Ost und West eingeteilt. Beide Gruppen haben annähernd gleiche Leistungen, weil die Zentrale mittig im Gebäude angeordnet ist. Temperaturbedingte Längenausdehnungen der Rohrleitungen aufgrund der großen Gebäudelänge werden durch je ein U-Ausgleichs-Rohrbogen kompensiert. Die Steigleitungen wurden mit Dehnungsausgleichern versehen.

Im Bereich der Trinkwasserzirkulation kam ein neues Zirkulations-Drosselventil zum Einsatz, das MNG "alwa Kombi 4". Bei diesem Produkt handelt es sich um ein mechanisches Drosselventil, das nachträglich mit einem thermischen Regelaufsatz versehen werden kann. Damit kann der nach DVGW-Arbeitsblatt 551 geforderte Umlauf des Zirkulationswassers gradgenau eingestellt und gesichert werden (Bild 3).

Bild 3: Neuverlegung der Kellerverteilleitungen.

Als Strangabsperr- und Regulierventile heizungsseitig wurden MNG Kombi 3 Plus-Armaturen eingesetzt. Die Strangregulierventile sind mit Membranreglern ergänzt worden, damit ein automatisches bedarfsabhängiges Regeln der 55 Heizungsstränge möglich ist. Die Entscheidung zur automatischen Strangdifferenzdruckregelung resultierte aus den Erfahrungen mit Strömungsgeräuschen nach der Umstellung auf Zweirohrbetrieb Anfang der 90er Jahre. Die Wahl auf das MNG-Produkt fiel, weil dieses Armaturenkonzept als einziges eine Montage/Demontage des Reglers ohne Betriebsunterbrechung ermöglicht und damit besonders wartungsfreundlich ist.

In der Trinkwasserinstallation sollten Absperrarmaturen zum Einsatz kommen, die trotz des harten Wassers auch nach vielen Jahren noch betätigt werden können. Die vorhandenen Absperrungen waren den Verkalkungstod gestorben (Bild 4).

Bild 4: Durch Kalkablagerungen zugewachsenes Rohrstück der Trinkwasserinstallation.

Die Armaturenwahl fiel daher auf die MNG Rotguß-Trinkwasserarmaturen "alwa". Diese Ventile sind mit einem besonders geschützten Betätigungsgewinde durch eine dreifache O-Ringabdichtung ausgestattet. Das Betätigungsgewinde liegt dadurch vollkommen vom Medium getrennt und bleibt auch nach Jahren noch leichtgängig.

Weil in den Wohnräumen nicht geschweißt werden durfte, wurden die Heizungssteigerohre mit Mannesmann-Rohr und Preßverbindern hergestellt. Bei den Sanitärleitungen kam auch hier Kupferrohr zum Einsatz, da die Bäder komplett saniert wurden. Sämtliche Heizkörper wurden durch Baufa-Plattenheizkörper ersetzt, in den Bädern kamen Zehnder-Einsäuler-Röhrenradiatoren zum Einsatz.

Für eine optimale Verteilung der Wassermengen auf die einzelnen Heizkörper wurden MNG-Thermostatventile und MNG-Rücklaufverschraubungen eingesetzt. Die Heizkörper mit der größten Leistung erhielten das Thermostatventil Typ "BB", ein Ventil nach dem kV-Kegel-Prinzip mit großem kV-Wert. Die Heizkörper mit normaler Leistung wurden mit voreinstellbarem Thermostatventil Typ "V" ausgestattet. Diese brauchten durch den Einsatz der o.a. BB-Ventile nur wenig angedrosselt zu werden, was eine gute Regelcharakteristik zur Folge hat. In den Bädern und kleineren Räumen wurden Thermostatventile Typ "FV" mit einem kleinen kV-Wert eingesetzt, damit auch diese für eine gute Regelfunktion nur wenig gedrosselt werden mußten. Sämtliche Heizkörper erhielten "verafix"-Rücklaufverschraubungen. An den Heizkörpern, an denen das Thermostatventil Typ "BB" montiert wurde, konnte damit ein eventueller Restabgleich über die fixierte Voreinstellung der Rücklaufverschraubung realisiert werden (Bild 5).

Bild 5: Fertiggestellte neue Heizungsinstallation mit MNG-Thermostatventilen und -Verschraubungen sowie Baufa-Plattenheizkörpern.

Bedingt durch die Erfahrungen mit Störungen in den zuvor umgerüsteten Wohnblocks war das Interesse aller beteiligten Firmen sehr groß, daß diese Sanierungsmaßnahme zügig und ohne Störungen durchgeführt werden konnte. So wurde auch seitens des Armaturenherstellers MNG die Montage der Heizung- und Sanitärinstallation sowie die Inbetriebnahme durch mehrere Baustellentermine beratend begleitet. Dabei wurde u.a. die Handhabung der Voreinstellung an den Thermostatventilen und Rücklaufverschraubungen erklärt und die Monteure in die Montage und Bedienung der Rohrleitungsarmaturen und des dazugehörigen Membranreglers eingewiesen. Die Funktion der neuen Trinkwasser-Zirkulationsarmatur "alwa-kombi-4" wurde in diesem Zuge ebenfalls erklärt.

Während dieser Termine konnte auch die sorgfältige Montage der Mannesmann-Rohre, d.h. das Entgraten und Kalibrieren begutachtet werden. Weil in den Heizungsrohren nur sehr geringe Wassermengen fließen, wurden die Rohrleitungen trotz Einsatz der sauberen Rohre vor Inbetriebnahme unter fachlicher Anleitung des Ventilherstellers gründlich gespült. Das ausgespülte Wasser sowie eine davon in einen Eimer abgezweigte Probe bestätigte die Richtigkeit dieser Maßnahme. Trotz sorgfältigster Montage setzten sich Schwebekörper ab, die ohne vorherige Beseitigung zu Störungen in der Anlage geführt hätten.

Termingerecht gingen bereits Ende September die ersten Wohnungsstränge wieder ans Netz. Die weiteren Stränge folgten in den nächsten Wochen, so daß die gesamte Anlage noch vor der Winterperiode wieder in Betrieb gehen konnte und die erste Heizperiode - und damit der schwierigste Teil - mit Erfolg zum Abschluß gebracht werden konnte. Diese schnelle und völlig unproblematische Inbetriebnahme ist ein wesentlicher Effekt der intensiven Zusammenarbeit der im Planungs- und Ausführungsstadium beteiligten Personen und Firmen.

Basierend auf diesen guten Erfahrungen geht die Sanierung der Hochhäuser am Grindelberg jetzt zügig weiter. Als nächstes steht das Gebäude Brahmsallee 15-19 mit 144 Wohnungseinheiten, das Gebäude Hallerstrasse 3a-c mit 109 Wohnungseinheiten und das Gebäude in der Oberstraße 16a-f mit 96 Wohnungseinheiten zur Sanierung an.


B i l d e r : MNG, Arnsberg


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